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Das spezielle Yoga des Inders Bellur Iyengar stärkt das körperliche und geistige Befinden

„Beobachte ohne zu Bewerten“

Das spezielle Yoga des Inders Bellur Iyengar stärkt das körperliche und geistige Befinden

Die Welt steht Kopf seit einer Minute. „Etwas mehr nach Links mit den Beinen“, sagt Babette Rincke, „ja, so stehst du gerade“. Das Blut läuft mir in den Kopf, ohne das dies besonders unangenehm ist. Die Arme fangen unter der Anstrengung an zu zittern, aber ich will noch etwas länger durchhalten. „Lass den Kopf hängen und kneif die Pobacken zusammen.“ Ich versuche zu gehorchen, bin aber mit der Aufrechterhaltung des Handstands so beschäftigt, dass ich kaum folgen kann. Schließlich lasse ich mich zurück gleiten, gehe zurück zu meiner Matte und ruhe mich aus. Seit drei Jahren praktiziere ich das Yoga von Bellur Iyengar, einem heute 85-jährigen Inder, der das klassische Körpertraining des indischen Kontinents auf westliche Bedürfnisse zugeschnitten hat.

Iyengar (sprich: Eijengar) entwickelte bereits in den 40er Jahren neue Formen der Körperhaltungen und Bewegungsfolgen, welche die individuell unterschiedlichen, anatomischen Strukturen des menschlichen Körpers berücksichtigen. Dabei lag sein Augenmerk auf der Entwicklung einer Yoga-Form, die auch von Menschen mit körperlichen Schwächen und Behinderungen geübt werden kann. Für die eigenen Übungspraxis und den Unterricht erkannte er den Wert von Hilfsmitteln für die Ausführung der Übungen: Gürtel, Holzklötze, Stühle, feste Kissen und Gewichte werden so angewandt, dass die Anstrengung wesentlich verringert wird um das längere Verweilen in einer Übung zu ermöglichen. Dies wiederum ermöglicht eine tiefere Erfahrung und damit bessere Wirkung. So ist Iyengar-Yoga zwar eine Form des eher bekannten Hatha-Yoga, geht aber mehr als dieses auf die anatomischen Besondheriten des jeweiligen Schülers ein.

Bestätigt wird dieses Prinzip bei den Standstellungen, die uns Babette am heutigen Nachmittag zum wiederholten Male zeigt. Hierbei stehen wir mit gespreizten Beinen fest auf dem Boden, beugen den Körper nach Links, verstärken aber den Druck auf den rechten Fuß. „Nach Links verlängern, nach Rechts den Druck gleichzeitig erhöhen“, weist unsere 45-jährige Yoga-Lehrerin an, die zudem ausgebildete Krankengymnastin ist. Zunächst wusste ich bei dieser wie bei vielen anderen Stellungen nicht, welchen Zweck sie haben sollten, dass Einnehmen der vorgegebenen äußeren Form schien mir ohne Sinn. Natürlich wurden dabei die hinteren Sehnen der Beine gedehnt, aber sollte darin die Bestimmung dieses Asanas liegen? Erst im Laufe von zwei Jahren erkannte und erspürte ich die innere Dynamik, durch die jede Übung zu einem Ganzen wird, in das alle Körperteile auf sinnvolle Weise integriert sind. So ist es eben durchaus möglich, den Oberkörper weit zu einer Seite zu legen, dabei aber das Gewicht auszubalancieren und so beide Füßen gleichmäßig zu belasten. Babette: „Der Körper ist keine Block, sondern besteht aus vielen Elementen, die sich völlig unterschiedlich zueinander bewegen können. Ein Ziel des Iyengar-Yoga ist es, die Kontrolle kleinster Körperbereiche immer weiter zu verfeinern.“

Was ist das besondere an der Methode des Bellur Krishnamachar Sundararaya Iyengar, wie der Mann mit vollen Namen heißt? Mit Yoga assoziieren viele entweder asketische Yogis mit hinter dem Kopf verschränkten Beinen oder esoterische Wünschelrutengänger auf Abwegen. Um Yoga zu verstehen und nachzuvollziehen, muss es dreifach gedacht werden. Die zahlreichen Posen dienen nicht nur der körperlichen Ertüchtigung, Geschicklichkeit, Dehnung und Balance, sondern zugleich der Persönlichkeitsbildung. Immer wieder muss beim Üben selbst beobachtet werden, was während der Stellung mit dem eigenen Körper und der Aufmerksamkeit geschieht. Wird ein Teil überdehnt, fehlt die Balance oder kommt es zu einer gemeinsamen Ausrichtung der Körperteile? Schweifen die Gedanken ab, flüchten sie vor der Anstrengung?

Die Theorie des Yoga besagt, dass aus einer in sich stimmigen Haltung ein Geschehen entsteht, welches die Gesamtheit des Körpers nachhaltig umfasst. Als dritten Faktor hat jedes Asana immer auch eine medizinische Wirkung. So belebt der Handstand durch die Umkehrung alle inneren Organe, während die Drehlage im Liegen, bei welcher die Wirbelsäule wie ein aufgedrehtes Handtuch gewrungen wird, das Rückgrat und die Bandscheiben nährt. Das korrekte Vorwärtsbeugen, gerade für Männer eine schwierige Übung des sich Gehen-Lassen, Nichts-Leisten-müssen und weicher werden, kräftigt Leber, Milz und Nieren in ihren Funktionen.

 

Das dies nicht nur Theorie ist, sondern in der Übungspraxis nach vollzogen werden kann, beweist Thomas Gärtner.* Durch seine Tätigkeit als Krankenpfleger und eine Jahre währende schlechte Körperhaltung hatte sich der 36-jährige den Rücken ruiniert. Angefangen beim „Scheuermann“, über Sklerose bis hin zum Gleitwirbel plagten ihn chronische Verspannungen und Schmerzen, die durch die vom Arzt verordnete Krankengymnastik kaum gelindert wurden. Durch eine Freundin bekam er den Tipp und seit einem halben Jahr übt er nun Iyengar-Yoga. „Meine Rückenprobleme haben sich enorm verbessert“, freut er sich, um anzufügen, „ich müsste zu Hause viel häufiger trainieren, dann würde es garantiert noch besser werden“. Gärtner geht es auch um den Beweis, dass Körper und Geist keine getrennte Einheiten, sondern auf vielfältige Weise untrennbar miteinander verbunden sind. Diese verschütteten, blockierten oder abgestorbenen Verbindungen sollte eine Methode wiederbeleben, die sowohl den physischen Körper als auch die Psyche stärkt und entspannt. „Ich möchte Körper und Geist zusammen bringen“, fasst Gärtner zusammen. Gar als „phänomenal“ bezeichnet er die Aufdeckung der Zusammenhänge zwischen innerer und äußerer Verspannung durch die Übungen. Dabei geht es ihm nicht so sehr um eine strikte Leistungsorientierung, als um eine Erweckung der Sensibilität für körpereigene Vorgänge. „Ich habe begriffen, dass ich hier nichts leisten, sondern beobachten und wahrnehmen muss. Weniger ist mehr.“

Mittlerweile sind wir bei der „Großen Drehlage“ angelangt. Hierbei liegen wir rücklings auf dem Boden, haben die Arme in Schulterhöhe ausgestreckt, ziehen die Beine an die Brust und drehen dann die Beine nach rechts und den Kopf nach links. „Langsam und mit Kontrolle“, erinnert Babette uns, „und wenn die Beine den Boden berühren, streckt ihr sie aus.“ Es ist drei Jahre her, dass ich diese Übung zum ersten Mal ausführte; damals verlor ich die Orientierung und wusste nicht mehr, wo meine Körperteile lagen. Heute bin ich tatsächlich in der Lage mich „in die Lage fallen zu lassen“, wie Babette es nennt. „Das Einatmen schafft Raum und mit der Ausatmung sinkst du in den Raum hinein“, muntert uns die Yoga-Lehrerin auf. Im Gegensatz zu den sehr dynamischen Standstellungen sind die Entspannungslagen ruhig und von geringer Anstrengung getragen. Dies bedeutet aber nicht die Abwesenheit von Aufmerksamkeit – diese sollte alle Übungen begleiten – nur nimmt diese eine rein beobachtende Rolle ein. Das größte Problem ist ohnehin das Abschweifen der Gedanken, die sich in manchen Entspannungsstellungen gerne den Ereignissen des Tages, den Plänen der nahen Zukunft oder noch öfter dem Essen zuwenden. „Wenn du dies bemerkst“, sagt die Yoga-Lehrerin, „hole den Gedanken sanft wie ein unartiges Kind zurück zu der Stellung.“ Einfacher gesagt, als getan, denke ich und verscheuche die Pasta mit Käse-Sahnesoße aus meinen Kopf. Nach der Drehlage fühlen sich die linke und rechte Körperhälften unterschiedlich an. Die rechte schwerer und wärmer, die linke volumiger. Auch hier gilt es, so weiß ich mittlerweile, über die Zeit die Beobachtung zu verfeinern und eventuell noch weitere Unterschiede wahrzunehmen.

