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Psychoaktive Substanzen Rezensionen

Rezension zu Yuma Greenwood: Das psychedelische Kochbuch

Ein „Psychedelisches Kochbuch“ für Freund*innen von DMT, Ayahuasca, 5-Meo-DMT, Bufotenin, Harmala-Alkaloiden und Meskalin

Im Internet gibt es viele Rezepturen zur Extraktion psychedelischer Pflanzen. Entweder benötigen sie dem Laien, auf Grund ihrer Toxizität, Brennbarkeit, Explosivität oder Brauchbarkeit für die Betäubungsmittelgewinnung streng reglementierte, in Reinform kaum zugängliche Chemikalien und Gerätschaften aus dem Laborfachhandel plus der entsprechenden beruflichen Erfahrungen und geeigneten geschützten Lokalitäten, um mit ihnen risikoarm wie eben in einem professionellen Labor umgehen zu können. Oder die Rezepte sind zu ungenau und deshalb prädestiniert für Fehler. Oder sie sind von vornherein einfach nicht korrekt und nicht praxistauglich.

Unter den selbstgemachten Buchpublikationen gibt es Quellen, die, wenn nicht unter Dürftigkeit der in ihnen zu findenden Informationen, zumindest unter wenig ansprechender Aufmachung und mangelnder Übersichtlichkeit leiden.
Das vorliegende deutschsprachige „Psychedelische Kochbuch“ des anonymen Autors „Yuma Greenwood“ ist ursprünglich auch ein Self-Publishing-Buch gewesen, wurde aber mit Hilfe des Nachtschatten-Teams ansprechend, strukturiert und übersichtlich gestaltet.

Zunächst werden in ihm die Grundlagen der Alkaloidextraktion mit relativ einfachen und zugänglichen Mitteln erläutert.
Es folgt eine Einführung in das begehrte psychedelische „Spirit-Molekül“ Dimethyltryptamin (DMT) und sein Vorkommen in der Natur.
Zur Gewinnung pflanzlichen DMTs ist die Wurzelrinde von Mimosa tenuiflora (=hostilis) beliebt, eines Baumes, dessen Rinde in Mexiko als „Tepescohuite“ medizinisch und dessen Wurzelrinde in Brasilien als „Jurema“ spirituell genutzt wird. Die Extraktionsoptionen werden erläutert.
Die Extraktion bestimmter vor Allem in Australien beliebter DMT-haltiger Akazienarten dürfte ähnlichen Prinzipien folgen. Eine Liste von Pflanzen, in denen DMT gefunden wurde, gibt hier Hinweise auf mögliche Quellen.

Die Blätter des tropischen südamerikanischen Psychotria viridis-Strauches („Chacruna“) sind auf Grund ihres DMT-Gehaltes meist neben der Harmala-Alkaloid-haltigen Liane Banisteriopsis caapi („Ayahuasca“, „Caapi“, „Yage“ oder „Yaje“) Hauptbestandteil traditioneller Ayahuasca-Abkochungen, wie sie von südamerikanischen Schamanen, Heilern, sicherlich auch Scharlatanen, und im Rahmen der Zeremonien von brasilianischen Ayahuasca-Religionen, sowie unterschiedlich motivierten Usern zubereitet werden. Ihre Extraktion wird ebenfalls beschrieben.
Die Extraktion anderer DMT-haltiger Blattdrogen, wie den alternativ zu Psychotria verwendeten Blättern von Diplopterys cabrerana („Chaliponga“) dürfte ähnlich verlaufen.

Es folgt ein interessanter Abschnitt, der Pros und Cons, sowie die Praxis der Extraktion von insgesamt relativ unzuverlässig und durch gesundheitlich potentiell bedenkliche Substanzen begleiteten tryptaminhaltigen Phalaris-Gräsern bespricht.

Als Changa hat in den vergangenen Jahren eine rauchbare besser als das reine DMT dosier- und kontrollierbare und eher dem Ayahuasca-Gebräu ähnliche, aber kurzwirksame Effekte induzierende Kräutermischung mit Harmala-Alkaloid-Gehalt und DMT-Auftrag für Furore gesorgt. Prinzipien seiner Zubereitung werden detailliert erläutert.

5-Hydroxy-DMT alias Bufotenin ist der Hauptwirkstoff der in einigen schamanischen Kulturen Südamerikas genutzten Samen verschiedener Anadenanthera-Baumarten. Deren Anwendung durch Rauchen oder Schnupfen, die oft als körperlich anstrengender und weniger visionär erlebt wird als die von DMT (was aber subjektiv sehr unterschiedlich ausfallen kann) ihre Zubereitung und die Bufotenin- Extraktion, sowie die Trennung von Tryptamin-Fraktionen werden erläutert, ebenso andere alternative Quellen erwähnt.

