Der Legende nach soll sich der junge Buddha während seiner sechsjährigen Askese täglich von nur einem Hanfsamen ernährt haben. Weniger die Inhaltsstoffe der berühmten Samen als vielmehr die Meditation hätten ihn dabei zur Erleuchtung gebracht. Seither steht der Buddhismus Rausch und Ekstase zwiespältig gegenüber.
Im Gegensatz zu anderen Religionen soll der Mensch im Buddhismus weniger an übergeordnete Instanzen und starre Dogmen glauben, sondern die angebotene Lehre anhand eigener Erfahrungen überprüfen. Um dies zu tun, sollte er vor allem eines tun: Kräftig meditieren. Dann würde er erkennen, was Buddha erkannt hatte, nämlich die vier edlen Wahrheiten. Nummer 1: Solange der Geist seine Natur nicht erkannt hat, gehört zum Leben zwar Freude, aber auch Leid. 2. Es gibt bestimmte Ursachen, warum der Geist seine wahre Natur nicht sieht. 3. Buddha sei Dank kann aber jeder die Funktion seines Geistes erkennen, also erleuchtet werden. Und schließlich 4.: Es gibt praktische Mittel, um dies zu erreichen. Mit der Zeit entwickelten sich verschiedene Strömungen im Buddhismus, die unterschiedliche Schwerpunkte legten.
Soweit, so gut. Warum aber ist der Buddhismus eine im Westen so erfolgreiche religiöse Praxis und warum zieht er auch Freaks in seinen Bann? Mindestens vier Ebenen sind verantwortlich, sie klären zugleich das Verhältnis des Buddhismus zum Rausch.
Da ist zum einen die persönliche Erfahrung des Stillstehens der Zeit, dem Aufgehen in einem ozeanischen Gefühl. Diese Zustände sind jedem Genießer von Haschisch oder Marihuana bekannt viele rauchen genau deshalb. Auch die ästhetischen Bilderwelten, die während der Zustände erfahren werden, weisen Gemeinsamkeiten auf. Mandalas auf Techno-Parties sind eben kein Zufall urbaner Kultur, sondern bewusster Anknüpfungspunkt an eine Tradition meditativer Objekte.
Bewusst positiv erlebten Paradoxien sind ebenfalls aus beiden Sphären bekannt. Der Betrippte nimmt Widersprüchlichkeiten lachend wahr, im Zen-Buddhismus nennt sich das Koan: Du kennst das Geräusch, dass zwei klatschende Hände erzeugen. Wie ist das Geräusch einer Hand? Das Ziel ist in beiden Sphären dasselbe: Die Ansicht, dass die Dinge unterschieden sind und dass das Ich eine eigene, vom Rest der Welt abgegrenzte Existenz hat, löst sich als Illusion auf.
Dies alles lässt sich auch auf der Ebene der chemischen Vorgänge im Gehirn nachweisen. Wer nicht an die Berichte Millionen von Menschen hören will findet in den Hirn-Scans seine objektiven Beweise: Bei manchen Rauschzuständen und Meditationen sind die gleichen Hirnareale aktiv.
Wer auf der Suche nach einer Erklärung für seine psychedelische Erfahrung die Literatur durchblättert, landet früher oder später bei den Lehren Buddhas. Nicht anders erging es Timothy Leary und Konsorten in den 60er Jahren, die im tibetanischen Totenbuch Deutungen ihrer LSD-Versuche fanden. Die heute 300-450 Millionen Mitglieder des Buddhismus bilden keine Gemeinde, zu unterschiedlich sind die verschiedenen Schulen. Der Zen-Buddhismus Japans ist beispielsweise kaum mit dem tantrischen Buddhismus vergleichbar, der in der Vergangenheit schon eher einmal den Griff zu Rauschmitteln erlaubte, um der endgültigen Erhellung nahe zu kommen.
In westlicher Ausprägung verbindet man mit Buddhisten entweder den Dalai Lama oder meditierende Art-Direktoren auf Sinnsuche. Auf der Ebene des sozialen Gesellschaftssytems erfüllt der Buddhismus eine der Funktionen von Religion, nämlich des Glaubens an ein Leben nach dem Tod. An einen autoritären Gott muss man dabei nicht Glauben dies passt hervorragend in eine (post-) moderne Gesellschaft, in der man auch in der spirituellen Gemeinschaft nur locker gekoppelt sein und trotz Aufgehen im Ganzen einer Masse immer auch Individualität und Autonomie erhalten will. Zudem haftet dem Buddhismus kein missionarischer Eifer und eine gewisse Gewaltlosigkeit an.
Und während der Christ mit Glück im Paradies landet, wandert der Buddhist von Körper zu Körper, aber eben nur solange, bis er klug genug nach den Lehren Buddhas gelebt hat, diesen Kreislauf durchbricht und glücklich im Nirvana endet. Selbst wer dies nicht schafft hat immerhin noch die Freude in stabilen sozialen Strukturen unter Seinesgleichen gelebt zu haben. Mitgefühl und Nächstenliebe sind weitere Vorteile der religiösen Beschäftigung. Im Gegensatz zu anderen Religionen projiziert der Buddhismus das totale Glück und die absolute Wunscherfüllung nicht nur auf die ferne Zukunft oder die Zeit nach dem Tod, obwohl es auch hier im Leben keinen Zustand restloser Erfüllung geben kann. Ein Teil des Glücks ist schon im normalen Leben zu erreichen, das große Los wird allerdings erst im Nirvana eingelöst.
Buddha (Sanskrit für Der Erwachte) wurde als Siddhartha Gautama in Lumbini, einer kleinen Stadt, die heute zu Nepal gehört, geboren. In seiner rund 80 Jahre währenden Lebenszeit (536-483 v. Chr.) legte er den Grundstein für den späteren Buddhismus. Er hinterließ keine Schriften und sah sich auch nicht als Überbringer einer Lehre Gottes. Er rief nur dazu auf, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen und durch meditative Innensicht die Funktion dieses zu erkennen. Kurz nach seinem Tod traten seine Schüler zum ersten Konzil zusammen, um die Lehre und die Mönchsregeln zu besprechen und gemäß den Unterweisungen des Buddha schriftlich festzuhalten. In den folgenden Jahrhunderten verbreitete sich die Lehre in Süd- und Ostasien, später in der ganzen Welt.
So recht will es seit damals kein buddhistischer Lehrmeister zugeben, aber drogeninduzierter Rausch und meditative Ekstase besitzen diverse Überschneidungspunkte. Es ist schade, dass sich die buddhistischen Schulen oft so vehement von umsichtigen Gebrauch von Entheogenen, also der Substanzen, die den Buddha-Geist im Menschen erwecken können, abgrenzen. Allerhöchstens wird Psychedelika zugeschrieben eine Art Erweckungserlebnis generieren zu können, auf Dauer sollen sie aber den Blick auf die Wahrheit verstellen. Hier wird aus eher politischen Erwägungen eine Grenze gezogen, die so nicht konstruiert werden muss, spricht doch vieles dafür, in verschiedene Lebenslagen die meditative Arbeit mit gesunden Substanzen zu unterstützen. Im stillen Kämmerlein dürften deshalb einige der eifrig praktizierenden Buddhisten nicht nur Kräutertee trinken, sondern auch das eine oder andere Pfeifchen durchziehen.
Neben Gier und Hass gilt die Unwissenheit als eines der drei Grundgifte allen menschlichen Lebens. Gerade gegenüber Entheogenen sind Teile des Buddhismus aber von ähnlicher Ahnungslosigkeit beseelt wie die christliche oder muslimische Lehre. Wie sie stellen sie alle psychoaktiven Substanzen in den Kontext von Flucht aus der Realität und Sucht.
Dabei fallen weitere Gemeinsamkeiten zwischen buddhistischer und psychedelischer Praxis deutlich ins Auge. Der zentrale Stellenwert der Achtsamkeit lässt sich im Rausch durchaus kultivieren. Sich seiner Gefühle, Beobachtungen und Handlungen in jedem Moment voll bewusst zu sein ist nicht nur eine Übung von Mönchen und Seminar-Teilnehmer im Schwarzwald, sondern auch praktiziertes Unterfangen vieler Otto-Normal-Kiffer. Immer wieder kommt es vor, dass aus der profanen Entspannungs-Zigarette am Abend eine unabgelenkte, reine Wahrnehmung ohne Beurteilung der Situation wird. Die Grenzen zwischen Dösbaddeln und höherem Dösen sind fließender, als dies manch‘ strenger Meister asketischer Versenkungskunst wahrhaben will.
Nimmt man für einen Moment die Position ein, dass jedwede Substanz in unserem Geist nur etwas hervorruft, das ohnehin schon da ist, dann wird klar, weshalb die Weisen des Orient den Drogen ablehnend gegenüberstehen. Aus dieser Perspektive sind geistbewegende Substanzen nur eine weitere materielle Verhaftung, die der Entwicklung hin zum reinen Geist im Wege steht. Das ist der asketische, klassisch-transzendente Weg. Ihm gegenüber stand schon immer eine Sicht der Dinge, die im Gewusel der Natur und dem Sinnesfreuden ein Heil der Menschen sah. Die Produkte der Mutter Erde sind aus dieser Perspektive begrüßenswerte Kameraden und Freunde in einem Leben, das mit der naturgegebenen Welt positiv umgehen möchte. Das ist der klassisch-immanente Weg. Bisher hat der Buddhismus wie andere Religionen auch wenig Versuche unternommen, diesen zweiten Weg des Geistes zu akzeptieren. Dabei mahnte Buddha selbst zeitlebens eine Skepsis gegenüber feststehenden Lehren ein.
Die Wahrnehmung der historischen Ursachen der drogenrechtlichen Blockaden, da kann man dem Historiker Detlef Briesen nur zustimmen, ist eine notwendige Voraussetzung, um die deutsche und internationale Drogenpolitik aus ihrem Dilemma zu befreien. Briesen legt mit seinem Buch eine Quellenstudie vor, um den Parallelitäten zwischen Deutschland und den USA in Bezug auf Drogenkonsum und Drogenpolitik auf die Spur zu kommen.
Es entstand eine materialreiche Literaturauswertung, die detailgenau die Entstehung der Drogengesetze und des Drogenkonsums seit dem 20. Jahrundert darstellt. Es ist sein Verdienst, als einer der ersten Autoren im deutschsprachigen Raum, die Ursprünge der gesetzlichen Regelungen und deren moralische und weniger medizinische Begründung heraus gearbeitet zu haben. Das Buch brilliert dabei vor allem durch ein erfreuliches Quellenstudium der Anfänge der modernen Drogenpolitik im deutschen Kaiserreich.
Sauber zeigt Briesen auf, wie aus einem Handelskontrollgesetz (Harrison Act) in den USA der 20er Jahren ein Drogenkontrollgesetz wurde. So wie Drogenarten und Konsummuster übertrugen sich diese Regelungen später auf Deutschland. In den USA dominiert seit damals der strafrechtliche Ansatz, in der Bundesrepublik eine Mischung aus theoretischer Strafandrohung und dem realen Überwiegen sozialtherapeutischer Maßnahmen bei den Konsumenten.
Aus Briesens Ansatz und seinem Stil wird klar, dass der Drogenbenutzer für ihn ein weithin unbekanntes Wesen ist, dessen Hobby ihn verwundert. Aber: Er lässt ihnen in einem ersten Schritt aus liberal-theoretischen Gründen die individuelle Konsumfreiheit und kommt in einem zweiten Schritt zu dem Ergebnis, dass die gesetzlichen Regelungen den Rauschmittelgebrauch ohnehin nie verhindern konnten. Im Gegenteil: Aus Briesens Analyse nimmt man eher das Resultat mit, dass die Gesetze mehr Schaden als Gutes angerichtet haben.
Leider fehlt dem Buch eine grundlegende These, an der sich die fast 400 Seiten orientieren, eine Klammer, welche die vielen historischen Vorgänge zu einem Ganzen zusammenfasst und in einen Zusammenhang stellt. So will man zwar den Schlussfolgerungen des Geschichtswissenschaftlers gerne zustimmen, aus dem Gelesenen ergeben sie sich aber nicht. Das betrifft auch die fehlende Problematisierung des Begriffs „Drogen“ und die Unterscheidung zwischen verschiedenen Substanzgruppen. So landen leider Genuss-, Konsum und Suchtkultur diverser psychoaktiver Subtanzen in einem Topf.
Trotz dieser Einschränkungen schaffen die Ergebnisse Briesens den Raum für eine fruchtbare Diskussion, die Genussmittel- und Drogenkonsum abseits moralischer Begriffe und psychischer Defektzuschreibungen zu erklären versucht. Der Preis allerdings ist happig.
Detlef Briesen
Drogenkonsum und Drogenpolitik in Deutschland und den USA. Ein historischer Vergleich.
404 Seiten
Frankfurt am Main 2005
Campus Verlag
ISBN: 3-593-37857-4
EUR: 44,90
Saftige Feigen, süße Datteln, schwere Teppiche, dazu qualmen die Wasserpfeifen und das Abhängen auf den seidigen Kissen ist bequemst: 1000 und, weil’s so schön ist, noch eine Nacht hinterher. Die religiöse und gesellschaftliche Realität in den islamischen Ländern sieht freilich anders aus.
Der Koran ist die heilige Schrift des Islam, die Allahs wörtliche Offenbarung an Mohammed enthält. Eine strenge Auslegung des Koran erlaubt seit Jahrhunderten eigentlich keine Rauschmittel, sie sind „haram“ (verboten). Der Wein wurde vom Propheten Mohammed als schädlich deklariert. Cannabis ist zwar im Koran an keiner Stelle erwähnt, er steht aber mit dem Alkohol zusammen auf der ewigen Abschussliste der Gelehrten. Seit dem 8. Jahrhundert ist den Muslimen der Konsum von Rauschhanf verboten. Überraschenderweise gibt es aber eine Ausnahme: Werden Cannabis oder auch Opium als Medizin eingesetzt, geht das in Ordnung.