Ralf Schütt, langjähriges Mitglied im Vorstand der Vereinigung der deutschen Iyengar-Lehrer, schätzt die Zahl der Aktiven Yoga-Schüler in Deutschland auf etwa fünf Tausend. Er bestätigt, dass ein großer Anteil davon aufgrund von Probleme mit dem Rücken, den Gelenken oder schlicht zum Stressabbau zum Iyengar-Yoga gekommen ist. „Viele wechseln aus dem Fitness-Bereich zu Iyengar, weil es neben dem Muskulaturaufbau auch ein hervorragendes mentales Training ist.“ Der 1999 verstorbene Geiger Yehudi Menuhin und Pop-Ikone Madonna -sie alle waren und sind begeisterte Anhänger des Iyengar-Yogas. Menhuin schrieb in einem Vorwort zu einem Buch von Bellur Iyengar: „Die Übung des Yoga gibt ein entscheidendes Gefühl für Maß und Proportion. Auf unseren Körper bezogen, bedeutet dies, dass wir unser wichtigstes Instrument zu spielen und die größte Resonanz und Harmonie daraus zu ziehen lernen. Mit unermüdlicher Geduld verfeinern und beseelen wir jede Zelle.“ Ähnlich blumig wie der Meister der Musik drückt es der Meister des Yoga aus: „Das Selbst füllt den Körper bis in die Zellen, wie Wasser, das in einem Gefäß ruht. Die Aufmerksamkeit muss ebenfalls den ganzen Körper füllen, so gleichmäßig und lückenlos wie Wasser, das sich in einem Gefäß verteilt.“ Seit nunmehr über 60 Jahren übt der heute 82-jährige alte Mann bis zu zehn Stunden am Tag, gemäß seiner Devise „Der Körper dein Tempel, die Pose das Gebet.“ Diese Kontinuität hat ihm den Ruf des besten aller lebenden Yoga-Meister eingebracht.
Die zweistündige Yoga-Sitzung mit Babette Rincke geht zu Ende. In dieser Zeit habe ich meine durch das viele Sitzen am Schreibtisch verkürzten hinteren Sehnen der Beine wieder ein Stück gedehnt, den Brustkorb geweitet und die eingesunkenen Wirbelsäule ausgerichtet. Schweiß ist geflossen, Körperspannung ist auf- und wieder abgebaut worden. Die kleine Gruppe von sechs Leuten liegt auf dem Boden und spürt noch einmal in die verschiedenen Körperteile hinein. Im Idealfall ist man fähig kleinste Körperbereiche voneinander zu unterscheiden – für mich und die anderen ein noch langer Weg.

* Name von der Redaktion geändert.

 


Yoga
Der Ausdruck Yoga stammt aus der indischen Sanskrit-Silbe „Yui“, was soviel wie zusammenbinden bedeutet. Zusammengebracht werden sollen Intellekt und Körper. Der Vermittler zwischen diesen Instanzen ist aus Sicht der alten Yoga-Sutras die Seele. Belur Iyengars Yoga-System fußt auf diesen von Patanjali ungefähr 200 v. Chr. nieder geschriebenen Sutras. Mit jeder korrekt ausgeführten Übung soll sich der Mensch nicht nur physiologisch und neurologisch, sondern auch emotional, ethisch und nicht zuletzt spirituell weiter entwickeln.

Zu Iyengar
Seit nunmehr 65 Jahren übt der Mann bis zu acht Stunden am Tag, gemäß seiner Devise „Der Körper dein Tempel, die Pose das Gebet.“ Diese Kontinuität hat ihm den Ruf des besten aller lebenden Yoga-Meister eingebracht. Bei fernöstlichen Weisheiten bleibt Iynegar nicht stehen, seine von ihm geleiteten Übungseinheiten stehen im dem Ruf äußerst anstrengend zu sein. „Schmerz ist dein Meister“, ist denn auch ein oft zitierter Ausspruch von Iyengar. Dies kommt allerdings zum einen immer auf den Lehrer, zum anderen auf den Praktizierenden selbst an. Die Methode ist zwar intensiv, aber nicht aggressiv. Unbewusste Blockaden im Körper benötigen jedoch oft einen deutlichen Hinweis von Außen um durchbrochen zu werden. Iyengar: „Wenn du dein Hemd aufhängen willst, brauchst du einen Bügel. Genauso ist es, wenn du einen geordneten Körper und einen geordneten Geist haben willst.“

 

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Drogen und Drogenpolitik – Texte von Jörg Auf demHövel und AZ

Gesundheit und Drogenpolitik

Zwischen 1994 und 2013 von Jörg Auf dem Hövel und AZ veröffentlichte Artikel

Psychopharmakologie

Ein verheißungsvolles Antidepressivum scheitert in der entscheidenden Studie. Der Fall zeigt erneut, wie wenig verstanden die Chemie des Gehirns ist. (Telepolis v. 22.11.2011)

Therapeutische Wahrheiten und Illusionen
Zu den Ursachen der weltweiten Pandemie psychischer Krankheiten. (Telepolis v. 14.08.2011)

Placebos ohne Täuschung. Jetzt ist es soweit: Placebos wirken selbst dann, wenn die Patienten wissen, dass sie ein Scheinmedikament einnehmen. Oder nicht? (Telepolis v. 29.04.2011)

 

Arzneimittelherstellung und pharmazeutische Industrie

Länger leben durch Vitaminzusatz? Hilft die Einnahme von Antioxidantien? (Telepolis v. 25.01.2013)

Krebs und seine Metastasen: Es ist alles viel komplizierter
Die verschiedenen Zellen eines Tumors haben oft mehr genetische Unterschiede als Gemeinsamkeiten. (Telepolis v. 16.03.2012)

Hoffnung für Zuckerkranke
Die Entwicklung der „künstlichen Bauchspeicheldrüse“ macht Fortschritte. (Telepolis v. 13.12.2011)

Kleine Geschenke begründen die Freundschaft
Weltweit haben Medizinstudenten schon früh Kontakt zur pharmazeutischen Industrie
(Telepolis v. 02.06.2011)

Marketing statt Evidenz: Durch Gerichtsverfahren veröffentlichte Dokumente zeigen die gewieften Methoden der pharmazeutischen Industrie (Telepolis v. 09.03.2010)

Innovationsmangel: Big Pharma sucht nach Orientierung
(telepolis v. 13. August 2008)

Placebos: Warum der Schein besser wirkt als nichts (DIE WELT v. 11. Juli 2008)

 

Interviews

Subjektiver Rausch und objektive Nüchternheit
Der Medizin-Anthropologe Nicolas Langlitz über das Forschungs-Revival psychedelischer Substanzen, die objektive Erkenntnis subjektiven Erlebens und kulturell beeinflusste Psychopharmakawirkung. (Telepolis v. 12.01.2012)

Zur philosophischen Basis heutiger Drogenpolitik: Interview mit Michael Rinella über das Symposion und Platos Neueinordnung der Ekstase (Deutsch & english version).

„Salvia ist keine Eskapisten-Droge“
Interview mit Daniel Siebert, dem weltweit führenden Experten für Salvia divinorum, dem sogenannten „Wahrsagesalbei“ (and here is the english version)

Alte Pflanzen, neue Heilung?
Interview mit dem Experten für historische Pharmakologie Werner Dressendörfer

Der Körper geht sich selbst
Interview mit dem Buchautoren Hans-Christian Dany über die Rolle von Amphetamin in der modernen Gesellschaft

„Eine integrale Drogenpolitik wäre weit von einer generellen Drogenfreigabe entfernt!“
Interview mit dem Psychologen Wulf Mirko Weinreich über das Bewusstseinsmodell von Ken Wilber, die Zukunft der Drogenkultur und die psychotherapeutische Praxis

„Die Verelendungsprozesse hören nur durch die Vergabe von Methadon oder Heroin nicht auf“
Interview mit dem Bremer Suchtforscher Heino Stöver

Chemische Kriegsführung
Der Psychiater James S. Ketchum �ber seine Experimente im Dienste der US-Armee mit Belladonnoid-Glycolaten und LSD

Zur Neurobiologie der Alkoholabhängigkeit
Interview mit dem Suchtforscher Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie der Berliner Charité

Die Heroinabgabe muss kommen
Interview mit Henning Voscherau über synthetische Opiate vom Staat und die erreichbaren Ziele der Drogenpolitik

Von einem, der auszog, …
Baba Rampuri spricht über die Welt der Yogis (and here is the english version)

Der ewig missachtete Richterspruch
Staatsanwalt Carsten Schäfer über seine Max-Planck Studie zu Cannabiskonsum und Strafverfolung in den Bundesländern

Evolution
Interview mit dem Buchautoren und 68er-Veteranen Bruno Martin

Der Bandit von Kabul
Jerry Beisler im Gespräch über den Haschisch-Trail und das Afghanistan der 70er Jahre

„Kunst war mir immer suspekt“
Interview mit dem visionären Künstler Fred Weidmann

MAPS: Psychedelika als Therapie
Interview mit Rick Doblin, Gründer der „Multidisciplinary Association for Psychedelic Studies“, über MDMA und die Probleme bei der Arbeit mit psychoaktiven Substanzen

Halluzinogene in der praktischen Forschung
Interview mit Prof. Charles Grob über seine Studien mit MDMA und Psilocybin.
(Hier die englische Version)

Aus den Tiefen
Interview mit Amon Barth

Annäherung an das richtige Leben
Interview mit Wolfgang Sterneck

Wenn der Konsum zum Problem wird
Interview mit dem Psychiater Eckart Schmidt über starke Cannabis-Raucher

Die Hanfapotheke
Franjo Grotenhermen spricht über ein Projekt, in dem Kranke Cannabis bestellen können.

