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Drogen und Drogenpolitik – Texte von Jörg Auf demHövel und AZ

Gesundheit und Drogenpolitik

Zwischen 1994 und 2013 von Jörg Auf dem Hövel und AZ veröffentlichte Artikel

Psychopharmakologie

Ein verheißungsvolles Antidepressivum scheitert in der entscheidenden Studie. Der Fall zeigt erneut, wie wenig verstanden die Chemie des Gehirns ist. (Telepolis v. 22.11.2011)

Therapeutische Wahrheiten und Illusionen
Zu den Ursachen der weltweiten Pandemie psychischer Krankheiten. (Telepolis v. 14.08.2011)

Placebos ohne Täuschung. Jetzt ist es soweit: Placebos wirken selbst dann, wenn die Patienten wissen, dass sie ein Scheinmedikament einnehmen. Oder nicht? (Telepolis v. 29.04.2011)

 

Arzneimittelherstellung und pharmazeutische Industrie

Länger leben durch Vitaminzusatz? Hilft die Einnahme von Antioxidantien? (Telepolis v. 25.01.2013)

Krebs und seine Metastasen: Es ist alles viel komplizierter
Die verschiedenen Zellen eines Tumors haben oft mehr genetische Unterschiede als Gemeinsamkeiten. (Telepolis v. 16.03.2012)

Hoffnung für Zuckerkranke
Die Entwicklung der „künstlichen Bauchspeicheldrüse“ macht Fortschritte. (Telepolis v. 13.12.2011)

Kleine Geschenke begründen die Freundschaft
Weltweit haben Medizinstudenten schon früh Kontakt zur pharmazeutischen Industrie
(Telepolis v. 02.06.2011)

Marketing statt Evidenz: Durch Gerichtsverfahren veröffentlichte Dokumente zeigen die gewieften Methoden der pharmazeutischen Industrie (Telepolis v. 09.03.2010)

Innovationsmangel: Big Pharma sucht nach Orientierung
(telepolis v. 13. August 2008)

Placebos: Warum der Schein besser wirkt als nichts (DIE WELT v. 11. Juli 2008)

 

Interviews

Subjektiver Rausch und objektive Nüchternheit
Der Medizin-Anthropologe Nicolas Langlitz über das Forschungs-Revival psychedelischer Substanzen, die objektive Erkenntnis subjektiven Erlebens und kulturell beeinflusste Psychopharmakawirkung. (Telepolis v. 12.01.2012)

Zur philosophischen Basis heutiger Drogenpolitik: Interview mit Michael Rinella über das Symposion und Platos Neueinordnung der Ekstase (Deutsch & english version).

„Salvia ist keine Eskapisten-Droge“
Interview mit Daniel Siebert, dem weltweit führenden Experten für Salvia divinorum, dem sogenannten „Wahrsagesalbei“ (and here is the english version)

Alte Pflanzen, neue Heilung?
Interview mit dem Experten für historische Pharmakologie Werner Dressendörfer

Der Körper geht sich selbst
Interview mit dem Buchautoren Hans-Christian Dany über die Rolle von Amphetamin in der modernen Gesellschaft

„Eine integrale Drogenpolitik wäre weit von einer generellen Drogenfreigabe entfernt!“
Interview mit dem Psychologen Wulf Mirko Weinreich über das Bewusstseinsmodell von Ken Wilber, die Zukunft der Drogenkultur und die psychotherapeutische Praxis

„Die Verelendungsprozesse hören nur durch die Vergabe von Methadon oder Heroin nicht auf“
Interview mit dem Bremer Suchtforscher Heino Stöver

Chemische Kriegsführung
Der Psychiater James S. Ketchum �ber seine Experimente im Dienste der US-Armee mit Belladonnoid-Glycolaten und LSD

Zur Neurobiologie der Alkoholabhängigkeit
Interview mit dem Suchtforscher Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie der Berliner Charité

Die Heroinabgabe muss kommen
Interview mit Henning Voscherau über synthetische Opiate vom Staat und die erreichbaren Ziele der Drogenpolitik

Von einem, der auszog, …
Baba Rampuri spricht über die Welt der Yogis (and here is the english version)

Der ewig missachtete Richterspruch
Staatsanwalt Carsten Schäfer über seine Max-Planck Studie zu Cannabiskonsum und Strafverfolung in den Bundesländern

Evolution
Interview mit dem Buchautoren und 68er-Veteranen Bruno Martin

Der Bandit von Kabul
Jerry Beisler im Gespräch über den Haschisch-Trail und das Afghanistan der 70er Jahre

„Kunst war mir immer suspekt“
Interview mit dem visionären Künstler Fred Weidmann

MAPS: Psychedelika als Therapie
Interview mit Rick Doblin, Gründer der „Multidisciplinary Association for Psychedelic Studies“, über MDMA und die Probleme bei der Arbeit mit psychoaktiven Substanzen

Halluzinogene in der praktischen Forschung
Interview mit Prof. Charles Grob über seine Studien mit MDMA und Psilocybin.
(Hier die englische Version)

Aus den Tiefen
Interview mit Amon Barth

Annäherung an das richtige Leben
Interview mit Wolfgang Sterneck

Wenn der Konsum zum Problem wird
Interview mit dem Psychiater Eckart Schmidt über starke Cannabis-Raucher

Die Hanfapotheke
Franjo Grotenhermen spricht über ein Projekt, in dem Kranke Cannabis bestellen können.

Grenzwertig: Fahren und Gefahren mit THC
Interview mit dem Rechtsanwalt Martin Krause über Cannabis und eine kraftfahrzeuggestützte Lebensweise.

„Der Leistungssport wird seine ‚Unschuld‘ nie wieder zurückgewinnen“
Interview mit Günter Amendt, Experte für Drogenökonomie und Drogenpolitik, über Doping, die Pharmakologisierung des Alltags und das Scheitern der Prohibition.

Natur und „research chemicals“
Interview mit Jon Hanna, Herausgeber der Psychedelic Resource List, über den globalen ethnobotanischen Markt.

„Wir haben in unserer Gesellschaft insgesamt ein Problem mit dem Genießen“
Interview mit Prof. Gundula Barsch, Mitglied der Nationalen Drogen- und Suchtkommission im Bundesgesundheitsministerium über ihr Konzept der Drogenmündigkeit.

Dem Kiffer (mit Problemen) kann geholfen werden
Interview mit dem Suchttherapeuten Helmut Kuntz.

Interview mit Tilmann Holzer vom „Verein für Drogenpolitik“
Holzer spricht über das „Cannabis-Regulierungsmodell“ des Vereins.

Interview mit Joseph R. Pietri, dem „König von Nepal“
Der Haschisch-Schmuggler spricht über seinen Job.

Interview mit Nol van Schaik
Der Coffee-Shop Aktivist über die Praxis des niederländischen Modells.

Interview mit Gerhard Seyfried
Die Comic-Ikone über seine neue Lust am Schreiben.

„Rauschkultur als Form der Religiösität und des Hedonismus“
„Die soziale Realität muß die Normen durch Lächerlichkeit aushebeln“
Zwei Gespräche mit Professor Sebastian Scheerer, Kriminologe an der Universität Hamburg. Es geht um den Streit um das Cannabiskraut, das Urteil des Verfassungsgerichts, die Drogenpolitik in Deutschland und die Auswirkungen von Drogen auf das Bewusstsein.

Interview mit Ronald „Blacky“ Miehling
Der ehemalige Kokainhändler Ronald Miehling hat über Jahre den deutschen Markt mit Kokain versorgt.

Interview mit Christian Rätsch
Christian Rätsch -der wohl anerkannteste Ethnobotaniker Deutschlands- im Gespräch. Esoterischer Schamanenkult, psychoaktive Pflanzen, „Das Gute“, „Das Böse“ und Richard Wagner sind Themen.

Interview mit Wolf-Dieter Storl
GRÜNE aufgepasst: Dieser Pflanzenkenner und -lauscher weiß, was man von Pflanzen lernen kann.

„Ich sehe keine Bewegung“
„Sind wir durch mit dem Interview?“
Zwei Gespräche mit Hans-Georg Behr, dem zornigen Hanf-Veteranen. Der kiffende Psychiater hat eine bemerkenswerte Art, seine Meinung auszudrücken…

Mr. Cannabusiness
Interview mit Frank Zander, dem Organisator der grössten Hanfmesse Deutschlands.

„Wir nutzen nicht das, was in den Drogen steckt“
Interview mit Horst Bossong, dem früheren Drogenbeauftragten der Hansestadt Hamburg.

Gespräch mit Renate Soellner
Autorin der Studie „Abhängig von Haschisch? Cannabiskonsum und psychosoziale Gesundheit.“

„Unglücklicherweise wissen wir nicht genug über Cannabis, dabei wäre es einfach heraus zu finden.“
Interview mit Jonathan Ott, Autor des Buches „Pharmacotheon“.
(Hier die englische Version)

„Techno, Tanzen, Törnen, Ficken – Wegbereiter der Extase“
Interview mit dem Eve&Rave Urgestein Hans Cousto

Von alten und neuen Hexen und einem neuen Naturverständnis
Interview mit der Ethnologin Claudia Müller-Ebeling

Vom Wandeln zwischen den Welten
Schamanismus-Expertin Nana Nauwald im Interview

Pilzmännchen und Freiheitskappen
Interview mit Roger Liggenstorfer zum Thema psilocybinhaltiger Pilze

Der ganze Drogenkrieg kippt…
Hanf- und Verschwörungs-Experte Mathias Bröckers im Gespräch

Hanf – Eine Nutzpflanze unter vielen?
Ein Interview mit Hanf-Forscher Michael Karus, Geschäftsführer des nova-Instituts

 

Substanz-Specials

Der umfassende Einblick in die Welt der psychoaktiven Substanzen: Alle Specials (mit aktuellen Ergänzungen) von az, dazu weitere Artikel aus Magazinen, Zeitungen und Online-Medien.

Absinth, Alkohol, Argyreia nervosa, Ashwaganda, Ayahuasca, Bananenschalen, Betel, Damiana, Designerdrogen, Ephedra, Fliegenpilz, GHB ( 1.4 Butandiol), Ginkgo, Ginseng, Kawa Kawa, Ketamin, Koffein, Kaffee, Kokain, Krähenaugen, Lactucarium, LSD, Modafinil, Nachtschattengewächse, Oxy, Oxytocin, Pilze, Placebo, Ritalin (Methylphenidat), Salvia, Schlafmohn, Tabak, Teufelsdrogen (Yaba, Speed), Viagra, Yohimbe, Zigaretten.

 

Neue Drogenpolitik

Das Drogenverbot ist (mal wieder) am Ende
Der hochtechnisierte und globale Markt produziert ständig neue Substanzen, eine Kontrolle wird immer schwieriger (Telepolis v. 21.06.2012)

Ecstasy und seine Kinder
Mal wieder schafft eine Drogenstudie mehr Verwirrung als Aufklärung. (Telepolis v. 18.04.2012)

Das Ende der Akzeptierenden Drogenarbeit? Ein Abgesang

Abstinenz: Von der christlichen Idee zur Richtlinie der Politik

Klassifikation von Drogen: Britische Experten urteilen neu

Regulierungsmodelle: Wie der Staat mit Cannabis umgehen sollte

Bedenklich: Cannabis auf dem Schulhof

Wie stellt sich die Cannabis-Szene die Legalisierung vor? Legal, aber wie?

Wo ist wieviel erlaubt? Gesetze und Realitäten des Hanfkonsums in Europa und Osteuropa

Zu Besuch beim Organisator des Hamburger Hanffest: „Wir wollen uns zeigen.“

Ergo: Thesen zur Drogenpolitik

 

Drogen – global

Die europäische Drogenbeoachtungsstelle legt ihren Bericht für 2007 vor
Same procedure as every year

Die Wiedergeburt einer alten Bekannten
In Afghanistan wird wieder Haschisch produziert

Gefahr im Paradies
Thailand im Wandel

Mal ganz unten, mal ganz oben, aber immer: Kokain
Eine Polemik zum Fall Kate Moss

Die Weltreligionen und ihr Verhältnis zum Rausch
Teil 1: Das Christentum, Teil 2: Der Hinduismus, Teil 3: Der Islam,
Teil 4: Der Buddhismus, Teil 5: Das Judentum

Chemie-Apotheken schließen
Research Chemicals

Ritualgruppen und neue Kirchen nutzen den Trank als Sakrament:
Ayahuasca kommt in den Großstadtdschungel

Weltweite Cannabis-Politik und ihre Missachtung:
Arizona, Australien, Großbritannien, Costa Rica, Indien, Kanada, Vietnam, USA, Europa, Ost-Europa

Grasgeflüster:
Auf welchen Routen reisen Haschisch und Marihuana?

Ausführliche Rezension eines Buches von Alfred McCoy:
Die CIA und die Drogenbarone

Cannabis-Praxis

Spice: Aufstieg einer dubiosen Psycho-Droge (telepolis v. 22.02.2009)

Das Ying und Yang der Cannabis-Psychose

Berauschende Aromaten?
Welchen Anteil kann ätherisches Hanfblütenöl an der psychoaktiven Wirkung von Rauschhanf-Präparaten haben?

Internet:
Sicheres Surfen und das Posten in Grow- und Drogen-Foren

In medias res:
Das Graslexikon und das Haschlexikon

Handwerk:
Die Growing-Area

Vorsicht :
Cannabis und der Führerschein
Welche Fehler Kiffer in Polizeikontrollen und danach machen.

