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Kiffer Typen

Kiffer Typen: Der Schläfer

Die Kiffertypen, Schläfer, Fressflash, Esoteriker, Typologie, Cannabiskonsum, Typus

Kiffer-Typen I

Erschienen im HanfBlatt in den 1990er Jahren. Überarbeitete Version.

Der Schläfer

Man kennt ihn, den Freund, der schon mit müden Blick und schlaffen Schultern durch den Türrahmen tritt. Am Telefon war eigentlich verabredet worden, dass man „heute Abend mal wieder richtig einen losmacht“, schwer um die Häuser zieht, am besten willenlos breit. Beim Anblick der dann aufkreuzenden Gestalt sollte man -wäre man klug- alle Pläne gleich wieder über Bord werfen, aber die Hoffnung auf angetörnten Geselligkeit macht blind für die Realität. Dabei ist schon klar, sozusagen vorprogrammiert, wie der Abend verlaufen wird. Die Sachlage wird es sich im Sessel bequem gemacht, langsam den ersten Joint einrollen und alles deutet dann auf den Kiffer-Typ hin, der uns die ruhigen Stunden im Leben beschert: Den Schläfer.

Füsse hoch, denn der Tag war lang – dieses Motto durchzieht Denken und Handeln des Schläfers selbst wenn er nicht gearbeitet hat. Ohnehin lässt sich mutmassen, dass der Kiffer-Typ des Schläfers aufgrund seiner natürlichen Veranlagung das Joch der Arbeit meidet und sich lieber dem Müssiggang hingibt. Wenn er dann zufällig mal nicht kifft, kann dieser zur Lethargie neigende Mustermann durchaus in die hohen Weihen der Kreativität aufsteigen, um in einer ruhigen, geduldigen und sorgfältig ausgeführten Aktivität aufzugehen. Dies ist aber der Ausnahmefall, denn meistens ist er bekifft und müde – so taucht er auch im erwähnten Türrahmen auf. Von anderer Art ist der Schläfer, der den Rausch zur Stressbekämpfung nutzt. Er hat tatsächlich hart geschuftet und entspannt nun beim Joint oder Pfeifchen von den Tücken des Alltags. Hier gilt die Grundregel: Je grösser der Stress, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass es danach abwärts in die Tiefen des Schlafes geht. Nur der Extremtyp wacht dann Nachts noch einmal auf und schreibt seinen geschäftlichen Traum auf den Zettel.

Mit diesen Typen umzugehen ist relativ einfach, solange man sich darüber klar ist, das Regsamkeit und Unternehmungsgeist keine Rolle spielen dürfen. Oft finden ja eh Menschen unterschiedlicher Wesensarten zusammen, zwischen denen Strömungen des charakterlichen Ausgleichs fliessen; ist dies der Fall, trifft der Schläfer auf den Hyperaktiven und alles wird gut. Machen es sich allerdings gleich zwei Schläfer allzu bequem miteinander, dürfte jeglicher animierender Esprit flöten gehen, dann legen sich alle Lebensgeister auf die faule Haut.

Mit dem Schläfer lässt sich kein Staat machen, aber ein gemütlicher Fernsehabend hat ja auch was für sich. Während die Kiste im Hintergrund flimmert wird bräsig parliert, ohne je in der Diskussion zu landen oder gar im Streit zu enden, denn auch dafür ist dieser Typ viel zu phlegmatisch. „Ändern kann man sowieso nix“, wird auf seiner Grabplatte stehen und oft hat er schon in Lebzeiten den entscheidenden Schritt gemacht, den Schritt von der Bequemlich- zur Gleichgültigkeit. Am Ende des Abends schläft dieses Genre eingekuschelt in Wohlgefallen friedlich im Sessel des Freundes, aus kleinen, roten Pupillen noch ab und zu blinzelnd, aber auch nur dann, wenn das Karate-Porno-Video eine lautstarke Szene verzeichnet. Alles in allen ein liebenswerte Typ, dieser Schläfer, der kaum Gelegenheiten zum sündigen nutzt und auf jeder Party als erster das Gästebett okkupiert. Er hat halt die Ruhe weg.

 

 

 

Von Jörg Auf dem Hövel

Jörg Auf dem Hövel (* 7. Dezember 1965) ist Politikwissenschaftler und arbeitet als freier Journalist u. a. für die Telepolis, den Spiegel und Der Freitag.

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