Grenzwertig: Fahren und Gefahren mit THC
Interview mit dem Rechtsanwalt Martin Krause über Cannabis und eine kraftfahrzeuggestützte Lebensweise.

„Der Leistungssport wird seine ‚Unschuld‘ nie wieder zurückgewinnen“
Interview mit Günter Amendt, Experte für Drogenökonomie und Drogenpolitik, über Doping, die Pharmakologisierung des Alltags und das Scheitern der Prohibition.

Natur und „research chemicals“
Interview mit Jon Hanna, Herausgeber der Psychedelic Resource List, über den globalen ethnobotanischen Markt.

„Wir haben in unserer Gesellschaft insgesamt ein Problem mit dem Genießen“
Interview mit Prof. Gundula Barsch, Mitglied der Nationalen Drogen- und Suchtkommission im Bundesgesundheitsministerium über ihr Konzept der Drogenmündigkeit.

Dem Kiffer (mit Problemen) kann geholfen werden
Interview mit dem Suchttherapeuten Helmut Kuntz.

Interview mit Tilmann Holzer vom „Verein für Drogenpolitik“
Holzer spricht über das „Cannabis-Regulierungsmodell“ des Vereins.

Interview mit Joseph R. Pietri, dem „König von Nepal“
Der Haschisch-Schmuggler spricht über seinen Job.

Interview mit Nol van Schaik
Der Coffee-Shop Aktivist über die Praxis des niederländischen Modells.

Interview mit Gerhard Seyfried
Die Comic-Ikone über seine neue Lust am Schreiben.

„Rauschkultur als Form der Religiösität und des Hedonismus“
„Die soziale Realität muß die Normen durch Lächerlichkeit aushebeln“
Zwei Gespräche mit Professor Sebastian Scheerer, Kriminologe an der Universität Hamburg. Es geht um den Streit um das Cannabiskraut, das Urteil des Verfassungsgerichts, die Drogenpolitik in Deutschland und die Auswirkungen von Drogen auf das Bewusstsein.

Interview mit Ronald „Blacky“ Miehling
Der ehemalige Kokainhändler Ronald Miehling hat über Jahre den deutschen Markt mit Kokain versorgt.

Interview mit Christian Rätsch
Christian Rätsch -der wohl anerkannteste Ethnobotaniker Deutschlands- im Gespräch. Esoterischer Schamanenkult, psychoaktive Pflanzen, „Das Gute“, „Das Böse“ und Richard Wagner sind Themen.

Interview mit Wolf-Dieter Storl
GRÜNE aufgepasst: Dieser Pflanzenkenner und -lauscher weiß, was man von Pflanzen lernen kann.

„Ich sehe keine Bewegung“
„Sind wir durch mit dem Interview?“
Zwei Gespräche mit Hans-Georg Behr, dem zornigen Hanf-Veteranen. Der kiffende Psychiater hat eine bemerkenswerte Art, seine Meinung auszudrücken…

Mr. Cannabusiness
Interview mit Frank Zander, dem Organisator der grössten Hanfmesse Deutschlands.

„Wir nutzen nicht das, was in den Drogen steckt“
Interview mit Horst Bossong, dem früheren Drogenbeauftragten der Hansestadt Hamburg.

Gespräch mit Renate Soellner
Autorin der Studie „Abhängig von Haschisch? Cannabiskonsum und psychosoziale Gesundheit.“

„Unglücklicherweise wissen wir nicht genug über Cannabis, dabei wäre es einfach heraus zu finden.“
Interview mit Jonathan Ott, Autor des Buches „Pharmacotheon“.
(Hier die englische Version)

„Techno, Tanzen, Törnen, Ficken – Wegbereiter der Extase“
Interview mit dem Eve&Rave Urgestein Hans Cousto

Von alten und neuen Hexen und einem neuen Naturverständnis
Interview mit der Ethnologin Claudia Müller-Ebeling

Vom Wandeln zwischen den Welten
Schamanismus-Expertin Nana Nauwald im Interview

Pilzmännchen und Freiheitskappen
Interview mit Roger Liggenstorfer zum Thema psilocybinhaltiger Pilze

Der ganze Drogenkrieg kippt…
Hanf- und Verschwörungs-Experte Mathias Bröckers im Gespräch

Hanf – Eine Nutzpflanze unter vielen?
Ein Interview mit Hanf-Forscher Michael Karus, Geschäftsführer des nova-Instituts

 

Substanz-Specials

Der umfassende Einblick in die Welt der psychoaktiven Substanzen: Alle Specials (mit aktuellen Ergänzungen) von az, dazu weitere Artikel aus Magazinen, Zeitungen und Online-Medien.

Absinth, Alkohol, Argyreia nervosa, Ashwaganda, Ayahuasca, Bananenschalen, Betel, Damiana, Designerdrogen, Ephedra, Fliegenpilz, GHB ( 1.4 Butandiol), Ginkgo, Ginseng, Kawa Kawa, Ketamin, Koffein, Kaffee, Kokain, Krähenaugen, Lactucarium, LSD, Modafinil, Nachtschattengewächse, Oxy, Oxytocin, Pilze, Placebo, Ritalin (Methylphenidat), Salvia, Schlafmohn, Tabak, Teufelsdrogen (Yaba, Speed), Viagra, Yohimbe, Zigaretten.

 

Neue Drogenpolitik

Das Drogenverbot ist (mal wieder) am Ende
Der hochtechnisierte und globale Markt produziert ständig neue Substanzen, eine Kontrolle wird immer schwieriger (Telepolis v. 21.06.2012)

Ecstasy und seine Kinder
Mal wieder schafft eine Drogenstudie mehr Verwirrung als Aufklärung. (Telepolis v. 18.04.2012)

Das Ende der Akzeptierenden Drogenarbeit? Ein Abgesang

Abstinenz: Von der christlichen Idee zur Richtlinie der Politik

Klassifikation von Drogen: Britische Experten urteilen neu

Regulierungsmodelle: Wie der Staat mit Cannabis umgehen sollte

Bedenklich: Cannabis auf dem Schulhof

Wie stellt sich die Cannabis-Szene die Legalisierung vor? Legal, aber wie?

Wo ist wieviel erlaubt? Gesetze und Realitäten des Hanfkonsums in Europa und Osteuropa

Zu Besuch beim Organisator des Hamburger Hanffest: „Wir wollen uns zeigen.“

Ergo: Thesen zur Drogenpolitik

 

Drogen – global

Die europäische Drogenbeoachtungsstelle legt ihren Bericht für 2007 vor
Same procedure as every year

Die Wiedergeburt einer alten Bekannten
In Afghanistan wird wieder Haschisch produziert

Gefahr im Paradies
Thailand im Wandel

Mal ganz unten, mal ganz oben, aber immer: Kokain
Eine Polemik zum Fall Kate Moss

Die Weltreligionen und ihr Verhältnis zum Rausch
Teil 1: Das Christentum, Teil 2: Der Hinduismus, Teil 3: Der Islam,
Teil 4: Der Buddhismus, Teil 5: Das Judentum

Chemie-Apotheken schließen
Research Chemicals

Ritualgruppen und neue Kirchen nutzen den Trank als Sakrament:
Ayahuasca kommt in den Großstadtdschungel

Weltweite Cannabis-Politik und ihre Missachtung:
Arizona, Australien, Großbritannien, Costa Rica, Indien, Kanada, Vietnam, USA, Europa, Ost-Europa

Grasgeflüster:
Auf welchen Routen reisen Haschisch und Marihuana?

Ausführliche Rezension eines Buches von Alfred McCoy:
Die CIA und die Drogenbarone

Cannabis-Praxis

Spice: Aufstieg einer dubiosen Psycho-Droge (telepolis v. 22.02.2009)

Das Ying und Yang der Cannabis-Psychose

Berauschende Aromaten?
Welchen Anteil kann ätherisches Hanfblütenöl an der psychoaktiven Wirkung von Rauschhanf-Präparaten haben?

Internet:
Sicheres Surfen und das Posten in Grow- und Drogen-Foren

In medias res:
Das Graslexikon und das Haschlexikon

Handwerk:
Die Growing-Area

Vorsicht :
Cannabis und der Führerschein
Welche Fehler Kiffer in Polizeikontrollen und danach machen.

Mangelhaft:
Ein Test mit Drogentests

Schädlich:
Cannabis und die Lunge
Ein Vergleich der giftigen Inhaltsstoffe von Cannabis und Tabak

 

Cannabis als Medizin

Cannabinoid-Arzneimittel im Aufwind:
Man hofft auf das große Geschäft

This will get you medicated!
In den USA hat sich Cannabis als Medizin längst durchgesetzt

Viel THC, aber auch Mikroben
Uni Leiden untersucht Coffee-Shop-Cannabis

Antiseptisch:
Zu Besuch bei THC-Pharm

Verdampfung:
Universität Leiden testet den Vaporizer

Feinstofflich:
Die Forschung zu den Cannabinoiden

Alltag:
Cannabis in der Praxis medizinischer Anwendung

Interview über Cannabis in der Medizin
mit dem Apotheker Manfred Fankhauser

Interview mit Lester Grinspoon
über Cannabis als Medizin

Interview mit Franjo Grotenhermen,
dem Vorsitzenden der „Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin“

 

Mischen possible

Portrait des Künstlers und Rock’n’Rollers Helmut Wenske

Eine kurze Geschichte der Orgie

Albert Hofmann: Zum Tod des Chemikers und Naturphilosophen

Männer & Rausch Warum wir?

