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Das kleine Graslexikon

Aus dem HanfBlatt

Das kleine Graslexikon

Fast in jedem Land der Welt wird Rauschhanf angebaut, wenn er nicht ohnehin schon wild oder verwildert gedeiht. Ob auf Tahiti oder Tobago, ob in Alaska oder Chile, ob in Schweden oder Portugal, überall wird der Hanf zum Zwecke der Bewusstseinserheiterung angepflanzt. In manchen Ländern ist er/sie allerdings ein Wirtschaftsfaktor von bedeutendem Ausmass. Sei es in den USA zur Selbstversorgung der inländischen Konsumentinnen oder in Ländern wie Kolumbien, Jamaika, Nigeria, Ghana, usw. hauptsächlich zum Export in die reichen Nationen des sogenannten Westens. Das Beispiel Niederlande zeigt, wie sich der Export zu lohnen beginnt, wenn der einheimische Markt gesättigt ist und in den gewissermassen noch unterversorgten Nachbarländern eine Nachfrage nach hochwertigen Qualitäten entsteht.

Deutschland ist traditionell kein ausgesprochenes Marihuana (auch „Gras“, die getrockneten Blüten- oder Fruchtstände des berauschenden Hanfes)- Importland gewesen. Die haschischproduzierenden Länder liegen geographisch näher am Verbrauchermarkt. Ausserdem ist Haschisch leichter zu handhaben und zu handeln, in der Regel deutlich potenter und besteht nicht wie Marihuana zu einem beträchtlichen Teil (bis zu zwei Dritteln) aus nichtrauchbaren „Abfällen“, sprich Samen und Stengeln. Letztlich ist tropisches Importmarihuana bei oft niedriger Qualität im Verhältnis zu Haschisch zu teuer. Dennoch war immer welches auf dem Markt, und nicht wenige Konsumentinnen behaupten von sich, sie würden gutem Gras (auch gerade tropischen Importen) den Vorzug vor dem gängigen Haschisch geben, wenn sie die Wahl hätten und die Erhältlichkeit und das Preis-Leistungsverhältnis angemessener wären.

 

Hanfkaefer

Das übliche tropische Importmarihuana besteht aus einer Vielzahl zu dichten Platten, Blöcken, Scheiben oder Ballen zusammengepressten, meist reichlich Samen enthaltenden Blütenständen. Das „Gras“ kann aber auch in bereits zerbröselter blättriger Form erscheinen. Das Farbspektrum reicht von goldbraun über dunkelbraun bis zu allen möglichen Grüntönen.

Es ist müssig, die unglaubliche Vielfalt der weltweit erhältlichen getrockneten weiblichen Hanfblütenstände zu beleuchten, auch wenn durch den internationalen Tourismus Spezialitäten aus aller Damen Länder die Bundesrepublik erreichen, meist nur in verhältnismässig geringen Mengen. Einige Beispiele werden aber dennoch eingeflochten:

So kam in Zeiten des Solidaritätstourismus in den Achtziger Jahren schon mal NICARAGUA-Gras bei uns an.

Mexico

Mexikaner guter Qualität, hier dann oft pauschal „ACAPULCO GOLD“ genannt, nach einer berüchtigten Sorte der Sechziger Jahre, ist selten, da mexikanisches Marihuana fast ausschliesslich nach Nordamerika geht und die Risiken des Schmuggels dieser Ware nach Europa kaum lohnen. Guter Mexikaner ist stimulierend-exaltierend-euphorisierend. Mexiko war in den Sechziger Jahren in den USA für einige exquisite Qualitäten berühmt, später allerdings auch für fast wirkungslose Massenware, „Dirtweed“.

Karibik

Marihuana von den KARIBISCHEN INSELN (Trinidad/Tobago, DomRep, St. Lucia, Grenada usw.)ist bei uns mindestens genauso selten und erreicht allenfalls (ehemalige) Kolonialmächte wie Grossbritannien. Qualitativ soll es im (oberen) Mittelfeld liegen.