Mangelhaft:
Ein Test mit Drogentests

Schädlich:
Cannabis und die Lunge
Ein Vergleich der giftigen Inhaltsstoffe von Cannabis und Tabak

 

Cannabis als Medizin

Cannabinoid-Arzneimittel im Aufwind:
Man hofft auf das große Geschäft

This will get you medicated!
In den USA hat sich Cannabis als Medizin längst durchgesetzt

Viel THC, aber auch Mikroben
Uni Leiden untersucht Coffee-Shop-Cannabis

Antiseptisch:
Zu Besuch bei THC-Pharm

Verdampfung:
Universität Leiden testet den Vaporizer

Feinstofflich:
Die Forschung zu den Cannabinoiden

Alltag:
Cannabis in der Praxis medizinischer Anwendung

Interview über Cannabis in der Medizin
mit dem Apotheker Manfred Fankhauser

Interview mit Lester Grinspoon
über Cannabis als Medizin

Interview mit Franjo Grotenhermen,
dem Vorsitzenden der „Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin“

 

Mischen possible

Portrait des Künstlers und Rock’n’Rollers Helmut Wenske

Eine kurze Geschichte der Orgie

Albert Hofmann: Zum Tod des Chemikers und Naturphilosophen

Männer & Rausch Warum wir?

Halluzinogene Fische? Ein Mythos?

Nautische Architektur: Die Kunst des Mathias Erbe

Fressflash: Wenn der Rausch im Essen deponiert wird

Die ultimative Pfeifenkritik

Der ebenso ernst zu nehmende Psychotest

Mattscheibe:Kiffen und Kiffer im Film

Netzwerkpartys: Im LAN-Wahn

Eine satyrische Bilanz zur hundertsten Ausgabe des Magazin „Hanfblatt“

Wahrer Trash: Ein Bericht vom Cannabis-Kongress

Nachruf auf Timothy Leary

20 Jahre als Head-Shop Besitzer

Mit einem Fan auf dem Hamburger Hanffest 2000

Verkostung beim Nachtschattenmagier:
Miraculix aus Winterhude

Historische Kultur:
Deutsche Anti-Marihuana-Krimis aus den 50ern
Als die Bayern auszogen den Weltmarkt mit Haschisch zu überfluten
Marihuana in den Groschenheften der Sechziger Jahre

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Interviews Psychoaktive Substanzen

Interview with Daniel Siebert, expert for salvia divinorum

hanfblatt, Nr. 117, January 2009

„Salvia is not an escapist drug. Quite the contrary; it is a philosopher’s tool“

Interview with Daniel Siebert, the leading expert for Salvia divinorum

Mr. Siebert, is it still true that the Salvia divinorum available on the worldwide market is based on clones of an primordial plant from the Sierra Mazateca?

Daniel Siebert: Live Salvia divinorum plants have been collected in the Mazatec region several times in the last few decades. These have been collected in various locations, so they might be different clones. However, since the Mazatecs always propagate the plant from cuttings (it almost never produces seeds), it is quite possible that many of these different collections are clonally identical. Most of the salvia being sold today is imported from Mexico, and much, if not most, of that is grown in the Mazatec region. Some is also being farmed commercially in other countries. All cultivated Salvia divinorum plants originated from cuttings that were collected in the Mazatec region, since that is the only place where this species is traditionally cultivated. Whether or not it also occurs there as a truly wild plant has not been determined with certainty. There are populations in that region that appear wild, but these may be feral populations of plants that were deliberately planted in those locations in the past. The fact that the plant almost never produces seeds suggests that these populations are not truly wild. It may very well be that this species no longer exists anywhere in the wild. If that is the case, then it is entirely dependent on human beings to keep it from going completely extinct. Even if truly wild populations are identified in the future, it is likely that they would only exist in a very small geographic area. From an ecological perspective, this is a very rare plant. The fact that many countries are making Salvia divinorum illegal endangers the entire species.

Daniel Siebert in his Lab

It is popular to post Salvia trips on Youtube. Most of the people seem to have an extraordinary experience. Are these sessions detained under the sensible conditions of set and setting?

Most of the You Tube salvia videos show people using the herb carelessly and at excessively high doses. I am puzzled as to why anyone would want to post videos of themselves or their friends acting so foolishly. Not only are these people embarrassing themselves publicly, but they are also creating a negative impression of salvia, which plays right into the hands of people who would like to make it illegal. These videos typically show people trying to interact with the camera and other people in the room while they are on salvia. By doing that, they miss out on the most interesting and valuable aspect of salvia’s effects: the inner experience. It is important to use salvia at appropriate doses, in a peaceful environment, with adequate preparation, and with one’s attention directed inwardly during the experience. This is clearly not what people are doing in the You Tube videos.

What type of taking type would you recommend? Chewing the leaves, smoking them, alcohol extraction of leaves or pure Salvinorin A?

Personally, I prefer taking salvia orally, which is what the Mazatecs do. When taken orally, the effects develop more gradually and last considerably longer than is the case with smoking. That makes it easier to transition into the experience and gives one more time to explore it and make constructive use of it. The more gradual onset of effects also makes it possible to remember why one has taken salvia and what one wants to accomplish during the experience. This is especially important when one is taking salvia for serious self-exploration and inner work, which in my opinion is how it is best used. When taken orally, the peak effects usually last 45 minutes to 1.5 hours and then subside over another hour or so. In contrast, smoking produces effects that manifest very suddenly and only last 5 or 6 minutes before starting to subside. The sudden onset of effects is often very disorientating and the effects begin to fade before one is able to get a handle on what is happening. This is especially true when smoking strong extracts. However, some people find it difficult to obtain a desired level of effects when taking salvia orally. Those people may only be able to obtain a strong experience by smoking.

Observing the public discussion about drug using their is a bias, the different types, qualities and contents of the experience of different drugs are neglected. The english word for the nice german „Rausch“ is „intoxication“. Would it be helpful to make good characterization of drug experiences despite of the fact that they are so individual?

Generalizations can cause people to form inaccurate ideas about specific drugs. I see this happen frequently with Salvia divinorum. Because it produces visionary effects, people frequently call salvia a „hallucinogen,“ „psychedelic,“ or „entheogen.“ These are all appropriate as general terms for vision-inducing substances, but it is important to understand that salvia’s effects differ from all similarly categorized drugs. Unfortunately, people often transfer their preconceptions about other drugs on to salvia. Salvia is unique.

And as what kind of experience type would you classify the salvia trip?

I usually describe Salvia divinorum as a vision-inducing herb and salvinorin A as a vision-inducing diterpenoid. I try to avoid the terms „hallucinogen,“ „psychedelic,“ and „entheogen,“ mainly because those words tend to make people think of alkaloids such as LSD and psilocybin. Salvia trips vary in character, depending on set, setting, and dosage, but generally speaking, they are dream-like visionary experiences.

Salvia divinorum species from Oaxaca (Mexico). Photographed at the Conservatory of Flowers in San Francisco

There is a running discussion about the quality of these experiences. On the one hand, they are described as chaotic emissions of the brain, an unreal hallucination, on the other as valuable states of consciousness. Is there something like a trick to convert or translate the visions to common sense to be helpful in everyday life?

Salvia provides access to parts of the psyche that are normally out of reach. For this reason, people often learn a lot about themselves during salvia trips. If one wants to gain insight from one’s salvia experiences, the most important thing to remember is to stay focused and pay attention. The images and scenes that appear are often meaningful. Sometimes the meaning is immediately apparent. But sometimes it does not become clear until afterwards, when the person has had time to reflect on the experience. It can be helpful to write an account of the experience shortly after the effects have subsided. Salvia is especially useful as a tool for gaining insight and clarity when one feels confused about one’s life path or relationships.

But is it not possible that the insights in the own life are too overwhelming? So that one cannot get the message?

Yes, that can happen. Often people are unable to make sense of the material that comes up during salvia experiences. This can happen for many reasons: lack of maturity, lack of metal focus, too many distractions, lack of preparation, lack of experience, etc.

If you should compare the benefits of a salvia experience with other therapeutic options to learn more about the own self and its embedding in den social world, what would be your conclusion? And can one compare the danger of salvia-trips and other therapeutic options?

I am not really qualified to answer this question because I don’t know much about psychotherapy or psychiatry. I do know that people often have profound insights during salvia experiences and that they often feel revitalized and mentally refreshed following such experiences. Certainly salvia can benefit many people, provided that the set, setting, and dosage are appropriate. But, I would not recommend it for everyone. Although it does seem to have a lot of potential, the use of salvia as a therapeutic tool has barely been studied at all.

In an interview with Hans-Christian Dany, author of a worth reading book about amphetamin he mentioned that there can be good reasons to stay sober when the social-economic conditions are wrong. Dany was thinking about the capitalistic system in which drugs like speed contribute to hold up the control over people. Is this a worth-thinking-about argument for salvia consumption too?

I don’t think social-economic conditions have much to do with weather or not a person chooses to use salvia. Salvia is not an escapist drug. Quite the contrary; it is a philosopher’s tool. It often motivates people to carefully examine their lives and make positive changes. Provided that it is used wisely and with adequate preparation, the occasional use of salvia does not compromise the ability to live a healthy, productive life, or to be a good member of society.

Thank you for the interview.

 

 

 

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Interview mit Daniel Siebert, dem weltweit führenden Experten für Salvia divinorum

hanfblatt, Nr. 117, Januar 2009

„Salvia ist keine Eskapisten-Droge, im Gegenteil,
es ist ein philosophisches Instrument“

Interview mit Daniel Siebert, dem weltweit führenden Experten
für Salvia divinorum, den Wahrsagesalbei.

Daniel Siebert erforscht den Wahrsagesalbei (Salvia divinorum) seit über 20 Jahren. Er untersuchte die Pflanze in ihrer natürlichen Umgebung in Mexiko, arbeitete vor Ort mit Schamanen zusammen, entdeckte die Psychoaktivität des Inhaltstoffs Salvinorin A, veröffentlicht wissenschaftliche Aufsätze über den Göttersalbei und hält gut besuchte Vorträge. Salvinorin A gilt als das potenteste natürlich vorkommende Halluzinogen. Zur Zeit wohnt er mit Frau und jungem Kind im kalifornischen Malibu. Im Gespräch geht das Aussterben der bedrohten Pflanzenart und die besondere Qualität der Salvia-Erfahrung.

Daniel Siebert in seinem Labor

Herr Siebert, stimmt es nach wie vor, dass das gesamte auf dem weltweiten Markt erhältliche Salvia divinorum von einem Klon abstammt, der aus einer Ursprungspflanze aus der mexikanischen Sierra Mazateca gezogen wurde?

Daniel Siebert: Lebende Salvia divinorum Pflanzen werden seit Jahrzehnten in der Mazateca-Region gesammelt, es wird also unterschiedliche Klone geben. Die Mazateken vermehren die Pflanze per Setzling, denn sie produziert sehr selten Samen. Daher ist es gut möglich, dass die verschiedenen Exemplare identisch sind. Der überwiegende Teil von heute verkauften Salvia wird aus Mexiko importiert und davon wiederum stammt das meiste aus der Mazateca-Region. Aber es wird durchaus auch in anderen Ländern Salvia kommerziell angebaut. Es kann durchaus sein, dass die Pflanze nirgendwo mehr auf der Welt wild wächst. Sollte dies der Fall sein, liegt es in den Händen der Menschen sie vor dem Aussterben zu bewahren. Aus ökologischer Sicht ist es eine sehr seltene Pflanze. Die Tatsache, dass viele Länder Salvia divinorum verbieten gefährdet die gesamte Art.

Zur Zeit ist es äußerst populär seine Salvia-Trips auf Youtube zu veröffentlichen. Die meisten der Menschen scheinen eine außergewöhnliche Erfahrung zu machen. Was ist aus ihrer Sicht zu den Bedingungen zu sagen, unter denen Salvia genommen wird?

Die meisten der Youtube-Videos zeigen Menschen, die das Kraut unvorsichtig und in maßlos überhöhten Dosen nehmen. Ich bin verwundert: Warum sendet irgendjemand Videos in die Welt, auf denen man so töricht handelt? Die Leute blamieren sich nicht nur, sie sorgen auch für ein negatives Image von Salvia und das spielt genau in die Hände derjenigen, die die Pflanze verbieten wollen. Typischerweise zeigen die Filme Menschen in ihren Interaktionsversuchen mit Kamera und anderen Menschen im Raum. Dabei geht die eigentliche Qualität der Salvia-Wirkung verloren: Die innere Erfahrung. Es ist wichtig Salvia mit guter Vorbereitung, in angemessener Dosis und in friedlicher Atmosphäre zu nehmen, wobei die Aufmerksamkeit nach Innen gelenkt werden sollte. Dies ist nun garantiert nicht das, was die Leute auf Youtube tun.

Welche Einnahmeform würden sie empfehlen? Das Kauen oder Rauchen der Blätter, einen Alkoholextrakt oder pures Salvinorin A?

Ich persönlich bevorzuge die orale Aufnahme. So machen es auch die Mazateken. Oral flutet die Wirkung langsamer an und dauert zugleich beträchtlich länger als beim Rauchen. Dies macht den Übergang in die Erfahrung leichter, gibt mehr Zeit sie zu erforschen und konstruktiv mit ihr umzugehen. Die langsame Anflutung ermöglicht zudem ein Erinnern daran, warum man Salvia genommen hat und was man während des Erlebnis angehen wollte. Dies ist besonders dann wichtig, wenn jemand den Göttersalbei für ernsthafte Selbsterkenntnis und innere Arbeit konsumiert. Das ist aus meiner Sicht ohnehin die beste Art Salvia zu nutzen.

Wie lange dauert so eine Erfahrung?