5-Meo-DMT, bekannt als Hauptwirkstoff des Sekretes der Bufo alvarius-Kröte, ist ein, insbesondere geraucht, in seinen Wirkungen hochenergetisches und überwältigendes psychedelisches Tryptamin. Es war trotz seiner Potenz sehr lange in reiner Form ganz legal über den Chemikalienhandel bestellbar. Die erfahrenen Visionen sind allerdings oft weniger bunt und lebhaft, der Trip stark beeindruckend, aber auch (noch) anstrengender und körperlicher als der von DMT, aber das wird natürlich sehr unterschiedlich erlebt. Interessante subjektive natürlich immer skeptisch zu beurteilende Tripberichte geben im Übrigen im gesamten Buch durchgehend einen Einblick in Erlebnisoptionen.

Jungle Spice wird vorgestellt. Es ist der Straßenname für einen rauchbaren Alkaloidextrakt aus der oben erwähnten Mimosa tenuiflora-Wurzelrinde, der vom DMT getrennt wurde. Wie dies geschieht, wird beschrieben. Er scheint starke Tryptamine zu konzentrieren, vielleicht 5-Meo-DMT oder andere Variationen.

Es folgt eine Einführung in die Welt der psychedelischen Phenethylamine.
Der anschließende Abschnitt über Meskalin und meskalinhaltige Kakteen ist sehr informativ, präzise und praxisorientiert. Der Autor spart auch nicht an Warnungen bezüglich Risiken, unerwünschter Wirkungen, Nebenwirkungen und Nachwirkungen. Selbst, wenn es die Rechtslage zulässt, sollte niemand unbedacht psychoaktive, hier psychedelische Substanzen konsumieren.
Wer an meskalinhaltige psychedelische Kakteen denkt, hat meist den Peyote- und den San Pedro-Kaktus vor Augen.

Peyote gehört zur Gattung Lophophora. Zu dieser zählt man derzeit 5 oder 2 Arten. Nur Lophophora williamsii (und seine Zuchtformen wie L. jourdaniana mit Ministacheln und leuchtend-roter Blüte, L. Texana, von texanischen Beständen abstammend, und L. Caespitosa, zu vielen Kindeln neigend) enthält nennenswerte Mengen Meskalin.
Die Arten L. diffusa, L. fricci, L. koehresii, L. und L. alberto-vojtechii, die auch als Diffusa-Komplex nur einer Art zugeordnet werden, sind ebenfalls sehr interessante langsam wachsende empfindliche stachellose Rübenwurzler mit wunderschönen weißen, rosa oder großen strahligen Blüten, enthalten aber kein Meskalin, sollten also bewundert und von Psychonauten verschont werden.
Genau das gilt unabhängig von der lokalen Gesetzeslage eigentlich auch generell für den Peyote-Kaktus. Er wächst nur sehr langsam und sein Verbreitungsgebiet ist auf wenige Standorte in den Wüsten von Nordostmexiko und Südtexas beschränkt. Sein Bestand ist durch Übersammlung und Naturzerstörung gefährdet. Der Bedarf der „Native American Church“ in den USA wird überwiegend durch Zucht und lizenzierte Sammlung gedeckt. Die mexikanischen Huicholes versorgen sich durch Wildsammlung.

Wer sich dem psychedelischen Kaktus wirklich annähern möchte, wird ihn selbst aus Samen ziehen. Das funktioniert, erfordert aber jahrelange Achtsamkeit und Geduld, bis der Kaktus eine ansprechende Größe erreicht hat oder gar Kindel bildet. Die nach Ruhewintern und bei kräftiger Sonnenbestrahlung nach einigen Jahren im Sommer auftretende Blüte und die kleinen süßen roten Früchte mit dunklen Samen darin, werden dem Kaktusfreund wahrscheinlich soviel Freude bereiten, dass an eine Schlachtung nicht mehr zu denken ist. Hinzu kommt eine Ungewissheit bezüglich des Wirkstoffgehalts.
Wer dennoch auf eine Kakteenreise gehen will und sich vor dem traditionellen Kauen der frischen oder getrockneten bitteren meskalinhaltigen überirdischen von der Wurzel mit einem sauberen Messer vorsichtig abgeschnittenen „Buttons“ oder dem Trinken einer bitteren Teeabkochung aus ihnen scheut, der wird einen Extrakt herstellen bzw. das Meskalin isolieren wollen.
Hier im Buch findet er praktikable Grundlagen dazu.
Der aus Ecuador und Peru stammende San Pedro-Kaktus Trichocerus (oder Echinopsis) pachanoi und einige verwandte Säulenkakteen-Arten (vor Allem T. peruvianus, aber auch z.B. T. bridgesii, T. macrogonus, T. terschekii, T. taquimbalensis, T. validus und T. werdermannianus) wachsen dagegen vergleichsweise schnell und können je nach Art unter guten Bedingungen, hier im temperaturgesteuerten Gewächshaus oder an großen Fenstern bis zu mehrere Meter hoch werden. Werden sie gekappt, bilden sich Seitentriebe. Auch sie enthalten Meskalin und werden auf Grund ihrer psychoaktiven Wirkungen eingenommen, meist nach Entfernung von Stacheln, Wachshaut und verholztem Kern mit etwas Wasser gemixt als schleimig-bitteres Gebräu oder getrocknet als nicht gerade angenehme Teeabkochung runter gespült. Da sich die Wirkstoffe im grünen Rindenfleisch besonders konzentrieren sollen, präferiert man dieses. Insgesamt ist der Meskalingehalt aber verhältnismäßig geringer als bei Peyote, so dass eine erheblich größere Menge des Kaktusmaterials zugeführt werden muss, um nicht nur leichte Effekte, sondern einen „Trip“ zu induzieren. Auch ist der tatsächliche Gehalt variabel. Hier würde sich eine Extraktion lohnen. Dementsprechend liefert der Autor ein Rezept.

