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Cannabis Drogenpolitik

„Wir wollen uns zeigen“

Zu Gast bei Sven Meyer, dem Organisator des Hamburger Hanffests

Schwer beschäftigt ist der Mann, als ich seinen Laden in Hamburg-Eimsbüttel betrete. Vor ihm sitzt ein Pfeifenverkäufer, das Telefon klingelt und kurz darauf betritt Kundschaft den Headshop. Sven Meyer, 30 Jahre alt, nimmt es gelassen: „Das nächste Jahr muss ich mir glaub ich frei nehmen und brauch´n Büro, und auch die Nachbereitung des Feste nimmt mehrere Tage in Anspruch.“ Montag morgen klingelte um 7.30 Uhr die Gartenbauabteilung, um ihn darüber zu informieren, dass es am Veranstaltungsort brennt. „Das war nur ein übereifriger Helfer der etwas Stroh verbrannt hat“, erzählt Sven lachend, „und seitdem steht das Telefon nicht mehr still“.

Das Hanffest zum Millennium war ein voller Erfolg, drei Tage lang feierten die Menschen ein friedliches und fröhliches Fest.  „Es ist toll, dass es den Leuten Spaß gemacht hat und die vielen Gratulationen freuen mich enorm“, sagt Sven, um gleich anzuschließen, „ich wollt auf alle Fälle nochmal Danke sagen, war echt´n Super-Spezial-Elfen-Maschinen-Hyer-Hanf-Fest. Ich hatte eigentlich am Schluss vor Albert Hofmann zu zitieren, der sagte auf dem Kongress für Bewusstseinsstudien vor einem halben Jahr in Basel mit Tränen in die Augen: ´Wir sind hier um glücklich zu sein`. Und ich hatte sehr glückliche Momente auf dem Hanffest; die Kinder, die den Seifenblasen hinterherjagten, die Stroh-Schlachten, der Besuch von dem Vogelschwarm, das Jaulen mit einem Hund, in der Nacht, bei Vollmond, der gut besuchte und extrem groovige Hanf-Move, die Stimmung im Schanzenpark, im Völkerkunde-Museum. Und dann die vielen mit anpackenden und Eigen-Power einbringenden Menschen, all die Sexy-Dancer und unterschiedlich gemischten Generationen, die Redner haben sehr schön gesprochen, speziell Christian Rätsch hat mir ´ne feine Gänsehaut verpasst, die DJ´s sind abgegangen, die Live-Act´s, die Totecs haben super geholfen und unglaublich fetten Sound gemacht, der nette Kreis von Leuten der sich getroffen hat…“ Sven kommt schwer ins Schwärmen und hört gar nicht mehr auf.

Ob es nun 2000 oder über die Tage sogar 12000 Menschen waren, die das Happening besuchten, ist ihm relativ egal. „Wir hatten ein schönes Fest, das ist das Wichtigste. Das Zählen überlasse ich anderen.“ Probleme gibt es bei der Anmeldung des Festes im Park als politische Demonstration. „Die Behörde hält das für ein Fest ohne politischen Hintergrund“, wundert sich Sven. Damit übernimmt die Stadt die Müllbeseitigung nicht. Loveparade lass jucken.

Wieder betritt Kundschaft den Laden und kauft Elixiere. Wir wollen just weitersprechen, als das Telefon erneut klingelt: Die Druckerei der Hanffest-Broschüre. „Ja, Herr Berger,“, sagt Sven, „das Geld ist schon überwiesen“. Es ist mittlerweile das dritte Hanffest in Hamburg und das erste Mal bleibt ein wenig Mammon übrig. „Jetzt kann ich es unter den Künstlern und Helfern aufteilen und habe meine Unkosten raus.“

Die Idee zum Hanffest kam ihm in Berlin. Leichtsinnig rannte er dort 1997 mit einem Hanfbüschel über die Hanfparade – die Polizei war nicht amüsiert und wollte ihn abtransportieren. Sven diskutierte, wurde aber trotzdem in die Wanne gehieft. Die Mitdemonstranten blockierten den Weg, die Situation eskalierte. „Da saß ich nun in dieser Wanne und draußen forderten 1000 Mitmenschen meine sofortige Freilassung. Ein bewegendes, aber auch gefährliches Erlebnis, denn die Polizisten im Auto sahen sich schwer unter Druck und wurden ziemlich nervös. Man muss nur den Mund aufmachen und was tun – dann helfen auch andere Leute.“

Ein Motto oder sonstige Sinnsprüche hält er für die Veranstaltung unangebracht. „Wir wollen uns zeigen, einfach da sein, so, dass man uns nicht ignorieren kann.“ Viele Kiffer haben Svens Meinung nach Angst „hinter ihrem Ofen rauszukommen und für ihre Interessen einzutreten“. In Hamburg nimmt er gerne jeden Faden auf, der in Richtung einer Legalisierung von Cannabis gesponnen wird. Er würde sich freuen, wenn überall in Deutschland Hanffeste organisiert werden würden. „Das kann ja klein anfangen, denn jeder arbeitet halt im Rahmen seiner Möglichkeiten. Nur nicht verkrampfen.“

Und die Pläne für 2001? „Es wäre schön, wenn im nächsten Jahr noch mehr Leute selbst drauf kommen würden, wie sie sich in das Fest einbringen. Mein Traum ist, dass einmal im Jahr in ganz Deutschland, ach was, weltweit der Hanf gefeiert wird.“

 

Von Jörg Auf dem Hövel

Jörg Auf dem Hövel (* 7. Dezember 1965) ist Politikwissenschaftler und arbeitet als freier Journalist u. a. für die Telepolis, den Spiegel und Der Freitag.

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