Die Zulassungsbehörden und medizinischen Fachmagazine werden ihrer Aufgabe kaum noch gerecht
Jörg Auf dem Hövel
Jedes in Europa verschriebene Medikament ist von einer nationalen oder der europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) genehmigt worden. Die Behörden entscheiden auf Grundlage von Studiendaten darüber, ob das Medikament wirksam und sicher ist, später beobachten die Mitarbeiter, ob die Substanz im paneuropäischen Großeinsatz bei manchen Bürgern doch zu Problemen führt und entfernen solche Medikamente wieder vom Markt. Das Zulassungssystem wird ergänzt durch die Arbeit der wissenschaftlichen Fachmagazine, in denen die Studiendaten vorgestellt und diskutiert werden. Das klingt reibungsloser, als es in der Praxis ist.
Denn (1) zum einen werden die Zulassungsentscheidungen auf Grundlage schlechter Datenlage gefällt – nur rund die Hälfte aller Studien landen auf den Schreibtischen der Behörden.
Zum anderen (2) ist deren Aufklärungswillen gegenüber den Ärzten und der Öffentlichkeit kaum ausgeprägt – der Aufbau einer öffentlich zugänglichen Datenbank wurde lange verschleppt.
Die (3) Fachmagazine wiederum stehen unter wirtschaftlichem Druck und sehen sich den variantenreichen Marketingbemühungen der Arzneimittelproduzenten ausgesetzt.
(1) Unklare und selektiv veröffentlichte Daten
Experten weisen seit mindestens einem Jahrzehnt darauf hin, dass viele klinische Studien nicht veröffentlicht werden, wenn die Ergebnisse dem Auftraggeber nicht passen. 2010 veröffentlichte eine Forschergruppe eine umfangreiche Übersichtsarbeit zu dem Problem und stellte fest, dass rund die Hälfte aller klinischen Studien, die begonnen und fertig gestellt wurden, nie in einem Fachmagazin oder an einem anderen Ort publiziert worden waren.
Zugleich zeigen andere Übersichtsarbeiten die Dominanz von positiven Ergebnissen in den veröffentlichten Beiträgen. Mit anderen Worten: Negativ verlaufenden Studien, die keine signifikante Wirkung der Arznei zeigen konnten, werden nur halb so oft veröffentlicht wie solche mit positiven Ergebnissen. Die Konsequenz ist genau so erschreckend wie weithin unbeachtet: Täglich werden Arzneimittel auf Grundlage einer einseitiger Studienlage verschrieben. Es ist bei einer Vielzahl von Medikamenten einerseits unklar, ob sie tatsächlich so wirken wie beworben, und andererseits unklar, ob ein Alternativmedikament nicht genauso gut oder schlecht hilft.
Darunter leidet auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), das in Deutschland den Nutzen von Behandlungen bewertet. Die Mitarbeiter sehen sich durch die selektive Veröffentlichung und das Verhalten der Hersteller in ihrer Arbeit „massiv behindert“.
Liegt ein Medikament beim IQWiG zur Prüfung vor, fragt das Institut beim Hersteller bewusst auch nach unpublizierten Studien nach. Man bekam in den vergangenen Jahren bei 41 Prozent (15 von 37) der Anfragen keine oder nur unvollständige Unterlagen. Diese Art von Publikations-Verzerrungen sind mittlerweile gut bewiesen und begleiten gleichwohl weiterhin die ärztliche Verschreibungspraxis. Eine vom IQWiG im Rahmen einer Analyse 2010 veröffentlichte Liste gibt eine Ahnung von der Größenordnung.
(2) Schleppende Aufklärung
Um diesen Wissensverzerrungen entgegen zu wirken, sind in den letzten Jahren gesetzliche Regelungen in Kraft getreten, die den Zugang der Öffentlichkeit auch zu ungünstigen Forschungsergebnissen sicherstellen sollen. In Deutschland ist ein Studienregister in Freiburg eingerichtet worden. Das Problem: In diesem werden nur die sehr genauen Angaben zu den Rahmenbedingungen der Studien, nicht deren Ergebnisse veröffentlicht. Die Freiwilligkeit soll trotzdem greifen, weil die großen Fachmagazine Studien nur noch publizieren, wenn sie zu Beginn registriert worden sind.