Warum nun Rauschmittel von Allah und seinem Verkünder Mohammed aus dem Leben der Menschen ausgeschlossen wurde ist unklar. Eine Erklärungsmöglichkeit: Wie andere Religionen auch sieht der Islam seine Anhänger ungern vom rechten Weg abkommen. Der Rausch allerdings ist oft ziellos, regt unter Umständen zum Nachdenken über den eigenen Glauben an und ist daher eine potenzielle Gefahr.
Nur die Vertreter der islamischen Mystik, die Sufis, nahmen und nehmen es mit dem Rauschmittelverbot nicht so genau. Sie wollen Allah durch praktische Übungen möglichst nahe kommen und einige von ihnen greifen daher noch heute zu Hanfpräparaten. Bereits um 1400 dichtete der Sufi al-Yanbu’i: „Nehme ich Haschisch, wird mein Raum zur Moschee.“ Hier zeigt sich eine Tendenz, die schon im Christentum (s. HanfBlatt Nr. 98) zu beobachten war. Es sind meist die mystischen Zweige einer Religionsgemeinschaft, die dem Rausch positiv gegenüber stehen, entweder, weil er eine Liebe zum göttlichen Empfinden erwecken kann (Sufis) oder aber dazu führt, das Göttliche nicht als starre Substanz (oder gar Mann mit Bart) zu sehen, sondern als dynamischen Prozess ohne Anfang und Ende, das durch und im Menschen wirkt. Dieses tanzende Spiel der sprachlosen, aber gehaltvollen Leere zu ertasten kann im Rausch nachempfunden werden. Damit aber erhebt sich der Mensch in die Augen der Religionsstifter zu hoch. Warum sie alle den Menschen in einer tumben Regelbefolgung versauern lassen wollen, die schlimmstenfalls in der Unterdrückung der Frau, Vorhaut-Massakern oder allgemeiner Körperfeindlichkeit zum Ausdruck kommen ist wohl eher mit weltlichen als mit geistlichen Ansätzen zu erklären.
Theologische Schriften sind das seine, die religiöse Praxis das andere. Zurzeit bekennen sich ungefähr 1,2 Milliarden Menschen auf der Welt zum islamischen Glauben, damit ist man hinter den Christen die zweitgrößte Religion der Welt; sieht man einmal vom Kapitalismus ab. Um das Verhältnis der islamischen Länder von heute zum Rausch zu verstehen sind zwei Dinge zentral. Zum einen ist der Islam Religion und Staatsform zugleich ist. Eine Trennung von Staat und Kirche, wie sie die westlichen Staaten vollzogen haben, kennt die islamische Lehre nicht. Daher regelt der Rechtskodex („Scharia“) nicht nur die religiösen Pflichten (Gebet, Fasten, etc.), sondern auch die sozialen Beziehungen (Eherecht, Vertrags, Strafrecht, etc.). Im alltäglichen Leben führt das zu allerlei Verwicklungen, denn Haschisch ist durchaus beliebt im Orient. Zum anderen ist der Islam kein monolithischer Block, sondern wird in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich interpretiert. So bestehen etwa zwischen den Glaubenspraktiken von Muslimen in Malaysias und Muslimen im Iran himmelweite Unterschiede.
In den Geschichten von 1001 Nacht und den vielen anderen Sagen und Mythen spielen Cannabis und Opium immer wieder eine Rolle. Es wimmelt von Zaubergärten, berückenden Düften, Verwandlungen und Geisterstimmen, alles oft mit erotischen Erlebnissen verwoben. Auch aus den Geschichtsbüchern ist bekannt, dass Fürsten und Herrscher immer wieder dem Haschisch wacker zusprachen. Vom Geheimbund der meuchelnden Assassinen, deren Schimpfname sich von Haschisch ableitet, obwohl nicht bewiesen ist, dass sie mehr als andere in der damaligen Zeit (um 1150) kifften, mal ganz abgesehen.
Zum ersten nachgewiesenen Verbot von Haschisch kam es im 13. Jahrhundert. Der König al-Zahir Baybars (1266-79) ließ alle Tavernen in seinem Hoheitsgebiet schließen, der Konsum von Wein und Hasch war offiziell verboten. Der Feldherr erhoffte sich vor allem starke Krieger von seinem Verdikt. Gekifft wurde trotzdem weiter. Ein Vorgang, der sich noch öfter wiederholen sollte: Der eine König verbietet den Stoff, der nächste hofft auf Steuergelder und legalisiert ihn wieder. Auch aus materiellen Gründen bevorzugte die Bevölkerung Haschisch und Opium, während der teurere Alkohol bis heute ein Privileg der Reicheren bildet.
Traum aus der Pfeife (Achille Zo: Le Reve du croyant)
So zieht sich der Konsum von Cannabis und Opium als Rauschmittel und Medizin wie in roter Faden durch die Geschichte der islamischen Länder. Im letzten Jahrhundert beschreibt der bekannte iranische Autor Seyat Hedayat (1903-1951) den Beginn seines Opiumrausches folgendermaßen: „Meine Vorstellungen und Gedanken wurden befreit von den Fesseln der Schwere irdischer Dinge und flogen einem ruhigen und schweigendem Himmel entgegen. So, als habe man mich auf goldene Nachtfalterschwingen gebettet, erging ich mich in einer leeren, strahlenden Welt, in der ich auf kein Hindernis mehr stieß“.
Heute gilt in einigen Metropolen wie Istanbul oder Kairo das mäßige Rauchen von Haschisch als harmloser Genuss. Cannabisharz ist dabei wie in Europa die Droge der Jugend. Bei geselligen Treffen kreist die Wasserpfeife, Musik wird gehört, es werden Witze erzählt – oder gerne auch ohne Grund gelacht. Eine Art Bhang ist übrigens heute noch in einigen Ländern verbreitet, als Gewürzstoffe für diesen Milch-Trunk dienen unter anderen Anis, Kardamon, Kokosmilch und Pistazien. In Ägypten wird Haschisch mit Zucker, Gewürzen und Raki gemischt und getrunken.
Marokko, Afghanistan, Türkei: Der überwiegende Teil des weltweit im Umlauf befindlichen Haschisch stammt aus islamischen Ländern und wird von Muslimen angebaut. Sie sind durchaus fähig, die Balance zwischen dem Genuss der Droge, dem damit zusammenhängende Profit und ihrem Glauben zu halten. Dies alles geschieht unter den Augen der Geistlichkeit, während Teile der weltlichen Obrigkeit ohnehin an dem Geschäft mitverdienen. Trotzdem der Rausch unter dem Halbmond tabuisiert ist, treibt eine starke Kraft die Menschen – wie überall auf der Welt – also auch hier dazu von der verbotenen Frucht zu naschen, vulgo: sich ab und zu die Kante zu geben, für Entspannung und Freude zu sorgen oder gar eine spirituelle Erfahrung zu suchen.
Abraham, Mose, Isaak: Urtümliche Gestalten mit langen Bärten und strenger Miene. Das jüdische Leben ist voller Gebote, bleibt da Platz für den Rausch?
Das Judentum ist eine Religion der Schrift. Das wichtigste Buch der Juden, die Tora, vereinigt die fünf Bücher des Propheten Mose mit 613 Geboten. Will man korrekt nach jüdischem Glauben leben, gibt es eine Menge zu beachten. Und um das gleich vorweg zu nehmen: Über wilde Feste zur Huldigung Jahwes oder rauschhafte Rituale, um dem eigenen göttlichen Funken näher zu kommen, steht in der Tora nichts. Ist der Judaismus ein gänzlich nüchterner Glauben? Ganz so einfach ist es nicht.
Etwas Geschichte führt auf den richtigen Weg: Alle drei großen monotheistischen Weltreligionen, Judentum, Christentum und Islam, wurzeln im Alten Testament und berufen sich auf Mose. Kein Wunder, denn die Familienverhältnisse sind klar: Der Prophet Mose ist, wie Mohammed und Jesus, ein Nachfahre von Abraham. Dieser zeugte mit seiner ersten Frau den Ahnherrn der arabischen Stämme, nämlich Ismael, und mit der zweiten Frau Isaak, den Ahnherrn der jüdischen Stämme.
Die Geschichte von Moses ist, ähnlich wie das Nibelungenlied oder Homers Odyssee, eine Legende mit historisch wahrem Kern. Jahwe, der jüdische Gott, spricht zu Mose und erteilt ihm den Auftrag, den Volksstamm der Hebräer aus dem Elend Ägyptens herauszuführen. Und zwar in ein Land, „in dem Milch und Honig fließen“. Moses führt das Volk über 40 Jahre lang durch die Wüste, etabliert dabei den Glauben an Jahwe, bringt die ganze Truppe schließlich nach Palästina und gründet Jerusalem. Auf diesem Mythos stützt sich die Identität der Juden bis heute, er ist in seiner Bedeutung kaum zu überschätzen. Umso schwerer wog die Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 n. Christus und die darauffolgende Verbannung.
Während im Christentum der Messias und das Leben nach dem Tod im Zentrum aller Heilserwartungen steht, gilt für die Juden die Befolgung der Tora als Heilsweg. Nur ein Leben nach ihren Weisungen ist ein Leben nach dem Willen Gottes. Die wichtigsten Dinge sind bereits auf Erden zu erledigen. Alkohol, Cannabis und andere Drogen lenken aus dieser Sicht nur von einem konzentrierten, Gott und dem Tora-Studium gewidmeten Leben ab. Soweit die Theorie.
Im Laufe der Jahre entwickelte die jüdische Kultur strikte Hygiene- und Ernährungsvorschriften. Wie im Islam gibt es Vorhaut-Massaker. Das heute geflügelte Wort „koscher“ steht auch in Beziehung zu Substanzen, die berauschend wirken. Sie sind der überwiegenden Meinung nach nicht koscher. Es gibt viele Juden, die sich durchaus als gläubig bezeichnen und trotzdem Wein trinken oder ab und zu einen durchziehen. Einige progressive Rabbiner plädieren für eine Normalisierung im Umgang mit Rauschdrogen, vor allem Cannabis. Das ist nicht nur eine Anerkennung der Tatsache, dass die israelische Ecstasy-Affinität und die Feierfestigkeit israelischer Neo-Hippies weltweit legendär ist. Es ist auch ein Zeichen für die Autonomie der jüdischen Gemeinden auf der Welt.
Denn es ist kein einziges Oberhaupt, als vielmehr eine große Anzahl von Rabbiner, die die Tora auslegen. Die dazugehörige Gemeinde muss folgen. So kommt es zu durchaus unterschiedlichen Interpretationen der heiligen Schriften. Aber wer jetzt schon den Koffer packt: es sind keine Gemeinden bekannt, die den Gebrauch psychoaktiver Substanzen billigen.
Die nüchterne Sicht auf das Erdenleben pflanzt sich in der Diskussion um Cannabis als Medizin fort. Hier gibt es mittlerweile offizielle Stellungnahmen von Rabbinern in den USA, die den Einsatz von therapeutischem Hanf offen befürworten.
Es ist wie so oft bei der Betrachtung von Religionen: Schon über die korrekte Auslegung der alten Schriften wird gestritten, über die korrekte Lebensführung noch mehr. Das Judentum glänzt heute mit Altgläubigen und Progressiven, Nationalisten und Pazifisten, Rationalisten und Mystikern. Das Judentum ist kein Block, wie die Antisemiten immer meinen, es existieren keine festen Hierarchien und natürlich auch keine jüdische Weltregierung. Im Gegenteil, in vielleicht keiner anderen Religion ist die Vielfalt von Meinungen und Ansätzen so ausgeprägt wie im Judentum.
Vergangenheit
Die mystischen Zweige der jüdischen Kultur, wie Merkabah, Kabbala und Chassidismus bemühen sich seit Jahrhunderten um die direkte Beziehung des Menschen zu Gott. Aber auch diese Traditionen verbleiben auf „vernünftigen“ Ebenen, von ritualisierten oder etablierten Räuschen ist nichts bekannt. Es gibt zwar Textstellen in der Tora, in denen „kaneh-bosm“ eine Rolle bei der letzten Ölung spielt. Noch ist aber nicht geklärt, ob es sich dabei um Cannabis oder Kalmus gehandelt hat (der allerdings im Orient damals unbekannt war). Wie auch immer: Es dürfte klar sein, dass die frühen Hebräer den Hanf als Faserpflanze kannten. Ob sie ihn allerdings als Rauschmittel genutzt haben, ist zumindest zweifelhaft.
Daniel Sieradski, der zur Zeit an einem Buch über „Judentum und Drogen“ schreibt, sucht seit Jahren nach den spirituellen und entheogenen Wurzeln des Judaismus. Er sagt: „Man findet hier und da unklare Hinweise, aber eine spezifische Ritualkultur scheint es nicht gegeben zu haben; es sei denn, sie haben sich gut getarnt.“
Nur der Konsum von Wein hat sich in den religiösen Praktiken bis heute halten können. Am Abend vorm Sabbat, dem jüdischen Wochenruhetag, wird im Rahmen einer Zeremonie (Kiddusch) ein Glas Wein gereicht – und auch getrunken. Dieser dient in der Interpretation einiger Rabbis durchaus dazu, die spirituelle Sensitivität zu erhöhen. Ein ausgelassenes Fest soll das aber nicht werden.
Bei jüdischen Hochzeiten gehört Wein ebenfalls zum Ritual. Feiern ist seit Urzeiten beliebt. Baal Shem Tov, ein osteuropäischer Rabbi, propagierte Musik und Tanz als Mittel Gott auf freudige Weise näher zu kommen. Auch Sexualität ist im Judentum keine unreine oder gar unspirituelle Angelegenheit. Die Faszination an der körperlichen Liebe, so glauben viele Juden, hängt auch mit dem göttlichen Funken darin zusammen.