Oral genommen hält die Spitzenwirkung zwischen 45 Minuten und 1,5 Stunden an. Das Abklingen dann noch einmal eine Stunde. Dagegen führt das Rauchen zu einem schnellen Effekt, der nur fünf bis sechs Minuten anhält, bevor er wieder abklingt. Das plötzliche Anfluten ist oftmals sehr desorientierend und bevor man dann überhaupt schnallt, um was es geht, verschwindet die Wirkung auch schon wieder. Gerade bei starken Extrakten kann das passieren. Manche Leute empfinden die orale Wirkung aber als zu schwach, daher rauchen sie lieber.

Verfolgt man die öffentliche Drogen-Diskussion herrscht Befangenheit: Unterschiedliche Typen, Inhalte und Wirkqualitäten von unterschiedlichen Drogenarten kommen nicht zur Sprache. Das englische Wort für das schöne deutsche Wort „Rausch“ ist „intoxication“, also Vergiftung. Würde es helfen vernünftige Charakterisierungen von Drogenerlebnissen einzuführen, trotz der Tatsache, das die Wirkung so individuell verschieden ist?

Generalisierungen führen oftmals zu oberflächlichen und inakkuraten Vorstellungen über bestimmte Drogen. Das sehe ich regelmäßig bei Salvia divinorum. Weil es visionäre Effekte verursacht nennen es die Menschen „halluzinogen“, „psychedelisch“ oder „entheogen“. Das sind zwar alles angemessene Generalisierungen für Vision-induzierende Substanzen, es ist aber wichtig zu verstehen, dass die Wirkung von Salvia sich von allen ähnlich kategorisierten Drogen unterscheidet. Bedauerlicherweise übertragen die Menschen ihr Vorwissen über andere Drogen auf Salvia. Aber Salvia ist einzigartig.

Und als was für eine Art von Erfahrung würden sie Salvia beschreiben?

Üblicherweise nenne ich Salvia divinorum ein Vision-induzierendes Kraut und Salvinorin A als Vision-induzierende Diterpenoid. Die Begriffe „halluzinogen,“ „psychedelisch“ oder „entheogen“ versuche ich zu vermeiden, hauptsächlich, weil dies die Menschen an Alkaloide wie LSD und Psilocybin denken lässt. Salvia Trips variieren in ihrem Charakter, abhängig von Set, Setting und Dosierung, aber generell gesagt sind es traumartige, visionäre Erfahrungen.

Über die Qualität dieser Erfahrungen läuft eine lang anhaltende Diskussion. Von den einen werden sie als chaotische Zustände des Gehirn beschrieben, als irreale Halluzinationen. Andere beschreiben sie dagegen als wertvolle Verfassungen des Bewusstseins, aus denen zu lernen ist. Gibt es so etwas wie einen Trick um die Erfahrungen so zu übersetzen, dass sie in Leben und Alltag hilfreich sind?

Salvia divinorum species from Oaxaca (Mexico). Photographed at the Conservatory of Flowers in San Francisco

Salvia ermöglicht Zugang zu Teilen der Psyche, die sich normalerweise außer Reichweite befinden. Aus diesem Grund lernen viele Menschen oftmals etwas über sich. Um das zu ermöglichen ist es sehr wichtig, während der Erfahrung fokussiert und achtsam zu bleiben. Die Bilder und Szenen die auftauchen sind häufig bedeutungsvoll. Nicht immer ist diese Bedeutung sofort zugänglich, dann hilft es abzuwarten und nach der Sitzung das Erlebte zu reflektieren. Es kann hilfreich sein bereits kurz nach dem Abklingen eine Zusammenfassung aufzuschreiben. Salvia kann nützlich sein, gerade wenn es um die Einsicht in den weiteren Lebensweg oder Freundschaften geht.

Aber sind die Einsichten nicht manchmal überwältigend? So dass die Nachricht gar nicht zu extrahieren ist?

Ja, das kann vorkommen. Häufig ergibt das Material was nach oben kommt keinen Sinn. Das kann aus mehreren Gründen passieren: Fehlende Reife, fehlender Fokus, zu viel Ablenkung, mangelnde Vorbereitung, fehlende Erfahrung, um einige Beispiele zu nennen.

Wenn Sie die Vorteile von Salvia mit anderen therapeutischen Optionen vergleichen müsstest, mehr über sich und die Welt zu erfahren, was wäre Ihr Fazit? Kann man die Gefahren eines Salvia-Trips mit anderen Therapien vergleichen?

Ich bin eigentlich nicht qualifiziert diese Frage zu beantworten, denn ich weiß nicht viel über Psychotherapie. Ich weiß, dass Menschen tiefe Einsichten während eines Salvia-Trips haben und das sie sich danach oft vitalisiert und mental erfrischt fühlen. Sicherlich kann Salvia vielen Menschen helfen, vorausgesetzt Set, Setting und Dosierung stimmen. Aber ich würde es nicht jedem empfehlen. Obwohl es viel Potential hat ist der Nutzen von Salvia als therapeutisches Werkzeug kaum erforscht.

In einem Interview mit Hans-Christian Dany, Autor eines lesenswerten Buches über Amphetamin, behauptet dieser, dass es gute Gründe geben kann, unter den falschen Umständen nüchtern zu bleiben. Dany denkt dabei an das kapitalistische System, in dem Drogen wie Speed zur Kontrolle der Gesellschaft beitragen. Ist dies ein Argument, welches sich aus deiner Sicht auf den Salvia-Konsum übertragen lässt?

Ich denke die sozial-ökonomischen Bedingungen haben wenig damit zu tun, ob eine Person sich entscheidet Salvia zu nehmen oder nicht. Salvia ist keine Eskapisten-Droge, im Gegenteil, es ist ein Philosophen-Instrument. Es motiviert die Menschen das eigene Leben zu betrachten und positive Veränderungen herbeizuführen. Der gezielte und gelegentliche Einsatz von Salvia kompromittiert nicht die Fähigkeit ein gesundes, produktives Leben zu führen, geschweige denn ein fruchtbares Mitglied der Gesellschaft zu sein.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

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Der Riambakultus – Aus einem Vortrag von Franz von Winckel (1890)

Der Riambakultus

Aus einem Vortrag von Franz von Winckel (1890)

Der in Berleburg/Westfalen geborene Geheime Medizinal-Rat Professor Franz Karl Ludwig Wilhelm von Winckel (1837 – 1911) war ein bedeutender Gynäkologe und Direktor der Königlichen Universitäts-Frauenklinik in München. Er war ein Freund des öffentlichen Vortragswesens. Im Volksbildungsverein München hielt er am 19. Februar 1890 einen langen Vortrag mit dem Titel „Über die Bedeutung des indischen Hanfs im Menschen- und Völkerleben.“ In diesem vereint er ein interessantes Potpourri des damaligen, von Mythen, negativen Vorurteilen und Halbwissen geprägten Kenntnisstandes zu Geschichte und medizinischer Erforschung des indischen Hanfs und seiner teilweise in sich widersprüchlichen Ansichten dazu. Von besonderem Reiz ist der hier zugegeben willkürlich extrahierte (natürlich ethnozentristische) Kernteil, in dem er vom Riambakultus berichtet.

„Die genaue Schilderung dieses Hanf- oder Riambakultus verdanken wir erst Pogge, Wissmann, Wolf und Francois. Die Geschichte dieser neuen Religion ist noch jungen Datums und bietet mancherlei interessante Seiten. Dieselbe wird von Wissmann und Pogge etwas verschieden dargestellt.

Die Völker, bei welchen der genannte Kultus in höchster Blüte steht, sind die Baluba, ein Mischvolk, eine Völkerfamilie, die östlich bis an den Tanganjika-See, westlich bis an den Kassai, nördlich bis an die Bakete, beziehentlich Bakuba, und südlich bis an das Lundareich stossen. Der Hauptherrscher in diesem Volke ist der mit Wissmann und Pogge sehr befreundete Häuptling Kalamba in Mukenge, nahe dem Lulua, dessen sehr intelligente Schwester Meta mit dem Beinamen Sangula eine Art geistlicher Nebenregierung führt. Zu diesen Baluba wurde etwa 1874 durch einen östlich von ihnen wohnenden Häuptling Muamba Putu, welchen der vor kurzem in Afrika verstorbene Stabsarzt Wolf noch persönlich kennen lernte, das Hanfrauchen eingeführt.

Und während bis dahin die Baluba in immerwährenden Fehden lagen und entschiedene Anthropophagen waren und einzelne, nicht weit von ihnen wohnende Völker noch jetzt diesem Genusse huldigen, gelang es Kalamba mit Hilfe des Riambakultus sich ein grösseres, einheitliches Reich zu schaffen und eine friedliche Ära zu eröffnen, durch welche sein Land als Land der Freundschaft, Lubuku genannt, den Fremden geöffnet wurde, und aus den unbezähmbaren, aber allerdings durch eine verhältnismäßig hohe Intelligenz von jeher von ihren Nachbarvölkern ausgezeichnet Wilden ruhige, weit mehr gesittete und einer höheren Kultur immer mehr zugängige Menschen gemacht wurden. Natürlich ging diese Umwandlung nicht ohne Kampf ab.

Anfangs schienen Kalamba und Meta selbst keine überzeugungstreuen Anhänger des Riambakultus gewesen zu sein, denn im Jahre 1876 brach ein heftiger Aufstand gegen sie aus, indem man sie beschuldigte, den Tod eines Mannes durch Fetischzauber herbeigeführt zu haben. Man zwang sie infolgedessen Riamba zu rauchen und als Kalamba und Meta dadurch betäubt zu Boden stürzten, fiel man mit Messern über sie her. Kalambas Bruder wurde getötet; er selbst durch Bangalaleute gerettet; Meta aber, für tot auf dem Platze gelassen, rettete sich, aus der Ohnmacht erwacht, zu einem befreundeten Häuptling und erhielt infolgedessen später den Zunamen Sangula, d. h. wieder zum Leben Erstandene (Pogge). Aus der Saula war nun eine Paula geworden und seit jener Zeit ist sie die fanatische Hohepriesterin des Riambakultus, dem sie im Verein mit ihrem Bruder ringsumher immer mehr Anhänger und Verbreitung verschaffte. Die alten Fetische und Zaubermittel wurden auf Kalambas Befehl zerstört und öffentlich verbrannt und an ihre Stelle trat als Universal-Zauber- und Schutzmittel gegen alle Unbilden und als geheiligtes Symbol des Friedens und der Freundschaft der Hanf, Riamba. Das Hanfrauchen wurde allen zur Pflicht gemacht und alle Feste wurden mit Riambarauchen gefeiert.

Der Schmuck der Priesterin ist der grüne Hanfzweig, mit dem sie nicht bloss die aufgeregten Leidenschaften der Menschen beschwichtigt, den sie auch gegen die aufgeregten Elemente, wie die stürmische See, schwingt. Will jemand in die Gemeinschaft der Riambagläubigen aufgenommen werden, so muss der Neubekehrte eine öffentliche Beichte über alle seine Vergehen ablegen, alsdann wird ihm von Meta als Strafe dafür wässeriger Pfefferextrakt in jeden Augenwinkel geträufelt, infolgedessen er oft wochenlang an heftigem Bindehautkatarrh leidet und gewiss hinreichend Gelegenheit hat, rechte Einkehr in sich zu halten. Nun werden ihm auch noch die Haare geschoren, denn alle Riambabrüder sollen geschoren sein. Als Symbol des Riambakultus ist die vor dem Dorfe auf hoher Stange aufgesteckte Kalabasse zu betrachten, da das Riambarauchen aus Flaschen-Kürbissen stattfindet. Das letztere geschieht alltäglich auf grossen Plätzen vor der Wohnung des Häuptlings, welche Kalamba dadurch schaffen liess, dass er nicht bloss alle Palmen, sondern auch die Bananen und Ananas zerstören liess.

Der Genuss des Palmenweins und des Opiums wurde streng verboten und nur der des Hirsebieres gestattet…Sollen von der Gottheit frohe Ereignisse erbeten werden, will man sich zu einer gemeinsamen grösseren Tat stärken, will man lieben Verstorbenen eine Weihe darbringen, so wird Riambarauchen angestellt; es ist das Gebet, die Messe, die Prozession und die Beruhigung aller Skrupel, Sorgen und Ängste. Als Kalamba beispielsweise im Anfang seiner Reise mit Wissmann nachts einmal durch einen bösen Traum, dass man ihn in der Stadt der Weissen gefangen nehmen werde, erschreckt war, beruhigte er sich nicht eher, als bis Wissmann mit ihm Hanf geraucht hatte. Aber auch der Muschilange, welcher seine Frau und seine Kinder verkaufen will, pflegt die moralischen Bedenken, die ihm keineswegs fremd sind, durch starkes Riambarauchen zu ersticken.

Ist Jemand eines Vergehens beschuldigt, sei es Diebstahl, Mord usw., so wird er zum Riambarauchen verurteilt, weil man bei diesem Gottesgericht erwartet, dass er die Wahrheit sagen oder bewusstlos zusammenstürzen oder, wenn er unschuldig sei, durch Erbrechen von dem Gift befreit werde. Der fragliche Übeltäter raucht dann allein aus einer Pfeife, in welche, wie bei der Besiegung des Häuptlings Katende durch Kalamba ausdrücklich einmal hervorgehoben wird, eine starke Riambamischung (!) eingelegt wird, während der hohe Gerichtshof zu je 4 Personen aus einer Pfeife zusammenraucht. Hier ist also beobachtet worden, dass in gewissen Fällen der Hanf nicht allein, sondern mit anderen Pflanzen, wahrscheinlich sehr giftigen, wie Bilsenkraut, Stechapfel usw. vermischt wird, aber nur um einen Schuldigen zu entlarven und zu strafen…

Sehr auffallend ist ferner, dass Kalamba mit der Einführung des Riambakultus auch alle Haushaltungstiere, mit Ausnahme der Tauben und Hühner, also die Hunde, Ziegen und Schweine töten liess. Er hatte die bestimmte Absicht, wie er das in der veränderten Einrichtung des Kischila erklärte, sein Volk weniger blutdürstig zu machen und es an eine einfachere Lebensweise zu gewöhnen.