Halluzinogene Fische? Ein Mythos?

Nautische Architektur: Die Kunst des Mathias Erbe

Fressflash: Wenn der Rausch im Essen deponiert wird

Die ultimative Pfeifenkritik

Der ebenso ernst zu nehmende Psychotest

Mattscheibe:Kiffen und Kiffer im Film

Netzwerkpartys: Im LAN-Wahn

Eine satyrische Bilanz zur hundertsten Ausgabe des Magazin „Hanfblatt“

Wahrer Trash: Ein Bericht vom Cannabis-Kongress

Nachruf auf Timothy Leary

20 Jahre als Head-Shop Besitzer

Mit einem Fan auf dem Hamburger Hanffest 2000

Verkostung beim Nachtschattenmagier:
Miraculix aus Winterhude

Historische Kultur:
Deutsche Anti-Marihuana-Krimis aus den 50ern
Als die Bayern auszogen den Weltmarkt mit Haschisch zu überfluten
Marihuana in den Groschenheften der Sechziger Jahre

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Zusammen gekniffene Ärsche

Im „Meridian“ schrammt die Info-Elite an der Entspannung vorbei

Plötzlich spülte mich die Wellness-Welle ins „Meridian“, einer Fitness-Oase in Hamburg-Eimsbüttel. Diese neue Art der Erholungsstätten will den Schweissgeruch vom Aerobic-Image abspülen, sich reinwaschen vom proletarisch verkommenen Body-Building. Hier soll den gestressten Shareholdern die nötige Dosis von Körperkraft und Ruhe verabreicht werden. Und zwar schnell.

Schon der Eingangsbereich glänzt wie eine Hotel-Lobby, hinter dem marmornen Front-Desk wieseln glattgehobelte Duftwasserträger. Wozu die Damen am Empfang meinen Namen in den Computer hackt, ist mir nicht verständlich. Tagesgäste sind hier ungern gesehen, man will lieber unter sich bleiben, scheint es. Vorbei sind die Zeiten, in denen man noch vom Bademeister persönlich die pappige Eintrittskarte unter der Glaswand hindurchgeschoben bekommen hat. Hier ist Transparenz angesagt, die nach innen gekehrte Architekturtaktik der Versicherungskonzerne, die durch gläserne Fassaden ihr undurchsichtiges Spiel kaschieren wollen. Die mich anwidernde Pseudo-Wächter-Funktion der Medienbranche wird auch hier konterkariert, in dem für die gepuderten „Pissecke der Literatur“-Vertreter ein spezieller Check-In Counter eingerichtet ist. Da scheint mir doch objektive Berichterstattung garantiert.

Meine dummen Scherze lassen die Dame am Counter kalt, sie gibt sich humorlos. Die Unsitte, die Gäste erst beim Verlassen des Etablissements zur Kasse zur bitten, habe ich das erste Mal vor zwölf Jahren im Mic Mac Moisburg erlebt. Schön, wenn sich provinzielle Bauernfängerei auch im urbanen Raum durchsetzt. Dafür gibt es ein Armband mit Transistor, der Tür, Tor, Umkleideschrank und Geldbörse öffnet. Wahrscheinlich überträgt das Mistding auch meine Schüttelbewegungen unter der Dusche an die Zentrale.

Ambiente ist das Zauberwort der Branche und das Wort „Sparen“ wurde dem Innenarchitekten nicht ins Brevier geschrieben. Mir soll es recht sein, denn der Schuppen umhüllt mich tatsächlich wie ein Tag am Meer.

Immer das gleiche in der Sauna: Die Frauen begutachten die Männern wie ein Stück Vieh. Ich kann es nicht verstehen, weshalb sich das starke Geschlecht nicht vehement für strikte „Männer-Tage“ einsetzt. Ich glitsche durch das Spalier der peitschenden Blicke und rette mich erst mal in den Ruheraum. Meine Begleiter fällt mit seinem 08/15 Bademantel schon fast unangenehm auf, hier trägt man Kimono oder Kaftan. Als erstes stürmen wir ins Dampfbad. Intarsien, kleine Kacheln mit Goldblatt, ein Himmel aus Sternen, die auch noch hin und her gedimmt werden. Wie im Kino hier, denke ich.

In den Whirlpools hocken die Typen wie die Käfer im Mist. Nur der Kopf schaut heraus. Aber hier lehnt keiner der Kopf zurück, denn das könnten von den Mit“streitern“ ja als Schwäche ausgelegt werden. Und so scheitern die Männer hier eher noch als die Frauen am gesetzten Ziel der Entspannung. Ständig flitzen ihre Augen: „Wer kommt das jetzt rein? Hat der mehr Muskeln? Hui, eine Torte. Mit den Titten würde ich aber nicht nackt rumlaufen.“

So, meine Herren, kann man nicht genesen! Wie sich sammeln, wenn sich nur erneut zerstreut wird? Mein Beileid. Zur Entschuldigung sei gesagt, dass es aber wahrlich nicht einfach ist in technisch designten Binnenklimata wirklich zu leben.

In der Simulation von Natur und zauberbergschen Luftkur stört der Ausblick auf die Hinterhöfe Eimsbüttels kaum jemanden. Die krude Mischung aus römischer Therme und japanischem Garten, aus Schwimmbecken mit flimmernden Spektrallichteinfall und räuchernden Duftbecken, betört, lässt aber die zusammen gekniffenen Ärsche auch nicht lockerer werden. Die Sensibilität für das Authentische ist den Damen und Herren der Cyberbranche eh abhanden gekommen. Was im Büro als platter Desktop über den Monitor flimmert, findet hier sein dreidimensionales Pendant. Und nach 20 Minuten in der halbwarmen Eukalyptus-Sauna bestätigt sich unter der Dusche die schreckliche Vermutung: Die Typen hier sind cool, duschen aber warm.

Die Kulisse mit ihren autistischen Schauspielern findet einen Höhepunkt in der Kräuter-Heu-Sauna, in welcher aus Lautsprechern ein Wasserfall plätschert und tropische Vögel ihre Balzrufe ablassen. Das turnt die Dame neben uns trotzdem nicht an, sie bittet uns die Schwitzhütte zu verlassen, wenn wir denn reden wollen. Ehrlich: Nur leise frönten wir der zudem bruchstückhaften Unterhaltung, kein Deut von breitbeinigen Männlichkeitsgehabe von Barmbeker-Fussballclub-Saunen. Die Torte meint tatsächlich, ihren Stress durch intensives Geplätscherlauschen abzubauen. Da ist meine Empfehlung doch, sich mal wieder mit dem nackten Arsch auf ein Stück echte Erde zu hocken. Das löst vielleicht die psychischen Blähungen, mit Glück führt es sogar zu einem Überdenken der nutzlosen Tätigkeit als International-Communications-Director, mit viel Glück vielleicht zu einer Trennung von ihrem mit-schwarzen-Schnallen-Schuhen-am-Sonntag-an-der-Alster-spazieren-gehenden-Edelfreund. Sie verlässt auf alle Fälle genervt den heissen Raum, als ich ihr dies mit Hand im Schritt aufs Brot schmiere. Für uns ist die Zeit ebenfalls gekommen – spätestens als wir mit dem Bademeister eine Prügelei wegen nicht der nicht getragenen Badelatschen vom Zaun brechen. Schade, wenn das einzig Witzige am Tag in solch einer Stätte die blutenden Nase des Geschäftsführers ist.

 

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Gastronomie-Tipp: Negroni Bar

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DIE WELT Kompakt Negroni Bar

Dass sich das Gute in der Welt auf Dauer eben doch durchzusetzen scheint, das macht Hoffnung. Sicherlich, es geht hier nur um eine Cocktail-Bar, aber diese ist eine Institution mit neuem Standort. Die Negroni-Bar war über sechs Jahre in der Inneren Wiener Straße zu Hause, nun ist sie in großzügige Räume in die Sedanstraße umgzogen. Und die Cocktail-Szene folgt errötet ihren Spuren.

Warum diese Verehrung? Da sind zum einen die Drinks. Hervorragende Cocktails, sauber gemixt. Die cremig-sahnigen „After Dinner“ Varianten sind nie zu schwer, für Fans vom Big Lebowksi ist der White Russian zu empfehlen. Kräftig-elegant ist der „Between the Sheets“.

Die Klassiker sind dabei, aber auch hauseigene Kreationen. Mauro ist gekürter Vizeweltmeister in der Cocktail-Mixen, sein Partner Michele komponiert ebenso liebevoll. Die Folge der französisch-schweizerischen Arbeit: Stammgäste.

Zum anderen ist da die Atmosphäre. Das Interieur ist klassisch, dunkles Holz an den Wänden, quadratische Tische, straffe, aber bequeme Sitzecken. Darin sitzt aufrecht ein unaufgeregtes, aber interessantes Publikum. So lässt sich leben.