Vorläufiges Fazit: Das Judentum lebt gut mit dem Widerspruch, eine rationalistische Religion zu sein. Rauschmittel allerdings, denen die Tendenz innewohnt, diesen Rationalismus aufzubrechen und zu erweitern, haben seit je her wenig Chancen. Theoretisch. Praktisch begeistern sich auch gläubige Juden an der Wirkung von bewusstseinsverändernden Substanzen.
Dies ist nicht zuletzt daran zu erkennen, dass eine ganze Reihe etablierter Drogenforscher jüdischen Ursprungs sind. Um nur vier Namen zu nennen: Rick Doblin (MAPS), Charles Grob, Howard Lotsof, Lester Grinspoon. Aus ihrer Sicht stehen sie in der Tradition von Heilung, Mitgefühl, der Erklärung religiöser Erfahrungen und der Transformierung der Gesellschaft.
In Israel tritt politischer Hanf-Aktivismus seit 1999 zu jeder Parlamentswahl an. Die Ale Yarok- („Grünes Blatt“) Partei setzt sich unter ihrem Spitzenkandidaten Boas Wachtel vehement für eine Änderung der Drogenpolitik ein. „Das Drogenproblem darf nicht mehr nur unter dem kriminalistischen Aspekt gesehen werden. Es ist ein sozial-medizinisches Problem“. Wichtig sei, die Besitzer von kleineren Mengen Cannabis nicht mehr zu bestrafen und den Aufzug von bis zu fünf Marihuana-Pflanzen zu erlauben.
Zur Zeit gelten in Israel bis zu 15 Gramm Cannabis als Eigenbedarf, der allerdings mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Das kommt selten vor, es ist wie in anderen Industrienationen auch: Über die Hälfte der (jährlich rund 20.000) Drogendelikte geht auf den Kleinstkonsum von Haschisch oder Marihuana zurück. Die meisten Fälle davon enden nicht im Gefängnis, sondern als Kurzeitfeger im Park.
Es wurde viel darüber gestritten, ob der Ansatz, dass die drei großen Weltreligionen keine anderen Götter neben sich dulden, der Hauptgrund für Kriege im Namen des Glaubens ist. Beispielsweise war ein gewisser Antijudaismus Grundlage der Theologie der christlichen Kirche. Die katholische Kirche definierte sich lange über die Ablehnung des Judentums, von weltlichen Herrschern wurde diese Tendenz nur zu gerne aufgenommen, um die Juden im Laufe der Jahrhunderte immer weiter ins gesellschaftliche Abseits zu drängen.
Gleichwohl erlebte Anfang des 20. Jahrhunderts das deutsche Judentum seine Blüte. Zum ersten Mal seit dem Mittelalter waren alle rechtlichen Benachteiligungen aufgehoben. Um 1910 wohnten fast 620.000 aller deutschen Juden in Berlin. Mehr als 60 % gehörten zum mittleren und gehobenen Bürgertum, nur wenige lebten in Armut. Wieder einmal kam Neid auf, unterfüttert von neuen, biologischen Argumenten, die Juden als minderwertige Rasse diffamieren. Die Folgen sind bekannt: Latenter Antisemitismus und blinder Gehorsam führten unter Adolf Hitler zur größten Katastrophe des 20. Jahrhundert, dem Holocaust.
Gegenwart
Inzwischen mehren sich in den USA Stimmen, die das Ziel, die amerikanische Gesellschaft von Drogen zu befreien, für weltfremd halten. Balfour Brickner ist emeritierter Rabbi der Stephen-Wise-Free-Synagoge in Manhattan und hat sich mit anderen Rabbis, muslimischen Imamen und christlichen Geistlichen zur Vereinigung der „Religious Leaders for a More Just and Compassionate Drug Policy” zusammengeschlossen. „Es ist finanziell, moralisch und religiös gesehen falsch, Menschen dafür einzusperren, dass sie Drogen nehmen. Das löst das Problem nicht”, sagt er. „Amerikanische Politiker leben in dieser Frage vollkommen an der Wirklichkeit vorbei. Sie sind ängstlich, dumm, und sie irren.”
Die israelische „Green Leaf“ Partei, die die Legalisierung von Cannabis fordert, stellt jüngst fest, dass Cannabis während des Passah-Festes nicht koscher ist (hier der Link).
Ayahuasca ist ein halluzinogenes, in der „richtigen“ Dosis stark bewußtseinsveränderndes Gebräu aus verschiedenen Pflanzen, das insbesondere im oberen Amazonasgebiet von Kolumbien über Ecuador, Peru und Brasilien traditionell von indianischen Schamanen für Heilungsrituale eingesetzt wird und dort momentan ein kulturelles Revival erfährt. Westliche Suchende pilgern mittlerweile als Touristen in organisierten Gruppen zu den „Schamanenoriginalen“ um ihre Zivilisationsschäden kurieren zu lassen oder zumindest etwas Authentisches zu erleben, daß ihrem Leben einen neuen Drall zu geben vermag. Brasilianische Sekten, in deren spirituellem Mittelpunkt die gemeinsame ritualisierte Einnahme von Ayahuasca steht, machen von sich reden. Insbesondere die erheblich in die Offensive gegangene Santo Daime (= Ayahuasca)- Gemeinschaft hat mittlerweile eine ganze Reihe von praktizierenden Ablegern auch bei uns in Deutschland. Ruth Fischer-Fackelmann beschreibt recht eindringlich den Weg ihrer persönlichen spirituellen Heilung direkt in die Arme dieser esoterischen Gemeinde in dem Buch „Fliegender Pfeil“, aber ohne die entsprechenden Santo Daime-Erfahrungen schwer nachvollziehbar. Gleichzeitig ist in den westlichen Ländern in Folge der Publikationen vor allem von Terence McKenna und Jonathan Ott (, insbesondere seines sehr empfehlenswerten wissenschaftlich fundierten Buches „Ayahuasca Analogues“) ein neues Interesse an Ayahuasca erwacht. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Entdeckung, daß die für die Zubereitung eines dem Ayahuasca analog wirkenden Gebräus notwendigen Wirkstoffe sich keineswegs nur in exotischen südamerikanischen Regenwaldpflanzen sondern auch in erheblich leichter zugänglichen und auch bei uns gedeihenden Gewächsen finden lassen. Hierzu unten mehr.
Bei Ayahuasca geht es um den in seiner reinen Form dem BtmG unterstehenden Wirkstoff N,N-Dimethyltryptamin, kurz DMT. Synthetisch hergestelltes DMT war bereits in den 60er Jahren ein bekanntes Psychedelikum. Wegen geringer Verfügbarkeit und seiner heftigen überwältigenden und oft als unkontrollierbar empfundenen halluzinogenen Wirkung genoß es in den USA aber keine besonders weite Verbreitung. Bei uns blieb es wohl nur ganz wenigen Hobbychemikern und ihrem neugierigen Bekanntenkreis vorbehalten. Es ist nur selten und in kleinen Mengen auf dem Schwarzmarkt erhältlich. Zur Zeit werden für ein Gramm reines weißes oder weniger fein raffiniertes orangerotes bis braunes wachsartiges DMT-Pulver in rauchbarer Baseform Preise von bis zu 500 DM und mehr bezahlt. Ein ausgesprochener Luxus, auch wenn die typische Fullblown-Experience bereits mit 0,04 bis 0,05 Gramm, in einer Haschölpfeife oder auf andere Weise verdampft und in möglichst ein bis zwei tiefen Atemzügen inhaliert, zu erreichen sein soll. DMT muß in seiner reinen Baseform geraucht oder als Salz injiziert werden. Durch den Mund eingenommen, sprich oral, wirkt es nicht. Es sei denn…
Unser Körper verfügt über chemische Abwehrmechanismen, die verhindern sollen, daß wir von in den Nahrungsmitteln enthaltenen Substanzen, die unseren körpereigenen Botenstoffen ähneln oder gar mit ihnen identisch sind, überflutet werden. Ein nahrungsbedingtes Wechselbad von Vergiftungen würde unser Funktionieren in unangenehmer Weise beieinträchtigen. Nun sitzen wir nicht mehr auf den Bäumen, in ständiger Furcht vor Feinden und auf der Hut vor den Unbilden der Natur. Vielleicht können wir es uns mittlerweile erlauben, einige dieser Schutzmechanismen gezielt zu blockieren, um bestimmte Substanzen in uns soweit vordringen zu lassen, daß sie das Bewußtsein vorübergehend in andere Dimensionen driften lassen…
DMT ist eine extrem bewußtseinsverändernde Substanz, die in einer Reihe von Pflanzen und auch im menschlichen Gehirn nachgewiesen wurde. Das Überflutetwerden des Gehirns mit zusätzlichem DMT wird durch die sogenannte Monoaminoxidase, kurz MAO, verhindert. Nun gibt es Substanzen, die die Aktivität der MAO vorübergehend hemmen, sogenannte MAO-Hemmer. Zu den MAO-Hemmern gehören die beta-Carboline. Sie sind in zahlreichen Pflanzenarten nachgewiesen worden.
Zu der Gruppe der beta-Carboline wiederum gehören die Harmala-Alkaloide (Harmalin, Harmin u.a.). Sie sind der Wirkstoff verschiedener vor allem im Amazonasgebiet zur Zubereitung von Ayahuasca benutzter Schlingpflanzen mit dem botanischen Namen Banisteriopsis, insbesondere der Banisteriopsis caapi, des „Vine of the Soul“. Die Schlingpflanze selbst wird wie das daraus gekochte Gebräu auch Ayahuasca genannt. Andere Bezeichnungen sind Caapi, Yaje und Yage. Für die Ayahuasca-Zubereitung werden die Stämme benutzt, in denen Wirkstoffgehalte von 0,05 bis fast 2 %, im Durchschnitt meist zwischen 0,2 und 0,6 % festgestellt wurden. Es überwiegt in den schwankenden Alkaloidmischungen das Harmin gegenüber Harmalin und Tetrahydroharmin.
In erheblich höherer Konzentration (durchschnittlich 2 bis 4 %) sind Harmala-Alkaloide in den Samen der Steppenraute enthalten, die botanisch Peganum harmala heißt. Dabei dominiert das gegenüber Harmin deutlich potentere Harmalin das Alkaloidgemisch. Die Steppenraute wächst in trockenen Gebieten von Spanien über Marokko und Ägypten und von Ungarn über die Türkei und Rußland bis nach Indien und Tibet. Sie hat sich auch in trockenen Gebieten der USA ausgebreitet. Die Steppenrautensamen stellen in ihren Herkunftsländern nach wie vor ein wichtiges Heilmittel dar. Sie werden unter anderem auch gegen den bösen Blick oder zur Tranceinduktion geräuchert und sind von den örtlichen KräuterhändlerInnen günstig zu erwerben. In der Türkei heißt die Steppenraute üzerlik und ein Kilogramm der Samen mag umgerechnet so an die 10 DM kosten. In Nordindien nennt man die Samen hermal oder isband. Dort sind sie noch günstiger erhältlich. In Nordafrika sind sie als harmel, mejennena oder besasa bekannt. Man weiß nicht, ob in den Verbreitungsgebieten der Steppenraute auch deren die orale DMT-Wirkung begünstigende Eigenschaft in sakralen halluzinogenen Tränken zur Anwendung kam und wieder in Vergessenheit geriet. Darüber gibt es in wissenschaftlichen Kreisen Spekulationen. Mögliche DMT-Lieferanten aus dem Pflanzenreich wachsen jedenfalls auch im Verbreitungsgebiet der Steppenraute.
Harmala-Alkaloide allein wirken in niedriger Dosis (entsprechend 2 bis 4 Gramm Steppenrautensamen) hypnotisch-meditativ-beruhigend. Manche empfinden die Wirkung auch als geistklärend und mental-anregend. Andere mögen die Wirkung nicht, nehmen sie aber für die Aktivierung des DMTs in Kauf. Hohe Harmala-Dosen, auf einmal oder durch Einnahme in kurzen Abständen kumuliert aufgenommen, wirken fast immer übelkeiterregend, erbrechenfördernd und stuhlgangbeschleunigend. Sie dämpfen den Kreislauf und erzeugen Schwindelgefühle. Auf der psychischen Ebene können sie bei Einzelpersonen zunehmende Halluzinationen, angefangen bei Lichtblitzen und Nachbildern, bei offenen Augen, aber insbesondere bei geschlossenen Augen farbige mahlstromartige Bildsequenzen bei verhältnismäßig erhaltenem Ego und energetisiertem aber niedergeschmetterten Körpergefühl begünstigen. Typischer ist scheint ein Überwältigtsein von der als negativ empfundenen körperlichen Symptomatik in Kombination mit einem gedämpften Zustand im Kopf zu sein. Diese unangenehmen Erfahrungen haben dazu geführt, daß manchenorts den Harmala-Alkaloiden eine halluzinogene Wirkung pauschal abgesprochen wurde. Dem würde ich, schon aus meinen eigenen Erfahrungen heraus, so nicht beipflichten. Wahrscheinlich wurde von den südamerikanischen Indianern zuerst die starke Wirkung der Harmala-Alkaloidhaltigen Lianen entdeckt. Durch Experimente mit allen möglichen Zutaten, vielleicht auch durch Intuition, Eingebung oder Vision, wer weiß, stießen sie auf die außerordentliche Verstärkung und auch qualitative Veränderung des Rausches durch die Zutat bestimmter , wie wir heute wissen, DMT-haltiger Pflanzen. Die aus Sicht der heutigen Pharmazie verblüffende Kombination, die das Charakteristische des Ayahuasca-Gebräus ausmacht, wurde gefunden. In ihr spiegelt sich das ganze innige Verhältnis, das die Regenwaldindianer zu ihrem lebendigen Kosmos hatten und teilweise noch haben.
