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Cognitive Enhancement Drogenpolitik Historische Texte Mixed

Köstritz und die Geschichte der Mate-Brausen in Deutschland

„Alkoholfrei und spritzig“

Copyright by/ von Achim Zubke, Hamburg (1. Auflage in limitierter (23) signierter Printform zum 30.6.2017 anlässlich des Mate-Verwertungs- und -Brausen-Symposions „Mate in Berlin“ in der Brasilianischen Botschaft in Berlin), korrigierte und erweiterte Auflage Stand 23.10.2021) mit Abbildungen

Seit etwa 9 Jahren gibt es im Rahmen eines Kreativitätsbooms bei der Herstellung von Limonaden und Erfrischungsgetränken auch eine Fülle an neuen koffeinhaltigen Mate-Brausen und Mate-Eistees. Anfang 2018 sind mehr als 40 verschiedene Anbieter mit Dutzenden von Mate-Getränken am Markt. Natürliche Zutaten, Bio, Fairtrade, Solidarität und Originalität spielten immer öfter eine Rolle bei der Kreation neuer Produkte dieses stimulierenden Getränke-Typs. Es ist im Rahmen dieser innovativen Welle interessant, sich mit der tatsächlichen Geschichte der Mate-Brausen jenseits von Marketingkampagnen zu beschäftigen, um von ihr zu lernen.

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Cognitive Enhancement Drogenpolitik Gesundheitssystem

Spritzig durch den Büroalltag

Die DAK legt eine Studie zum Hirndoping durch Erwerbstätige vor

Erschienen in der Telepolis v. 22.03.2021

Es gibt wenig belastbare Zahlen über die Verbreitung von Hirndoping. Schon vor sechs Jahren hatte sich die DAK aufgemacht dies zu ändern und eine groß angelegte Befragung durchgeführt. Damals hatte es in den Medien zwar gerauscht, las man die Zahlen aber genauer (Doping am Arbeitsplatz), konnte man weithin Entwarnung geben. Hirndoping – auch „Cognitive Enhancement“ genannt, war kein verbreitetes Phänomen. Nun legt die Krankenkasse erneut eine repräsentative Studie vor, in der das Doping am Arbeitsplatz untersucht wurde. Was gibt es Neues?

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Drogenpolitik

Im Wein liegt Wahn

Gift oder Balsam? Einstiegsdroge oder Medizin? Es kommt ­letztlich immer auf Dosis und Umgebung an, wie der Rebensaft kurz- und ­langfristig wirkt

Erschienen in: Junge Welt v. 25.10.2021

Über die Jahrtausende währende Einbettung in den sozialen Alltag hat Wein das geschafft, wovon andere Drogen nur träumen können: Als Substanz anerkannt sein, bei dem die Dosierung maßgeblich über die Wirkung bestimmt. Wie es zur herausragende Stellung des Weines kam, wirft Licht in eine weithin unbeleuchtete Ecke gesellschaftlicher Konsumkultur.

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Drogenpolitik Psychoaktive Substanzen

Brewing Bad

Der technische Fortschritt und die Absurdität der Drogenverbotspolitik

In den weltweiten Untergrundlabors brodelt es. Was wäre, so fragt man sich neuerdings, wenn man auf den kosten- und zeitintensiven Rohstoffanbau verzichten könnte? Wenn man den gesamten Drogen-Produktionsprozess enorm vereinfachen könnte?

Der Grund für die Aufregung sind Schlagzeilen aus den vergangenen Wochen, die auf eine Reihe von Experimenten hinwiesen, die im renommierten Fachblatt Nature veröffentlicht wurden. Darin zeigte ein Team um John Dueber von der University of California, dass sie Hefezellen so manipulieren können, dass diese aus Zucker den Schlafmohn-Bestandteil Reticulin produzieren. Reticulin ist Vorstufe zahlreicher Opiate wie Morphium oder Codein. Vor einiger Zeit hatte Dueber bereits gezeigt, wie man aus Reticulin wiederum mit Hilfe gentechnisch veränderter Hefe Morphium herstellen kann. Man geht davon aus, dass es nur noch wenige Jahre dauern wird, bis beide Reaktionsteile in einem Hefestamm genutzt werden können.