Aber auch ein religiöser Grund bestimmte ihn, denn mit dem Riambakultus entwickelte sich bei den Baluba auch der Glaube an die Seelenwanderung; man dachte, dass die Seelen Verstorbener in Tiere ebensogut wie in Menschen einwandern könnten…Übrigens muss man hinzusetzen, dass durch dieses Abschaffen der grösseren Haustiere die Baluba doch nicht zu reinen Vegetarianern gemacht wurden, da sie auf den Reisen mit Wissmann, Pogge, Francois und Müller immer sehr gern an der Verteilung ihrer Fleischjagdbeute teilnahmen und diese frohe Aussicht gewöhnlich schon abends vorher durch einen Riambatanz feierten.

…Wenn ein Fremder zum Besuch kommt, so wird er mit Hanfwedeln begrüsst und befächelt, auf seinen Weg werden Hanfblätter gestreut und mit Pemba (Ton) sein Gewand bestrichen. Darauf trinkt der Muschilange Kischila, d. h. Blutsfreundschaft, mit ihm. Diese Prozedur wurde in sehr sinnreicher Weise von Kalamba verändert und wie folgt erklärt: „Das Feuer“, sagt er, „ist die höchste Macht der Erde und Riamba das einzige Mittel für Gesundheit und Leben. Wenn wir Kischila nun vom Feuer mit Riamba trinken, so ist dies unverbrüchlich. Wer es dann wagen wird, sein Wort zu brechen, der wird vom Feuer vertilgt werden, dem wird kein Feuer mehr leuchten, kein Riamba mehr helfen. Ohne Feuer kann aber niemand das Eisen bereiten, ohne Eisen kann niemand seine Felder bebauen oder ein Haus errichten, ohne Riamba kann kein Mensch auf Erden leben, somit muss sich jeder hüten, das Feuer und Riamba durch seinen Wortbruch zu erzürnen.“ Darauf werden dann von der Priesterin (Sangula) einige Hanfkörner in den kochenden Kognak gestreut und jeder Reisende und die anwesenden Häuptlinge trinken davon, womit das Freundschaftsbündnis geschlossen ist.

Brechen Streitigkeiten zwischen Riambabrüdern aus, so wird mit einem Büschel getrockneten Hanfes, wie mit einem Zauberstabe versucht, die Streitenden zu trennen; wenn das aber nicht gelingt, so schlägt die Hohepriesterin Meta Sangula mit einem kräftigen Stocke ohne Ansehen der Person dazwischen. Überhaupt erschien dieser Priesterin das Gefühl der Furcht fremd und sie trat oft mit einem Büschel grünen Hanfs in der Hand unbewaffnet ihren Feinden entgegen, um eine drohende Anrede zu halten. Schien diese keinen Eindruck zu machen, so suchte sie durch heftige Gesten oder auf andere minder schickliche Weise dem Gegner ihre Verachtung zu beweisen und ihre Krieger zum Kampfe anzufeuern. Wie sie denn auch, als im Anfang ihr Bruder Kalamba noch Bedenken hatte, Wissmann auf seiner grossen Reise zu begleiten, erklärte, wenn die Männer keine Courage hätten, so würden die Frauen allein mit jenem ziehen und dem Fremden ihr Wort halten…

Höchst amüsant ist nun ein Kriegerauszug: Jeder Muschilange erscheint im gewöhnlichen Hüfttuche, aber mit der unvermeidlichen Riambapfeife, die an Schultern und Rücken hängt oder wie ein Kind im Arm getragen wird, so dass die Menge mehr einem starken Orchester von Dudelsackpfeifern und Tubabläsern, als dem beutelüsternen Tross mutiger Krieger gleicht.

Die Pfeifen, aus denen geraucht wird, sind ausgehöhlte Kürbisse, in denen seitwärts ein tönerner Zylinder als Pfeifenkopf und am oberen Ende ein Mundstück ausgeschnitten ist. Dieselben sind oft bis zu einem Meter gross, so dass z.B., als auf Wissmanns Reise einmal ein Boot umschlug, eine ins Wasser gestürzte Frau sich solange an einer solchen schwimmenden Riambapfeife halten konnte, bis sie gerettet wurde…

Sehr bemerkenswert ist es nun, dass zu dem Hanfrauchen der Baluba immer der Riambatanz gehört; er wird bei allen Festen, ebenso wie bei Kriegszügen, ja fast täglich, um den religiösen Eifer zu zeigen, bis zur Erschöpfung getanzt. Er macht den Eindruck, als ob alle bösen Geister der Unterwelt sich gesellig zu demselben vereinigt hätten; während des Tanzes wird fortwährend Riamba geraucht und Männer, Weiber und Kinder nehmen an diesen Tänzen teil. Begleitet wird derselbe von Trommeln und einer Musik, die von den Anwesenden teils gesungen, teils durch Pfeifen, Klappern, Rasseln und Blasen auf dem Elfenbeinhorn zu einem unbeschreiblichen Getöse wird. Sobald die Wirkung des Hanfs bei einigen akut wird, springen sie auf, tanzen mit zurückgeworfenem Kopfe, stieren Blickes, die wiegenden drehenden Bewegungen der Hüften mit Schwingen der ausgestreckten Arme und ausgespreizten Fingern begleitend oder sie stampfen im Takte mit den Füssen, wild ins Weite stierend und jene eintönige, bald lallende, bald aufjubelnde Melodie singend. Diese Tänze werden auf dem grossen Platz um ein mächtiges Holzfeuer oft die ganze Nacht hindurch bis früh 5 Uhr getanzt; sie werden vor dem Beginn grosser Unternehmungen ausgeführt und am frühen Morgen ist die tanzende Menge nicht selten noch so aufgeregt, dass z.B. zum Überfluss die Gewehre abgefeuert und unnötig Munition verschwendet wird…

Wenn nun ein so sorgsamer und langjähriger Beobachter jener Völkerschaften wie Wissmann, den ja ihre Häuptlinge lange Zeit nach Osten und Westen begleiteten, nichts von einem geistigen Verfall derselben hervorgehoben hat, nachdem jene doch schon über ein Jahrzehnt dem Riambakultus huldigten, wenn trotz allen Rauchens und Tanzens die Ausdauer der Baschilange auf jenen Reisen oft eine erstaunliche war und Kalamba sowohl als Meta Sangula als höchst intelligente Personen geschildert werden, deren persönlicher Mut und Ausdauer beim Überwinden von Schwierigkeiten manchmal rühmend anerkannt wird, wenn endlich Wissmann die schädliche Einwirkung des Hanfrauchens wohl für übertrieben ansieht, so wird man mit der Erklärung dieser bedeutenden Unterschiede durch die Verschiedenheit des afrikanischen vom indischen Hanfe allein sicher nicht mehr ausreichen…Da man nun so oft schon den Europäern, und keineswegs mit Unrecht, vorgeworfen hat, dass sie durch Einführung des schlechtesten Branntweins jene Völkerschaften zu korrumpieren und zu Grunde zu richten versucht haben, so hätte an dieser Stelle die deutsche Regierung, um nicht ähnlichen Vorwürfen dereinst ausgesetzt zu werden, eine Verpflichtung, sich ernstlich die Frage vorzulegen, ob sie den Wissmannschen Auffassungen folgend, den Riambakultus möglichst unterstützen und erhalten oder aber ihm entgegentreten solle.“

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Ephedra – Natürliche Stimulation durch Ephedrin

HanfBlatt, August 2004
(aktualisiert August 2008)

Natürliche Stimulation durch Ephedrin

Wer meint, sich stimulieren zu müssen, aber dabei auf synthetische Amphetamine, gemeinhin als “Speed” bekannt, verzichten möchte, der kann im Pflanzenreich fündig werden. Wenn man von den beliebten coffeinhaltigen Anregungsmitteln einmal absieht, wird man unweigerlich auf die zahlreichen über trockenere Gebiete des Planeten verbreiteten Meerträubelarten stoßen, botanisch Ephedra genannt.

Es handelt sich um niedrige besenartig verzweigte Büsche oder Sträucher mit dünnen immergrünen Ästchen, die an Schachtelhalm erinnern, und unscheinbaren schuppenförmigen Blättern. Wie bei Hanf gibt es männliche und weibliche Pflanzen, die sich erst zur Blüte unterscheiden lassen. Die Früchte erscheinen als kleine auffällig rote Beerenzapfen.
Meerträubel ist eine sehr urige Pflanze und bevölkert unseren Planeten schon viele Millionen Jahre. Auch ist Meerträubel ein treuer Begleiter der Menschheitsgeschichte und eine der ältesten bekannten psychoaktiven Heilpflanzen überhaupt. Es wurde als Beigabe in den Neandertalergrabhöhlen von Shanidar (auf dem Gebiet des heutigen Iran) gefunden. Seine Wirkungen wurden praktisch überall genutzt, wo es wild gedieh, sowohl in der Alten als auch in der Neuen Welt. In Kulten und religösen Ritualen spielte es immer wieder eine Rolle.
Als stimulierende Wirkstoffe enthalten viele eurasische und nordafrikanische Ephedraarten unterschiedliche und schwankende Mengen an natürlichen Amphetamin-ähnlichen Wirkstoffen, den sogenannten Ephedra-Alkaloiden. Zu diesen zählen vor Allem l-Ephedrin und Pseudoephedrin, außerdem Norephedrin, N-Methylephedrin und einige andere. Sie alle wirken ähnlich, aber nicht identisch. Die spezielle Mischung in einer vorliegenden Ephedraprobe kann eine von sensiblen Menschen durchaus spürbar unterschiedliche Geamtwirkung entfalten. Jedoch wirken alle blutdrucksteigernd, gefäßverengend, herzschlagbeschleunigend, kreislaufstimulierend, harntreibend, antiallergisch (insbesondere nasenschleimhautabschwellend), krampflösend auf die Bronchien (hustenreizlindernd, antiasthmatisch), appetithemmend und zentral anregend.

Die Alkaloide selbst werden deshalb in Arzneimitteln eingesetzt, zum Beispiel zur Linderung von Erkältungen mit Husten oder in fragwürdigen Appetitzüglern.
Beliebt als so eine Art “Armeleute-Speed” waren Anfang der Achtziger die in Apotheken frei erhältlichen Medikamente Ephedrin Knoll (mit 0,05 Gramm d,l-EphedrinHCl pro Tablette) und Percoffedrinol, das damals noch Ephedrin und Coffein in einer sich gegenseitig verstärkenden Mischung enthielt, bis diese Präparate schließlich 1984 rezeptpflichtig wurden und dann schon bald (1987) vom Markt verschwanden.

Heute taucht Ephedrin bei uns nur noch als ein untergeordneter Bestandteil in Kombinationspräparaten auf.

Ephedra Früchte

In den Achtzigern existierte in den USA ein legaler Versandhandel für ephedrinhaltige Tabletten und Kapseln, die stärkere, sonst nur auf dem Schwarzmarkt erhältliche “Speed”-Präparate imitierten. In Amsterdamer Headshops konnte man reines Ephedrin-Hydrochlorid erwerben, um damit “Speed” oder “Kokain”-Pulver zu strecken oder zu imitieren.
Ephedrin war nie so beliebt, wie seine euphorisierenderen Konkurrenten. Es war in erster Linie problemloser und preiswerter erhältlich. Dabei können die Ephedra-Alkaloide als Ausgangssubstanzen für die Synthese der chemisch und pharmakologisch nahe verwandten illegalen Amphetamine (insbesondere durch Reduktion Methamphetamin) dienen. Mittlerweile obliegen sie deshalb einer verschärften internationalen Kontrolle.
An die Stelle der Reinsubstanzen ist in den letzten Jahren vermehrt das verträglichere Ephedrakraut getreten. (Aber Vorsicht: Es ist bei uns zumindest apothekenpflichtig und darf außerhalb höchstens als botanisches Anschauungsmaterial gehandelt werden.) Von vielen Leuten wird die Wirkung eines Ephedratees als körperlich angenehmer, weniger “brutal” und psychisch euphorisierender beschrieben, als dies bei den Pharmapräparaten der Fall sein soll. Dafür ist der reale Wirkstoffgehalt weniger abschätzbar, die Dosierung etwas problematischer. Auch enthält das Ephedrakraut Gerbstoffe und andere Substanzen, die in größerer Menge genossen durchaus “auf den Magen hauen” können.
Ephedra hat im Rahmen der Technobewegung und des damit popularisierten “Ecstasy”-Konsums eine neue Bedeutung als Zusatz anregender Kräutertabletten erlangt, die von findigen und windigen Geschäftsleuten durch massive Werbung als legale und scheinbar nicht gesundheitsschädliche “Alternative”, als sogenannte “Kräuter-Ecstasys”, oft maßlos überteuert, an den Mann gebracht wurden. Sie enthalten in der Regel aber nur geringe Mengen Ephedra. Dieses ist obendrein meist der einzig nennenswert psychoaktive Bestandteil. Nicht viel mehr als eine Idee in Pillenform. Selbermischen kommt auf jeden Fall preisgünstiger, und man weiß, was drin ist.
Die Ephedra-Alkaloide und damit auch das Ephedra-Kraut sind außerdem nicht ganz unbedenklich. Wer Herz-Kreislaufprobleme, insbesondere Bluthochdruck, Durchblutungsstörungen, besonders in Hirn und Extremitäten, Schilddrüsenstörungen, eine Prostataerkrankung, eine geschädigte Leber oder Niere oder ein Engwinkelglaukom hat oder gar schwanger ist, sollte auf jeden Fall die Finger von der Droge lassen!!!