Besser machten es die USA, deren FDA seit 2007 alle Hersteller verpflichtet, die auf den US-Markt wollen, gleich zu Beginn einer Studie dieser unter clinicaltrials.gov einzutragen – eine Art Geburtsurkunde im Netz. Seither kann zumindest nachgeprüft werden, welche Studien angeschoben wurden.
Allerdings müssen deren Ergebnisse nur als Zusammenfassung eingepflegt werden. Es bleibt unklar, wie genau die Studien verlaufen sind, ausführliche oder gar komplette Datensätze sind hier nicht zu finden. Dabei zeigt die in Teil 1 beschriebene Studienpraxis, dass nur die komplette Einsicht in die Protokolle Ungenauigkeiten und Fälschungen verhindern können.
Nach langen Jahren der Diskussion richtete die EMA 2004 ein elektronisches Register für alle von europäischen Pharma-Unternehmen durchgeführten Studien ein. Der Name: EudraCT. Es enthält heute die Datensätze von über 30.000 Studien, war aber lange nur Expertenkreisen zugänglich. Erst nach Protesten und Medienberichten wurde eine öffentliche Website (EudraPharm) freigeschaltet, die eine Teilmenge der Studien zeigt. In einem Brief an das British Medical Journal mit dem Titel „Still waiting for functional EU Clinical Trials Register“ bemängelte Beate Wieseler vom IQWIG fehlende Suchfunktionen in der Website.
In Deutschland ist seit der letzten Gesundheitsreform das Arzneimittelgesetz um einen Passus (§42b AMG) ergänzt worden, der zur Veröffentlichung aller Ergebnisse „konfirmatorischer klinischer Prüfungen“ binnen sechs Monaten nach der Zulassung eines neuen Medikaments unter PharmNet-Bund.de verpflichtet. Das klingt gut, ist aber ebenfalls unzureichend: Denn zum einen müssen keine älteren Studiendaten eingepflegt werden. Gerade diese wären aber notwendig, um einen Vergleich zu ermöglichen. Zum anderen müssen keine Studien übermittelt werden, die keine Zulassung erhalten haben. Dabei wären gerade diese von Interesse für die Forscherkollegen und Allgemeinheit.
Unglücklich ist zudem die Beschränkung auf „konfirmatorische“ Studien. Im Normallfall sind damit Studien der Phase III gemeint, Phase I und II sowie Pilot-Studien müssen also nicht gemeldet werden. Dabei wären gerade diese wichtig, um unnötige Doppelprüfungen von Arzneimittelkandidaten zu vermeiden. Aber für die Arzneimittelproduzenten ist die Zurückhaltung von Daten nicht nur ein Versuch, negative Ergebnisse zu verschleiern, sondern eine Strategie, den Mitbewerbern so wenig Wissen wie möglich zu überlassen.
Es ist nicht so, dass hier nur Patientengruppen und Medienvertreter den Zugang fordern. Auch Ärzte fordern seit längerem eine bessere Übersicht über die Studienlage, weil sie sich ein besseres Bild von Arzneimitteln machen wollen. Zuletzt hat der weltweite Verband der Bulletins und Fachzeitschriften (ISDB) gefordert, dass der Zugang zu Informationssystem und Datenbanken [für die Allgemeinheit geöffnet werden muss.
Insgesamt teilen sich die pharmazeutische Industrie und die Regulierungsbehörden das Wissen rund um die Wirkung von Arzneimittel und schließen die Öffentlichkeit, Patienten, aber auch die Ärzte in weiten Teilen aus.
Fragt man die Regulierer selbst nach den Gründen, warum Studiendaten geheim bleiben sollten, verweisen diese auf die Gefahr einer falschen Berichterstattung durch die Medien; diese könnten Daten missinterpretieren.
Dies ist sicher richtig, richtig ist aber auch, dass beispielsweise eine frühzeitige Einsicht in die Dokumente rund um den Grippeimpfstoff Tamiflu dessen Risiken und Nebenwirkungen offen gelegt und enorme Kosten gespart hätte. Aber der Hersteller Roche ist bis heute nicht bereit zentrale Daten zu der Substanz bereit zu stellen.