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Cannabis Drogenpolitik Hanf Psychoaktive Substanzen

Coffee-Shop-Modell für den Görlitzer Park?

In Berlin-Kreuzberg zeigen sich die Widersprüche der Drogenpolitik. Mutigere Schritte sind nötig.

In Berlin-Kreuzberg hat sich seit Längerem in und rund um den Görlitzer Park eine offene Dealer-Szene angesiedelt. Diese und der damit zusammenhängende Kundenverkehr werden von Polizei, Anwohnern und Gästen des Parks als Problem angesehen. Die Zahlen: Bis Ende Oktober 2014 führte die Polizei sage und schreibe 350 Razzien durch, es wurden über 2.200 Personen kontrolliert, rund 1.000 Platzverweise ausgesprochen, 200 Festnahmen durchgeführt, 800 Ermittlungsverfahren angestoßen – die Hälfte davon waren Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz.

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Drogenpolitik

Ohne Legalisierung geht es nicht

Erschienen in der Telepolis v. 28.12.2014

Vor 25 Jahren wurde ein drogenpolitisches Experiment gestartet, dessen Erfolge frappierend sind

Rund um den Hamburger Hauptbahnhof spielten sich Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre mitunter erschreckende Szenen ab. Es hatte sich eine offene Drogenszene mit sichtbarer Verelendung etabliert. Insbesondere der Stadtteil St. Georg war von der Problematik betroffen und wurde zu Handel, Konsum und Prostitution genutzt. Die Junkies waren intoxikiert oder entzügig, litten unter Krankheiten wie HIV/AIDS und Obdachlosigkeit. Die Bürger reagierten unterschiedlich, empört, verängstigt, betroffen. Die Polizei versuchte zunächst massiv die Abhängigen durch Aufenthaltsverbote, Verhaftungen und andere Maßnahmen zu vertreiben und verdrängte damit allenfalls vorübergehend die Menschen aus dem Fokus ohne damit das Problem zu lösen. Bereits bestehende Drogenhilfeeinrichtungen und Bürger setzten sich für humane Lösungsansätze ein, so auch der Einwohnerverein St. Georg.

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Drogenpolitik

Legalize it? Entkriminalisierung!

Erschienen in „der Freitag“ v. 23.04.2014
Von Jörg Auf dem Hövel

Drogen sind hierzulande verboten. Es wird Zeit, dass sich das ändert, die Gesellschaft ist längst weiter als die Politik. Andere Länder sind da mutiger

Seit langem erzeugt die Diskussion um den Umgang mit Drogen mehr Rauch als Feuer. Diejenigen, die darauf pochen, dass der Besitz von Drogen auch künftig strafbar sein soll, weisen auf den abschreckenden Charakter strenger Gesetze hin. Vater Staat wacht über seine Kinder. Dem gegenüber stehen die Befürworter einer Legalisierung „weicher“ oder sogar aller Drogen. Sie fordern die Freiheit, selbst entscheiden zu können, welche Rauschmittel sie konsumieren, und vergleichen den momentanen Zustand mit den Zeiten der Alkohol-Prohibition in den USA der 20er Jahre.

In dieses Spannungsfeld stieß kürzlich eine Resolution von über 120 deutschen Strafrechtsprofessoren. Sie sehen das geltende Betäubungsmittelrecht von der sozialen Wirklichkeit überholt. Die Drogenpolitik des Verbietens und Strafens sei „gescheitert, sozialschädlich und unökonomisch“. Die Opposition im Bundestag hat bereits angekündigt, sie wolle sich des Themas annehmen. Der Zeitpunkt für eine Wende in der Drogenpolitik ist günstig, die Argumente sind zudem stichhaltig.