Ephedra im Monument-Valley
Ephedra im Monument-Valley

Coffein verstärkt gefährliche Nebenwirkungen. Auch Alkohol und Nikotin sind sicherlich keine guten Partner für Ephedra.
Hohe Dosierungen machen sich durch Pupillenerweiterung, Nervosität, Zittern, Schweißausbrüche, eventuell Herz-Kreislaufprobleme, Kopfschmerzen, starke Mundtrockenheit, Harnverhaltung und Verstopfung bemerkbar. Die körperliche Symptomatik dominert.

Bei toxischen Dosen kann es zu Krämpfen, Herrhythmusstörungen, Schock und Atemlähmung kommen. Selbst Herzinfarkt und Schlaganfall werden in der medizinischen Literatur erwähnt.
Komplikationen sind allerdings bei überlegtem, gelegentlichem und wohldosiertem Gebrauch selten.

Zu den Nachwirkungen zählen insbesondere bei höheren Dosierungen oder wiederholter Einnahme eine mehr oder weniger ausgeprägte Mattigkeit, eventuell Gefühle von Niedergeschlagenheit und vor allem Schlafstörungen (Einschlafschwierigkeiten, unruhiger, schwitziger Schlaf), kurz ein Aufputschmittel-Hangover. Künstliche Stimulation geht in jedem Falle auf Kosten der eigenen Energiereserven.

Wer täglich Ephedra nimmt, geht das Risiko einer Gewöhnung ein. Schnell entwickelt sich Toleranz. Immer größere Mengen werden gebraucht, um eine der ersten Dosis auch nur annähernd vergleichbare psychisch stimulierende Wirkung zu erzielen. Das zehrt aus und erhöht erheblich das Risiko negativer Folgen. Fahrigkeit, Nervosität, Gereiztheit, Konzentrations- und Schlafstörungen, sowie schwerwiegendere vorübergehende psychische Störungen wurden bei anhaltendem, stark übertriebenen Gebrauch von ephedra-alkaloidhaltigen Pharmapräparaten beobachtet. Ephedrin ist so konsumiert letztlich nicht weniger bedenklich als stärkere Arten von “Speed”. Vom nicht ärztlich verordneten täglichen Gebrauch ist deshalb dringend abzuraten.

Ephedra fedtschenkoi
Ephedra fedtschenkoi

Wie wirkt das Zeug nun eigentlich? Was ist der Reiz daran?

Wenn es nur ausnahmsweise mal genommen wird, dann setzt innerhalb von 15 bis 60 Minuten langsam eine Wachheit mit Klärung der Gedanken ein, oder auch eine Art von Aufgeregtheit und Hibbeligkeit, so ein Gefühl wie “jetzt gehts los”, vielleicht sogar mit einer euphorischen Note zumindest zu Beginn, aber das wars dann auch schon, wenn man sich nicht selbst in den Törn reinschafft. Die Angeregtheit oder auch Erregtheit hält etwa vier Stunden deutlich und bis zu sechs oder gar acht Stunden insgesamt an. Wer zu innerer Unruhe, Aggressionen und Gereiztheit neigt, mag im Einzelfall eine Verstärkung dieser Züge erleben. Wer die Dinge eher locker angeht, mag die Stimulatuion zum mentalen Driften, sich Räkeln, zum Labern, Spazierengehen, Tanzen, Kuscheln oder Rammeln nutzen. Wenn man es auf das Letztere anlegt, sollte man nicht vergessen, daß Ephedra besonders zu Beginn seiner (auch gefäßverengenden) Wirkung und mit steigender Dosis nicht gerade die Durchblutung vor allem der männlichen Geschlechtsorgane fördert und schließlich den Orgasmus eher hinauszögert, was ja erwünscht sein kann. Die Ephedrastimmung muß nicht unbedingt erotisch sein, kann aber im entsprechenden Ambiente insbesondere von Frauen sinnlich erlebt werden. Aber watt dem einen sin Nachtigall, ist dem anderen bekanntlich sin Uhl. So kann man auch das typische Kribbeln unter der Kopfhaut auf der einen Seite willkommen heißen und genießen oder als unangenehm nervigen Kratzreiz erfahren.
Das Inhalieren von Cannabisdämpfen in Kombination mit Ephedra wird als wohltuend beschrieben. Das Cannabis gebe dem bisweilen vergleichsweise ernüchternden oder allenfalls manischen Ephedratörn erst eine wirklich interessante, sinnliche, zusätzlich erotisierende, phantasie- und humorvolle Note, wobei andersherum das Ephedra dem wirren und ermüdenden mancheiner Cannabisdröhnung entgegenspaziere. Wie dem auch sei…

Blühende mediterrane Ephedra an der Festung von Kruje in Albanien
Blühende mediterrane Ephedra an der Festung von Kruje in Albanien

Wie wird Ephedra genommen?

Man kann das zu feinem Pulver gemahlene Ephedrakraut in Kapseln abgefüllt oder in zum Beispiel O-Saft gerührt herunterspülen. Auch Extrakte lassen sich durch Heißwasserauszug, Abfiltern und Eindampfen herstellen und ähnlich einnehmen. Alkoholische Getränke sind noch effektiver bei der Extraktion.

Die traditionelle Zubereitung erscheint allerdings als die Vernünftigste und Schmackhafteste: Man bereitet einfach einen Tee zu. Dazu werden pro Tasse oder Becher ein bis zwei Gramm der getrockneten Zweigchen mit kochendem Wasser überbrüht und zwei bis drei Minuten ziehen gelassen, damit nicht zuviel der bitteren und magenbelastenden Gerbstoffe in den Tee übergehen. Oder man läßt das Kraut zehn Minuten köcheln, bevor man abgießt. Das schmeckt dann nicht mehr so gut, extrahiert aber mehr der Alkaloide. Nimmt man frisches ungetrocknetes Kraut für die Abkochung, verbessert sich der Geschmack des Tees. Der Tee kann mit Honig oder Rohrzucker gesüßt und mit Limonensaft aufgepeppt werden. Diesen kann man auch von Anfang an zufügen. Er erhöht die Wasserlöslichkeit der Alkaloide. So zubereitet schmeckt der Ephedratee gar nicht mal so schlecht. Aber es gibt erhebliche Unterschiede in den Sorten. Leider auch im Wirkstoffgehalt. So läßt sich nicht ohne Weiteres sagen, wieviel Ephedra für die gewünschte Wirkung erforderlich ist. An eine neuerworbene Probe tasten sich Ephedra-User deshalb vorsichtig heran, Tässken für Tässken.

Die Spanne des Alkaloidgehaltes reicht von geringen Mengen von vielleicht 0,2 % bis zu 3,3 %! Im Allgemeinen steigt der Alkaloidgehalt kontinuierlich vom Frühjahr bis zum Herbst an. Deshalb werden die frischen neugewachsenen jungen Zweige meist im Oktober, manchmal auch während der Blüte geerntet.

Ephedra major
Ephedra major

Die Dosierung: Wieviel nimmt man denn nun?

Nehmen wir als Anhaltspunkt mal die typische medizinisch-therapeutische Dosis von EphedrinHCl. Sie liegt zwischen 0,01 und 0,05 Gramm. Zum “Aufputschen” wurden aber höhere Dosen genommen, üblicherweise 0,05 bis 0,15 Gramm (also 50 bis 150 Milligramm).

Der durchschnittliche Wirkstoffgehalt des hier erhältlichen getrockneten Ephedrakrautes dürfte zwischen 0,5 und 1,5 % Ephedra-Alkaloide betragen. Die typische therapeutische Dosis für die Einnahme als Tee liegt bei 1 bis 4 Gramm des Krautes. Wer sich stimulieren will, nimmt in der Regel mindestens 2 bis 5 Gramm.

Welche Sorten gibt es?

Insgesamt sind bis zu 70 Ephedraarten beschrieben worden. Fast alle enthalten Ephedra-Alkaloide. Ein paar der wichtigeren Arten seien hier genannt. Dabei ist zu bedenken, dass in den amerikanischen Arten keine (!) Ephedra-Alkaloide gefunden wurden, Konsumenten insbesondere von Mormonentee und Tlanchalahua aber von anregenden Wirkungen berichten. Vielleicht spielen andere Inhaltsstoffe eine Rolle. Auch mag die Identität des konsumierten Tees nicht immer eindeutig sein.

In Mexiko trinkt man einen schmackhaften “Schlankheits-Tee” von Tlanchalahua (Ephedra trifurca) in der Dosis von 1 Gramm pro Teebeutel pro Tasse, den man nur ein bis drei Minuten ziehen läßt. Eine Tasse wirkt eher subtil. Nach drei bis fünf Tassen war eine deutliche Wirkung spürbar. In leckeren u.a. Zitronengras enthaltenden mexikanischen Teemischungen wie “Yogi” und “Samadhi” macht Ephedra trifurca einen Anteil zwischen 20 und 40 % aus.

In Mexiko wird auch Ephedra americana als Tee getrunken oder gegen Kopfschmerzen geraucht. Ephedra americana wächst in trockeneren Gebieten von Nordamerika über die Anden (curip-huaracan ist der Quetschua-Name) bis runter in den Norden von Chile (dort pingo-pingo genannt). Ein solcher Tee wirkte lediglich harntreibend. Aus den USA kommt manchmal der Mormonentee (meist Ephedra nevadensis) zu uns. Ein Teelöffel pro Tasse, zehn Minuten ziehen lassen, wird als Dosis für ein anregendes Getränk angegeben.

ephedra_gerardiana

Eine robuste mehrjährige Sorte aus den Bergen Nordindiens und Tibets (von 3000 bis 5600 Meter hoch!) ist Ephedra gerardiana (Somalata). Sie läßt sich auch bei uns im Freiland anbauen und übersteht selbst harte Winter. Die Erträge sind zwar nicht gerade hoch, Potenz und Geschmack aber gut.

Eine der klassischen Ephedrasorten für den Apothekenhandel ist die vom Kaukasus bis nach China (dort neben anderen Ephedraarten Ma Huang genannt) verbreitete Ephedra equisetina. Es wurden in getrockneten frischen grünen Zweigen Alkaloidgehälter von 0,6 bis 1,75 % gemessen, mit Spitzenwerten bei 3,3 %.

In denselben Gebieten gedeiht auch Ephedra intermedia ( auch Ma Huang genannt) mit mittlerem Wirkstoffgehalt (zwischen 0,8 und 1,35 % Alkaloide). Wildwachsende Ephedraarten gelten in manchen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion (insbesondere in Kasachstan) als eine der populärsten Drogen des Undergrounds. In geheimen Labors wird mitunter Ephedrin extrahiert und weitervertrieben oder daraus durch Oxidation das potentere und euphorisierendere Methcathinon (Ephedron) synthetisiert.

Ephedra sinica (Ma Huang) aus China gilt gemeinhin als sehr potente Ephedraart, mit Spitzen bei um die 3 % im Herbst. Die Durchschnittswerte lagen jedoch bei Analysen kultivierter Pflanzen bei 1,2 bis 1,6 %. Außerdem soll “Ma Huang” als Tee nicht gut schmecken.

Im Mittelmeerraum wachsen an den Küsten und Flußufern eine Reihe von Ephedraarten, einige davon als typische schon recht ansehnliche Sträucher der Macchia (Ephedra major). Sie lassen sich im Urlaub problemlos ernten. Interessant ist auch Ephedra distachya (auch Ephedra vulgaris genannt), die schon in der Antike medizinisch genutzt wurde. Der Tee hat einen recht angenehmen Geschmack. Wirkstoffgehalte von 0,65 bis 1,7 % der Alkaloide wurden gemessen. In ihr ist nicht Ephedrin das Hauptalkaloid, sondern das deutlich schwächere Pseudoephedrin. Pseudoephedrin wurde von sensiblen Gebrauchern als weniger stimulierend und mehr körperlich wirkend beschrieben. Einzelne Bestände von Ephedra distachya und seinen nächsten Verwandten kommen auch an der südwestfranzösischen Atlantikküste und hoch bis Südtirol, die Schweiz (Ephedra helvetica) und das ungarische Donaugebiet vor. Sie sind dort aber rar und sollten geschont werden.

Auch das im Mittelmeerraum vorkommende Ephedra fragilis, das “Zierliche Meerträubel”, wurde schon von “den Alten” anno dunnemals genutzt.

Wo kriegt unsereins dett Meerträubli her?

Wenn man nicht selber ernten kann oder in den Herkunftsländern Ephedrakraut einkaufen will, konnte man früher versuchen über eine “Kräuterapotheke” Ephedra zu erwerben. Die “Apothekendroge” muß einen “vorgeschriebenen Mindestgehalt” von 0,5 bis 1,25 % an Alkaloiden aufweisen. Sie soll in der Regel aus Zentralasien, Indien oder Südosteuropa stammen. Meist handelt es sich um “Ma Huang”.