Nur ein Nebenschauplatz sind da die immer wieder bekannt werdenden Verquickungen zwischen EMA und Industrie. Zuletzt verließ der langjährige Leiter der Agentur, Thomas Lönngren, im Dezember 2010 seinen Posten, um im Januar 2011 seine Tätigkeit bei der NDA Group aufzunehmen, einer Beratungsfirma für die Pharmaindustrie. Dieser Austausch zwischen öffentlicher Verwaltung und Wirtschaft ist kein auf die pharmazeutische Industrie beschränktes Phänomen, stößt aber hier aufgrund der Aufsichtsfunktion besonders auf.
Schneller Durchlauf
Im Normalfall ist die Arzneizulassung ein mehrjähriger Prozess. In besonderen Fällen genehmigen die Behörden in Europa und den USA eine Substanz auch schneller. Diese beschleunigten Beurteilungsverfahren werden dann angewendet, wenn eine Substanz verspricht besonders gut zu wirken oder erheblich weniger Nebenwirkungen zu haben.
So sinnvoll diese schnelle Zulassung in einigen Fällen auch sein mag, sie hat dazu geführt, dass es unsichere oder unwirksame Medikamente auf dem Markt schaffen. Durch Verschleppungstaktiken seitens der Hersteller fehlt für einige Medikamente sogar der vollständige Nachweis ihrer Wirksamkeit.
So wurde die Zulassung vom Wirkstoff Midodrin, der gegen Kreislaufstörungen helfen soll, von der FDA im September 2010 zurück gezogen, weil der Hersteller Shire nicht alle Studiendaten zur Verfügung stellen konnte. Später wurde Medikament wieder zugelassen, weil Shire das Nachreichen der Unterlagen zusicherte – was bis heute, Ende 2012, nicht geschehen ist. In Europa ist das Mittel trotz Bedenken weiter auf dem Markt. Eine ähnlich unklare Lage herrscht bei dem Wirkstoff Gefitinib, der Tumorwachstum hemmen soll.
Alltagstauglich
Nach der Zulassung eines Medikaments beginnt der eigentliche Großversuch an der Menschheit. Die EMA beobachtet die Risiken und Nebenwirkungen in der alltäglichen Anwendung, Ärzte und Gesundheitsbehörden melden etwaige Vorfälle mit Patienten. Diese verpflichtet den Hersteller im Bedarfsfall sodann eine neue, mögliche Nebenwirkung auf den Beipackzettel aufzunehmen. Aber auch hier hockt der Teufel im Detail, denn die Hersteller haben ein Mitspracherecht bei der Formulierung des neuen Textes. So kommt es immer wieder zu erheblichen Verzögerungen. So verhinderte 2008 ein Hersteller über Monate, dass eine Warnung der EMA zu einem Cholesterinsenker veröffentlicht wurde, weil er mit dem Wortlaut nicht einverstanden war.
Seine wahres Wirkungs- und Nebenwirkungsspektrum kann ein Medikament erst unter Routinebedingungen beweisen. Hier zeigt sich, wie der Wirkstoff bei Patienten wirkt, die beispielsweise aufgrund ihres Alters unter mehreren Krankheiten leiden und parallel andere Arzneimittel einnehmen. Der Beleg der Effektivität einer Substanz ist dadurch erheblich erschwert, denn Alltagseinflüsse drohen die Resultate zu verfälschen. Rund um dieses Feld hat sich erst in den letzten Jahren die Comparative Effectiveness Research etabliert. Diese Forschung ist von zentraler Bedeutung, weil die hochrelevantensystematischen Übersichtsarbeiten ebenfalls nur die Daten von klinischen Studien analysieren und deren immanente Probleme daher fortschreiben.
Wie sinnvoll solche vergleichenden Untersuchungen unter Alltagsbedingungen sein können, zeigt die ALLHAT-Studie. In ihr wurden zwischen 1994 und 2002 über 40.000 Patienten mit erhöhtem Blutdruck untersucht. Eine bis dahin etablierte Standardtherapie, nämlich die Behandlung mit Chlortalidon, wurde mit der Behandlung mit neueren Blutdruckmitteln (Doxazosin, Lisinopril und Amlodipin) verglichen. Ein zentrales Ergebnis der Studie war, dass bei Patienten im Alter von über 55 Jahren neuere Blutdruckmittel nicht besser wirken.