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Elektronische Kultur Interviews

„In einer Utopie der Idioten sehe ich die größte Gefährdung für die kapitalistische Maschinerie“

Hans-Christian Dany über die Wurzeln der sich selbst kontrollierenden Gesellschaft in der Kybernetik

Erschienen in der Telepolis v. 01.09.2013
Das Gespräch führte Jörg Auf dem Hövel

Anfang der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts tauchte ein Forschungsansatz auf, der das wissenschaftliche Denken nachhaltig verändern sollte: die Kybernetik. Angelehnt an den griechischen Begriff des „Steuermann“ beschäftigte sich die neue Disziplin mit der Regelung von Maschinen, Organismen und Organisationen. Die Grundannahme: Alles ist ein System und funktioniert nach den Prinzipien von Rückkopplung, Selbstregulation und Gleichgewichtserhaltung. Das oft genannte Beispiel eines kybernetischen Systems ist der Thermostat. Dieser vergleicht den Istwert der Raumtemperatur mit dem Sollwert, der als gewünschte Temperatur eingestellt wurde. Der Temperaturunterschied führt den Thermostaten in einen Regelkreis, bei dem Ist- und Sollwert ständig angeglichen werden. Ahnherr der Disziplin ist Norbert Wiener, ein US-amerikanischer Mathematiker, der über die Analyse von automatischer Zielerfassung von Militärflugzeugen zum Begriff der Kybernetik kam. Die Kybernetik befruchtete zahlreiche andere Domänen, ihre Ideen und Begriffe flossen in Management- und Therapieschulen, Erkenntnistheorien und die soziologische Systemtheorie ein.

Der Hamburger Autor Hans-Christian Dany hat die Geschichte der Kybernetik in seinem Buch „Morgen werde ich Idiot. Kybernetik und Kontrollgesellschaft“ [1] neu erforscht und sieht eine starke Verbindung zwischen dem Modell selbstregulierender Systeme und der heutigen, auf ständige Selbstoptimierung ausgerichteten Gesellschaft.

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Drogenpolitik

EU-Parlament: E-Zigaretten sind keine Arznei

Die Nikotinverdampfer werden in die Tabakprodukte-Richtlinie integriert

Das Hin und Her ist vorbei: Während die Bundesregierung die E-Zigaretten, bei denen nikotinhaltige Flüssigkeiten verdampft werden, als apothekenpflichtige Arzneimittel eingeordnet hat(was von Gerichten allerdings abgewiesen wird), sieht das Europäische Parlament das anders. Am Dienstag einigten sich die Fraktionen auf einen Kompromiss, wonach der Umgang mit den Verdampfern in der bereits bestehenden Tabakprodukte-Richtlinie geregelt werden soll. Personen unter 18 erhalten die Geräte nicht, für Werbung gelten die gleichen Vorschriften gelten wie für Tabak. Zukünftig müssen die Hersteller den Behörden eine Liste aller Inhaltsstoffe und aller resultierenden Emissionen zukommen lassen.

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Drogenpolitik Psychoaktive Substanzen Specials

Das Dilemma mit den neuen „Designerdrogen“

AM RANDE DER LEGALITÄT

Der Begriff „Designerdrogen“ ist ja schon an sich fragwürdig. Man versteht darunter gemeinhin psychoaktiv wirksame noch legale chemische Substanzen, die von „Underground-Chemikern“ in der Absicht entwickelt, „designed“ wurden, bestehende Drogenverbote, bei uns also das Betäubungsmittelgesetz, zu umgehen und sich damit einer effektiven Strafverfolgung zu entziehen. Nun wurden aber die meisten der sogenannten „Designerdrogen“ zuerst im Rahmen ganz legaler Forschung in Laboren der pharmazeutischen Industrie oder von Wissenschaftlern an Universitäten entwickelt. „Underground-Chemiker“ brauchen nur in der einschlägigen Fachliteratur nachzuschlagen, um auf die Synthesewege potentiell psychoaktiver Substanzen zu stossen. Zugegeben, nicht zuletzt inspiriert durch die beiden von dem amerikanischen Chemiker Alexander Shulgin und seiner Frau Ann vorgelegten Meilensteine „Pihkal“ und „Tihkal“, Bücher, in denen Synthese und Wirkungen zahlreicher Phenyläthylamine und Tryptamine detailliert beschrieben werden, machen sich vermehrt Chemiekundige an die Synthese und Entwicklung noch rarer oder gar neuer „Psychodelikatessen“.