Dasselbe Material, aber auch selbst importiertes Ephedrakraut anderer Herkunft, läßt sich anonymer und zuverlässiger im ethnobotanischen Fachhandel bestellen, dort aber nur “als optisches Anschauungsmaterial”, leider machmal etwas überteuert. Von den Händlern sollte man Angaben über botanische Identität, Herkunft und Alkaloidgehalt einfordern, damit man sich beim Betrachten der Proben an den hoffentlich korrekten Angaben ergötzen kann.

 

Ephedra distachya ssp. helvetica
Ephedra distachya ssp. helvetica

 

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Eine kurze Geschichte der Orgie

HanfBlatt Nr. 115, Juli 2008

Sex, Drogen, alles außer Rand und Band

Eine kurze Geschichte der Orgie

Kaum jemand kann sich der Faszination der Orgie entziehen, sei es aus Begeisterung, sei es aus Abscheu. Die lustvolle Hemmungslosigkeit beflügelt die Phantasie. Welche Funktion hatte die Orgie in der Geschichte? Und spielt sie heute noch eine Rolle in der Gesellschaft?

Die klassischen Griechen hatten schon Jahrhunderte vor dem Erscheinen von Jesus Christus einen speziellen Gott, nämlich Dionysos. Dieser war für Rausch, Ekstase und den Wein zuständig. Ein wilder Kerl. Jedes Jahr feierten die Griechen Dionysos mit mehreren Festspieltagen. Dort wurde aber nicht gesoffen und gefummelt, sondern hohe Kultur zelebriert: Dichter trugen ihr Kunst vor, Komödien und Tragödien wurden aufgeführt, Satyrspiele abgehalten. Satyrn sind mythologische Figuren, halb Mensch, halb Tier, die wie Dionysos immer feierbereit waren. Der Sage nach scharten sie sich um den Gott, um mit ihm zusammen allerhand Schabernack zu treiben. Der prominenteste Vertreter dieser Gattung ist Pan. Die weiblichen Fans von Dionysos waren die sogenannten Mänaden. In der griechischen Welt vermengten sich der Mythos der Dichtungen, tatsächliche historische Figuren und gelebter Alltag auf heute kaum noch vorstellbare Weise. So sind die Mänaden nicht nur die erdachten Begleiterinnen von Dionysos, sondern auch die Anhängerinnen eines Kultes, der lange Zeit sein Wesen trieb. Ursprünglich waren Orgien religiöse Festspiele, erst später wurden sie zu Anlässen trunkener Wildheit.

Eine besondere Rolle in der Geschichte der Orgie spielt ein kleines Örtchen in der Nähe von Athen mit Namen Eleusis, heute ein Vorort der Millionenmetropole. Hier spielten sich die legendären „Mysterien von Eleusis“ ab. Im antiken Griechenland waren diese Mysterien über einen Zeitraum von annähernd 2000 Jahren ein wichtiger Kultkomplex. Auch sie waren keine Orgien im engeren Sinne. Die Teilnahme war einem Griechen nur ein einziges mal im Leben gestattet. Die Gesetze verlangten bei Androhung der Todesstrafe absolutes Schweigen über die Vorgänge in Eleusis. Es ist bis heute unklar, was genau dort passierte, die überlieferten Schriften zeugen allerdings davon, dass viele Teilnehmer hier beeindruckende spirituelle Erfahrungen gemacht haben. Da während der Mysterien auch ein Trank eingenommen wurde, spekuliert man bis heute darüber, dass dieser Trank halluzinogene beziehungsweise entheogene Substanzen enthalten haben muss.Der Chemiker Albert Hofmann hat mit anderen Autoren dazu eine Theorie vorgelegt. Stichhaltige Beweise fehlen aber. Denn mutterkornbefallener Roggen oder Wildgrasmutterkörner sind schwer dosierbar und führen oft eher ins Delirium als denn ins Götterreich. Wahrscheinlicher ist der Einsatz von Bilsenkraut oder Schlafmohn. Auf der anderen Seite dürfte die Empfänglichkeit der antiken Menschen für spirituelle Erfahrungen durch Lebenswelt sowie Set und Setting sehr hoch gewesen sein, so dass vielleicht schon kleine Mengen einer Droge zu außergewöhnlichen Erfahrungen geführt haben. Wie auch immer, zu sexuellen Massenakten ist es während dieser antiken Techno-Party nicht gekommen. Dionysien und die Eleusis-Mysterien waren eng an naturgegebene Vorgänge gebunden, sie fanden zumeist im März zu Beginn der neuen Vegetationsperiode statt.

Die Römer übernahmen viele der griechischen Traditionen, so auch der Gott Dionysos. Er hieß ab jetzt Bacchus. So entstanden die Bacchanalien und allmählich die Art der zügellosen Orgien, die bis heute in unseren Vorstellungen präsent sind. Mengen von Alkohol, wahrscheinlich aber auch Laudanum und anderen berauschenden Substanzen gehörten von nun an zu den Festen dazu. Man verkleidete sich, der Mummenschanz erhöhte die Hemmungslosigkeit – hier gibt es Berührungspunkte zum Karneval.

Im 2. Jahrhundert v. Chr. steigerten sich die Bacchanalien zu volksfestartigen, vollkommen entfesselten Massenorgien. Es bildete sich die Grundstruktur der Orgie heraus, wie wir sie bis heute kennen und definieren. Alle Beteiligten streben danach, einander durch möglichst sinnliche Handlungen gegenseitig zu überbieten und erotisch zu reizen. Die Partner einer Orgien treten in eine ständige Wechselwirkung, sie sind gleichzeitig Handelnde und Zuschauer. Es gilt in einem Rausch der Sinne zu versinken, durch ständige Reizung und Überreizung alle Grenzen fallen zu lassen. Alle dafür nötigen Mittel sind legitim. Damals wurden dabei die Grenzen zu menschenverachtenden Methoden immer wieder überschritten. Sklaven konnten sich nicht wehren, Kinder auch nicht. Selbst Tiere wurden missbraucht. Im Jahre 186 v. Chr. wurde es schließlich dem römischen Senat zu bunt. Er erließ einen Beschluss über die Bacchanalien und verbot sie. Um klar zu machen wie ernst man es meint, ließ man mehrere Tausend Teilnehmer hinrichten.

Von hier an trieb man es um Untergrund weiter. Ein Phänomen, das sich bis heute gehalten halt. Der Mythos der Bacchanalien wurde in zu einem bevorzugten Thema der bildenden Kunst. Ursprünglich zeigten die Maler die eigentlichen Bacchusfeiern, mit der Renaissance erweitert sich der Darstellungskreis. Er umfasste von da an alles, vom fröhlichen Gelage bis zur entfesselten Orgie. Kaum einer der großen Künstler der Neuzeit blieb vom Stoffgebiet der Bacchanalien unberührt. Die Wiedergabe der orgiastischen Hemmungslosigkeit ist das eigentliche künstlerische Problem, denn zuviel zeigen durfte man oft nicht. Zuletzt zeigte Georges Grosz in seinem Bild „l’orgie“ scheißende Damen und überlaunige, schwerstbesoffene Herren in der für ihn typischen Art des dekadenten Verfalls.

Vögelei

Von den Geschichtsschreibern überliefert sind meist nur die Ausschweifungen am Hofe. Berüchtigt in der Neuzeit waren die Orgien, die der Regent von Frankreich, Philipp II. von Orléans (1674–1723), veranstaltete. Als überzeugter Atheist hielt er sie gerne an christlich-religiösen Festtagen ab. Bestechend liebenswürdig, rasant frivol, künstlerisch begabt; Philipp sah im eigenen Vergnügen die einzige Richtschnur des Handelns. Er und seine Freund erdachten immer neue Ausschweifungen, die im Paris des 17. Jahrhunderts das bewundernd-schaurige Stadtgespräch bildeten. Es herrschten Verhältnisse, die heute undenkbar scheinen. Mit seiner eigenen Tochter unterhielt Philipp eine leidenschaftliche und öffentlich bekannte Liebesaffaire. Inzest war damals ohnehin in hohen Kreisen nichts ungewöhnliches, selbst das „gemeine Volk“ stieß sich nicht daran. Auch die anderen, üblichen Grenzen des Geschlechtsverkehrs wurden wenig beachtet. Kinderschändung war niemals wieder so verbreitet wie in diesem Zeitalter, das heute Rokoko genannt wird. Nach einigen Herzanfällen begriff er als 47-Jähriger, dass seine exzessive Lebensweise ihren Tribut forderte und gab sein nächtliches Lotterleben auf.

Mit der Angebotsvielfalt steigerte sich auch die Zahl der während Orgien konsumierten Drogen. Heute dürfte bei sexuell ausgelassenen Festen neben dem Alkohol vor allem Kokain eine Rolle spielen. Das Pulver gilt als Rammelgarant. Schade, das die Klavitatur der Liebesmittel heute meist nur auf chemischen Wege angeschlagen wird. Die Natur bietet viel. Es ist wenig darüber bekannt, ob heute Rituale existieren, die mit Hilfe psychoaktiver Substanzen und sexuell-erotischer Spielarten ein ekstatischen Erleben für alle Teilnehmer generieren wollen. Die schwülen und muffelnden Hinterzimmer der vorstädtischen Swinger-Clubs und die reglementierten Dark-Rooms der schwulen Szene kommen zwar der Orgie noch am nächsten, haben aber kaum zum Ziel sich im Wollusttaumel zu verbrüdern.

Heute ist die wilde Orgie domestiziert. Zum einen durch wissenschaftliche Einsicht, denn man weiß, dass Freiwilligkeit zum Erleben dazu gehören muss und erotische Exzesse mit Minderjährigen bei diesen mentale Narben hinterlassen. Zum anderen ist die Orgie durch moderne Regeln und Tabus domestiziert. Denn trotz aller Freizügigkeit ist die beklagte Pornographisierung weithin virtuell, sei es im Internet, sei es in literarischen Feuchtgebieten. Auch der am Ende des alten und Anfang des neuen Jahrhunderts vielgescholtene Hedonismus (Stichwort: Spaßgesellschaft) zeigte eher die soziale Tendenz, sich mit einer dauerhaften, aber dadurch halbschlaffe Erektion zufrieden zu geben. In diesem Sinne leben wir in einer ständigen semi-orgiastischen Zustand, umgeben von Gewaltorgien, Medienorgien und Konsumorgien.

Die Abgrenzung zwischen einer ordentlichen Orgie und der Perversion ist schwer. Menschen haben Macken aller Art, das macht uns aus. Das reicht vom Spleen, immer nur bei Sinatra vögeln zu können, über Bondage und justierbaren Krokodil-Brustklammern bis hin zu Lustgewinn durch menschlichen Kot, Koprophilie genannt. Was es nicht alles gibt. Und: Erlaubt ist was gefällt. Die Orgie muss nicht unbedingt Zeichen einer degenerierten, rohen Lustwelt sein. Der Begriff der Sublimierung trifft es schon ganz gut: Sublimierung kann eine Erhöhung der Sinne sein, trägt aber immer auch die Gefahr einer Umlenkung von Wünschen in sich, die untergründig und unbewusst in jedem von uns schlummern. Sie ab und zu auszuleben ist die eine Sache, sich ihrer bewusst zu werden eine andere.

 

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Cannabis Gesundheitssystem

Das Ying und Yang der Cannabis-Psychose

HanfBlatt Nr. 115, Juli 2008

Die Mischung macht’s

Das Ying und Yang der Cannabis-Psychose

Mittlerweile gilt in Wissenschaftskreisen als gesichert, dass Cannabis-Konsum eine latent vorhandene Psychose zum Ausbruch bringen kann. Zwar ist nur etwa ein Prozent der Bevölkerung anfällig für diese Krankheit, wer allerdings in dieser Gruppe kifft, erhöht sein Risiko, dass eine Psychose tatsächlich ausbricht. Nun finden sich unter Psychosepatienten häufig Cannabiskonsumenten. Dies wurde bislang als Beweis für die schlechte Eigenschaft von Cannabis angesehen. Andererseits wurde zugleich darauf hingewiesen, dass viele Patienten die Substanz als Selbstmedikation nehmen, weil die beruhigende und sedierende Wirkung von Cannabis schätzen. Zwei britischen Wissenschaftler haben sich in einer neuen Untersuchung (British Journal of Psychiatry, 192/2008, S. 306-307) auf die Spur dieses widersprüchlichen Phänomens gemacht.

Ihre Ausgangsvermutung: Je höher der Anteil des sogenannten Cannabidiol in dem Gras, desto geringer die Chance ein unangenehmes Erlebnis beim Kiffen zu haben. Neben dem bekannten, psychoaktiv wirkenden THC gilt Cannabidiol als ein nicht psychoaktives und daher vernachlässigbares Cannabinoid. Celia Morgan und Valerie Curran analysierten die Haare von Cannabiskonsumenten. Danach teilten sie die Gruppe in drei Subgruppen auf: Diejenigen, die nur THC im Haar hatten (N=20, 7 Frauen, 13 Männer, Durchschnittsalter=26), diejenigen, bei denen sowohl THC als auch Cannabidiol im Haar gefunden wurde (N=27, 21 Männer, 6 Frauen, Durchschnittsalter=27) und solche, die keine Cannabinoide im Haar hatten (N=85, 27 Frauen, 58 Männer, Durchschnittsalter=26). Die Konsumneigung in den beiden Subgruppen mit Cannabinoiden im Haar war etwa gleich stark ausgeprägt. Mit einer psychologischen Testbatterie überprüften die Autoren sodann die Neigung der Probanden zu unangenehmen Erlebnissen währen des Rausches. Und siehe da: Die Subgruppe, die nur Spuren von THC und keine Cannabidiole im Haar sitzen hatten, berichteten eher von unschönen Sinnestäuschungen sowie Freud- und Lustlosigkeit. Anders herum formuliert: Ein hoher Anteil von Cannabidiol im Cannabis lässt den Rausch sicherer werden.