Negroni
Sedanstraße 9
81667 München Haidhausen
Mo-So 18-1 Uhr
Telefon: 089-48950154

 


 

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Gastronomie-Tipp: Bergwolf

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DIE WELT Kompakt Bergwolf

Ein reiner Sport-Fernseher, Bier und Curry-Wurst: Sportfan, was willst du mehr? Wer genug von Leberkäse und Brezn hat, den treibt es in den Bergwolf. Dort wird die beste Curry-Wurst der Stadt aufgefahren, denn Würste und Soße kommen laufend frisch mit dem Kühltransporter aus dem Mekka der grönemeyerschen Leibspeise: Bochum. Dazu gibt es Pommes rotweiß oder Kartoffelsalat (ja, auch preiswert).

Frank Bergmeyer und Michael Wolf schufen ein schlicht-kühles Ambiente mit grob gehobelten Holzbänken und orange-blauem Neonlicht. Ein Party-Keller aus den 70er wurde hier ins neue Jahrtausend gebeamt.

Am Wochenende sitzen meist Männer im Raum, denn es läuft Fußball-Bundesliga. Dann traut sich endgültig keiner mehr die auf der Karte angebotene Veggiewurst (Zitat: „schwul & auf Tofubasis“) zu bestellen. Hier gibt es sie halt noch, die echten Kerle.

Bergwolf
Fraunhoferstr. 17
80469 München
Tel: 089/ 23259858
Mo-Do 11.00-14.00 Uhr,
18.00-02.00 Uhr
Fr 11.00-14.00, 18.00-03.00 Uhr
Sa 11.00-03.00 Uhr
So 17.00-22.00 Uhr


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Historische Texte Mixed

Junggesellen und Haschisch- Graf von Baudissin plaudert drauf los

Graf von Baudissin plaudert drauf los (1925)

„Der Junggeselle“ war ein großformatiges Herrenmagazin, das unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg von 1918 an von Berlin aus für die Weimarer Republik publiziert wurde. Von zahlreichen Künstlern (insbesondere des Art Déco-Stiles) ansprechend illustriert spiegelte es bei wöchentlichem Erscheinen galant-erotisch einen der Zeitgeister der 20er-Jahre (den des modebewussten balzorientierten bürgerlichen heterosexuellen Mannes) wieder. Natürlich war auch „Haschisch“ ein Thema, das den Leser des „Junggesellen“ interessierte.
Im dritten Juliheft 1925 lieferte der Autor Karl Otto Graf von Baudissin mit „Haschisch“ einen Beitrag zum Thema.

„Das arabische Wort Haschisch bezeichnet ein im Orient vielfach gebrauchtes Berauschungsmittel, hergestellt aus den Blüten des indischen Hanf. Es hat in seiner Wirkung in mancher Hinsicht eine Aehnlichkeit mit dem Opium, jedoch in einer gewissen Beziehung ist seine Wirkung eine dem Opium direkt entgegengesetzte. Während nämlich das Opium auf die männliche Kraft lähmend wirkt, so ist der Einfluß des Haschisch…, jedoch das ergibt sich nachher aus meiner kleinen Geschichte.

Unser Schiff war gegen Abend in Port Said eingelaufen, um Bunkerkohlen und Süßwasser an Bord zu nehmen. Wir, die wir hiermit nichts zu tun hatten, und Herren unserer Zeit waren, benutzten die paar Stunden, um uns die Stadt anzusehen, die übrigens an orientalischen Reizen á la 1001 Nacht sehr arm ist.

Auf dem Place Lesseps promenierten wir ein halbes Stündchen umher und genossen das selbst für europäische Begriffe absolut nicht üble Freikonzert, dann begaben wir uns in das unmittelbar am Eingange des Kanals gelegene Casino Palace Hotel, wo wir bei einem eisgekühlten Jonny-Walker-Whisky und einer köstlichen Simon-Arzt-Zigarette mit Schaudern an die uns bevorstehende Glut des Roten Meeres dachten.

Im Laufe des Abends erschien der Schiffshändler an unserem Tisch, und auf meine Frage, ob er uns nicht irgendwo hinführen könne, wo etwas echt Orientalisches zu sehen sei, meinte er, das ließe sich schon machen.

Zwar sei das Betreten der Araberstadt für Europäer des Nachts aus Gründen der persönlichen Sicherheit streng verboten, jedoch kenne er einen eingeborenen Beamten der Polizei, und wenn wir uns nicht fürchteten, so sei er gern bereit, uns zu führen.

Wir zahlten und brachen auf.

Herrlich funkelten die Sterne am samtschwarzen Tropenhimmel, als wir die Rue au Village arabe betraten. Nach etwa 20 Minuten gelangten wir an die Mauer, die die Araberstadt umschloß. Da wir in Begleitung des Polizeibeamten waren, ließ uns der Posten ungehindert passieren.
Nun waren wir in der Arabetown. So habe ich mir immer ein Beduinendorf vorgestellt, kleine Holzhäuschen, windschiefe Lehmhütten, Dünen und Sand, Sand, Sand. Manch ermordeter Europäer – für seine Angehörigen und Freunde spurlos verschwunden – liegt hier verscharrt. Vielleicht hat er eine Tochter des Landes zu lange angesehen, vielleicht ist er das Opfer der Habgier eines Dorfbewohners geworden.

Wir gingen durch verschiedene krumme Straßen und Gassen, von denen eine wie die andere aussah, und betraten dann eine dieser Lehmhütten. In der Tür hockte ein altes, zahnloses, zum Skelett abgemagertes Araberweib, dem unser Freund in der Landessprache ein paar Worte zurief und ihr gleichzeitig ein Geldstück in die offene Hand warf.

Nach kurzer Zeit traten einige Arabermädchen in das dürftig erleuchtete Zimmer, jung und prachtvoll gewachsen, blitzende Augen, schneeweiße Zähne und blauschwarzes Haar.
Die Alte hatte sich in einer Ecke niedergekauert und fing an, ein tamburinartiges Musikinstrument zu schlagen. Die Mädchen begannen zu tanzen. Es war ein Bauchtanz – ein Hutschi-Kutschi -, den wir zu sehen bekamen.

Es war schön, herrlich schön. Wir verfolgten jede Bewegung und wagten kaum zu atmen.
Ich habe oft die Ansicht vertreten hören, der Bauchtanz sei unanständig. Wenn zwei dasselbe tun, so ist das bekanntlich durchaus nicht dasselbe. Was man so im Orient bei öffentlichen Darbietungen oft zu sehen bekommt, ist allerdings meistens alles andere als ästhetisch. Was hier getanzt wurde, war Kunst, unverdorbene, nicht angekränkelte Kunst. Ich habe jedenfalls selten etwas Reineres und Keuscheres zu sehen bekommen als diesen Tanz von jungen Frauen, der ja ursprünglich eine religiöse Handlung darstellte.

Der Tanz war zu Ende. Schweißüberströmt lagen die Tänzerinnen mit fiebrigen Augen und keuchendem Atem auf der Erde. Leise verließen wir das Haus.

Am Ausgang des Dorfes dankte ich dem Polizeibeamten für den uns gebotenen Genuß und belohnte ihn mit einigen Piastern.

Der Mann war offenbar sehr erfreut und zufrieden, denn er grinste wie ein fröhlicher Haifisch, als er immer und immer wieder versicherte: „Thank you, Sir! Thank you very much, Gentleman.“
Als ich ihn fragte, was er mit dem Gelde anfangen wolle, verklärten sich seine Züge: „Dafür kaufe ich mir Haschisch.“
„Haschisch?“
„Yes, Gentleman, Haschisch!“
Er sah es wohl meinem Gesicht an, daß mir Haschisch nicht bekannt war.

„O! Sie kennen Haschisch nicht? Wenn Sie Haschisch rauchen…,“ hier reckte er seinen muskulösen Unterarm in die Höhe und ließ seine Muskeln spielen. „Wenn Sie Haschisch rauchen, Gentleman, – ein kurzes verlegenes Lächeln – twenty five times, fünfundzwanzig Mal!“
Dieses kleine Erlebnis erzählte ich neulich mal so ganz beiläufig meiner Frau. Ich hätte auch was Klügeres tun können.

Sie sah mich groß an und fragte dann mit der größten Selbstverständlichkeit:
„Ja, sag mal mein Freund, warum rauchst du denn nicht Haschisch?“ –
Und jetzt besteht sie unerbittlich darauf, ich soll Haschisch rauchen. Wo soll ich nun in Berlin ausgerechnet Haschisch herbekommen?
Hätte ich ihr nur diese Geschichte nicht erzählt.
Meine Ruh´ ist hin…!“

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Hünengräber, Langbetten, Dolmen: Auf Urkult-Tour in Norddeutschland

Der dampfende Dolmen

Hünengräber, Langbetten, Dolmen: Auf Urkult-Tour in Norddeutschland

Rund um Hünengräber, Hinkelsteine und Steinzeit-Felsbauten ist eine Fan-Kultur entstanden, in der sich von Universitäts-Archäologen bis zum Neuzeit-Druiden alles sammelt. Die archaischen Steine dienen in einer Zeit der Ort- und Bindungslosigkeit auch als Projektionsflächen innerer Wünsche: Profundes Wissen, Leichtgläubigkeit oder Boderline? Wer sich eingehender mit den sakralen Bauten beschäftigen will, wird auf Disziplinen wie Archäoakustik, Astronomie und Erdenergien stoßen. Aber was verspürt Otto Normalo bei einem Besuch so einer Stätte? Sind es Orte mit einem Eingang zur Anderswelt? Wir wagen den Versuch. dolmen

Wolken und Sonne über der norddeutschen Knicklandschaft. Wir schaukeln über die Landstraße bei Bad Segeberg, Städter auf Landpartie an einem Wochentag. Da, das erste Hinweisschild: Grabhügel. Bremse rein, rechts ab. Der Hügel liegt recht unscheinbar am Rande eines Parkplatzes im Vorgarten eines Einfamilien-Hauses. Rauf da. Oben fruchtet zwischen alten Bäumen blaubeerig Weißwurz. Wollen, vielmehr, können wir uns öffnen? Verkehrslärm und eine dahingeworfene Grabsteinplatte verhindern das. Runter von dem Ding, der freundlich murmelnde Vorgartenbesitzer klärt uns auf: Ein anderer Hügel liegt irgendwo da drüben.