In grossem Masstab wird aber vor allem das produziert, was der Markt bereits verlangt, und das sind in erster Linie Amphetamin („Speed“), LSD („Acid“) und MDMA („XTC“). Die dem MDMA in Chemismus und Wirkung nahestehenden aber nicht so beliebten Substanzen (MDA, MDE, MDOH, MBDB, BDB), die am ehesten der Vorstellung von „Designerdrogen“ entsprechen, da sie in grossen Mengen als „Ecstasy“ verkauft wurden und zum Teil noch werden, sind mittlerweile alle dem deutschen Betäubungsmittelgesetz (BtmG) unterstellt.

Zwei Substanzen, die 1998 in holländischen Smart-Shops auftauchten, wurden noch im selben Jahr in die strengste Stufe Anlage 1 (nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel) des BtmG aufgenommen.

2-CT-2 trat an die Stelle des 1997 in den Niederlanden verbotenen Sinnesverstärkers 2-CB. Der Amsterdamer Avantgarde-Smart-Shop „Conscious Dreams“ brachte, mutig wie immer, 2-CT-2 in weissen Tabletten zu 8 Milligramm, je zwei zu 25 Gulden, 3 zu 35 Gulden auf den Markt. Es handelt sich dabei um ein recht lang wirkendes leicht psychedelisches Phenyläthylamin, das bei den meisten Konsumenten keine allzugrosse Begeisterung auslöste, weil eine stärker stimulierende Komponente fehlte und oft Schwummrigkeit und eine gewisse Übelkeit besonders zu Beginn der Wirkung das Erleben beeinträchtigen.

2-CT-2
2-CT-2

Der Arnhemer Konkurrent „The Shamen“ schickte 4-MTA ins Rennen, ein Amphetamin-Derivat, dessen Wirkung an „Ecstasy“ erinnern sollte. Die Substanz fand deshalb schnell ihren Weg in die britische Club- und Rave-Szene. Viele Konsumenten beklagten allerdings einen fehlenden „Peak“ und legten nach, was zu mehreren Todesfällen geführt haben soll. Die Substanz entpuppte sich als voreilig auf den Markt geschmissen und im Vergleich zur Wirkung mit einem hohen gesundheitlichen Risiko behaftet.

Nicht gerade neu, aber dafür bei uns nicht dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt, ist Dextrometorphan, kurz DXM, ein Opiat, dass in rezeptfrei in der Apotheke käuflichen Hustenmitteln enthalten ist. In entsprechender „Überdosis“ (100 bis 250 Milligramm) wirkt es enthemmend und wahrnehmungsverändernd. Höhere Dosierungen wirken zunehmend halluzinogen-delirös bis narkotisch. Schon Rosa von Praunheim („50 Jahre pervers“) nahm es in den Sechziger Jahren als noch „Romilar“-Tabletten (die reines DXMHydrobromid enthielten) in Apotheken freiverkäuflich waren. Der „Missbrauch“ führte dazu, dass dieses Präparat in der BRD vom Markt genommen wurde. Manche holländischen Smart-Shops verkaufen die reine Substanz in psychoaktiver Dosis als „Robo“.

