Kategorien
Cannabis

Viel THC, aber auch Pilze im Coffee-Shop Cannabis

Hanfblatt, Nr. 106

Viel THC, aber auch Pilze im Coffee-Shop Cannabis

Wissenschaftler der Universität Leiden in den Niederlanden haben Cannabiskraut aus zehn zufällig ausgewählten Coffee-Shops mit zwei Sorten verglichen, die in Apotheken auf Rezept zu erwerben sind.

Zusätzlich wurde eine Sorte einer nicht-offiziellen Initiative für medizinischen Cannabis untersucht. Bei allen elf „halblegalen“ Proben lag der THC-Gehalt in einer Spanne zwischen 11,7 und 19,1 % (Prozentgehalt des Trockengewichtes des Pflanzenmaterials). Der THC-Gehalt der Apotheken-Sorten fiel ebenfalls in diesen Bereich: die Sorte Bedrocan (16,5 % THC) fand sich im mittleren Bereich, während die Sorte Bedrobinol (12,2 % THC) am unteren Ende der Spanne lag.

Neben THC und THCA wurden während der Analyse der Cannabinoid-Zusammensetzung der Proben auch andere Cannabinoide berücksichtigt. Allerdings wurden keine größeren Unterschiede zwischen den Coffee-Shop-Proben beobachtet. Der Autor der Studie, Arno Hazekamp, vermutet, dass dies das Ergebnis von Jahrzehnten der Kreuzung und Selektion von viel THC produzierenden Cannabissorten ist. Hazekamp: „Dieser Prozess hat die Variabilität zwischen den Cannabissorten verringert, mit einer geringfügigen Ausnahme für ihren THC-Gehalt.“

Ein zweites wichtiges Ergebnis der Studie: Alle (sic!) Proben aus den Coffee-Shops enthielten Kontaminationskonzentrationen für Bakterien oder Schimmelpilze oberhalb der Grenzwerte, die im Europäischen Arzneibuches für Präparate zur Inhalation vorgegeben sind. Einige der gefundenen Mikroben können Gifte bilden, die beim Rauchen von Cannabis nicht vollständig zerstört werden. Vor allem Personen mit einem bereits beeinträchtigten Immunsystem, beispielsweise AIDS- oder Krebs-Patienten, können solche Mikroben und Gifte gefährlich werden. Das Vorkommen potenziell gefährlicher Pilze auf nicht legal gezüchteten Cannabis ist wiederholt beschrieben worden, einige diese Pilze gelten als Quelle für neurologische Toxizität oder Infektionen. Die zwei Apothekenprodukte wiesen eine konsistente Stärke auf, potenziell gesundheitsschädliche Verunreinigungen fehlten.

Kategorien
Cannabis Gesundheitssystem Psychoaktive Substanzen

Gute Wirkungsgrade: Universität analysiert den Vaporizer

HanfBlatt Nr. 102

Die Universität in Leiden (Niederlande) hat einen Vaporizer der Firma Storz & Bickel auf Herz und Nieren getestet. Es ging vornehmlich darum festzustellen, ob sich Vaporizer als Geräte im medizinischen THC-Einsatz eignen. Die Ergebnisse sind auch für Freizeit-Liebhaber äußerst interessant. Das Verdampfen von Marihuana oder reinem THC hat gegenüber dem Rauchen den Vorteil, das sich erheblich weniger schädliche Nebenprodukte bilden. Beispielsweise entsteht rund 56% weniger Teer. Für ihren Versuch besorgten sich die Forscher deshalb reines THC sowie weibliche Blütenstände mit einem Anteil von 12% THC(A). Die beste Temperatur zum Verbrennen Verdampfen der Substanzen liegt nach Aussagen der Forscher bei 226 Grad Celsius. Dies entsprach der höchsten Stufe (9) bei dem Gerät. Das Material sollte innerhalb von 45 Sekunden verdampft werden, danach ist kaum noch THC vorhanden. 200 mg der Blüten von der Firma Bedrocan BV wurden aufgelegt, die sehr freiwilligen Testpersonen inhalierten über einen Luft-THC-Ballon rund 8 Liter, hielten das Gemisch 10 Sekunden und exhalierten. Die Menge des ausgeatmeten THC liegt zwischen 30% und 40%. Wobei interessant ist: Die verschiedenen Probanden nahmen alle ungefähr gleich viel THC auf, egal wie sportlich sie waren oder wie groß ihr Lungenvolumen war. Von 20 mg THC kommen 6-8 mg an. Das Fazit der Forscher: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass mit dem Volcano ein sicheres und effektives Verabreichungssystem für Cannabinoide für Patienten verfügbar zu sein scheint.“
Zum nachlesen: Hazekamp Arno u.a.: Evaluation of a Vaporizing Device, Journal of Pharm. Science, Vol. 95, Nr.6, Juni 2006, S.1308-1317.