An dieser Stelle wird ein weiterer Fehler im System deutlich: Selbst wenn bereits eine oder mehrere Arzneimittel für eine bestimmte Krankheit auf dem Markt sind, bestehen die Zulassungsbehörden nicht darauf, dass ein neues Medikament besser wirken oder weniger Nebenwirkungen haben muss. Für die Markteinführung reicht aus, wenn die neue Substanz besser als ein Placebo wirkt. Diese Placebo-Studien sind nicht nur aufgrund der oben genannten Veröffentlichungsverzerrungen nur bedingt geeignet, den Nutzen zu beweisen. Nicht nur die ALLHAT-Studie zeigt, dass erst die vergleichende Analyse sinnvolle Bewertungen möglich macht.
(3) Der Fortschritt der pharmakologischen Wissenschaft lebt von der Veröffentlichung der Resultate und Meinungen
Die Organe dieser Wahrheitssuche sind die diversen medizinischen Fachblätter und Magazine. Je höher das Ansehen (impact-factor) eines Magazins, desto besser für den Autoren des Beitrags, desto besser aber auch für das studierte Arzneimittel.
Wie die Publikumszeitschriften auch leben viele dieser Magazine heutzutage weniger von ihren Abonnenten als von den geschalteten Werbeanzeigen. Jedes Jahr, so lautet die Schätzung von IMS Health, schaltet die Pharmaindustrie für rund eine halbe Milliarde US-Dollar in den Fachmagazinen. Alleine die anerkannten Magazine NEJM und JAMA erhalten mindestens 10 Millionen US-Dollar jährlich.
Dieser Einfluss auf die Unabhängigkeit der Medien setzt sich fort. Denn die Blätter leben nicht nur von Werbeeinnahmen, sondern auch vom Nachdruck ausgewählter Artikel, deren Inhalt die Studienergebnisse für ein bestimmtes Medikament hervorheben. Diese Nachdrucke wiederum werden im Bedarfsfall von dem Hersteller geordert. Mehr noch, einige Verlage entwickeln in Zusammenarbeit mit den Pharma-Herstellern eigenständige Werbe-Magazine, die wie wissenschaftliche Journale aussehen. Der Verlag steht mit seinem guten Namen für die Qualität und Innovation der Beiträge, die allerdings primär Arzneimittel des Kooperationspartners behandeln.
Ein augenfälliges Beispiel dieses Vorgehens kam 2009 ans Licht. Der unter Medizinern anerkannte Elsevier Verlag hatte im Auftrag des Pharma-Konzerns Merck Inc. (nicht zu verwechseln mit Merck) mehrere Zeitschriften herausgebracht, unter anderem das „Australasian Journal of Bone and Joint Medicine“. Sie waren wissenschaftlichen Journalen äußerst ähnlich, bestanden aber nicht aus den sonst üblichen peer-reviewed Artikeln.
Es existieren weitere Hinweise darauf, dass die finanzielle Abhängigkeit der medialen Gralshüter das gesamte System wissenschaftlich fundierter Informationsvermittlung unterminiert. 2011 veröffentlichte eine deutsche Forschergruppe einen Aufsatz, in dem sie der Frage nachgingen, ob die Einkommensquelle deutscher Fachblätter Auswirkungen auf deren Arzneimittelempfehlungen hat. Es zeigt sich, dass kostenlose Journale (Ärztezeitung, Der Hausarzt, Medical Tribune, Der Allgemeinarzt) eher zu Empfehlungen von Substanzen tendieren, die von Journalen, die primär durch die Leserschaft finanziert werden, eben gerade nicht empfohlen wurden. Aber während die genannten kostenlosen Magazine mit Auflagen zwischen 50.000 und 67.000 in den Praxen der Republik verteilt werden, erscheinen Abo-Magazine wie das arznei-telegramm, Der Arzneimittelbrief und die Zeitschrift für Allgemeinmedizin mit einer Auflage zwischen 3.000 und 14.000 Stück.