Es tut sich ausserdem etwas im nicht ganz so leicht zugänglichen Chemikalienhandel: Einige kleinere Schweizer und Deutsche Chemikalienhändler führen in ihrem Sortiment neuerdings psychoaktive Substanzen aus der Reihe der Tryptamine, die nicht den jeweiligen Betäubungsmittelgesetzen unterstehen. Ähnlich wie zuvor die Händler ethnobotanischer Spezialitäten versuchen sie bestehende Gesetzeslücken zu nutzen und die Zugänglichkeit psychoaktiver Spezereien zu erhöhen. Selbstverständlich werden die entsprechenden Substanzen in keiner Weise zum Konsum angeboten. Im Gegenteil: Vor dem Konsum wird entweder ausdrücklich gewarnt, oder die Kundschaft muss sich gar schriftlich verpflichten, die bestellte Ware nicht in unerlaubter Weise anzuwenden.

5-Meo-DIPT (5-Methoxy-N,N-Diisopropyl-Tryptamin) ist eine dieser Substanzen. In geringen Dosierungen zwischen 6 und 12 Milligramm oral eingenommen wirkt es vier bis acht Stunden lang leicht psychedelisch und emotional öffnend. Ein gewisser Ruf als sinnlichkeits- und hingabeverstärkendes Aphrodisiakum eilt ihm (im Internet) voraus. Jedoch wissen Konsumenten auch von eher umangenehmen Wirkungen wie Übelkeit und Schweissausbrüchen zu berichten. Schon leichte Überdosierungen können zu als ausgesprochen anstrengend empfundenen Rauschzuständen führen. In Form der freien Base kann 5-Meo-DIPT in Dosen von wenigen Milligramm auch geraucht werden. Das „High“ ist dann lediglich ein bis drei Stunden spürbar. 5-Meo-DIPT lässt sich unter Umständen auch psychotherapeutisch einsetzen, z.B. im Rahmen einer psycholytischen Therapie.

DPT
DPT

DPT (N,N-Dipropyl-Tryptamin) zählt zu den besonders eifrig im Internet diskutierten psychedelischen Substanzen. Es wird sowohl oral eingenommen, als auch geschnupft, geraucht und intramuskulär injiziert. Obwohl es schon seit den 60er Jahren bekannt ist und die chemisch nahe verwandten Substanzen DMT und DET seit dieser Zeit dem BtmG unterstehen, blieb DPT bislang von dieser Einschränkung verschont. Dennoch ist kaum etwas über seinen Gebrauch in den letzten drei Jahrzehnten bekannt geworden. Eine obskure New Yorker Sekte „The Temple of the True Inner Light“ benutzt seit Jahren in den U.S.A. unbehelligt DPT als Sakrament. In psychotherapeutischen Kontexten wurde DPT gelegentlich auch bei uns eingesetzt.

Kompliziert wird es für Chemikalienhändler und ihre Kundschaft, wenn eine Substanz beispielsweise in der Schweiz (noch) gehandelt werden kann, während sie in Deutschland dem Betäubungsmittelgesetz untersteht und nicht verkehrsfähig ist, wie dies bei Alpha-Methyl-Tryptamin der Fall ist, das in den 60er Jahren in der UdSSR als langwirkendes Antidepressivum „Indopan“ in Tabletten zu 5 und 10 Milligramm auf dem Markt war und in Dosierungen von 5 bis 20 Milligramm geraucht stimulierende und leicht psychedelische Effekte induzieren soll.

Einige der gehandelten und dem BtmG entgangenen Substanzen sind noch weniger „Designerdrogen“ im obigen Sinne, sondern Naturstoffe in reiner Form, die allerdings meist nicht extrahiert, sondern vollsynthetisch hergestellt werden.