 

Kategorien
Cannabis Psychoaktive Substanzen

Zu Besuch bei THC-Pharm

HanfBlatt Nr. 102

Hier wird das THC gemacht

Im beschaulichen Frankfurter Stadtteil Oberrad am Main, wo Gartenbaubetriebe die Kräuter für „Grüne Soße“ sprießen lassen, feiert ein außergewöhnliches mittelständisches Unternehmen sein 10jähriges Bestehen: Die THC-Pharm (The Health Concept) GmbH. Fünf befreundete Gesellschafter hatten das Unternehmen 1996 aus einer Patienteninitiative heraus gegründet um Schwerkranken, insbesondere als austherapiert geltenden Schmerzpatienten Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) auf legale Weise verfügbar zu machen. Durch die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BtmG) im Jahre 1998 wurde es Ärzten möglich Delta-9-THC als Medikament zu verschreiben. Im gleichen Jahr konnte Christian Steup, der Hauschemiker von THC-Pharm, erstmals in einer Apotheke Delta-9-THC als Rezeptursubstanz herstellen. Dank anhaltendem Engagement und guter Öffentlichkeitsarbeit, der Geschäftsführer Holger Rönitz arbeitete einst als Sprecher für Greenpeace, hat THC-Pharm heute 17 MitarbeiterInnen, macht einen Umsatz im Millionenbereich und versorgt durch den Großhandel über etwa 2000 Apotheken mehrere Tausend Patienten mit Medikamenten auf Hanfbasis.

Dronabinol Packung

Das mittlerweile zu bemerkenswerten 99,5% reine Delta-9-THC, das hier in Oberrad im Labor teilsynthetisch hergestellt wird, wird unter dem Namen „Dronabinol“ als Rezeptursubstanz vertrieben. Als Ausgangsmaterial für die Synthese wird in Hessen biologisch angebauter Hanf zugelassener Faserhanfsorten verwendet. Die getrockneten Blütenstände inklusive Samen und Stengeln werden mit einem lipophilen Lösungsmittel extrahiert. Aus diesem Extrakt wird als weiße kristallinische Substanz Cannabidiol (CBD) abgeschieden. Die Ausbeute liegt dabei bezogen auf das allerdings relativ kostengünstige Ausgangsmaterial im Promillebereich. Das CBD wird nun auf chemischem Wege mittels Isomerisierung in das bei Zimmertemperatur feste und im Idealfall wasserklare Delta-9-THC umgewandelt.

Es muss vor Zersetzung im Kontakt mit der Luft geschützt werden. Deshalb wird es im erwärmten Zustand auf Spritzen aufgezogen und zur Sicherheit im dunklen Kühlschrank aufbewahrt. So ist es relativ lange haltbar. Durch Luftkontakt verfärbt es sich an der Kontaktfläche erst rosaviolett, dann hin zu braun. Bei der Zersetzung entsteht das in reinem Zustand als weiße Kristalle dem CBD optisch ähnliche Cannabinol (CBN). CBN weist keine nennenswerte mit dem Delta-9-THC vergleichbare Psychoaktivität mehr auf, wurde aber in Zusammenhang mit leicht unangenehmen Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen gebracht. Interessanterweise ist das Delta-9-THC auch in äthanolischer Lösung luftabgeschlossen aufbewahrt ohne allzu große Verluste lange haltbar. Wird es jedoch in Ölen gelöst, beschränkt sich die Haltbarkeit auf einige Monate bei schließlich vollständiger Zersetzung.