Die Autoren sehen in ihrer Studie einen Beweise dafür, dass der „Konsum unterschiedlicher Sorten von Cannabis zu unterschiedlichen psychologischen Erlebnissymptomen führt.“ Man kann noch einen Schritt weiter gehen. Seit Jahren beschweren sich einige Cannabis-Connaisseure über Gras mit zu hohem THC-Gehalt, gemeinhin als „Psycho-Gras“ bezeichnet. Zeitgleich wurde immer deutlicher, dass zum einem neben dem THC andere Cannabinoide zur ausgewogenen Gesamtwirkung von Cannabis beitragen, zum anderen das Cannabidiol höchstwahrscheinlich antipsychotische Eigenschaft besitzt. Wer den Bogen noch weiter spannen will, der kann sogar darauf hinweisen, dass Morgan und Curran kaum Unterschiede in der Psychose-Empfänglichkeit zwischen den THC-Cannabidiol- und den Ganz-Ohne-Was-im-Haar-Probanden fanden.

Eine wichtige Einschränkung der Studie existiert allerdings: Die Studienteilnehmer wurden alle aus einer Langzeitstudie von aktueller und ehemaliger Ketamin-Konsumenten rekrutiert. Um die Ergebnisse zu erhärten soll die Studie daher mit Personen wiederholt werden, die nur Cannabis konsumiert haben. Ansonsten gilt weiterhin: Es existiert ein Beziehung zwischen Cannabis und dem Ausbruch einer Psychose, aber eben keine kausaler Zusammenhang. Das Eintrittsalter und die genetische Veranlagung spielen eine wichtige Rolle. Eine Studie mit 3500 Jugendlichen zeigte 2005, dass die Personen, die Cannabis bereits im Alter von unter 16 Jahren konsumierten, ein signifikant höheres Psychoserisiko auswiesen als Jugendliche, die erst später kifften. Eine weitere Studie konnte zeigen, dass die Menschen, die eine bestimmte Variante des COMT (Catechol-O-Methyl-Transferase)-Gens besitzen,ebenfalls ein höheres Risiko tragen, an einer Psychose zu erkranken, wenn sie in ihrer frühen Jugend Cannabis konsumieren.

 

 

 

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Damania

Das sanfte Aphrodisiakum

Damiana. Allein der Name klingt schon nach zärtlicher Verführung, läßt Herzen höher schlagen. Der Tee zur liebevollen Vereinigung, der Likör der leidenschaftlichen Eroberung. Herr Doktor, bei mir hat sich aber nichts geregt. Im Bereich der Aphrodisiaka bewegt man sich schnell auf dem Glatteis. Nichts ist von so vielen Faktoren abhängig wie die Entfaltung der Sexualität. Meist denkt man bei Aphrodisiaka an Mittel, die praktisch automatisch eine dauerhafte Erektion erzeugen, mach mir den Hengst, oder aber instantmäßig den Geschlechtspartner willfährig machen sollen. Dem liegt wohl ein Mißverständnis zugrunde. So simpel wirken Aphrodisiaka in der Regel nicht. Erotik, sexuelles Erleben ist immer ans Gehirn gekoppelt. Deshalb können die stark psychoaktiven Substanzen auch die intensivste Steigerung der erotischen, sexuellen und sinnlichen Empfindungen induzieren. Der Absturz liegt dabei aber bisweilen nicht allzuweit entfernt, dann nämlich, wenn sich eigene innere und zwischenmenschliche Abgründe auftuen.

Bei gelegentlichem Damianakonsum gesunder Menschen geht es mehr um subtile Wirkungen auf den Eros, die man empfinden mag oder auch nicht. Ähnlich verhält es sich mit seinen nur schwach psychoaktiven Wirkungen. Der moderate Konsum von Damiana ist aber auch vergleichsweise unbedenklich. Regelmässig genossen soll es besonders bei bestehenden Funktionsschwächen und bestimmten Krankheiten, die sich negativ auf Potenz und Libido auswirken, der Gesundung förderlich sein und einen allgemein kräftigenden Effekt entfalten.

Damiana, botanisch Turnera diffusa (früher auch Turnera aphrodisiaca genannt), ist ein meist kleinbleibender gelbblühender Strauch, der in den trockenen warmen Regionen Amerikas vom Süden der USA, insbesondere Texas und Südkalifornien, über Mexiko, insbesondere Nordmexiko und Baja California, bis nach Südamerika verbreitet ist. Verwandte Turnera-Arten gedeihen übrigens sowohl in der Karibik und in Südamerika als auch in den tropischen Zonen Asiens und werden teilweise ähnlich wie Damiana genutzt. Hauptanbauland für Damiana ist Mexiko, wo es zudem reichlich von Wildbeständen gesammelt wird. Kurioserweise lautet dort die gängige Bezeichnung für das „echte“ (Turnera diffusa-)Damiana-Kraut „Damiana de California“. (Damiana werden in Mexiko nämlich auch noch andere ähnlich genutzte Kräuter genannt.)

Die kleinen gezackten Blätter werden getrocknet und galten schon bei den amerikanischen Ureinwohnern als Aphrodisiakum und wichtiges Heilmittel gegen asthmatische Beschwerden und Atemwegserkrankungen. Es wird außerdem zur Appetitsteigerung, zur Linderung von Rheuma und Migränekopfschmerzen, zur Entspannung bei Menstruationsbeschwerden, gegen Bauchschmerzen, Durchfall und Harnwegsleiden, bei Nervosität, als Kräftigungsmittel bei Schwächezuständen, sowie als mildes Hirntonikum, besonders im Alter, eingesetzt.

Bei uns kann man das aromatische getrocknete Damianakraut mit seinen vielen kleinen holzigen Zweigchen günstig im Kräuterhandel erwerben. Man sollte aber unbedingt darauf achten, daß es sich um das „echte“ Damianakraut, sprich Turnera diffusa, handelt. Auch andere Kräuter werden bisweilen als Damiana verkauft.

Wenn man etwa einen Teelöffel des Krautes pro Becher nimmt, mit siedendem Wasser überbrüht und vor dem Abseihen etwa fünf bis zehn Minuten ziehen läßt, läßt sich daraus ein ganz passabler aromatischer Alltagstee zubereiten, der mit Honig gesüßt noch besser schmeckt. Davon kann man täglich, besonders in den Abendstunden, ein paar Tassen trinken. Wer allerdings schnell spürbare Wirkungen erwartet, muß höher dosieren, was dem Geschmack des entstehenden Gebräus nicht unbedingt zugute kommt. Ein bis zwei gehäufte Eßlöffel oder etwa fünf Gramm Damiana dürften die Minimaldosis darstellen. Der Teeextrakt soll noch stärker (und vermutlich bitterer) werden, wenn man ihn durch bis zu einstündiges Auskochen zubereitet. Wer sensibel genug ist, wird eine leicht erhöhte Körperlichkeit und Sinnlichkeit empfinden. Besonders Frauen sollen sich etwa eine Stunde nach dem Genuß bisweilen entspannter und sexualisierter fühlen können. Alkoholische Extrakte gelten als wirkungsvoller. In Mexiko gibt es mit Damiana aromatisierte Liköre mit entsprechend verführerischem Image. Ein alkoholischer Auszug läßt sich einfach herstellen, indem man 30 bis 50 Gramm der Blätter mit etwa einem halben Liter Wodka übergießt und knapp eine Woche, nicht direkt in der Sonne, ziehen läßt, gelegentlich umschüttelt und den entstandenen alkoholischen Extrakt schließlich abfiltriert. Zur Likörherstellung wird das zurückgebliebene Damianakraut nochmal mit etwa 350 ml Wasser übergossen und ein paar weitere Tage ziehen gelassen, bevor man abfiltert. Die beiden Extrakte werden miteinander vermengt und eine halbe bis eine Tasse Honig, notfalls unter vorsichtigem Erwärmen, darin gelöst. Den entstandenen Likör läßt man, damit sich ein abgerundeter Geschmack bildet, mindestens ein paar Wochen, wenn nicht gar Monate, an einem dun klen Ort stehen.

Welche Stoffe für die Damianawirkung verantwortlich sind, ist noch nicht ganz klar. Ätherisches Öl, reichlich Harz, der Bitterstoff Damianin und die Gerbsäure Tannin gehören zu den bekannten Inhaltsstoffen. In den Stengeln soll gar Coffein nachgewiesen worden sein.

Damiana wirkt harntreibend. Zuviel kann möglicherweise leicht reizend auf die Harnwege und übelkeitserregend wirken. Wer Leberprobleme hat, sollte sich in Sachen Damiana zurückhalten. Vor hochdosiertem Dauergebrauch wird gewarnt.

Eine gewisse Berühmtheit hat das Rauchen von Damiana als „Legal High“ erlangt, zum Beispiel in einer Wasserpfeife beim Trinken des Tees. Möglicherweise entwickeln die Harze dabei eine psychoaktive Wirkung. Damiana gehört auf jeden Fall zur Garde der zahlreichen Kräuter, die geraucht einen mehr oder weniger starken „Effekt“ haben, ohne auch nur entfernt an so kräftig psychoaktiv wirksame Rau(s)chkräuter wie den Rauschhanf oder den Stechapfel zu erinnern. Aber wohl auch auf Grund seines exotischen und aphrodisischen Images und des wohlklingenden Namens findet sich Damiana in zahlreichen Kräutermischungen, die als rauchbare Marijuanaalternativen vermarktet wurden und werden. Zweifellos läßt es sich als nikotinfreie Grundlage für einen sinnlichen Kräuterjoint einsetzen. Ob einem der spezifische Geschmack des recht teerigen Rauches zusagt, muß man selbst entscheiden.

Zum Abschluß möchte ich einen männlichen Damiana-Probierer zu Wort kommen lassen:

„Bei einem bitteren Tee aus zwanzig Gramm Damianablättern habe ich eine gewisse träumerische körperliche Verinnerlichung erlebt und so eine Art Sedierung, nur etwa ein, höchstens zwei Stunden lang. Bei einem ziemlich ekligen Tee aus vierzig Gramm der Blätter war ich definitiv irgendwie breit, aber in keiner Weise halluzinogen oder psychedelisch oder wie auch immer, mehr gedämpft, insgesamt eher schwach. Wenn ich Damiana rauche, spüre ich eine nicht allzu lang anhaltende eigenartige wache Leichtigkeit. Damiana scheint sehr sanft zu sein oder schwach, besonders wenn man Stärkeres gewohnt ist oder unangemessene Erwartungen hat. Am besten gefällt es mir als normaldosierter Tee, ein gehäufter Teelöffel der Blätter pro Becher, in entspannter Atmosphäre. Dazu vielleicht noch ein kleiner Spliff und die Dinge sich entfalten lassen.“

 

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Ein Vergleich der giftigen Inhaltsstoffe von Tabak und Marihuana

Hanfblatt Nr. 114, Mai 2008

Zieh durch!

Ein Vergleich der giftigen Inhaltsstoffe von Tabak und Marihuana

In der Diskussion um die Gefährlichkeit des Cannabiskonsums ist ein Argument immer wieder zu hören: Marihuana-Rauch sei mit erheblich mehr giftigen Inhaltsstoffen belastet als Tabakqualm. Eine Studie im Auftrag des kanadischen Gesundheitsministeriums fand nun heraus: Das stimmt so nicht.

Für den Versuch nutzte man getrocknete Cannabisbuds der Firma Prairie Plant Systems, die ihm kanadischen Saskatoon für das Gesundheitsministerium Cannabis anbaut. Sowohl der Marihuana-Spliff als auch die Tabak-Zigarette wurden von standardisierten Rauchmaschinen eingeatmet, die den menschlichen Lungenzug recht gut imitieren.

Zieht man normal an einer Zigarette oder an einem Spliff fluten etwa 40 mg Teer in die Lunge, dies ist bei beiden Rauschdrogen ähnlich. Zieht man stark, strömen rund 80 mg Teer bei der Zigarette und rund 100 mg Teer beim Spliff ein. Dieser Unterschied in der Menge hängt wahrscheinlich mit dem unterschiedlichen Abbrennprozess der Pflanzenteile zusammen. Ein deutlicher Unterschied ergab sich bei Ammoniak. Dieses wurde in einer etwa 20-mal so hohen Konzentration im Cannabis gefunden. Das ist wahrscheinlich durch die sehr nitrathaltigen Düngemittel bedingt. Aber auch die Höhe der Verbrennungstemperatur spielt eine Rolle bei der Ammoniakbildung.

Auch andere Verbindungen wurden im Cannabisrauch verstärkt nachgewiesen: Blausäure (HCN) kam rund 2,5 mal so oft vor, Stickstoffmonooxid (NO) in etwa 4-mal so hoher Konzentration. Dazu waren einige aromatische Amine in 3- bis 5-mal so hoher Konzentration wie im Tabakrauch vorhanden. Schwermetalle wie Kadmium, Quecksilber und Blei wurden dagegen im Marihuanaqualm im Vergleich in deutlich niedrigeren Konzentrationen gefunden. Auch dies hängt vermutlich mit den Anbaumethoden zusammen. Wird Tabak wird nämlich auf Böden angebaut, der mit Schwermetalle kontaminiert ist, nimmt die Pflanze diese Stoffe auf. Die Spliffs enthielten im Vergleich zu den Zigaretten zudem geringere Konzentrationen an niedrigmolekularen Carbonyl-Verbindungen wie Formaldehyd und Azetaldehyd, sowie an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen.