Dazu gehört 5-Meo-DMT (5-Methoxy-N,N-Dimethyl-Tryptamin), das in Dosierungen von 5 bis 20 Milligramm geraucht wird, um auf einen sehr schnell einsetzenden, aber nur zehn bis zwanzig Minuten anhaltenden, ins Innere gerichteten stark energetischen Trip, in der Regel ohne ausgeprägte Farbvisionen, zu gehen. Bekannt geworden ist 5-Meo-DMT als Hauptwirkstoff im rauchbaren getrockneten Sekret der Bufo alvarius-Sonora-Wüsten-Kröte. In zahlreichen Pflanzen wurde es nachgewiesen. Einige von Ihnen werden vermutlich seit Jahrtausenden von südamerikanischen Schamanen als bewusstseinsverändernde Schnupfpulver eingenommen. Andere haben erst in den letzten Jahren als Bestandteil von Ayahuasca-Analogen Bedeutung erlangt. 5-Meo-DMT ist kurzfristig mit der 13. BtmG-Änderungsverordnung, unterschrieben von der Grünen Gesundheitsministerin Andrea Fischer, zunächst befristet für den Zeitraum eines Jahes und wirksam ab Oktober 1999, dem deutschen Betäubungsmittelgesetz unterstellt worden, allerdings unter der Bezeichnung 3-Methoxy-DMT (2-(5-Methoxy-indol-3-yl)-ethyl)-dimethyl-azan).

Harmalin ist ein interessanter antidepressiver, innerhalb von einer halben Stunde und nur vier bis fünf Stunden lang wirkender reversibler Monoaminoxidase (MAO)-Hemmer, der gemeinsam mit dem sehr ähnlich wirkenden Harmin und weiteren verwandten Alkaloiden in hoher Konzentration in Steppenrautensamen (botanisch Peganum harmala), in niedrigerer Konzentration in der Ayahuasca-Liane (bot. Banisteriopsis Caapi) vorkommt. Die Pflanzenprodukte sind viel preiswerter als die Reinsubstanzen und werden seit Jahrtausenden genutzt. Allerdings lässt sich reines Harmalin oder Harmin effektiver dosieren. Üblich ist die Einnahme von z.B. 150 Milligram des Harmalin-Hydrochloridsalzes eine halbe Stunde vor Einnahme anderer Substanzen, um diese erst oral psychoaktiv wirksam zu machen, wie dies bei DMT und DMT-haltigen Pflanzenextrakten der Fall ist, oder aber deren psychedelische Wirkungen zu verstärken, wie dies beispielsweise bei Meskalin und meskalinhaltigen Kakteen oder psiloc(yb)inhaltigen Pilzen der Fall ist.

Die Reinsubstanzen DMT, Meskalin, Psilocybin und Psilocin unterstehen allerdings dem deutschen BtmG, die diese Substanzen enthaltenden Pflanzen und Pflanzenteile seit dem 1.2.1998 mit Hilfe von SPD- und SPD/Grünen-regierten Ländern auch, „wenn sie als Betäubungsmittel mißbräuchlich verwendet werden sollen“, wie es so schön heisst.

Wer allen möglichen, insbesondere den weitgehend unbekannten gesundheitlichen Risiken zum Trotz, den Umgang mit den oben erwähnten (noch) „legalen“ Substanzen beabsichtigt, sollte vorher alle verfügbaren Informationen einholen und sich mit den auf dem aktuellsten Stand befindlichen Gesetzestexten (BtmG, Arzneimittelgesetz, Gefahrstoff-Verordnung, Chemikalien-Verbotsverordnung) vertraut machen und wissen, dass er auf eigenes Risiko handelt. Im Falle des beabsichtigten Handels sollte vorher ein kompetenter Rechtsanwalt zu Rate gezogen werden.

Die Händler lehnen sich in jeder Hinsicht am weitesten aus dem Fenster und begeben sich aufs drogenpolitische Glatteis. Einerseits sind sie Pioniere, die ernsthaft Interessierten die Zugänglichkeit zu psychedelischen und psychotherapeutisch einsetzbaren Sakramenten erleichtern, andererseits leiten sie vielleicht durch eine mögliche Popularisierung das Auge des Gesetzes beschleunigt auf die entsprechenden Substanzen. Letzten Endes lässt sich aber der fatale Antidrogenkrieg eh nicht gewinnen, selbst wenn am Ende alle Chemikalien der Welt in den Anlagen des BtmG erfasst würden.