Man mag sich fragen, warum THC-Pharm diesen kompliziert anmutenden Weg zur Gewinnung des nach allen bisherigen Kenntnissen mit Abstand bedeutenden Hanfwirkstoffes, dem Delta-9-THC, geht. Dieses erklärt sich aus der komplizierten Rechtslage unter den Bedingungen des real existierenden BtmGs. Das gestattet den Anbau THC-reichen Hanfes nämlich allenfalls für wissenschaftliche Zwecke, nicht jedoch zur Herstellung pharmazeutischer Präparate. Nebenbei bemerkt, wäre die Gewinnung reinen Delta-9-THCs aus an diesem reichen Hanf, wie er beispielsweise für pharmazeutische Zwecke staatlich kontrolliert in den Niederlanden angebaut wird, bei der dortigen Preislage gegenwärtig nicht wesentlich günstiger. In der Schweiz ist gar nur die Verwendung vollsynthetischen Delta-9-THC`s (wie im US-Präparat „Marinol“) gestattet.
Immer wieder wird kritisch ins Feld geführt, warum man nicht einfach einen standardisierten Extrakt aus psychoaktivem Delta-9-THC-reichem Hanf mit dem gesamten Spektrum der Inhaltsstoffe herstellt. Dies hat neben den erwähnten rechtlichen Gründen noch den, dass die meisten wissenschaftlichen Studien im medizinischen Bereich mit der Reinsubstanz erfolgt sind. Diese wird auch für das Gros der erwünschten Wirkungen verantwortlich gemacht. Die Dronabinol-Patienten legen in erster Linie wert auf ein legal verschriebenes Präparat zur Linderung ihres Leids und sind nicht unbedingt genussmittelerfahren und so vielleicht auf Hanf fixiert. In Zukunft wäre sicherlich ein breiteres Spektrum an Präparaten wünschenswert.
Ein weiterer die Vermarktung erschwerender Punkt ist, dass nur den Apothekern die Weiterverarbeitung des Delta-9-THCs zu pharmazeutischen Präparaten für den Endverbraucher gestattet ist. Aus diesem Grunde verschickt THC-Pharm seit 2003 Dronabinol-Sets an die Apotheker, die diesen erlauben, den Wirkstoff mit Kakaobutter zu verschmelzen und in Kapseln zu füllen, ihn in Öle (wie Sesamöl) einzubringen oder aufgelöst in 97%igem Alkohol zu einem Inhalat zu verarbeiten. Das bringt zwar den Apotheker im klassischen Sinne wieder auf Trab und gewährt ein frisches Präparat, erhöht aber die Kosten für die Endabgabe erheblich.

Für den Patienten ist der Weg zum Dronabinol immer noch kompliziert. Leider ist es THC-Pharm auf Grund des BtmGs nämlich nicht gestattet potentielle Patienten über das medizinische Potential von Delta-9-THC direkt zu informieren. Wer meint, sein Leiden könne eventuell durch Delta-9-THC gelindert werden, sollte sich deshalb an den Arzt seines Vertrauens wenden, denn nur Ärzte und Apotheker können entsprechendes Material anfordern. Sie sollten sich nicht scheuen, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, zumal THC-Pharm über ein umfangreiches gut sortiertes Archiv verfügt und obendrein seine Homepage laufend mit Daten wissenschaftlicher Studien aktualisiert.