Wir kennen jetzt die zwei wichtigsten Lieferanten von MAO-Hemmern, wobei den Steppenrautensamen üblicherweise der Vorzug gegeben wird. Sie sind leichter erhältlich, preiswerter, potenter und einfacher in eine einigermaßen konsumentenfreundliche Form zu bringen. Dazu werden sie üblicherweise zermahlen. Manchmal werden sie der Einfachheit halber schon in dieser Form eingenommen. Üblicherweise werden sie aber in mehreren Gängen durch langes Kochen in Wasser, das zur Verstärkung der Löslichkeit auch angesäuert werden kann, mit anschließendem Abfiltern durch ein Tuch ausgelaugt. Die erhaltenen gelbbraunen und unter UV-Licht fluoreszierenden Abkochungen können abgekühlt getrunken werden. (Exkurs: Dort wo die lebende menschliche Haut oder auch die Mundschleimhäute mit dem Harmala-Extrakt in Berührung kommen, werden sie im UV-Licht noch lange leuchten. Daran lassen sich Harmala-Freaks auf Blacklight-Parties leicht identifizieren. Check it out, Babies!) Da sie aber fürchterlich schmecken, geht man meist noch einen Schritt weiter. Man kocht sie soweit ein, bis ein zäher Extrakt entsteht, den man in Kügelchen oder Würste formen kann, die beim Abkühlen nachhärten. Gemessen an der für die Extraktion abgemessenen Samenmenge werden gebrauchsfertige Stücke gerollt oder geschnitten, die zum Beispiel einer Ausgangsmenge von 4 Gramm Samen entsprechen und damit eine typische Dosis des Harmala-Anteils für eine Ayahuasca Analog – Portion darstellen. Der zähe schwarzbraune Extrakt läßt sich an einem kühlen und trockenen Ort im Dunkeln lange lagern. Pudern mit Bärlappsporen verhindert das Aneinanderbacken der portionsfertigen Stückchen.
An dieser Stelle muß eine Warnung ausgesprochen werden: Harmala-Alkaloide sind MAO-Hemmer. Und solange die MAO blockiert ist, fehlt unserem Körper der Schutz vor bestimmten kreislaufbelastenden Substanzen. Deshalb dürfen am besten 24 Stunden vor und nach Einnahme von Harmala-Alkaloiden bestimmte Nahrungsmittel, Drogen und Medikamente nicht eingenommen werden. Dazu gehören: Alkohol, Beruhigungsmittel, Antiallergika, Opiate, Stimulantien, Meskalin, Muskatnuß, ätherische Öle, Koffein, alter Käse, Bananen, Ananas, Tyrosin-haltige Lebensmittel wie Fisch, Geflügelleber, Pferdebohnen, Chiantiwein usw. usf.. Am besten ist es, wenn man einen ganzen Tag vor Einnahme von Ayahuasca bis auf Wasser nichts zu sich nimmt und auch nach dem Trip noch einen Tag fastet, bevor man wieder mit leichten Mahlzeiten anfängt. Die Indianer praktizieren noch viel längere Diät- und Enthaltsamkeitsvorschriften. Fasten dient auch der mentalen Vor- und Nachbereitung der Reise und aus einem leeren Magen kotzt es sich besser und weniger. Aber dazu unten mehr. Andererseits muß entschärfend hinzugefügt werden, daß die Harmala-Alkaloide nach unbestätigten Undergrounderfahrungen mit zu den verträglichsten und kurzwirkensten MAO-Hemmern überhaupt zu zählen scheinen. So verstärken und verändern sie beispielsweise die Wirkung von Psilocybinpilzen, Cannabis, niedrigen Dosen von Alkohol, Coffein und Amphetaminen und wurden ohne nachteilige Folgen mit ihnen kombiniert. Auch Diätvorschriften wurden ohne Konsequenzen mißachtet. Aber solange hierüber keine eingehenden Untersuchungen vorliegen, ist natürlich äußerste Vorsicht angebracht. Besonders gefährlich scheint zumal die gemeinsame Einnahme mit „Ecstasy“ (MDMA u. ähnliche Substanzen) zu sein (Überhitzung, Kreislaufkollaps).
Bei den seit langer langer Zeit verwendeten klassischen südamerikanischen DMT-Lieferanten handelt es sich einmal um die Blätter der Chagropanga-Liane (Diplopterys cabrerana) und zum anderen die Blätter des Chacruna-Strauches, von dem es verschiedene botanische Arten gibt, die selbst Experten kaum auseinanderhalten können. Am gebräuchlichsten sind die Blätter von Psychiotria viridis, die auch Bestandteil des Santo Daime sind, und die der Psychiotria carthaginiensis, bei der es sich lediglich um eine lokale Abart der viridis zu handeln scheint. In ihnen wurden schwankende DMT-Gehälter gefunden, von praktisch nix bis zu fast 0,7 %, im Schnitt 0,2 %. In 4 Chacropanga-Proben wurden Gehälter zwischen 0,17 und 1,75 % analysiert, immer bezogen auf das Trockengewicht. ( Eine aus den traditionellen Zutaten zubereitete Ayahuasca-Portion enthielt im Durchschnitt aus verschiedenen Untersuchungen um die 0,03 Gramm DMT und etwa 0,15 Gramm beta-Carboline pro Dosis. Die Indianer trinken nicht selten mehrere Portionen während der nächtlichen Zeremonien. Auch sind wohl manchenorts erheblich höhere „heroische“ Dosierungen als die bislang analysierten nicht ungewöhnlich.) Die bewährten Psychiotria-Blätter sind mittlerweile auch bei uns zu zunehmend erschwinglichen Preisen im einschlägigen Fachhandel für ethnobotanisches Anschauungsmaterial zu erwerben, wobei die botanischen Angaben der Vertreiber selbstverständlich mit einer gewissen Skepsis zu prüfen sind. Dort ist auch ein weiteres Pflanzenprodukt erhältlich, das zwar kein Bestandteil des klassischen Ayahuascas ist, aber sich in Brasilien des Rufes erfreut, Zutat zu einem traditionellen Rauschgetränk namens „Vinho de Jurema“ gewesen zu sein. Es handelt sich um die Wurzelrinde eines Baumes mit der botanischen Bezeichnung Mimosa hostilis. Da vermutlich dieselbe Baumart zuerst aus Mexiko als Mimosa tenuiflora beschrieben wurde, sollte dies wohl die botanisch korrekte Bezeichnung sein. Aus der Wurzelrinde wurden fast 0,6 % DMT isoliert. Neuere Analysen sollen erstaunliche Gehälter von bis über 1 % und im Schnitt vielleicht 0,8 % ergeben haben!!! Die Wurzelrinde riecht geradezu nach DMT (charakteristisch aromatisch, irgendwie an indische Parfüms oder dergleichen erinnernd). Sie ist wohl der erste zuverlässige nichttraditionelle Ayahuasca Analog – Bestandteil, der bei uns auf dem legalen Markt erhältlich ist. Der rötlichbraune Extrakt aus nur 4 bis 8 Gramm der Wurzelrinde kann bereits eine ausgesprochen intensive Erfahrung katalysieren.
Zahlreiche andere Pflanzen sind auf Grund chemischer Analysen als DMT-Lieferanten im Gespräch (,siehe hierzu Jonathan Ott). Die ganze Geschichte hat nur einen Nachteil: Die Vermutung eines DMT-Gehaltes basiert oft nur auf einzelnen, teilweise schon Jahre zurückliegenden Analysen. Häufig tritt DMT nicht alleine auf, sondern in Kombination mit anderen psychoaktiven Tryptaminen, die den Rausch „verfälschen“ können. Dabei sind in der Natur schwankende Wirkstoffgehälter und schwankende Wirkstoffanteile an der Tagesordnung. Auch können von Menschen bislang kaum angetestete Pflanzen körperlich unverträgliche oder gar schädigende Substanzen enthalten, von denen wir noch nichts wissen. Das kann die Einnahme eines Pflanzenextraktes, in der Hoffnung er enthalte DMT, zu einem gefährlichen Spiel machen, insbesondere dann, wenn man nicht einmal die Regel des sich vorsichtig und zuerst mit niedrigen Dosierungen Herantastens beachtet.
Zu den Pflanzen, die mit als erstes als mögliche DMT-Lieferanten in Frage kamen, gehört die Wurzelrinde einer in den USA verbreiteten Pflanze mit botanischem Namen Desmanthus illinoensis. Es stellte sich jedoch heraus, daß der DMT-Gehalt meist nicht so hoch ausfiel, wie zuerst analysiert. Auch schien die Wurzel noch andere wenig verträgliche Substanzen zu enthalten, so daß die Desmanthus illinoensis-Ayahuasca Analog-Erfahrung bisweilen mehr die eines stundenlangen Krank- und Vergiftetseins mit fürchterlicher Übelkeit, Erbrechen und fiebrigen Träumen wurde, wie ich aus eigener Erfahrung zu berichten weiß.
Begeistert waren die Psychedeliker zunächst auch von der Vorstellung ein einfaches auch bei uns prächtig gedeihendes Gras, daß sich durch Rasenmähen mehrmals im Jahr würde ernten lassen, könnte der DMT-Lieferant der Zukunft sein. Es handelt sich dabei um bestimmte Phalaris-Arten, insbesondere Phalaris arundinacea, von dem sogar besonders potente Varietäten vom Typ „Killer strain“ ausgemacht und als Samen oder Ableger in den ethnobotanischen Handel gebracht wurden. Man mußte jedoch lernen, daß auch hier der Wirkstoffgehalt meist sehr niedrig ausfällt und das Gras überhaupt erst durch eine bestimmte Beschneidungstechnik zur Tryptaminbildung angeregt wird. Zudem bestand das Wirkstoffgemisch anscheinend oftmals überwiegend aus 5-Methoxy-DMT (auch 5 Meo-DMT), das zwar geraucht potenter als DMT ist, aber dessen stark körperliche, energetische und wenig visionäre Wirkung in Ayahuasca Analogen nicht erwünscht ist. Außerdem enthält das Gras toxische Substanzen, die anscheinend für Weidevieh mitunter tödlich sein können, und für Menschen lieber auch nicht auf dem Speisezettel stehen sollten. Heute wird aus Phalaris allenfalls auf nicht ganz unkompliziertem chemischem Wege ein rauchbares Tryptamingemisch gewonnen.
Aus den DMT-haltigen Pflanzenteilen kann praktisch auf dieselbe simple Weise wie aus den Steppenrautensamen ein flüssiger oder fester Extrakt gewonnen werden. DMT in seiner basischen Form ist jedoch nur schwer in Wasser löslich. Es wird deshalb meist leicht angesäuert, zum Beispiel mit Zitronensäure oder Essigsäure. Mit konzentriertem Alkohol (Weingeist) läßt sich das DMT noch besser ausziehen. Der nach dem Abdampfen erhaltene Festextrakt wird entweder in portionierte Kugeln gerollt oder sollte er pulvrig ausfallen, in möglichst große Kapseln abgefüllt. Es wird darauf geachtet, daß die Dosierungen einigermaßen überschaubar an dem eingesetzten Ausgangsmaterial orientiert ausfallen.
Zur eigentlichen Einnahme eines Ayahuasca Analoges werden die Harmala-Alkaloid-Fraktion und die DMT-Fraktion entweder gleichzeitig heruntergespült (,im Falle fester „Bobbel“ oder Kapseln langt Wasser, ansonsten wird es wohl eher ein Runterwürgen,) oder zeitlich verzögert, zunächst der Harmala-Extrakt und dann nach einer halben bis einer Stunde, wenn dieser deutlich zu wirken angefangen hat, der DMT-Extrakt. Angenommen man hat sich für die zweite Methode entschieden, dann treten üblicherweise nach 20 bis 30 Minuten die ersten Symptome einer DMT-Wirkung auf, Energetisierung, bei zunehmender Veränderung der Wahrnehmung und was weniger angenehm ist, Übelkeit. Jetzt ist Disziplin angesagt. Je länger das „Gift“ im Magen behalten wird, desto mehr Wirkstoff kann resorbiert werden. Meist dauert es nicht mehr allzulange, dann setzt „reinigendes“ Erbrechen ein. Jetzt rächt es sich, wenn man nicht gefastet hat. Auch später kann es noch zu Erbrechen und explosionsartigen Darmentleerungen kommen. Sie gehören bei den Indianern zur körperlichen und spirituellen Reinigung dazu. Danach scheint möglicherweise ein kurzer Moment der Klarheit zu folgen, die Ruhe vor dem Sturm und spätestens darauf bricht die DMT-Erfahrung mit geballter Kraft herein. Der intensivste Teil der Erfahrung dauert bei niedrigeren Dosierungen vielleicht eine Stunde plus eine weitere Stunde auf etwas gesetteltem Niveau. Es folgen ein bis drei Stunden des Herabkommens noch stark geprägt von dem gerade Erlebten, gedankenverloren und/oder voller positiver Energie und emotional geöffnet. Die „heilende“ energetische Wirkung der Erfahrung kann noch den ganzen nächsten Tag und darüber hinaus anhalten. Höhere DMT-Dosierungen können eine gewaltige Intensivierung der Erfahrung bewirken, deren „Plateau“ sich dann dementsprechend auf bis zu vier Stunden verlängern mag.