Die kanadische Studie um ihren Autor David Moir bestätigt frühere Experimente, die im Cannabisrauch viele der gleichen Chemikalien wie im Tabakrauch gefunden haben. Eine Bewertung der vorhandenen Unterschiede ist daher nicht einfach. Zunächst muss festgestellt werden, dass die Verbrennung von Tabak- oder Marihuana-Pflanzenmaterial eine komplexe Mischung von Chemikalien hervorbringt, deren Zusammenspiel noch nicht vollständig verstanden ist. Sodann ist zu konstatieren, dass es darunter Substanzen gibt, die aufgrund ihrer krebserzeugenden Eigenschaften in besonders schlechtem Ruf stehen. Neben Teer sind das vor allem die Schwermetalle und die Nitrosamine. Letztere kommen im Marihuanaqualm nicht vor. Das nicht als krebserregend, sondern als „krebserregend-verdächtig“ beschriebe Formaldehyd kommt in beiden Zigarettenarten vor, allerdings etwas niedrigeren Werten im Gras. Dagegen ist das erhöhte Vorkommen der giftigen Blausäure im Cannabisrauch beunruhigend. Die kanadischen Forscher wollen nun in einem neuen Experiment die Toxizität von Tabak- und Marihuana Rauchkondensaten in drei verschiedenen biologischen Systemen testen.

Eine Verbindung zwischen Krebs und dem Rauchen von reinem Marihuana ist bislang nicht bewiesen. Aufatmen kann da kein Kiffer, denn die westeuropäische Konsumkultur mischt ja bekannterweise zumeist Marihuana oder Haschisch mit Tabak zu den beliebten Joints. Die kanadische Studie zeigt erneut, dass diese Sitte der Gesundheit abträglich ist, denn so mischen sich auch die gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffe der beiden Pflanzen.

 

 

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Cannabis

Die Cannabinoide und ihre Empfänger im Körper werden zu einem wichtigen Geschäft der Pharma-Industrie

 

Hanfblatt Nr. 114, Mai 2008

Die Cannabinoide und ihre Empfänger im Körper werden zu einem wichtigen Geschäft der Pharma-Industrie

Jörg Auf dem Hövel

Seit Jahrhunderten ist bekannt, das Cannabiskonsum enorm appetitanregend sein kann. Dieser Heißhunger ist Legende. Auf Basis dieses Effekts entwickeln Forscher nun neue Medikamente. Der altehrwürdigen Pflanze „Cannabis sativa“ und ihrer Inhaltsstoffe steht die vollständige Verwurstung durch den pharmakologischen Industriebetrieb bevor. Das hat Vorteile, denn die Pflanze gerät aus dem Zwielicht. Das hat aber auch Nachteile.

Um die aufsehenerregende Entwicklung in der neuesten Cannabisforschung zu verstehen ist zunächst ein kurzer Ausflug in den medizinischen Sektor nötig: Die Hauptwirkstoffe der Cannabis-Pflanze werden Cannabinoide genannt. Im Körper jedes Menschen sind kleine Empfangsstationen in den Zellmembranen dafür zuständig, dass die Cannabinoide ihre Wirkung entfalten können. Diese Stationen werden Rezeptoren genannt. Die meisten psychoaktiven Substanzen wirken über solche Rezeptoren, indem sie an sie binden oder sie blockieren und damit die Signalweiterleitung beeinflussen. Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts entdeckten Forscher ein ausgedehntes System von Rezeptoren, das primär der Aufnahme der Cannabinoide zu dienen schien. Man nannte es das „endogene Cannabinoid-System“. Die Auswirkung dieser Entdeckung und Namensgebung fängt man erst heute langsam an zu begreifen. Denn im Laufe der Zeit entstand ein ganzer Forschungszweig, der sich nur mit diesem System beschäftigte. Eine neue Welt tat sich auf, Konferenzen wurden abgehalten, Universitäts-Abteilungen beantragten Gelder.

So schön der Mythos klingen würde: Die Cannabinoid-Rezeptoren sind von der Evolution nicht nur dafür geschaffen worden, um Cannabis aufzunehmen. Allen Forschern war Anfang der 90er Jahre klar: Wie bei allen anderen Rezeptoren auch musste ein körpereigener Stoff existieren, der eine bestimmte Funktion an diesen Rezeptoren erfüllt. 1992 entdeckte der tschechische Chemiker Lumír Hanuš und der amerikanische Molekularpharmakologen William Anthony Devane diese Substanz im Körper und nannte sie „Anandamid“. Eine mehr oder minder feine Ironie, denn im Sanskrit steht das Wort „Ananda“ für die Glückseligkeit.

Weltweit forschte man in den Laboren der Pharma-Firmen und Universitäten weiter, nun galt es, die Cannabinoid-Rezeptoren genauer zu untersuchen. Man entdeckte zwei Arten, diese werden heute als CB-1 und CB-2 Rezeptoren bezeichnet. Ersterer findet sich vorwiegend in Nervenzellen. Am häufigsten kommt er im Kleinhirn und im Hippocampus (eine Sektion im Großhirn) vor. Der CB-2 findet sich dagegen vorwiegend in den Zellmembranen des Immunsystems und auf Zellen, die am Knochenauf- und -abbau beteiligt sind. Es wird vermutet werden, dass weitere Sub-Rezeptoren für Cannabinoide existieren. Diese beiden Rezeptoren sind Ziel der Entwicklung von neuen Wirkstoffen und damit letztlich neuen Medikamenten. Für Kranke lockt Linderung, für die Pharma-Industrie ein Riesengeschäft. Wie immer, wenn neue Medikamente in Aussicht stehen, vermischen sich Wünsche, Prognosen und Versprechungen. Fakt ist: Alleine im Markt der Appetitzügler haben über zehn Unternehmen Wirkstoffe entwickelt und in der Prüfung, die am CB-1-Rezeptor ansetzen. Abbildung 1 zeigt den Aufschwung, den dieser Forschungszweig seit 2000 erfahren hat.

Versuche wirksame Appetitzügler herzustellen gab es viele: Amphetamin (Speed) galt in den 40er und 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts als probates Mittel, um den Hunger zu stillen. Bei regelmäßig-übermäßiger Einnahme, so stellte man fest, überwogen allerdings die negativen Langzeitwirkungen. Bis heute weisen viele der auf dem Markt befindlichen Appetitzügler eine ähnliche chemischen Struktur wie Amphetamin auf. Nur haben sich die Chemiker darum bemüht, die psychoaktiven Wirkung zu eliminieren. Ein solcher Wirkstoff ist beispielsweise Fenfluramin, einer anderer Phentermin. In den USA kam es Anfang der 90er Jahre zum sogenannten „Fen-Phen“- Debakel, weil die beiden Medikamente von Patienten parallel eingenommen wurden und es zu Herzbeschwerden kam.

Ein Problem ist: Die zugrunde liegenden Mechanismen der körpereigenen Regulation von Nahrungsaufnahme und Sättigungsgefühl sind erst in Ansätzen verstanden. Die fresslustzügelnden Eigenschaften von Speed basieren auf der Hemmung des Hungerzentrums im Zwischenhirn. Aber die auf Amphetamin beruhenden Medikamente haben unerwünschte Nebenwirkungen. Aus diesem Grund und weil die Pharma-Industrie naturgemäß immer auf der Suche nach neuen Verkaufsschlagern ist geriet Cannabis in den Fokus.

Die Überlegung der Pharmakologen: Wenn Cannabis den Appetit über die Cannabinoid-Rezeptoren anregt, dann müsste eine Blockierung des Rezeptors den Hunger zügeln. Solche Blockierer werden Antagonisten genannt. 1994 synthetisierten Wissenschaftler beim Pharma-Konzern Aventis einen einen CB-1-Antagonisten und nannten ihn „Rimonabant“. Dieses Medikament ist bis heute in Europa zum erfolgreichen Appetitzügler geworden. Wie so oft treten aber Nebenwirkungen auf, in den USA ist das Medikament daher nicht zugelassen. Auch in Europa sollen Langzeitstudien klären, ob Rimonabant gefahrlos länger eingenommen werden kann. Glaubt man den Studie, verlieren fettleibige Patienten in Rimonabant-Therapie tatsächlich an Gewicht.

Seit dem Erfolg von Rimonabant ziehen die anderen Firmen nach. Merck & Co. entwickeln Taranbant, Pfizer einen Stoff mit dem Arbeitstitel CP-945598. Die Blockade des Cannabinoid-Rezeptors bringt aber nicht den Vorteil der Hungerreduktion. Der Rezeptor ist eben nicht nur für den Appetit, sondern für andere Mechanismen im Körper zuständig, so kommt es, dass Testpersonen immer wieder mit psychischen Problemen zu kämpfen haben, wenn sie CB-1-Antagonisten einnehmen. Eine Erklärung ist: Die Euphorie, die beim Konsum von Cannabis verspürt wird, schlägt bei der Blockade des dafür zuständigen Rezeptors ins Gegenteil um. Fest steht bisher nur, dass ein Eingriff in das cannabinoide System des Menschen weitreichende Folgen haben kann. Trotz dieser Hindernisse haben heute diverse Pharma-Firmen und Biotechs Patente auf CB-1 und CB-2 Blocker oder Enhancer eingetragen.

Sativex

Expertise im Cannabinoid-Markt hat sich die britische Firma GW Pharmaceuticals erarbeitet. Mit „Sativex“, einem Mundspray, haben sie das einzige Cannabinoid-Produkt auf dem Markt, welches aus organischem Material hergestellt wird. GW hat die Erlaubnis Cannabispflanzen in großen Mengen anzubauen. Mit jedem Spraystoß liefert Sativex 2,7mg THC and 2,5mg Cannabidiol an den Patienten. Bis heute ist es nur in Kanada zugelassen und auch nur bei Patienten mit Multipler Sklerose. In anderen Ländern laufen Genehmigungsverfahren, um Sativex als Schmerzmittel zuzulassen. Auch GW Pharmaceuticals arbeitet an einem Appetitzügler, dieser basiert auf einer Unterart des THC, dem Tetrahydrocannabivarin (THC-V). Dieses gewinnt GW ebenfalls aus den eigens angebauten Pflanzen. Wie das oben erwähnte Rimonabant gilt THC-V als CB-1-Antagonist, allerdings als natürlich vorkommender.

Die Analyse des endogen cannabinoiden Systems fokussierte sich bis 2006 vor allem auf den CB-1-Rezeptor. Neuere Forschung zeigen nun, dass der CB-2 Rezeptor eine wichtige Rolle bei einigen Körperfunktionen spielt: Knochenschwund im Alter (Osteoporose), Modulationen des Immunsystems, Nervenentzündungen, Schmerzempfinden. Schon jetzt zeigt sich aber: Die für die Medikamentenentwicklung so wichtigen Tierversuche sind hier wenig aussagekräftig, weil Ratten und Mäuse anders auf CB-2-Substanzen reagieren als Menschen. Dazu kommt: Weder Cannabis noch die cannabinoiden Agonisten oder Antagonist wirken zielgenau in nur bestimmen Regionen des Körpers oder Gehirn, wenn auch die Pharma-Industrie gerne von „hochselektiven Wirkstoffen“ spricht. Nein, das System Mensch wird in seiner Gesamtheit geflutet, so kommt es zu chemischen Kaskaden bei Botenstoffen, deren Ausgang nur durch Trial and Error heraus gefunden werden kann. Die Naturmedizin hat ein solches Verfahren über die Jahrhunderte an Millionen von Menschen angewandt, die moderne Pharmazie arbeitet dagegen mit 1000 Probanden, die einen Wirkstoff über einen kurzen Zeitraum erhalten.

Fazit

Die Entdeckung des cannabinoiden Systems ist aus vielerlei Gründen ein Meilenstein. Zum einen kann die wissenschaftliche Erforschung der Wirkung von Cannabis fortschreiten. Die verschiedenen Pflanzenwirkstoffe scheinen für diverse Vorgänge im menschlichen Organismus mitverantwortlich zu sein. Die Geschichte hat die breite Anwendungsmöglichkeit von Cannabis gezeigt, nun wäre es Aufgabe der modernen Forschung, dieses alte Wissen in moderne Medizin umzusetzen. Das Problem: Moderne Medizin heißt heute meist Pharmakologie. Pharma-Unternehmen sind in erste Linie an patentierbaren Wirkstoffen interessiert und werden daher alles versuchen, die natürlich vorkommende Wirkstoffe zu diskreditieren. Der euphorisierende Effekt von natürlichen Cannabisprodukten wird daher weiterhin als unerwünschte Nebenwirkung beschrieben werden. Mit viel Aufwand versucht man heute in den Labors, die psychoaktive Wirkung der Cannabinoide zu eliminieren und ein Reinprodukt zu erhalten, dass zielgenau nur bestimmte Bereiche des menschlichen Organismus beeinflusst. Die Geschichte der Medikamente zeigt aber nur zu deutlich, dass solche Bemühungen nur mit neuen Nebenwirkungen erkauft werden. Aber das Marketing der Pharma-Firmen wird dieses Phänomen weiterhin zu kaschieren wissen. Die Apologeten einer naturnahen medizinischen Anwendung des Hanfs, so traurig dies ist, werden unter den Bedingungen der heutigen Marktwirtschaft auch weiterhin als Kifferfreunde abgestempelt werden. Zukünftig werden diverse Medikamente auf den Markt stoßen, die das cannabinoide System zum Ziel haben werden. Zu einer Rehabilitierung der Pflanze wird das aber nicht führen.


 

 

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