Die Geister, die ich rief…
Die Qualität der Beiträge in den Magazinen leidet zudem unter Ghostwriting. Medizinische PR-Beratungsfirmen wie DesignWrite stellen gesamte Artikel oder wichtige Teile wie statistische Analysen zur Verfügung. So erarbeiten Auftraggeber, Beratungsfirmen und Autoren zusammen Fachartikel, die mehr oder mindern unauffällig die Vorteile einer neuen Anwendung postulieren.
Richard Horton, ehemaliger Herausgeber des Lancet, sprach gegenüber dem britischen Unterhaus von einem „Standardinstrument“, die Journale mit Ghostwriter-Editorials, Rezensionen, Reviews und Artikeln zu beglücken. Seltsamerweise ist noch nie ein Autor dafür belangt worden, dass er seinen Namen für einen Beitrag zur Verfügung gestellt hat, den er selbst gar nicht geschrieben hat.
Ghostwriting nachzuweisen ist schwierig, meist sind es Einzelfälle, die bekannt werden. Das letzte prominente Beispiel ist der Fall des anerkannten Osteoperose-Experten Robert Lindsay, dem vorgeworfen wird, über Jahrzehnte eng mit verschiedenen Pharma-Unternehmen zusammen gearbeitet zu haben.
Um dem Phänomen empirisch näher zu kommen, wählten 2011 Forscher eine repräsentative Auswahl von Artikeln in sechs der führenden medizinischen Fachblätter und kontaktierten alle deren rund 900 Autoren. Acht Prozent waren danach fremdbestimmt geschrieben worden, die Dunkelziffer dürfte erheblich höher sein. Bereits Ende der 90er Jahre hatte die Cochrane Organisation darauf hingewiesen, dass ihre Analyse von Fachartikeln Hinweise auf neun Prozent Ghostwriting und 39 Prozent „gift-autorship“, also die Bereitstellung des Namen in einem Autorenkollektiv, gefunden habe.
Es wäre naiv anzunehmen, dass finanziellen Bindungen zwischen Autoren und pharmazeutischer Industrie nicht Auswirkungen auf den Inhalt der Aufsätze und Artikel hat. Und auch das wurde mittlerweile mehrfach nachgewiesen. Eine Studie untersuchte beispielsweise die Abhängigkeit von positiver Einschätzung von Calciumkanalblocker durch wissenschaftliche Autoren und deren ökonomischen Beziehungsgeflecht. Ihr Fazit: „Unsere Ergebnisse zeigen einen starken Zusammenhang zwischen den von Autoren veröffentlichten Positionen zur Sicherheit von Calcium-Kanal-Antagonisten und ihren finanziellen Beziehungen zu den Arzneimittelherstellern.“
Interessanterweise trägt der Erfolg der in Teil 1 beschriebenen Auftragsforschungsinstitute zur Ausbreitung von Ghoswriting bei. Denn die CROs spalten klinischen Studien in ihre Bestandteile auf, um diese von unterschiedlichen Personen und Teams bearbeiten zu lassen. Autorenschaft und die Publizierung in wissenschaftlichen Organen haben dabei keine Priorität, die Karriere des zuständigen Mitarbeiters hängt nicht an der Veröffentlichung von Beiträgen in möglichst hoch bewerteten Journalen ab. Das Outsourcing auch dieses Prozesses bietet sich an.
Insgesamt ist bei aller Flut von medizinischen Arzneimittelstudien der wahre, evidenzbasierte Wissensstand über Medikamente ungenügend. Die traditionelle Kontrolle von Aufbau, Durchführung, Analyse und Nachbereitung klinischer Studien funktioniert unter den Bedingungen des modernen Marktes nicht mehr. Negative Studiendaten werden unterschlagen, Fachmagazine und Autoren in Abhängigkeit gebracht, Behörden in Grabenkämpfe verwickelt. Die pharmazeutische Wissenschaft droht sich vom Wahrheitsfindungsprozess abzukoppeln, weil auch sie im System allgegenwärtiger Rationalisierung, Ökonomisierung und Globalisierung agieren muss.
Teil 3 behandelt das Pharma-Marketing und umreißt Strukturen eines optimierten Zulassungs- und Kontrollsystems.