Mit der Beschreibung der Ayahuasca-Erfahrung haben sich schon Einige an anderer Stelle abgemüht. Sie ähnelt anderen psychedelischen Erfahrungen, insbesondere denen mit hohen Dosen von Psiloc(yb)in-Pilzen, fällt aber doch deutlich anders aus. Die Ayahuasca-Erfahrung ist in jedem Fall superindividuell. Sie zeigt gnadenlos auf, wo du stehst. Sie verbindet dich mit dem was ist. Insofern kann sie intensiver sein als jede konventionelle Therapieerfahrung. Sie bietet die Chance mit sich zumindest in Teilen ins Reine zu kommen oder vollständig auseinandergenommen zu werden. Unausgereiftes, Themen, die nach Bearbeitung lechzen, drängen sich immer wieder in den Vordergrund. Das Ganze wird insbesondere bei geschlossenen Augen illustriert von ausgesprochen farbigen Halluzinationen und Visionen. Diese nehmen mit der Dosis an Intensität, Farbigkeit und Involviertsein zu. Wer weniger mit Psychothemen belastet ist, den kann die Erfahrung im wahrsten Sinne des Wortes in äußerst plastische völlig andere Sphären versetzen. Von derartigen Welten, allerdings in einem kulturell völlig anderen Kontext, berichten die ausgezeichneten „Ayahuasca Visions“ des Malers und Schamanen Pablo Amaringo. Während der besonders in höheren Dosierungen überwältigenden Reise wird die Kontrolle weitgehend abgegeben. Es ist nicht so, daß sich die Erfahrung nicht beeinflussen läßt. Dies ist die Kunst der indianischen Schamanen, die mittels Gesang, Musik, Körperhaltung und ritualisierter Handlungen, die Ayahuasca-Erfahrung zu strukturieren und in eine heilsame Richtung zu lenken vermögen. Auch durch Denken und Visualisieren läßt sich Einfluß auf das aus dem Inneren Steigende nehmen. Gegenüber äußeren, insbesondere akustischen Reizen besteht eine hohe seelische Sensibilität. Am falschen Ort, zur falschen Zeit genossen kann das Erleben zu einer ausgesprochenen Höllenfahrt in die Seele werden.
Es wird deutlich, daß es sich bei Ayahuasca Analogen nicht um einen neuen Partyspaß handelt. Sie bergen letztlich dieselben psychischen Risiken, die auch mit der Einnahme anderer starker Psychedelika verbunden sind. Labilen Persönlichkeiten und in Krisen befindlichen Menschen ist generell von der Einnahme derartiger Substanzen abzuraten. Aber wer will schon weise sein und sich in einer konsum- und protzorientierten Gesellschaft eingestehen, daß gerade in seinem Falle Zurückhaltung angesagt ist.
Natürlich wäre es besser, wenn Ayahuasca (Analoge) nur in einer kulturell integrierten Weise, in einem rituell strukturierten Rahmen und von erfahrenen Heilern, Schamanen oder Therapeuten begleitet, eingenommen werden würden. Trutz blanke Hans und alledem, die spirituellen Bedürfnisse und der Wunsch nach „Heilung“, sich im kosmischen Spiel besser zu verstehen, vielleicht auch nur die nackte Neugier, die selektive Tunnelrealität des „Normalen“ zu transzendieren,oder der Wunsch etwas Besonderes zu erleben oder zu überleben, um sich persönlich aufzuwerten, liegen nicht wenigen Leuten so sehr am sehnsuchtsgeplagten Herzen, daß sie ein für Ottilie Normalverbraucherin derart obskures Zeug wie Ayahuasca (Analoge) zu sich nehmen und nehmen werden.
Ergänzung 2008
Analogik
Nur zur Information und eindringlichen Warnung, wie es törichte Menschen all überall tun, aber keineswegs zum Nachmachen, sei Folgendes über die Zubereitung gängiger Ayahuasca-Analoge berichtet.
Getrennte Kochung erlaubt diesen Narren eine bessere Dosierung. Um Harmala-Alkaloide in ausreichender Menge zur Verfügung zu haben, werden pro Dosis 2 bis maximal 4 Gramm möglichst frischer Peganum harmala-Samen gemahlen oder im Mörser zerstoßen, etwa 10 (bis 20 )Minuten mit ca. einem Becher Wasser (100 bis 200 ml) ausgekocht, manche fügen zu Beginn noch einen Spritzer Essig oder Zitronensaft hinzu um die Löslichkeit der Alkaloide zu erhöhen, und durch einen (Kaffee-)Filter oder ein (Taschen-)Tuch gegossen. Der erhaltene Sud wird getrunken (widerlich) oder vorsichtig unter ständigem Rühren eingekocht bis er sirupartig andickt und dann zusammengekratzt und zu Kügelchen geformt. Sollte er beim Abkühlen bereits hart und pulvrig geworden sein, wird er entweder wieder aufgelöst und das Ganze wiederholt oder als Pulver in Kapseln abgefüllt. Das Eindicken funktioniert besser mit größeren Mengen. Der erhaltene Extrakt wird dann analog der eingesetzten Menge in gleichgroße Kugeln aufgeteilt (Bei 30 Gramm Samen z.B. in 10 bis 15 Kugeln). Wer einen besseren Ertrag haben will, kocht die im Filter gesammelten Samenreste noch ein oder zweimal auf die gleiche Weise aus, fügt die gesammelten Extrakte zusammen und kocht dann ein. Es wird unbedingt ein Anbrennen vermieden. Statt Steppenrauten-Samen werden auch Stücke der Banisteriopsis caapi-Liane genommen. Hier gestaltet sich die Dosierung jedoch erheblich schwieriger. Der gewonnene Extrakt wird vorab in kleinen Dosen an getrennten Abenden getestet. Er sollte analog zu der Dosis von 2 bis 4 Gramm Steppenrautensamen keine übelkeiterregende Wirkung haben. In dieser möglichst minimalen Dosis wirken die Harmala-Alkaloide leicht psychoaktiv, schwach bewusstseinverändernd, leicht antidepressiv. In höheren Dosen schwindelerregend, übelkeiterzeugend, halluzinogen, körperlich niederschmetternd.
Der Extrakt aus Mimosa hostilis-Wurzelrinde wird analog gewonnen. 4 bis 7 Gramm gelten als eine volle Dosis. Weniger ist zu Beginn mehr. Beim Einkochen wird noch vorsichtiger vorgegangen. Der Extrakt selbst schmeckt nicht ganz so übel. Aber Geschmäcker sind verschieden. Als traditionelle Alternative werden Diplopterys cabrerana oder Psychotria viridis-Blätter genommen. Hier ist die Dosierung unzuverlässiger.
Auf nüchternen Magen und bei klarem Geiste werden erst die Harmala-Extrakte eingenommen und deren Wirkung abgewartet. Das hat den Vorteil, dass sie dann in jedem Falle bereits aktiv im System sind, wenn die Tryptamine zugeführt werden, und nicht mehr ausgekotzt werden können. 30 (bis 60) Minuten später werden die Tryptamin-Extrakte zugeführt. Die Wirkung tritt meist innerhalb von 30 (bis 60) Minuten ein. Fast unweigerlich stehen Übelkeit und (mit Glück nur einmaliges) Erbrechen am Beginn der Erfahrung. Dies wird oft als reinigend empfunden, was insofern zutrifft, als dass ab
diesem Zeitpunkt nur noch die bereits absorbierten Alkaloide im System aktiv sind. Wird nicht erbrochen, mag die Wirkung sich stärker entfalten, weil noch weitere Tryptamine resorbiert werden. Oft bleibt dann aber auch die initiale Übelkeit länger präsent. Mindestens eine halbe Stunde sollte man jedoch den Brechreiz im Griff behalten, denn sonst werden nur unzulänglich Tryptamine resorbiert und die Wirkung bleibt schwach.
Für die Erfahrung wird ein ruhiger bequemer störungsfreier Raum mit der Möglichkeit, schnell auf Toilette zu gelangen, um spontan zu erbrechen oder zu scheissen gewählt. Die offene Dschungelhütte ist hier ideal. Ein entspannter Babysitter, vielleicht noch mit medizinischen Erfahrungen (Krankenpfleger/Rettungssanitäter) oder mit extremen Erfahrungen vertraut (Schamane/Therapeut) ist ratsam. Ersterfahrungen lassen sich auch im Rahmen von Santo Daime, Friends of the Forrest oder tourenden Schamanen machen. Wer sich selbst gut kennt, wird sich vertrauensvoll in die heilenden Arme des Ayahuasca-Spirits begeben. Dazu raten kann man hier zu Lande allerdings nicht. Wer bereits in der Psychiatrie gesessen hat oder auf Grund von psychischen Problemen in Behandlung war oder nach gängigen Standards gehen sollte, suche sich bitte erfahrene Anleiter als Begleiter, wenn es denn unbedingt sein muss.
In jedem Falle hat man in der Regel nach 2 Stunden anstrengendem Selbsterfahrungs-Trip bereits das Gröbste hinter sich. Dann geht es über mehrere Stunden langsam bergab. Gerade diese Zeit wird oft als sinnlich und euphorisch erlebt und bietet die Möglichkeit, sich wieder zu sammeln.
Tabakrauch soll erdend wirken. Aber Achtung im Umgang mit Feuer! Entspannende chillige oder euphorisierende Musik trägt ihren Teil zu der Erfahrung bei. Eine Langspielplatte, ein MP3-Set oder eine gute Kassette im Reversemode empfiehlt sich. Man plant mindestens 2 Stunden Paralyse ein oder hat den supereinfühlsamen Privat-D.J. am Start.
So gehen wahnsinnige Experimentierer vor. Aus rechtlichen und vielleicht auch moralischen Gründen (wer weiß) muss hier generell vor jeglicher Einnahme von tryptaminhaltigen Zubereitungen gewarnt werden. DMT z.B. untersteht dem BtmG. Sein Besitz und der Umgang mit ihm sind demnach verboten, auch in Zubereitungen aus Pflanzenteilen (der Konsum selbst allerdings nicht). Also Finger weg von diesem Teufelszeug! Oder wollt ihr etwa wie die 68er enden?!
Eine satyrische Bilanz zur hundertsten Ausgabe des Magazin Hanfblatt
Man bat mich, eine Bilanz zu ziehen. Dafür musste ich erst einmal in die finstren Wälder fliehen, raus aus dem Reich der Ratio, der Illusionen, Täuschungen und Trugschlüsse. Nun umweht Palo Santo-Duft mein welkes Haupt, das die Bruchstücke vergangener Träume zusammenklaubt. Der Wahrsagesalbei, Salvia divinorum, war im Ansatz großartig und versprach mehr: Da kommt noch was, am Besten die Reinsubstanz. Für die Einen dann ein Segen, für die Anderen die neueste „Horrordroge“ auf dem schier endlosen Highway to Hell, ein Grund mal wieder per Anhalter durch die Galaxis zu reisen.
Jenen an der chemischen Front möcht ich, auch, wenn sie mich nicht fragen, sagen: 1,4-Butandiol ist das wahre „Liquid Ecstasy“! Die offiziellen Kandidaten GHB (Natrium- oder Kalium-Gamma-Hydroxy-Butyrat) und GBL (Gamma-Butyro-Lacton), das sind nur Schattenkämpfe, Scheingefechte für die ewigen Prohibitionisten in ihren geistigen Zwangsjacken. Alkohol ist ein schlechter Witz dagegen. Nur noch etwas für Kontrollfreaks. Hier kommt eine Industriechemikalie, integraler Bestandteil eines allgemeinen Deliriums, eines Taumels um eine friedliche Gang-Bang-Party herum, die Droge zum Ringelpietz mit Anfassen. Von der darf man Niemandem erzählen, weil sonst Alle nur noch Willy wählen. Und von den Ketamin-Pforten, da sollst Du schweigen an vielen Orten. Rede dort lieber über Kirsch-Sahne-Torten.
Ayahuasca-Analoge, die sind wirklich heilig. Über die werde ich keine dummen Witze reißen, auch wenn man selbst auf Ayahuasca reichlich seinen Spaß haben kann. Alles so schön bunt hier, und das da unten, der Elfenmaschinen-Gesangsverein, der mir da so freundlich zuzwinkert, und die rosanen Delphine, die dort um die Wette kopulieren, das kann man durchaus kapieren: Das bin ja ich! Das ist ja mein Programm! Das ist mein La Pura Vida. Das ist mein Leben, und ich bin der Lebenslauf. Mann, ab sofort bin ich einfach nur noch gut drauf, mit ein bisschen Respekt für meine mich und Dich liebenden Freunde.
Ginseng ist ein Freund unter Freunden. Betel ist eine Option, die dich frech anlacht, eine Hand, die Dich hebt wie die von King Kong und sanft wieder am Boden absetzt, vollkommen unzerfetzt und natürlich unverletzt. Channa, Kratom und Pituri, am Abend dann noch Besuch von Huri. Nein, keine Angst, so schnell wird es da schon keine Meute von Friedensaposteln zu bunt treiben. Dem kann man gelassen ins Auge sehen.
Der prächtige relativ schnell wachsende Säulenkaktus San Pedro, ein mühseliges Unterfangen, sich den göttlichen Phallus einzuverleiben, das die Spreu vom Weizen trennt. Hot Stuff for Lovers. Mehr davon später, sprach der Attentäter. Peyote, replant the desert with the sacred dessert. Packe die Gelegenheit am Schopfe und beobachte den Kopfe beim Blühen und schau ihm dabei zu, wie sich seine prallen rosanen Früchte mit den niedlichen kleinen schwarzen Samen zur Reife entwickeln. Synthetischer Geheimtip aus dem Shulgin´schen -IHKAL-Universum: 4-Acetoxy-DIPT, die schmelzige Liebesdroge ohne großen Ego-Verlust: I love to love every body and my body feels so sexy! Argyreia nervosa, was für eine Pflanze! Hast Du Dir mal die Stämme angesehen, wie sie sich in den Bungalowanlagen von Koh Chang an den Wänden hochwinden? Das ist die pure Windenpower. Da müsste manche Ayahuasca-Liane vor Neid erblassen, zumindest ein wenig beim Fluoreszeieren nachlassen, wenn sie nicht zugegebenermaßen begründeterweise so verdammt stolz wäre.