Jamaika

ist nach wie vor der Number One Produzent und Exporteur dieser Region und damit die grosse Ausnahme. Seit Jahren ist Jamaika ein regelmässiger Lieferant auch grässerer Mengen Gras von mittlerer bis hoher Potenz. Gab es noch Anfang der Achtziger Jahre ein irgendwie charakteristisch euphorisierendes Gras mit einer starken aphrodisisch-kärperlichen Note vom Sativa-Typ, fällt aufgrund der Zucht zahlreicher eingeführter Sorten auch vom Indica-Typ und daraus abgeleiteter Kreuzungen die Importware heute oft kräftig-drähnig aus. Nicht immer wird sorgfältig getrocknet. Die so zu Ballen oder Bricks gepresste Ware weist dann in ihrem Inneren Schimmel auf oder fängt nach dem Zerpflücken an zu schimmeln. Sowas ist Mist, tritt aber auch, gerade in den letzten Jahren, bei nachlässig verarbeiteten Importen aus anderen Ländern auf. Am Beispiel Jamaika lässt sich beispielhaft beobachten, wie sich durch die zahlreichen internationalen Kontakte auch in den traditionellen Anbaugebieten die gezogenen Sorten verändern. Dabei gehen mäglicherweise einzigartige Sorten der Vergangenheit mit ihrem charakteristischen und nicht ohne weiteres reproduzierbaren High unwiederbringlich verloren. Unterstützt die Sortenvielfalt auch beim Hanf! Oder präziser: Rettet die exotischen Sativas!

Kolumbien

Einer der grässten Grossproduzenten ist immer noch KOLUMBIEN. Containerweise wird Marihuana über die Weltmeere verschifft, auch wenn Kokain und Heroin bedeutendere Handelsgüter geworden sind. Die Qualität der (Massen-)Ware hat deutlich nachgelassen. In letzter Zeit tauchte wiederholt „hochpotentes“ aber innerhalb von vielleicht einer halben Stunde geradezu narkotisierendes Gras auf. Eine andere schwache Qualität ist auch nicht unbekannt. Das klassische „Columbian Gold“ oder „Santa Marta Gold“ war ein, wie der Name schon sagt, goldbraunes ziemlich potentes Gras mit euphorisierend-enthemmend-stimulierender geradezu albern machender Wirkung. Dieses Gras soll es noch geben. (Aber wo?) Auf die praktisch nicht erhältliche Spezialität „Punta Roja“ mächte ich hier nicht näher eingehen. Nur eins: Es galt als eine der besten Gras-Sorten der Welt. Wer eine Seefrau kannte…

Süd- und Mittelamerika

Die anderen süd- und mittelamerikanischen Länder (Brasilien, Peru, Bolivien, Venezuela, Panama, Surinam, Costa Rica, Guatemala, Belize usw.) sind für den bundesdeutschen Markt unwichtig, was nicht heissen soll, dass aus ihnen kein Gras in unsere Breiten gelangen kann.

USA

Aus den USA kommt heute nichts nach Deutschland. Die Preise im Land der unbegrenzten Mäglichkeiten sind einfach zu hoch, die Nachfrage zu gross, als dass ein auch noch so kleiner Export lohnen würde. Interessant ist aber, dass die ersten hochpotenten samenlosen weiblichen Marihuanablütenstände (Sinsemilla) von Reisenden schon Anfang der Achtziger Jahre aus Kalifornien und Florida („Grinsegras“) mitgebracht wurden. Es handelte sich um verblüffend potentes Freilandgras, zu dieser Zeit noch vom Typ Sativa.

Afrika

Für den bundesdeutschen Markt sind die afrikanischen Länder besonders wichtig, und von diesen insbesondere GHANA und NIGERIA. Sie liefern teilweise grosse Mengen, die im Kleinhandel allerdings kaum nach Herkunft unterschieden werden („Afrikanisches“ oder „Westafrikanisches“). Die Potenz ist in der Regel schwach bis mittel, oft mit vielen Samen und Stengeln. Es gibt selten kleinere Lieferungen herausragenden Grases. Durchschnittliches Gras aus diesen Ländern hat den Ruf euphorisch-beruhigend drähnig zu sein. Das hat vielleicht was mit langer Lagerung und „stressigem“ (zu heiss, zu feucht) Transport zu tun.

Aus anderen afrikanischen Ländern kommt manchmal in kleinen Mengen relativ frisches Gras mittlerer Potenz, eventuell sogar von Stengeln und Samen gereinigt, um das Transportvolumen zu verringern. Kennt man in Grossbritannien SAMBIA und SIMBABWE als Lieferanten, so sind SENEGAMBIA, ZAIRE („Kongo“) und KENYA in Deutschland bekannt. Als „Kongo-Gras“ wird starkes afrikanisches Gras bezeichnet. Ob es nun wirklich aus dem „Kongo“ stammt(e), egal. Neuerdings erreicht Gras aus €THIOPIEN und MOCAMBIQUE die Bundesrepublik. Auch wenn die Potenz nicht unbedingt sensationell ausfällt, so ist das stimulierend-euphorisierende High frischen Grases dieser Provenienz bemerkenswert. Letztlich kommt praktisch jedes afrikanische Land als Marihuana-Lieferant in Frage. In Holland sind Sorten aus S†DAFRIKA („Durban poison“ aus der Provinz Natal, manchmal in Papier eingewickelte, aus Blüten gerollte, kleine Sticks, nicht immer so gut wie der Name verspricht), TRANSKEI (stimulierend, wenn frisch), SWAZILAND (kräftig in intensiven psychischen Wellen kommend, wenn frisch, aber wem sag ich das) und aus MALAWI auf dem Markt. Malawi gilt als besonders gut. Aber nicht alles, wo Malawi drauf steht, tärnt auch so, wie frau es erträumt.