Rein ins Auto, drei Kurven später, ein Feldweg, ein Acker. Hier wirkt es schon gemütlicher. Wir machen uns auf die Suche. Vögel zwitschern, im Knick entdecken wir vielerlei fruchtendes Buschwerk. Es geht wie so oft im Leben ums Augen aufmachen. Ebereschen, Faulbäume, Holunder, Haselnuss, ein Wespennest, … Wir landen in einem künstlich angelegten Feucht-Biotop, einer Schonung und schließlich in einer Senke, die schon verdammt heilig aussieht, sich aber als Suhlkuhle für Vieh rausstellt. Egal, auch schön hier. Nach einem halbstündigen Rundgang finden wir denn doch noch den stattlichen Grabhügel unweit unseres Ausgangspunktes mitten auf einem Kartoffelacker. Garantiert 25 Meter Durchmesser, einige Meter hoch, Birken, Buchen, Gräserbewuchs. Vorsichtig umrunden wir das Objekt erst einmal. Jetzt das Herz rein halten.

Der Eingang zu dem Grab ist von einem großen Findling verschlossen. Drei große Trägersteine halten den Dachstein. Die Grabstätte wurde vor circa 5500 Jahren angelegt, das ist, wenn man mal überlegt, ziemlich lange her. Wir klettern auf den Berg, suchen weitere Attraktionen. Außer einem Landvermessungsstein und ein paar Fuchslöchern gibt es keine Hinweise. Wir setzen uns. Es ist plötzlich warm. Jacken aus. Unspektakuläre Wohfühlatmosphäre. Jetzt was opfern. Ein paar frische Galläpfel, das muss sein.

Nun den virginischen Tabak raus, selbstgezogen, eine Pfeife, etwas Füllung. Die Pfeife dreht sich plötzlich. Die Hälfte des Schamanenkrautes verteilt sich auf dem lehmigen Boden. Aha, die Ahnen verlangen ein vernünftiges Opfer. Ein erster Zug, ahh, dann zwei Honks in Jacken von links. Sind das die freundlichen Geister der Ahnen? Nein, es sind die höflichen Wächter des Grabs. Guten Tag, darf ich mich vorstellen, Herr Sowieso vom archäologischen Amt in Bad Segeberg. Der Mann weiß nicht recht, wie er formulieren soll, dass er jeden und so auch uns grundsätzlich des Grabraubs verdächtigt. Deswegen sind er und sein ebenso alter Kollege mit Rucksack hier. Lockeres Geplänkel. Er sieht keine Klappspaten und wird ruhiger. Wir ziehen ihm ein paar Fakten rund um den Hügel aus der Nase. Ja, der Bauer erlaube den Zugang. Nein, viel los sei hier nicht. Die Männern zockeln davon, wir bleiben. Gut, wenn man erwachsen ist, pampiger oder oberlehrerhafter Tonfall fallen meist aus. Abgang mit erstem Fazit: Wild bewachsener Grabhügel mit mittelklassigem Chillfaktor, Straßenrauschen nahe bei, etwas unwirtliche Umgebung, gefühlte erhöhte Temperatur.

Dolmen
Dolmen bei Groß Rönnau (Foto: Torben Berger)

Weiter gehts. Wir fahren nach Groß Rönnau, dort soll sich ein – nach Aussage des einen Grabwächters – beeindruckender Dolmen befinden. Problem: Keine Beschilderung. Aber wir haben ja innere Antennen.

Die meisten unter uns wissen inzwischen mehr über die Finessen ihres Handys als über das Wachsen einer Balkonpflanze, geschweige denn das Leben unserer Vorfahren und ihren Umgang mit der Natur. Dabei sind diese Stätten die ältesten sichtbaren Spuren unserer Kultur. Unsere Ahnen brachten in diesen architektonischen Formen ihre Verbindung zum Kosmos und zu den Urgründen des Seins zum Ausdruck. Es gibt Bestrebungen, diese Sicht der Dinge wiederaufleben zu lassen. Warum? Weil, so diese Annahme, nur im Zusammenspiel mit der Natur und ihren Gesetzmäßigkeiten individuelles Glück, soziale Gerechtigkeit und das Überleben der Menschheit möglich sei. Ob und wie über 5000 Jahre später, nach Aufklärung, industrieller Revolution, Raumfahrt und Informationstechnologie, das Weltbild unserer Ahnen unseres bereichern kann, muss sich zeigen.

Diese Orte galten einst als heilig, als Durchgänge zur Anderswelt, die, entgegen aller heutigen Vermutungen, ebenso den Naturgesetzen gehorchte. Nur sind diese Gesetze noch kaum mit modernen Mitteln erforscht, was nicht zuletzt an der modernen Wissenschaft liegt, die auf Subjekt-Objekt-Spaltungen besteht. Damals wurden mit dieser Architektur nicht nur die Toten, die Sonne und die Gestirne geehrt. Zusammen mit den ersten Wohnbauten können diese Konstrukte ebenso als erste große Zähmung von Natur interpretiert werden. Es ist eine bis heute unbeantwortete Frage, ob in der Technik selbst oder nur in dem übersteigerten Gestaltungswillen des Menschen, die ambivalente, eben auch elendsbringende Kraft technischer Errungenschaften liegt. So oder so: Wir leben heute in einer komplett technisch verfassten Gesellschaft.

Wir irren über die Feldwege, eine riesige Kiesgrube irritiert, kein Dolmen in Sicht. Da, unerwartet auf einem frisch mit massenweise Pferdescheisse gedüngten Acker, da steht er. Na, das ist schon ein anderes Kaliber, ein gelandetes Raumschiff. Wir waten durch das größte Scheißefeld, das wir jemals betreten haben, und werden mit einem klassischen Hünengrab belohnt. Vier fette Säulen und ein riesiger Dachstein. Verschrobener Granit, Flechten, etwas saftiges Moos auf der Nordseite, der Eingang Richtung aufgehende Sonne. Ein Holunderbusch wächst aus dem Inneren hervor, eine fette Kröte hüpft beiseite als ich unter den Stein linse. Wir ahnen, hier müssen wir sauber zelebrieren. Die Räucherkegel werden gezückt. Ich geselle mich mit einer Räucherschale hinzu. Ein Zunderpilz aus den Alpen glimmt, Weihrauch, Myrrhe und Palo Santo von einem Ayahuasca-Schamanen der Shipibo-Conibo duften. Alles reinstellen in die Höhle. Wir kriechen unter den Stein, ein Meter Platz nur, aber genug für eine Leiche. Wir schmiegen uns an die Steinplatte, tänzeln um das Objekt, der Dolmen qualmt und verbreitet köstliche Gerüche, ein Heidenspaß. Besonders spirituell fühlen wir uns nicht, aber gut aufgehoben, irgendwie beschützt. Kein Spielverderber könnte uns jetzt den Kontakt zur Urnatur versauen.

Die Form wirkt wie vom Bildhauer Henry Moore geschaffen. Das Bundeskanzleramt für Druiden. Standorte verschaffen ständig Perspektivverschiebungen. Ein Greifvogel schwebt über uns. Ich stelle mir vor, wie pikant so ein Dolmen als Garage für meinen Opel-Corsa aussehen würde. Aber hinfort, ihr blasphemischen Gedanken. Ein Abgang mit zweitem Fazit: Der dicke Dolmen ist überraschungsresistent. Sinnieren ohne Reue.

Überall im europäischen Raum erfüllen die Megalithen (gr. große Steine) die Sehnsucht nach Authentizität und Dauerhaftigkeit. Der äußeren scheint oft eine innere Archäologie folgen zu wollen. Es ist wenig bekannt über ihre Erbauer, ihnen heute Handlungsstränge und Ritualformen zuzuweisen ist daher problematisch. In Norddeutschland gehören die Großsteingräber zur Hinterlassenschaft der sogenannten Trichterbecherkultur, benannt nach der typischen Form ihrer Tongefäße. Die Bevölkerung begann in der Jungsteinzeit ab 3500 v.Chr. auch bei uns, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Damit beendeten sie den ältesten und längsten Abschnitt der Menschheitsgeschichte, die Zeit der Jäger- und Sammlerkulturen, und führten die sesshafte Lebensweise ein.