Was schreibe ich mir hier wieder zusammen?! Das drucken die doch nie, diese liebenswerten Schisser. Gut, dass meine Leser, diese Tollen, gerne auch mal etwas von meiner anarchischen künstlerischen Arbeit lesen wollen. Das zeigt mir doch, dass es noch immer reichlich aufgeschlossene Menschen gibt, die nicht bereit sind, den Status quo von Ungerechtigkeit und Gewalt, die mangelnde Bereitschaft, Verantwortung für das Leben zu übernehmen, als für immer und ewig gegeben hinzunehmen. Und die sich keineswegs öffentlich für ihr tragi-komisches Dasein als hoffnungslose Romantiker vom Kaliber einer Anhäufung lokaler Geniusse a la Rammstein und Konsorten oder etwa ihre Zwiesprache mit den Pflanzengeistern schämen, in meinen Augen ein wahrhaft fürstliches Benehmen.
Und ewig lockt das Opium den Musterbürger, das ideale Sakrament für die Zeit des Wartens auf den Aufschwung. Bis zum großen Wunder, den grandiosen Ideen für neuen Plunder, bringen wir uns in Schwung mit Opium aus heimischem Mohn, mit dem wir die Ostzone neu begrünen, paradiesische Landschaften. Danke dem unverzichtbaren Hauptbestandteil eines jeden Original-Ostzonensuppenwürfels. Wer dann um halb Acht abends noch aufrecht steht, der kriegt ne Flasche Fliegenpilz-Met. Überhaupt ist die Zeit reif für den Glücks- und Duselpilz, die Berserker-Disco-Coolness, den Marathon in Strapsen und High-Heels. Going deeper to the ground mit unterirdischem Sound. Immer wieder beugen sich über mich die Schatten der Nacht, was habt ihr mit mir gemacht, habt mich ausgelacht, unter der Erde zu Bett gebracht, machtet mich heilig, weil nur mehr drollig und nicht überzeugend rollig in einer lauen November-Vollmond-Nacht. Hört ihr die Engelstrompeten von ALDI?! Wie sie schallen, wie sie wallen, wenn wir aus unseren Kinderzimmern in den zugefrorenen Pool vor der Prunkvilla unserer Eltern knallen, in Wirklichkeit aber nur unterm Bett in eine Art Totenstarre verfallen und von blauen Kühen und totaler Freiheit lallen. Der Kahlkopf ist mit Euch! Sowieso. Dazu brauch ich wohl nichts mehr zu sagen.
Wenn Einer den allergrößten Respekt verdient, dann der Spitzkegelige! Die Bauern müssten verpflichtet werden, seinen Bestand zu pflegen, zu hegen und zu vermehren, so dass es einmal heißen kann: Das größte Lebewesen der Welt ist ein Pilz: Psilocybe semilanceata! Sein Mycel heißt Germany. Auf seiner Oberfläche leben eigenartige parasitäre Wesen, die sich ausschließlich vom Mycel ernähren und nach jedem Bissen Freudensprünge in die Luft machen und dabei so komisch kiechern, als hätten sie tagelang nur Christian Rätsch gelesen. Dafür hab ich nen Riecher. Das war auch mal so eine Macke: Sie sind doch jetzt son Experte, nun gebn se mal ne Prognose ab: Wie wird das so in der Zukunft? Was pfeifen wir uns da rein? Sie müssen es doch wissen! Wenn nicht Sie, wer dann?! Da nützt auch kein, ach hab keine Philosophie und auch keine Juristerei studiert, hab die ökonomischen Zusammenhänge nur beim Lesen von Max Stirner kapiert. Da nützt kein Fluchen und kein Schreien, Bilanzen und Zukunftsprognosen, das muss jetzt nun mal sein. Der Spökenkieker sagt Dir nur ein Wort: Speed! Was, die olle Kamelle? Die macht doch nur schnelle und täuscht dir vor, du seist besonders helle! Dabei bist du einfach nur wach, und dein Spirit sagte dir ohnehin schon vor langer Zeit „Gute Nacht, ich muss erst einmal eine Runde puffeln“. Ephedra ist da die harmlose Lösung und Kokatee eine glorreiche Alternative zur Nervosität des Grünen Tees, wenn man ihn ganz allein für sich trinkt, dann kann man sie erschauen, die Grüne Fee, wie sie kokabekränzt vom Schloss Neuschwanstein winkt.
Kath-Gebrauch zu kriminalisieren war rassistisch. Wir sollten es eigentlich besser wissen und Niemandem sein geliebtes Genußmittel verbieten. Jeden Tag immer Koffein, Nikotin, Alkohol und vom Onkel Doktor Benzos und Tramal, das ist für freie Menschen keine vernünftige Wahl. Das ist eine traurige Kombination. Kein Wunder, dass alle nur jammern und so fürchterlich depressiv sind. Vielleicht sollte man es mal aus einer anderen Perspektive betrachten, alles nicht so verbissen. Wir sind hier, um uns gegenseitig das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten. Das Gegenteil ist glatt gelogen. Man wittert geradezu Südsee-Idyllen aus prä-missionarischer Zeit. Gestern hoams die Kawa verboten, diese Vollidioten. Wer an Kawa krepiert, der hat in seinem Leben wirklich schon alles ausprobiert, um zu vermeiden, dass er einmal in einem Anfall der Selbsterkenntnis vor Einsamkeit und Ehrfurcht friert, oder eben Pech gehabt, kann vorkommen. Das ätherische Muskatnußöl und Krähenaugen, das sind definitv Ressourcen für Notzeiten oder Zeiten der langsamen Gangart. Welcher Wahnsinnige will dies Alles im Zeitalter der Internet-Aufklärung verbieten? Kein Lebewesen ist illegal! Ihr Narren an der Macht, kümmert Euch lieber um die Menschen, die auch gerne bei der Konsumorgie dabei wären, aber draußen bleiben müssen, weil sie über den Stacheldraht nicht rüber und an den Bluthunden nicht vorbei kommen. Die beschränkte Sichtweise zu überwinden und wenigstens für Augenblicke bewußt zu werden, darum geht es, nicht um den Nebel der Betäubung. Es geht um die Kontraste, um Reisen zum Baum der Erkenntnis inklusive Verkostung und feuchten Küssen von den Lippen der Brillenschlange. Im Weinen liegt Wahrheit, im Wein allein ist sie nicht mehr drin. Alles andere wäre Etikettenschwindel.
Aber der Hanf hat gesiegt. Heute manipuliert er auf Wunsch gerne die Gene. Anbauwissen ist praktisch Allgemeingut geworden. Damit kann man sich überall auf diesem Planeten selbst versorgen, ob im U-Boot in internationalen Gewässern, in Polarstationen oder im Seitenflügel des Space-Labs neben der MDMA-Tabletten-Presse. MDMA ist das Spirit-Molekül, das seinen Missbrauch mit Bad Vibrations und Visionen von Lochfraß bestraft und den respektvollen Umgang mit göttlicher Gnade und Wellen verliebter Dankbarkeit belohnt. Und Kokain, das ist viel heiße Luft in Dosen, ja, ja, du gehörst zu den ganz, ganz Großen – Maulhelden. Und das Mutterkorn breitet sich immer weiter aus, oh dieser Klimawandel, all diese Feuchtigkeit und die geilen neuen Roggenhybriden der Globalisierungsfanatiker und da drüben in den Brachen bei den verfraggelten Öko-Bauern, da kann man Urlaub machen und als himmlische Sporen auf günstige Gelegenheiten lauern. 100stes Hanfblatt und 100 Jahre Albert Hofmann, das ist mehr als nur Zufall. Das war von Anfang an geplant. Der Chemiker gehört aufs Titelblatt, mit Sprechblase und Schlagzeile: Albert zum 100sten Geburtstag fordert: „Legalize it! Fools, please, don´t critizise it!“ In diesem Sinne blühen die Gedanken, denn die sind frei, und gedeiht es, das neue Zeitalter, das Zeitalter nach Jetzt, bevölkert von illustren Gestalten, die sich weigern ständig, die Luft anzuhalten. Aber, das ist doch Humbug – das ist doch fiktiv?! Na, dann werd doch aktiv!
Lange her, seit Santorin diesen Beinamen bekam. Doch bis heute haben die schroffen Felswände, gerahmt von unendlichem Blau, nichts von ihrem Reiz verloren. Ausspannen, shoppen und feiern – auf dieser Insel ist alles möglich.
Einmal am Tag bleibt für einen kurzen Augenblick die Zeit stehen. Ein warmes Orange legt sich wie ein Tuch auf die steilen Felsen der Insel, auf die würfelfömigen, weißen Häuser – und auf die Seele. In der kleinen Inselhauptstadt Thira kehrt für eine Weile völlige Ruhe ein. Selbst die umtriebigen Kellner auf den Restaurant-Terassen schauen jeden Abend aufs Neue besonnen Richtung Westen. Zusammen mit ihren Gästen sinken sie in einen pastellfarbenen Himmel ein, der sich langsam ins Violette wandelt. Bis der feurige Ball zwischen rostbraunen Vulkaninseln im Meer versinkt. Der Sonnenuntergang auf Santorin gehört zu den spektakulärsten Naturschauspielen weltweit.
Doch dieses seltsam mythische Santorin-Gefühl überkommt einen schon bevor man die Insel überhaupt zum ersten Mal betreten hat. Wenn die Fähre langsam Richtung Hafen in die Caldera einfährt, in jenen ehemaligen Vulkankrater, der bei einer Eruption vor über 3000 Jahren in der Ägäis versank. Und dessen Überreste noch heute schroff und rätselhaft vor Santorin aus dem Wasser ragen. Als wollten sie an das sagenumwobene Atlantis erinnern, das hier auf dem Meeresgrund liegen soll. So die ungewisse Legende. Nur eine von den vielen in der an Göttern und Sagen reichen Welt Griechenlands.
Eines steht aber fest: Hoch über der Caldera, an den bis zu 300 Meter hohen Kraterwänden, thront einer der schönsten Orte des Landes. Thira, mit seinen weißen Würfelhäusern, die wie Schwalbennester am Hang kleben. Dazu die türkisblaue Ägäis und die rostbraune Inselwand aus Lavagestein – ein fast unwirkliches Bild. Und ein bisschen bedrohlich, dieser Schauplatz einer uralten Katastrophe.
Foto: Aschwin Prein
Vielleicht zieht es die Menschen deshalb nach der Ankunft im Hafen sofort in die sicheren Höhen von Thira und in die anderen Orte der 71 Quadratkilometer großen Insel. In dem sonst ruhigen Hafen herrscht dann für eine knappe Stunde hektisches Gewimmel. Urlauber auf Zimmersuche werden umworben, die Fähre spuckt Autos aus, es bildet sich ein Korso, der fröhlich hupend die Serpentinen hochschlängelt.
Wer ruhiger ankommen möchte, schwebt mit der Seilbahn vom Hafen ins Himmelreich. Sie wurde 1979 von zwei Reedern gestiftet, die den Gästen ihres Hotels „Atlantis“ mehr Komfort bieten und zugleich allen Bewohnern etwas Gutes tun wollten – alle Einnahmen aus dem Betrieb gehen noch heute an karitative Einrichtungen auf der Insel. Das in den 50er Jahren vom Architekten Joannis Venetsanos erbaute Hotel Atlantis genießt einen legendären Ruf. Alle 28 Zimmer sind zur Caldera ausgerichtet, das schicke Interieur stammt von den amerikanischen Architekten Robsjohn-Gibbings und Pullin. Das Flair der imposanten Räume: eine Mischung aus Rock Hudson-Film und Manns Zauberberg.
Das Leben auf Santorin wandelt sich mit den Jahreszeiten. Im Frühling blüht die karge Insel für zwei Monate auf. Das liegt zum einen an den grünen Feldern und der aufkeimenden Vegetationen, zum anderen an den Athenern, die einmal im Jahr auf ihre Heimatinsel zurückkehren. Vor allem zum Osterfest kommen viele auf dem Festland arbeitende Griechen in ihre Dörfer zurück und wecken die Insel aus ihrem Winterschlaf. Am Ostersonntag feiert die ganze Insel, ein echter Geheimtipp für alle, die Griechenlands traditionelles Gesicht kennenlernen wollen.
Ende April und den ganzen Mai über zeigt sich Santorin von seiner schönsten Seite. Mohnblumen, Margariten, sattes Gras, die Temperatur liegt bei angenehmen 26 Grad, das Strandleben erwacht langsam. Die meisten Badebuchten teilt man sich dann mit wenigen anderen Sonnenanbetern. Nur am schwarzen Sandstrand von Perissa und am White Beach westlich von Akrotiri geht es auch früh im Jahr schon lebhafter zu. Strandbars, kleine Tavernen, Wasserskiverleih, Surfschulen. Rund um die Insel weht im Sommer eine gut beherrschbare Brise.
Abends wandelt sich die Insel, aus dem feinsandigen Paradies wird die mystisch Schaumgeborene. Obwohl nicht mit den klassischen Party-Insel Mykonos vergleichbar, hat sich auf Santorin eine kleine Beach-Bar und Club-Szene etabliert. Zum Reingleiten in den Abend bestens geeignet ist das „Kira Thira“. Leckere Cocktails, die Musik ist eher jazzig als elektronisch. Der Besitzer hat in Berlin Kunst studiert und plaudert gern über Kunst und seine Skulpturen. Lauter geht es im nicht weit entfernten Klassiker der Insel zu, dem „Enigma“. Eine in den Bimsstein gehauene höhlenartige Bar mit luftigem Innenhof und kleiner Tanzfläche, auf der sich im Hochsommer Griechen und Touristen mischen. Vor der Tür wimmelt es bis tief in die Nacht von Nachtschwärmern, die Club-Hopping betreiben. Zum Beispiels ins nur ein paar Schritte entfernt liegenden „Studio 33“. Die Tanzfläche dort ist schon vor Mitternacht brechend voll. Aber Vorsicht: Hier läuft ausschließlich griechische Musik, von Urlaubern angedeutete Tsirtaki-Schrittfolgen tragen zur Belustigung aller bei.
