Zumindest macht es physische Anstrengung weniger strapaziös
Erschienen in der Telepolis v. 31.10.2013
Von Jörg Auf dem Hövel
Max-Planck-Forscher haben für eine Studie verschiedene Fitnessgeräte so umgebaut, dass Trainierende ihnen Rhythmen oder harmonische Töne entlocken konnten. Das Training wurde daraufhin nicht nur als weniger anstrengend empfunden, da der Ausstoß von Glückshormonen höher war, die Analysen zeigten zudem eine effizientere Muskelaktivität. Sowohl subjektiv wie objektiv gab es Unterschiede gegenüber der üblichen Musikberieselung in Sportstudios. Bislang war man davon ausgegangen, dass das Hören von Musik von der Eigenwahrnehmung des Körpers ablenkt und etwaige Anstrengungen weniger wahrgenommen werden. Die Studie mit gleich zehn Autoren wurde in den anerkannten „Proceedings“ veröffentlicht.
Ein schönes Techno-Video mit einem dem Autoren ist hier zu sehen. Die Durchführung der Übungen wirkt nicht korrekt, aber darum geht es hier ja nicht. Das Experiment hat gezeigt, dass 53 der 61 Probanden während des Musikmachens die Anstrengung bei höherem Output als geringer empfanden und dabei dennoch eine effektivere Muskelaktivität hatten. Studienleiter Thomas Fritz vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig ist begeistert: „Die entwickelte Technologie ist als neue Kraftsporttechnik günstiger, vermutlich, weil über die musikalische Ekstase mehr emotional gesteuerte motorische Kontrolle passiert.“ Die Ergebnisse seien „ein Durchbruch“, weil sie entscheidend dabei helfen, „die therapeutische Kraft von Musik zu verstehen“.
Dennoch bleiben Fragen. Das Studiendesign konnte nicht ausschließen, dass Teile der gemessenen Effekte doch eher durch Ablenkung zustande kommen. Zudem sind die Ergebnisse als Verhältniswerte angegeben, die Teilnehmer gaben an, wie sie das aktive Mitmachen gegenüber dem passiven Zuhören einschätzen. Rohdaten wären aussagekräftiger, haben andere Studien doch gezeigt, dass während intensiver Workouts der ansonsten durch passives Zuhören generierte Ablenkungseffekt verschwindet. Ab einem gewissen Anstrengungspunkt ignoriert das Gehirn die Musik. Weiterere Punkte: Die Grenze zwischen aktivem und passivem Musizieren ist fließend. Das Mitklopfen des Rhythmus mit dem Fuß, das Klatschen, auch beim Tanzen gestaltet der oder die Aktive die Musik durch die Körperbewegungen mit. Interessant dürfte zu erforschen sein, welche Rolle soziale Aspekte spielen, sind viele musikalisch Rituale doch gruppenbasiert.