Asien

Der wichtigste asiatische Marihuana-Lieferant ist immer noch THAILAND. Unter dem Begriff „Thai-Gras“ wird mittlerweile aber zu einem Grossteil aus den Nachbarländern KAMBODSCHA und LAOS stammendes Gras gehandelt. In diesen Ländern wird es praktisch legal in grossen Mengen angebaut und zum Teil über Thailand oder Vietnam exportiert. Das Gras aus dieser Region ist zwar meist von passabler bis guter kommerzieller Qualität, weist aber bei der Massenware nicht die Potenz und das ausgeprägte erhebend-psychedelische High auf, für das das klassische Thai-Gras berühmt ist. Auch wenn es die legendären „Thai-Sticks“ oder „Buddha-Sticks“, um Bambusstäbchen oder gar Hanfstengel gewickelte Blütenstände, schon lange nicht mehr gibt, so tauchen trotz alledem immer noch vereinzelte herausragende Qualitäten mit einer Wirkung, die zumindest an die „Thai“-Legende erinnert, auf. Noch scheint also nicht Hanf und Malz verloren. Sowas geht weg wie warme Semmeln.

BURMA sollte als Marihuana-Lieferant der Achtziger Jahre (allerdings eher für den holländischen Markt) nicht unerwähnt bleiben. Das Gras galt, im Gegensatz zu dem thailändischen, als eher drähnig, bei mittlerer bis guter Potenz.

PHILIPPINEN-Gras, auch „Manila-Gras“ genannt, hat einen guten Ruf. Von meist bräunlich-grüner Farbe und relativ hoher Potenz, bietet es ein stimulierend-enthemmend-erhebend-euphorisierendes High mit alberner Note. Aber Garantien gibt es selbstverständlich auch hier nicht.

Das in der Regel hochpotente Marihuana aus den Bergen der südindischen Provinz KERALA findet nur selten seinen Weg zu uns. Aus den haschproduzierenden Ländern wird bevorzugt Haschisch (oder, gerade aus dieser Gegend, Grasäl) geschmuggelt. So war und ist Kerala-Gras eine ausgesprochen seltene und begehrte Spezialität.

Indonesisches Gras aus SUMATRA (Aceh, um genauer zu sein) gelangt nur selten nach Holland.

Andere asiatische Länder sind als Marihuana-Produzenten für den internationalen Markt unbedeutend.

Holland

Innerhalb von Europa hat sich HOLLAND zum Hauptlieferanten für den deutschen Markt gemausert. Skunk, Northern Lights, Orange Bud, Haze und diverse Kreuzungen gehären mittlerweile zur Angebotspalette jedes deutschen Rauschhanf-Dealers, der was auf sich hält. Diese hochpotenten, samenlosen Züchtungen haben den Markt bei uns revolutioniert, nicht nur erhebliche Anteile am Haschmarkt erobert, sondern auch die qualitativ verhältnismässig schlechten und teuren Tropenimporte stark ins Abseits gedrängt. Es fing an mit teilweise schon recht kräftigem, fast psychedelischem samenlosen Sinsemilla, meist noch von tropischen Sativas, im Gewächshaus gezogen, das bereits Ende der Achtziger vereinzelt über die Grenze gebracht wurde. Die eigentliche Lawine kam aber erst durch niederländisches „Skunk“ ins Rollen. Die Kundschaft schrie nach mehr, und sie bekam mehr.

Mittlerweile wird ein nicht unbeträchtlicher und wachsender Anteil des Bedarfs an hochwertigem samenlosen Gras durch Anbau holländischer Sorten hierzulande gedeckt. Und diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Importiertes Marihuana wird sich nur behaupten kännen, wenn es qualitativ verbessert wird, was bei den fehlenden Mitteln nicht sehr wahrscheinlich ist, oder die Preise deutlich fallen.

Von Jörg Auf dem Hövel

Jörg Auf dem Hövel (* 7. Dezember 1965) ist Politikwissenschaftler und arbeitet als freier Journalist u. a. für die Telepolis, den Spiegel und Der Freitag.

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