Im Dörfchen Oia an der nördlichen Spitze bleibt es das ganze Jahr über verträumt. Der Blick in die Caldera ist ebenso schön wie in Thira, nur schwappen die täglichen Besucherströme aus den Kreuzfahrtschiffen nicht bis hier. Weiß gekalkte, steile Treppen, Weinterassen, blaue Kirchenkuppeln. Auf Santorin teilen sich knapp 8000 Einwohner über 300 Kirchen, viele davon nicht größer als eine Abstellkammer. Allein in Oia gibt es 70. Im Sommer finden hier bis zu 40 Trauungen in der Woche Stadt. Eine Art Las Vegas für Griechen – sie lieben es, sich in dem romantischen Ort das Ja-Wort zu geben.
Vom Hafen aus fahren Boote zu kleinen Inseln, zum Beispiel zum Mini-Eiland „Nea Kameni“. Wörtlich bedeutet das soviel wie „Die neue Heißgeborene“. Tatsächlich steigen hier die Schwefeldämpfe des noch aktiven Vulkans aus dem Boden. Eine Mondlandschaft tut sich auf. Auf dem Nachbarbrocken „Palea Kameni“ („Die alte Heißgeborene“) gibt es heiße Quellen, der graue Schlamm blubbert wie eine Lavalampe. „Sehr gesund“, versichert der Kapitain, seine Passagiere glauben ihm und hüpfen in den zähen Schlick.
Das malerische Oia ist auch die Künsterkolonie der Insel. Wie viele anderen Galerien auch stellt das Künstlerehepaar Stavros und Bella Galanopoulos seine Werke in der Gasse parallel zum Kraterrand aus. Die fotorealistischen, reliefartigen Gemälde spielen oft mit erdigen Materialien – sehenswert. Gleich nebenan hat eine Künstlerin aus Thessaloníki ihre Galerie eröffnet. Sie fertigt filigranen Schmuck aus Lavagestein. Um die Ecke im liegt das „1800“, ein Restaurant mit alten Fresken und stilvoller Atmosphäre. Dimitri ist hier Stammgast. Er ist Bauunternehmer in Athen, aber der Zauber von Santorin hat es ihm angetan. „Ich komme jedes Jahr ein paar Tage her, vor allem, um die neuen Weine zu probieren.“
Wer mit griechischen Wein nur Udo Jürgens und Kopfschmerzen verbindet wird seit ein paar Jahren eines besseren belehrt. Auf dem kargen Boden von Santorin wachsen bei richtiger Pflege hervorragende Traube. Unter den Aussteigern des griechischen Großstadtleben gilt der Weinanbau auf den Kykladen als chic, mittlerweile sind sogar internationale Weinfans auf die jungen Griechen und ihre Weingüter im Landesinneren aufmerksam geworden. Es existieren über 40 gute Sorten, die Tage des harzigen Retsinas sind gezählt. Zumindest auf Santorin.
Während seines Urlaubs wohnt Dimitri im höchsten Dorf der Insel, in Pyrgos. Auf der Fahrt dorthin schwebt man über der tiefblauen Ägäis, kleine Trampelpfade führen zur Steilküste. Das weiße Sonnenlicht geht nahtlos in den hellen Horizont über, alles ist elementar, reduziert auf Erde, Luft, Wasser und Licht. Wie selbstverständlich wirken auf einmal die Geschichten von Göttern, die hier ihr ätherisches Leben führen. Steuert der Sonnengott Helios vielleicht tatsächlich seinen Wagen übers Meer? Reitet er früh Morgens mit seinen flammenden Rösser aus dem Tor seines Palastes, um Abends mit ihnen hinterm Horizont zu landen?
In Pyrgos werden noch heute Häuser in den weichen Bimsstein geschlagen, das ist nicht nur kühl im Sommer, sondern gilt auch als erdbebensicher. Die verwinkelten Kopfsteinwege zwischen den Gebäuden bieten kaum Schatten, Erfrischung gibt es im „Zannos Melathron“, einem Patrizierhaus aus dem 19. Jahrhundert, das zu einer eleganten Residenz umgebaut wurde. Designt hat das Luxus-Hotel Yannis Tseklenis, der gerne als der Philippe Starck der zeitgenössischen griechischen Kunst bezeichnet wird.
Erheblich rustikaler ist Taverne in der die nicht weit entfernt liegenden Ortschaft „Exo Gonia“. Am Eingang sitzt ein alter Mann und lässt seine Bernsteinkette Kugel für Kugel durch die Finger laufen. Dimitri feiert hier in großer Runde den Geburtstag eines Freundes. Oft ist das Essen auf Santorin nichtssagend und dazu noch teuer, hier aber werden die Gäste überrascht. Der knackige Bauernsalat ist mit Kapernblättern verfeinert, die gebackene Keftedes aus Tomaten und Fava-Bohnen sind köstlich. Später gibt es Ouzo für alle in der Taverne. Der Abend aber ist dem Sonnenuntergang an der Caldera vorbehalten. Und wieder taucht die Sonne ins Meer. Ja, es ist kitschig, aber alle wissen nun, warum die Phönizier die Insel „Kalliste“, die Schöne, nannten.
Jörg Auf dem Hövel
Tipps für Santorini
Reisezeit: Saison ist von Mai bis September, ideal sind Mai und Juni, im Juli und August ist die Insel sehr belebt.
Hinkommen: In der Saison dreistündige nonstop Charterflüge von vielen deutschen Flughäfen aus. Für die spektakuläre Hafenankunft bietet sich die Fahrt ab Piräus per Schnellboot (4 Std.) oder Fähre (10 Std.) an. Ab Kreta fahren ebenfalls Schnellboote, die rund 2 Stunden brauchen.
Hotels
Hotel Atlantis, Thira, Tel: 0030-22860 22111 Modernisiertes Designer-Hotel aus den 50er Jahren. Wunderbarer Blick in die Caldera von allen Zimmer und der Frühstücksterrasse aus.
Hotel Ikies, Oia, www.ikies.com. Tel: 0030-22860-71311. Kleine, individuelle Oase am Rande von Oia mit Studios und Maisonette-Zimmern.
Hotel Katikies, Oia, www.katikies.com, Tel: 0030-22860- 71401, das fünf Sterne Hause darf sich seit Dezember 2005 „Small Luxury Hotel of the Year“ nennen. Sehr Exklusiv. Alle 22 Zimmer und Suiten haben private Verandas mit Meerblick.
Zannos Melathron, Pyrgos, Tel: : 0030 2286 028 220, Hotel und Restaurant im ältesten Dorf der Insel.
Villa Manos Karterados, Thira, Tel: 0030-22860-24666 www.villamanos.gr, Preiswert, einfach, gut.
Hotel Kafieris, Firostefani, Tel: 0030-22860-22189 Kleine Appartmentanlage mit Panoramablick, ruhig gelegen, nur 10 Gehminuten von Thira entfernt.
Cheledonias Villas, Oia, Tel: 0030-22860-71287, www.chelidonia.gr Traditionelle Höhlenwohnungen, stilvoll renoviert und ausgestattet. Sehr freundlich geführt von der Österreicherin Erika Möchel und Triantafilos, ihrem griechischen Mann.
Shopping: Des Nachts sind die Gassen der Hauptstadt Thira von den hellen Auslagen der Juwelierläden und internationalen Modeläden erleuchtet. Trendige Läden liegen etwas abseits vom Kraterrand am Treppenweg, der zum alten Hafen hinuterführt. Das benachbarte Oia ist für einheimisches Kunsthandwerk bekannt. Weine am besten direkt beim Erzeuger im Inselinnern erwerben.
Archäologie: Akrotiri, im Südwesten der Insel, ca. 15 Kilometer von Fira entfernt. Ausgrabung einer Handelsstadt aus der Bronzezeit, die vom Vulkan verschüttet wurde. Bis zu drei Stockwerke hohe Häuserfronten wurden schon entdeckt. Dienstag bis Sonntag, 8.30-15 Uhr, Eintritt 3,50 Euro.
Lektüre
Reiseführer: Schönrock/Fohrer, (2006) „Santorini“, einer, vielleicht sogar der detaillierteste Reiseführer.
Merian „Santorin“, März 2004, 7,95 EUR.
Geschichte und Mythos: Walter L. Friedrich, Feuer im Meer, Der Santorin-Vulkan, seine Naturgeschichte und die Atlantis-Legende, Oktober 2004, 50 EUR.
Henry Miller, „Der Koloß von Maroussi“, Rowohlt Verlag. Millers Reisebericht aus Griechenland lesenswert.
Wer noch vor zwei Jahren das Betriebssystem Linux auf dem heimischen PC zu installieren versuchte, wagte ein Abenteuer. Der Monitor oder andere Hardware wurde nicht erkannt, das System brauchte Minuten für den Start und begrüßte einen dann mit einer schwarzweißen Kommandozeile wie anno MS-DOS.
Linux galt lange Zeit als Spielwiese der Computer-Freaks. Kein Wunder, das System entstand 1984 als Gemeinschaftsprojekt von Universitätsmitarbeitern, Studenten und anderen Freiwilligen, denen das auf dem Großrechner laufende Unix zu umständlich in der Bedienung, vor allem aber zu teuer war. Bei fast allen damaligen Betriebssystemen war es nicht möglich festzustellen, wie das Programm genau funktioniert. Ein aufwendig programmierter Code ist bis heute das Geschäftsmodell vieler Softwarefirmen, er ist daher meist geheim.
Linux war am Anfang nur ein Hobby
Richard Stallman, ein Programmierer am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den Vereinigten Staaten, und seine Wissenschaftskollegen fühlten sich durch solche proprietäre Software in ihrer Arbeit beschränkt. Sie wollten bestimmte Programme verbessern und Kopien untereinander austauschen dürfen und schrieben daher ein Unix-kompatibles, aber freies Programm, das sie GNU („GNU is not Unix“) nannten. In den folgenden Jahren entwickelte sich das Projekt, einzelne Komponenten wie Editoren und Compiler entstanden. Eines allerdings fehlte dem System Anfang der neunziger Jahre noch: der zentrale Kern. Im „Kernel“ genannten Bestandteil werden die Prozeß- und Datenorganisation, die Schnittstellen zur Hardware und der Zugriff auf Prozessor und Arbeitsspeicher festgelegt.
Dies wußte auch der an der Universität Helsinki studierende Finne Linus Torvalds. Er schrieb 1991 in der Programmiersprache C den Kern für ein Unix-System, brachte ihn mit den aktuellsten GNU-Bestandteilen zusammen und stellte das Paket auf einen öffentlichen FTP-Server: Linux war geboren. In einer E-Mail an eine Programmiergruppe schrieb er: „Ich arbeite an einem freien Betriebssystem; nur ein Hobby, wird nicht groß und professionell sein wie GNU.“ Er sollte sich irren. Was als Hackerumtrieb begann, entwickelte sich bis heute zu einem Betriebssystem mit solider technischer Basis. Der Quellcode für das neue Unix-Betriebssystem umfaßte nur 241 Kilobyte. Jeder Interessierte solle, so TorvaldsA?È?L?, an dem Programm arbeiten und Verbesserungsvorschläge einbringen. Dazu stellte er den Code unter die General Public License (GPL), eine von Richard Stallman mitentwickelte Lizenzform, die im Gegensatz zum Copyright die freie Modifizierung und kostenlose Verteilung des Quellcodes vorschreibt.
Es gibt mehr als 300 Varianten
Aufgrund dieses Schritts arbeitet eine bis heute wachsende Gemeinschaft von Entwicklern an Linux. Mit Erfolg: Firmenkunden lassen sich von ihnen das System auf ihre Software-Bedürfnisse zuschneidern, IBMs Websphere ist für Linux erhältlich, und Internetprovider ordnen mit Programmen unter Linux den über ihre Rechner laufenden Datenverkehr. Ein Teil der PC-Arbeitsplätze der öffentlichen Verwaltung in Wien wird in den nächsten Jahren auf die Open-Source-Software migrieren. Auch die Stadtverwaltung München hat beschlossen, die weit überwiegende Zahl der 14.000 PC-Arbeitsplätze über die nächsten Jahre auf Linux umzustellen.
Es existieren mehr als 300 Varianten von Linux, die erfolgreichsten wie Debian, Mandriva oder Fedora werden ständig weiterentwickelt. So vielfältig die Varianten auch sind, Linus Torvalds wacht bis heute über das Herzstück des Programms. Er ist bei den Open Source Development Labs in Oregon angestellt und arbeitet an der Weiterentwicklung des Linux-Kernels. Richtig konfiguriert, gilt Linux als ein gegen Hack-Angriffe sicheres System. Vor allem auf dem Markt für Internetserver hat sich unter Open-Source-Lizenz geschriebene Software daher etabliert. So werden beispielsweise, glaubt man den monatlichen Erhebungen der Firma Netcraft, rund 70 Prozent der mehr als 74 Millionen weltweit erfaßten Websites vom Open-Source-Webserver „Apache“ ausgeliefert. Die Software ist so erfolgreich, daß sie mittlerweile sogar auf das Windows- und Solaris-Betriebssystem portiert wurde. Der nicht gerade kleine Online-Händler Amazon nutzt eine vom Linux-Distributor Red Hat modifizierte Version von „Apache“ mit Namen Stronghold. Der Aufbau von Linux läßt auch den Einsatz in Großrechnern zu: Die alljährlich veröffentlichte Liste der 500 schnellsten Supercomputer gibt für 2005 an, daß gut 70 Prozent der Rechner unter Linux betrieben wurden.