Die Hauptindikationen, bei denen Delta-9-THC auf Grund seiner entspannenden, entkrampfenden, schmerzlindernden, appetitanregenden, übelkeitvertreibenden etc. Wirkungen zur Anwendung gelangt, sind schwerwiegende Krankheitsbilder, wie Spastiken, Querschnittslähmung, neuropathische Schmerzen und Tumorkachexie. Weitere Indikationsfelder sind der Einsatz als Anti-Emetikum bei der Tumortherapie (hier nur über wenige Tage), bei therapieresistenten Schmerzen, auch in Co-Medikation mit Opioiden, bei MS, bei Dystonien und Tourette-Syndrom. Unter anderem bei ALS, COPD, Parkinson und Alzheimer scheint es Potentiale zu geben. Durch die Entdeckung des körpereigenen Cannabinoid-Systems haben sich hier ganz neue wissenschaftliche Perspektiven eröffnet.
Bei regelmäßiger Medikation muss ein Patient, der Dronabinol-Zubereitungen über seinen Arzt per Btm-Rezept verschrieben und von seinem Apotheker zubereitet bekommt, mit monatlichen Kosten von 200-500 Euro rechnen. Theoretisch sollten die Krankenkassen diese Kosten im Einzelfall in den erwähnten schweren Krankheitsfällen übernehmen. Hierfür gibt es aber leider immer noch keine verbindliche Regelung, so dass in der Praxis immer noch mehr als die Hälfte der Patienten die Kosten selbst tragen müssen. Generell würden die Kosten deutlich sinken, wenn sich die in vielen Fällen sinnvolle Anwendung von Delta-9-THC als wertvolles Medikament auf breiterer Ebene durchsetzen würde und auch Fertigpräparate ausgeliefert werden könnten. Dann ist allerdings zu vermuten, dass sich auch größere weniger enthusiastische Unternehmen für diesen Markt interessieren werden.

Dronabinol ist zweifellos das wichtigste Produkt von THC-Pharm. Gelegentlich bestellen Apotheker auch CBD, um es allein oder in Kombination mit Dronabinol einzusetzen. Selbst kaum psychoaktiv, soll es das Wirkspektrum von Delta-9-THC variieren können. Eine medizinisch hochinteressante Substanz ist das im Kolben glasartig erstarrte vollsynthetisch hergestellte Propyl-delta-9-THC (THCV), das mir der Chemiker zeigt. Es wurde verschiedentlich aus Rauschhanfproben isoliert und stand einst fälschlich im Ruf eines Super-THCs. Jetzt hat man herausgefunden, dass es als starker Antagonist für das körpereigene Cannabinoid Anandamid (nicht aber für THC!) wirkt. Ein anderes für die Forschung attraktives synthetisches Cannabinoid ist das Heptyl-delta-9-THC. Eine einzige Dosis soll bis zu einer Woche lang wirken können.

Ein Standbein jüngeren Datums in der Firmengeschichte ist die Synthese von möglichst reinen Researchchemikalien für wissenschaftliche Forschungsarbeiten und als Referenzsubstanzen für die Analysen der Landeskriminalämter. Bei den Btm-Substanzen sind extrem hohe Auflagen der Bundesopiumstelle zu erfüllen. Dementsprechend ist der dick gepanzerte Tresorraum des Labors von THC-Pharm a la Fort Knox mit Bewegungsmeldern und einem direktem Draht zur lokalen Polizei gesichert. Hier glitzern hinter Türen, die sich für den neugierigen Journalisten wie einst „Sesam“ öffnen, in Erlenmeyerkolben fluffig rosig Lysergid-Kriställchen und schimmern schneeweiße DMT- und gräulich-weiße Psilocybin-Kristalle in kleinen Glasphiolen. Allein der Anblick hat schon was. Einen sinnvollen Einsatz dieser Steinchen der Weisen bei einer entspannteren Gesetzgebung kann man sich da für die Zukunft nur wünschen.

az
Homepage: www.thc-pharm.de