Ein Grabhügel, ein Dolmen, jetzt fehlt nur noch ein Langgrab, sagen wir, und fahren Richtung Negernbötel. Der Ort heißt tatsächlich so, er liegt sieben Kilometer nordwestlich von Bad Segeberg. Nachdem wir freudig aus dem Wagen springen, erleben wir, was Zivilisation aus den ehemals so schönen Friedhöfen und Kultstätten machen kann. Die ursprünglich als länglich aufgeschüttete Hügel geformten Megalithgräber sind stark zerstört. Früher mitten im Wald und am Flußufer der Faulen Trave gelegen, ist von dem Zauber wenig übrig. Ein Schweinegülleproduzent in der Nähe verbreitet einen unfassbaren Gestank, eine Zufahrtsstraße zerteilt ein früher über 100 Meter langes Grab in zwei Teile. Enttäuschung macht sich breit. Egal, wir ehren auch diesen Platz durch Abgehen seiner Dimensionen und erfreuen uns an den moosbewachsenen, uralten Steinformationen. Wer zuviel Zeit hat, beschließen wir, der sollte mal einen Brief an die Gemeindeverwaltung von Negernbötel schreiben, schließlich ist dieser Steinzeit-Tempel ihre einzige touristische Attraktion. Rückfahrt und drittes Fazit: Jenseits psychischer Projektionen (die dunklen Regenwolken kommen, weil ich mich schlecht benommen habe) und Reisen in inneren Welten scheint, so unsere Vermutung, an diesen Orten eine Art tieferer Wahrheit zu liegen, die von ganz verschiedenen Menschen aus ganz unterschiedlichen Kulturkreisen ganz ähnlich erlebt werden kann.

Wir, so nehmen wir an, sind jedenfalls städtisch fast zu verkorkst, als das wir von den feinstofflichen Potentialen vor Ort allzuviel bemerken. Auf der anderen Seite lässt sich die altertümliche Schönheit, die Ruhe und Kraft, die von ihnen auszugeht, nicht leugnen.

Literatur:

Der Fotograf Johannes Groth hat einen prächtig bebilderten Band zu den schönsten Grabstätten in Norddeutschland veröffentlicht. Daraus stammen auch die von uns besuchten Dolmen und Gräber.

Johannes Groht:
Tempel der Ahnen
Megalithbauten in Norddeutschland
AT-Verlag 2005

 

Weiterführender Link:

http://www.stonepages.de/

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Gastronomie-Tipp: Favorit Bar

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DIE WELT Kompakt Sanfte Anarchie Es wirkt, als ob die engagierten Maler vorzeitig das Weite suchten, weil sie nicht bezahlt wurden. Kein bemühter Chic, kein Kahnsinn, dafür Plaste&Elaste-Module, die eine Körperhaltung zwischen Sitzen und Liegen erzwingen. Egal, es gibt Knackig-kaltes Bier (und auch nicht viel mehr). Wochentags ist es mit einem Hauch Atelier-Atmosphäre sehr gediegen, am Wochenende palavert die gedrängte Menge oft noch lauter als die Musik spielt. Es ist dieser leichte Duft von Anarchie, der die Favoritbar zu einer Erscheinung im Münchener Nachtleben macht.

Wenn es auch anders aussieht, der Abriss steht nicht bevor. Das freut, denn hier ist das wohl angenehmste Asyl für alle Verweigerer von blonden Haarsträhnen und Arschgeweihen.
Leider drückt der Türsteher neuerdings sein Ego in den sanften Flow von Kommen und Gehen, aber das ist wohl nur eine Manöverübung für die Wiesn. Oder hat man etwa selbst hier noch nichts von „Selbstorganisation“ gehört?

Das musikalische Konzept jedenfalls ist traumsicher: Verwegene DJs pendeln zwischen 60er Garage-Punk und lecker Electro. Verlassen kann man sich dabei auf gar Nichts, aber es ist ja auch Feierabend.

 

Favoritbar
Damenstiftstraße 12
80331 München
Mo-So, 20.30 bis 2.00 h

 


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Chinas Gegner – Robert Enke und der Hundefellhandel

dogs 6/2007

In China hergestellter Hundepelz landet auch an deutschen Anoraks. Die Tierschutzorganisation PETA und der Bundesligatorhüter Robert Enke kämpfen dagegen.

Jörg Auf dem Hövel
Es gibt durchaus Leute, die verstehen die Aufregung nicht. „Wir fragen uns schon, warum Zeit und Ressourcen für einen Gesetzgebungsprozess zur Einführung eines Handelsverbotes verschwendet werden, wenn es diesen Handel gar nicht gibt.“ Die Dame, die so spricht, ist Susanne Kolb-Wachtel, Vorsitzende vom „Deutschen Pelz Institut“ in Bonn. Ihr Stein des Anstoßes: Das nun schon Jahre währende Bemühen des EU-Parlaments, die Einfuhr von Hunde- und Katzenfell in die Europäische Union zu verbieten. Denn in Asien, vor allem aber in China, existieren nachweislich offene Märkte, auf denen das Fell frisch getöteter Hunde und Katzen angeboten wird. Wie viele davon in die EU und nach Deutschland gelangen ist unklar, fest steht, dass in den letzten Jahren in Einzelfällen schon Pelzbesatz aus Hundefell auch in deutschen Kaufhäusern entdeckt wurde.

Kolb-Wachtel sieht gleichwohl kein Grund für ein Importverbot. Die internationale Pelzbranche hat ein System zur Kennzeichnung aller Pelzwaren ins Leben gerufen, die Etiketten weisen die handelsübliche Bezeichnung des verwendeten Pelzes sowie die wissenschaftliche Bezeichnung in lateinischer Sprache auf. Nur leider ist der globale Handel von den Maßnahmen der deutschen Kürschner beeindruckt, Hundefell wird weiterhin aus China in die Welt und über Umwege auch nach Deutschland exportiert. So gelangt es unbemerkt als Taschen-Innenfutter, Handschuh oder sogar Möbelbezug in deutschen Haushalten.

Einer, der die Aufregung daher durchaus versteht, sitzt in seinem Bauerngarten in der Nähe von Hannover und streichelt die langen Stehohren seines Podencos „Pincho“. Robert Enke, Torhüter von Hannover 96 und einer der besten Torhüter der Fußball-Bundesliga, hat die TV-Bilder und Berichte aus China noch in schlechter Erinnerung. Die Tierschutzorganisation PETA (People for the Ethical Treatment of Animals) und der Filmemacher Manfred Karremann hatten erstmals 2005 einen Tiermarkt in Guangzhou im Süden Chinas aufgesucht und Aufnahmen mit nach Hause gebracht, deren drastische Brutalität bei ihm bleibenden Eindruck hinterließ.

Die Tiere wurden in winzigen Drahtkäfigen zum Markt transportiert. Schon beim Abladen der Käfige nahm man Knochenbrüche in Kauf. Nach der tierschutzwidrigen Haltung wurden die Tiere meist qualvoll getötet, eine vorherige Betäubung fand nicht statt. Es gab Aufnahmen, die zeigten, wie Hunde wie Katzen bei lebendigem Leibe enthäutet wurden. „Mir tut das körperlich weh, solche Bilder zu sehen“, sagt Enke.

Schnell fiel der Entschluss bei Enke und seiner Frau Teresa sich für ein Ende dieser Quälerei einzusetzen. Enke stellt sich seither immer wieder für Kampagnen von PETA zur Verfügung. Das dies keine Lippenbekenntnis eines Promis mit Geltungsdrang ist, zeigt das Leben des Ehepaars mehr als deutlich. Man hält acht Hunde, zwei Katzen und ein Pferd auf dem kleinen Hof im Dörfchen Empede. „Wie alle diese Hunde zu uns kamen, das ist eine Geschichte für sich“, schmunzelt Enke. Eine Geschichte die zeigt, wie eng das Schicksal der Enkes an ihre Vierbeiner geknüpft ist.Zeitsprung in das Jahr 1996. Robert Enke, damals gerade 19 Jahre alt, hat einen Angebot vom Bundesliga-Erstligisten Borussia Mönchengladbach erhalten. Eine enorme Chance. Für ihn und seine seine Freundin Teresa bedeutet das den Umzug aus der vertrauten Umgebung in Jena nach Gladbach. „Als Kind war in unserer Familie an einen Hund nicht zu denken“, erinnert sich Enke, „das war zum einen im Plattenbau schwer zu realisieren, zum anderen in der DDR ohnehin eher unüblich.“ Teresa dagegen ist mit Tieren aufgewachsen, bringt als Kind oft Tiere mit nach Hause, rettet Vögel und einmal sogar ein krankes Rehkitz.

Trotz der kleinen Wohnung in Gladbacher Neuwerk-Viertel keimt der Hundewunsch in beiden auf. Das städtische Tierheim zeigt sich kompliziert, ein Züchter kann mit einem Mischling helfen, sein Name: Bo.
Die Saat war gelegt. Ein zweiter Kanide sollte dem ersten Gesellschaft leisten, zugleich wollte man dieses Mal einem herrenlosen Hund eine neue Heimat geben. Es wurde Kontakt zu einem lokalen Tierheim aufgenommen, so kam Alamo ins Haus. Ein Hund, der trotz eines Auftrittes bei „Tiere suchen ein Zuhause“ unvermittelbar erschien. „Ein behinderter Jagdhund mit dreieinhalb Beinen“, wie Enke bitter bemerkt. „Wahrscheinlich ein Verkehrsunfall.“ Die Erziehung des Hundes war ungewohnt, die Enkes waren unerfahren. „Da haben wir Fehler gemacht“, gibt er zu. In der Mietwohnung wurde es gemütlich, man könnte auch sagen eng.