Heute ist die Installierung ganz einfach
An den Pcs der heimischen Privatanwender ist Linux lange Zeit vorbeigegangen. Trotz aller Bemühungen um eine ähnlich einfach bedienbare Benutzungsoberfläche wie bei Microsoft Windows oder der Mac-OS von Apple ist die Verbreitung von Linux auf dem Desktop gering – zur Zeit rund ein Prozent. Mit KDE und Gnome existieren zwar seit Jahren graphische Benutzeroberflächen, und im Internet hat eine große Zahl hilfsbereiter User und Foren zu allen erdenklichen Fragen Antworten parat, doch blieb das System für Windows-Umsteiger schwer zu beherrschen: Im Arbeitsalltag reichte das gewohnte Klicken mit der Maus über kurz oder lang nicht mehr aus; um neue Software einzuspielen oder Administrator-Rechte zu erhalten, mußte man in der Kommandozeile irgendwann doch wieder kryptische Befehle eintippen.
Wer heute Linux auf dem PC installiert, bemerkt von dieser Vorgeschichte kaum noch etwas. Um in das System nur hineinzuschnuppern, greift man zu einer der zahlreichen Live-CDs, wie beispielsweise „Knoppix“: Damit startet Linux von der CD-ROM aus, ohne auf die Festplatte zu schreiben oder gar etwas an den Computer-Einstellungen zu ändern. Wer damit Gefallen an Linux findet, der hat die Wahl: Entweder lädt er eine Version gratis aus dem Netz und brennt sie sich auf CD, oder aber er erwirbt eine Version eines Distributors. Bei Fragen oder Problemen erhält man von ihm Unterstützung.
Tausende Benutzer basteln an der Software
Die Linux-Variante der Firma SuSE aus Nürnberg, die zu Novell gehört, ist seit Jahren die erfolgreichste in Deutschland. Seit Oktober 2005 ist die Version 10.0 auf dem Markt, die auf jedem handelsüblichen PC läuft. Eine zu Windows XP parallele Installation ist kein Problem mehr, Linux übernimmt nur einen Teil der Festplatte, und ein Boot-Manager entscheidet beim Hochfahren des Systems, welches der beiden Betriebssysteme starten soll.
Seit kurzer Zeit erlebt Linux eine Aufspaltung: Die großen Anbieter wie SuSE, Red Hat oder Mandriva arbeiten mit zwei Software-Varianten. Die erste ist kostenpflichtig und zielt auf Unternehmen. Diese sogenannten Enterprise-Editionen werden gesondert gepflegt, Stabilität und Performance stehen im Vordergrund. Die zweite der Varianten zielt auf den Privatanwender und wird als abgespeckte Community-Version unentgeltlich verteilt. Die Weiterentwicklung dieser Versionen wird weitgehend den versierten Anwendern überlassen; sie bekommen aber Hilfe durch interne Entwickler. Hier fließen die jeweils neuesten Entwicklungen ein; bewähren sie sich, werden sie in die Enterprise-Editionen übernommen. Für die Software-Häuser ist das Ziel dieser Aufteilung klar: Sie hoffen auf die schnelle Entwicklung und Verbreitung ihrer Distributionen. Zugleich werden die Kosten für den Ausbau des Produkts gesenkt, tausend Benutzer basteln an der Software. Red Hat war bei dieser Aufspaltung des Produkts Vorreiter, schon 2003 begann man, sich auf Unternehmenskunden zu konzentrieren. „Red Hat Linux“ wurde an das Community-Projekt Fedora Core abgegeben, das seither regelmäßig neue Versionen veröffentlicht. Das Kernteam von Fedora besteht aus von Red Hat bezahlten Entwicklern. Aber über das Internet reichen registrierte Nutzer ständig Verbesserungsvorschläge ein.
Linux ist billig und sicher
Glaubt man den Betreibern von Distrowatch, ist „Ubuntu“ das zur Zeit erfolgreichste Linux-Projekt. Im Wettstreit um einfache Installation und Bedienung sowie Stabilität ist Ubuntu vorbildlich, das Betriebssystem ist selbst für Anfänger geeignet. Kenner des Windows-Betriebssystems werden nach kurzer Einarbeitungszeit mit diesem Linux zurechtkommen. Als Browser dient „Firefox“, als komplette Büroumgebung das „Open Office“-Paket, als Bildverarbeitungszentrale „Gimp“. Alle diese Programme können es mit ihren Entsprechungen aus der Windows-Welt durchaus aufnehmen. Und: Ubuntu verfügt über soviele Gerätetreiber, daß fast jede Hardware problemlos erkannt wird.
Die Frage, für welchen PC-Besitzer Linux gut ist, läßt sich recht einfach beantworten: für den, der für wenig Geld ein sicheres System sein eigen nennen oder die Idee der freien Software unterstützen will. Gerade für ältere Pcs ist das System aufgrund seines geringen Speicherbedarfs gut geeignet. Der tolerierbare Zeitaufwand ist individuell unterschiedlich, viele haben einfach Spaß dabei, mit der Installation und Konfiguration eines neuen Betriebssystems einen Abend zu verbringen – zumal Linux noch immer den Hauch des Besonderen hat. Die Botschaft der harten Linux-Apologeten lautet: Die Wahl des Betriebssystems ist nicht nur eine technische, sondern auch eine politische. Rechnerhersteller wie IBM oder Hewlett-Packard und die IT-Abteilungen großer Unternehmen hält diese Auffassung längst nicht mehr davon ab, bei anstehenden Umstrukturierungen über Linux nachzudenken.
Ein Drittel des Mittelstands setzt auf Linux
Die Frage für die IT-Abteilungen lautet: Was kostet es, eine redundante Architektur in der einen und in der anderen Technik aufzubauen, die sich in bestehende Strukturen und Betriebsabläufe einbinden läßt? Die Bedingung: Das System muß stabil, schnell, flexibel und gut skalierbar sein. Die Antwort wird je nach Anwendungsbereich unterschiedlich ausfallen. In Unternehmen stellt sich weniger die Frage des gleichwertigen Ersatzes eines Desktops oder eines Office-Pakets als vielmehr die Migration der über Jahre entstandenen Spezialanwendungen. Spezielle Produktverwaltungs-Software und Datenbanken lassen sich zum Teil nur schwer in Richtung Linux portieren.
Nach einer Umfrage der Marktforscher von TechConsult bei 1.255 Unternehmen und Behörden hatte 2004 rund ein Drittel der mittelständischen Betriebe in Deutschland Linux im Einsatz, meist als Web-, Intranet- oder Mail-Server. Bei Großunternehmen steigt, bei kleinen Firmen fällt dieser Anteil. Wo mit der Wichtigkeit der Geschäftsprozesse auch das Risiko steigt, wird eher Zurückhaltung geübt: Enterprise-Datenbanken oder Applikationsserver werden seltener unter Linux gepflegt.
Selbst Amöbenschleim geht planvoll vor. Nicht nur der Mensch verfügt über Intelligenz, auch Tiere, Pflanzen und Bakterien treffen eigene Entscheidungen und entwickeln neue Handlungsmuster. Jeremy Narby, ein Anthropologe, der in der Schweiz, den USA und Kanada lebt, entdeckt intelligentes Verhalten überall in der Natur und präsentiert dazu überwältigendes Beweismaterial. Der „Teufelszwirn“ beispielsweise, ein Windengewächs, umschlingt andere Pflanze, taxiert deren Nährwert und entschließt sich innerhalb einer Stunde, ob er die Pflanze anzapfen oder weiterkriechen soll.
Zwischen den Vorstellungen der indigenen Heiler über die Intelligenz in der Natur und jenen der fortschrittlichen Naturwissenschaftler zeigen sich fundamentale Unterschiede, aber auch erstaunliche Parallelen. Jeremy Narby führt die außergewöhnlichen Ergebnisse aus zwei Forschungswelten zusammen und versucht die Wege zu ergründen, auf denen die Natur ihr Wissen erlangt.
Die vielen so lebhaft beschriebenen Beispiele reichen Narby aus, um von intelligentem Verhalten in der Natur auszugehen. Allerdings ist für jeden, der mit offenen Augen durch den Wald geht, die grundsätzliche Einsicht so neu nicht: Wer hat nicht schon staunend vor einem Ameisenhaufen gestanden? Schön wäre daher gewesen, wenn er einen Schritt weiter gegangen wäre und näher erklärt hätte, warum das so offensichtliche kluge Vorgehen von Tieren und Pflanzen einen solchen Schock für die westliche Wissenschaft bedeutet. Es ist unter Anthropologen und anderen Rechercheuren der subjektiven Erfahrung en voque sich jeder grundlegenden These zu entledigen und die Erzählung fließen zu lassen. Vielleicht wäre es in diesem Fall aber intelligenter (sic!) gewesen, das Buchprojekt mit einer Definition von Intelligenz zu beginnen. Gerade diese Definition ist nämlich das Kernproblem, jede Suche nach Intelligenz in Natur, Kultur, Technik oder dem Menschen steht und fällt mit ihr. Dann hätten die vielen guten Fragen in dem Buch zum Teil einer Antwort überführt werden können. Erst zum Ende führt Narby den japanischen Begriff des „chi-sei“ ein, was soviel wie „Wissensfähigkeit, Erkenntnisfähigkeit“ bedeutet. In einer für Naturliebhaber typischen Ablehnung (elektro-) technischer Entwicklungen versäumt Narby auch die Quellen der Forschung rund um die „Künstliche Intelligenz“ anzuzapfen, die jenseits transhumanistischer Phantasien viel zur Klärung des Aufbaus von Intelligenz in der Natur beiträgt (s. z.B. Pfeifer/Scheier: Understanding Intelligence).
So bleibt das Buch ein wunderbarer Parforceritt durch die Wälder Amazoniens, die Labors Japans (ein sehr guter Teil des Buches) und die Schweizer Alpen und ein immer flüssig zu lesendes Beispiel dafür, welche wirklichen Wunder diese Welt abseits von Religion und Glauben bereit hält. Und: Das Werk verortet dabei die aktuelle Forschungsergebnisse nicht nur, sondern zeigt auch auf, vor welchem kulturellen Hintergrund diese erworben wurden und welche Menschen dahinter stehen.
Jeremy Narby: Intelligenz in der Natur
Eine Spurensuche an den Grenzen des Wissens
Gebundene Ausgabe, 272 Seiten
Baden und München 2006
AT Verlag
ISBN: 3038002577
EUR 21,90
Das ist doch mal ein Angebot. Anstatt durch Comic-Läden zu laufen oder im Internet wild zu sammeln kauft man nur ein Buch, die Bibel, sozusagen. Das gibt es preiswert bei Zweitausendeins: Den ganzen Seyfried und die volle Ziska. Die Comics. Alle! 700 Farbseiten, 3 kg schwer. Ein Juwel.
Wer über dieses Jubelpersertum staunt, der sei aufgeklärt: Mit Gerhard Seyfried begann die Geschichte des deutschen Underground-Comics. Kein anderer hat die alternative Szene und ihre grün uniformierten Widersacher treffender aufgespießt, kein anderer wurde öfter kopiert. Heute wie damals zieren seine Karikaturen und Parolen Flugblätter, Hauswände und die sanitären Anlagen in Kneipen. Seine Zeichnungen haben eine ganze Generation zum Lachen gebracht, ihm etliche Anzeigen und Gerichtsverhandlungen eingetragen und sind das wohl lustigste Kulturgut der Außerparlamentarischen Opposition.
Das Lesen seiner Comics ist bis heute immer auch ein Trip in visuell hochaufgelöste Kleinigkeiten und illusionäre Sprachspiele. So gibt es im Sammelband herrliche, zweiseitig-großformatige Kunstwerke zu bestaunen, in denen man sich gänzlich verlieren kann: Das ist psychedelische Feinstarbeit, die Seyfried durchaus an die Seite von Jean Giraud aka „Moebius“ stellt.
Aber weiter in der Historie: Als 1989 Rest- und Rost-Berlin wiedervereinigt wurden, antwortete der als bester deutscher Comiczeichner gewürdigte Max-und-Moritz-Preisträger Seyfried mit einem furiosen Nachwende-Comic („Flucht aus Berlin“). Später tat er sich mit der Zeichnerin Ziska Riemann zusammen, die mit ihr zusammen verfasste „Future-Subjunkie“-Serie waren ein Bruch mit seinen klassisch-buntwitzigen „Seyfrieds“, aber nicht weniger politisch – sie waren nur radikaler, härter. Man wollte zeigen, wo es hinführt, wenn nichts passiert, wie die Welt kaputtgemacht wird, die Gefühle absterben und die Natur zerstört wird. In vorerst letzten gemeinsamen Band der beiden, „Starship Eden“, dominiert wieder der (bösartige) Humor. Nazis und Faschisten werden gründlich verarscht.
Der Comicband setzt eine gewisse psychische Robustheit voraus: Teddybären werden verstümmelt und Autoritäten verlacht, ganze Inseln werden mit Tusche geschwärzt, der Cyberspace schlägt zurück, und Außerirdische ziehen unsere Zukunft durch den Kakao.
Die meisten der Alben sind längst vergriffen und unter Sammlern heiß begehrt. Besondere Schmankerl in dem Prachtband sind ein seltenes „Freak-Brothers“ Comic, das Seyfried zusammen mit Gilbert Shelton und Paul Mavrides verfasst hat und einige unbekannte Kurzcomics.
Fazit: Ein Pflichtkauf für jeden Comic-Freak und alle diejenigen, die es werden sollten. Und die gute Nachricht zum Schluss: Seyfried lebt wieder in Berlin – und er zeichnet…
Gerhard Seyfried & Ziska Riemann: Die Comics. Alle!
Erstausgabe
700 farbige Bildseiten
Großformat 30×22 cm
Fadenheftung. Fester Einband
ISBN-10: 3861507803
Frankfurt a.M., Zweitausendeins
39,90 EUR
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