Lissabon

Drei Jahre später. Enke ist mit 22 Jahren noch immer der jüngste Torwart der Liga, die Fachwelt ist von der Mischung aus schnellen Reflexen und der für sein Alter außergewöhnlichen Souveränität begeistert. Aber Gladbach steigt ab, Enke möchte nicht mit in die zweite Liga und wechselt gemeinsam mit Trainer Jupp Heynckes nach Lissabon. Ein Traumjob, Benfica ist einer der europäischen Spitzenclubs, Robert Enke muss zugreifen. Er sorgt für neuen Rückhalt in der Mannschaft, wird Kapitän, ist Publikumsliebling.

Aber das Leben in Lissabon zeigt den Enkes, welchen niedrigen Stellenwert Hunde in einer Gesellschaft haben können. Die Haushälterin hält sich einen Hund, der verdreckt und ausgemergelt an einer zwei Meter langen Kette die Umgebung rund um seine Hütte erkunden darf. „Kein schöne Anblick“, erinnert sich Enke. Man holt die Mischlingsdame „Leao“ (span: Leão) regelmäßig ins Haus, um sie von Zecken zu befreien und zu säubern. „Aber nach einer Woche sah der Hund wieder genauso aus.“ Die Entscheidung fiel nach ein paar Monaten, man kauft die Hündin. „Die ist bis heute die Chefin hier.“

So kommen nach und nach immer mehr Hunde in den Haushalt. Zunächst „Hexe“, ein Straßenhund, später Oscar und Branca. In einer städtischen Hunde-Auffangstation entdeckt man einen Mischling, der sich kaum auf den Beinen halten kann. Wieder schlägt die Hundeliebe zu, man tauft ihn „Balu“. Ursprünglich ist eine Vermittlung nach Deutschland geplant. Ein unmögliches Unterfangen, der Hund hat die Staupe. Das Fieber steigt bis auf 41 Grad Celsius an, Balu hat keinen Appetit und bleibt apathisch. Den Enkes steht ein Problemfall ins Haus, es ist klar, das das erkrankte Tiere nur mit strikter Hygiene zu retten ist. Zudem muss die Ansteckung der anderen Hunde vermieden werden. Die virale Infektion wird aufwendig mit Serumantikörpern behandelt, gegen die Begleiterkrankungen werden Infusionen und Antibiotika eingesetzt. Balu erholt sich.

Damit ist die Hundefamilie der Enkes aber noch nicht komplett. Die Sprachlehrerin der Familie stößt eines Tages auf einen gerade angefahrenen Welpen. So kommt „Vincent“ zu den Enkes. Mindestens zehn Knochenbrüche in dem kleinen Körper, der Tierarzt rät dazu nicht einzugreifen. Tatsächlich verheilten die Brüche von alleine und Vincent entwickelt sich zum quirligen Mittelpunkt des Rudels.

Familiäre Idylle und sportliche Leistung beeinflussen sich positiv, Enke gilt im Jahr 2001 als einer der besten Torhüter Europas. Nur in Deutschland erhält die Leistung des Torwarts wenig Aufmerksamkeit. Fußball-Deutschland horcht erst auf, als Enke ein Angebot des FC Barcelona erhielt. Nach 77 Spielen für Benfica wechselte Enke 2002 zum spanischen Verein. Er ist damit der ersten deutschen Spieler seit Bernd Schuster, dem dieses Privileg zuteil wird.

Umzug mit sieben Hunden, die private Aktivität wird für Teresa Enke zur Berufung und sogar zum Beruf: Sie beginnt im Tierheim „Manresa“ zu arbeiten. Dort fällt ihr „Pincho“ auf, der Potenco, der krank ist und ständiger Betreuung bedarf. Das ist im Tierheim nicht zu schaffen, Teresa nimmt ihn mit nach Hause. Bis heute ist der Hund sehr ängstlich, die Enkes vermuten, dass er stark misshandelt wurde.
Sportlich läuft es nicht gut. Enke ist nur die Nummer drei und spielt in zwei Jahren nur in einer Partie. Er wird nach Istanbul und Teneriffa ausgeliehen, die Zukunft ist unsicher. Ein Angebot von Hannover 96 passt in die Familienplanung. 2004 ziehen Familie und Hunde zurück nach Deutschland.

Vor der Fußball-WM 2002 in Japan und Korea fällt bei Robert Enke der Entschluss, sich im Rahmen einer Kampagne von PETA einzusetzen. Unter dem Motto „Kick the ball, not the dog!“ protestiert er auf einem Foto gegen die erschreckenden Haltungs- und Tötungsmethoden für Hunde in Korea. Dort gilt Hundefleisch als Delikatesse. Es sind für Enke aber weniger die Essgewohnheiten, als der grausamen Weg in den Tod, der ihn aktiv werden lässt.

Für eine neue PETA-Kampagne im letzten Jahr stellten sich Enke und seine sieben Hunde ins Tor auf dem Sportplatz in Empede. Der Slogan: „Wir haben nur einen Angstgegner: Pelzträger!“ Seine Worte sind deutlich: „Wer einmal das Leid gesehen hat, wird sich sofort meinem Boykott anschließen. Ich lehne jeden Pelz grundsätzlich ab, und hoffe, dass mir viele Menschen folgen.“

Es dauerte Jahre, aber nun scheinen die Proteste zu fruchten. Beim Verbraucherschutzkommissar der EU, Markos Kyprianou, sind 200.000 Briefe und über 10.000 E-Mails eingegangen, die auf die Zustände in China hinwiesen. Aller Voraussicht nach wird das Verbot für ein europaweites Handelsverbot für Hunde- und Katzenfell am 1. Januar 2008 in Kraft treten.


So können Sie helfen

Die Tierschutzorganisation PETA setzt sich für einen artgerechten Umgang mit Hunden ein. Auf ihrer Webseite kann man auch Aktionen gegen den Hundefellhandel in China unterstützen. Informationen unter www.peta.de oder unter Telefon: 07156 – 178 28 – 0. PETA ist auf Spenden angewiesen, um dem Elend der Tiere ein Ende zu bereiten.

Während der Torwart-Zeit von Robert Enke in Barcelona hat Teresa Enke im Tierheim „Manresa“ gearbeitet. Dieses organisiert den Transport von Hunden von Spanien nach Deutschland. Auf der Webseite werden verschiedene Hunde ausführlich vorgestellt. Informationen unter www.tierheim-manresa.de

Hundefellhandel in China

Hunde aller Arten haben in China einen schweren Stand, ihr Wesen gilt als minderwertig, ihr Fleisch dagegen in einigen Regionen als sehr gesund. Allerdings hat Chinas wirtschaftlicher Aufschwung dazu geführt, dass sich immer mehr Städter Hunde als Haustiere halten. 2006 war nach dem chinesischen Horoskop das „Jahr des Hundes“, es löste eine Hundehalterboom aus. Viele der Hunde wurden später wieder ausgesetzt, in einigen Städten gelten Hunde mittlerweile als Plage. Hundefell gelangt in China auf drei Weisen auf den Markt: Entweder über große Zuchtfarmen oder über das Einsammeln von Straßenhunden. Ein Tierschutzgesetz existiert nicht, die Hunde werden unter erbärmlichen Bedingungen gehalten und meist qualvoll getötet, zum Teil werden sie lebendig gehäutet, bevor das Fell verwertet wird. Nach einer Schätzung der EU lassen alleine in China jährlich nahezu zwei Millionen Hunde und Katzen so ihr Leben.

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Gastronomie-Tipp: Monofaktur

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DIE WELT Kompakt

Jenseits von Gut und Böse Klingt seltsam, aber wer hier reinschaut ohne vorher das Programm studiert zu haben, der kann (böse) überrascht werden. „Wir sind ein Gemischtwarenladen, völlig unberechenbar“, sagt Wanja Belaga, 35, Betreiber der Monofaktur.

Der Club in der Innenstadt kennt weder bei Musik- noch bei Konzertauswahl Berührungsängste: Heute Münchener Hip-Hop, so am 10.02 „Sunday Rain“, die ihr neues Album „Für immer unterwegs“ inszenieren, Morgen dann Garage Punk aus Portland, Übermorgen eine schwul-lesbische House-Party.
Und als ob das noch nicht genug verwirrt, steht in dem kleinem Einraumclub ein Klavierflügel, Dienstags wird gerne Jazz gegeben. Das Publikum ist dementsprechend ausgesucht, Belaga spricht von einer „feinen Gemeinde“, die dem Club seit über einem Jahr treu sei.

Am Interrieur kann das nicht liegen, ein spröder Charme durchweht den Raum: einige verunsicherte Freischwinger, zwei Bartresen, eine Rückzugsecke, die Bühne ist eine niedrige Erhebung. Aber Nachts funkeln bekanntlich sowieso eher die inneren Werte und denen hilft die Crew hinterm Tresen (mit fairen Preisen) gerne auf die Sprünge. Belaga spricht trotzdem eine Warnung aus: „Für das Normalvolk ist das hier nichts.“

Monofaktur
Sonnenstraße 27
Täglich ab 21 Uhr
Programm unter www.monofaktur.info

 


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