Allerdings behindern die im Kaktus reichlich vorhandenen Schleimstoffe nicht nur den Konsum von Pflanzenmaterial, sondern eigentlich auch die gängigen einfachen Alkaloidextraktionsmethoden, die für Peyote noch geeignet erscheinen. Auf die Schleimstoffproblematik geht das vorliegende Werk nicht ein, zumindest erwähnt es nicht, ob diese durch das präsentierte Verfahren (Natronlaugenextrakt) tatsächlich erfolgreich ausgeschaltet wird. Eine geeignete Entschleimung (beispielsweise mittels Bindemitteln und Ultrafiltration, Säuren, Hitze und/oder Enzymen) stünde ansonsten praktischerweise am Anfang einer Wirkstoffisolation aus San Pedro-Kakteen.

Der folgende Abschnitt widmet sich der Steppenraute (bitanisch Peganum harmala), deren Samen eine Quelle für die auch in der Ayahuasca-Liane wirkungsbestimmenden Harmala-Alkaloide sind. Diese wirken im Körper Monaminoxidase (MAO)-hemmend und ermöglichen damit erst die orale Wirksamkeit von bestimmten Tryptaminen wie DMT und verstärken die Wirksamkeit anderer psychoaktiver Substanzen, was z.B. beim gleichzeitigen Konsum stimulierender Substanzen wegen Potenzierung auch der gefährlichen Wirkungen z.B. auf Herz-Kreislauf, zu äußerster Vorsicht gemahnt. Es gibt eine ganze Liste sicherheitshalber zu vermeidender Substanzen und Lebensmittel.

Abkochungen und Extrakte der Steppenrautensamen wirken ab einer gewissen Dosis (z.B. entsprechend 10-15 g frischer türkischer üzerlik-Samen), anscheinend abhängig von der Persönlichkeit, selbst stark visionär und halluzinogen, gleichzeitig aber auch unangenehm körperlich (Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Zittern, Kreislaufprobleme). Im psychoaktiven technoiden Underground Anfang der 1990er gab es eine seltene Einnahmetechnik, mit der die negativen Wirkungen der Harmala-Alkaloid-Mischung reduziert wurden: Der eingedickte Extrakt entsprechend 1-2 (maximal 3) g Steppenrautensamen wurde in Kügelchen im Abstand von mindestens 2 Stunden auf möglichst nüchternen Magen heruntergespült. Alkohol und MDMA wurden peinlichst gemieden. Cannabis indica wurde in nicht paralysierender Dosis nach Einsetzen der Wirkung ebenfalls in etwa zweistündigem Abstand geraucht. Manchmal wurde trotz der damit verbundenen Risiken und wider alle Warnungen in niedriger Dosis Amphetaminil genommen, um die Tanzwut zu fördern. Das Ergebnis, ein sich steigernder Rausch mit Euphorie, Enthemmung, leicht psychedelischer Optik und Akustik, eventuell Lichtblitze und leichte visionäre Effekte bei Reduzierung von Schwindel und Übelkeit. Die individuellen Verträglichkeiten und Präferenzen mögen unterschiedlich gewesen sein. Man konnte die Konsumenten an der Fluoreszenz der mit den Harmala-Alkaloiden in Kontakt gekommenen Haut und Mundschleimhaut erkennen.

Zurück zum Buch: Es werden Extraktionsmethoden und die Gewinnung von Harmin und Harmalin aus Steppenrautensamen erläutert, außerdem Basiswissen zu MAO-Hemmern und deren Effekten, den mit ihnen verbundenen Risiken und den deshalb bei ihrer Einnahme praktizierten Diäten. Zu den diesbezüglich unzureichend erforschten pflanzlichen MAO-Hemmern gehören demnach anscheinend auch Passionsblumenblätter, Muskatnüsse, Kurkumawurzel und Kavawurzel.

Es folgt noch ein Kapitel zur Extraktion der in der getrockneten Ayahuasca-Liane enthaltenen Harmala- (oder Harman-)Alkaloide.

Ein kleines Literaturverzeichnis und eine Liste der genutzten Internetquellen schließen das Werk ab.

Visiert ein Leser tatsächlich den praktischen Umgang mit den beschriebenen Substanzen an, sollte er unbedingt als Erstes die aktuellen konkreten rechtlichen Grundlagen bezüglich der Rohstoffe und Substanzen in seinem Land eruieren, damit er nicht mit prohibitiven Gesetzen in Konflikt gerät. Dies ist bei der Lektüre durchgehend klar. Ansonsten kann übrigens nur drogenpolitisches Engagement für einen liberalen bzw. legalen Zugang zu entsprechenden Ressourcen für den eigenverantwortlichen Umgang mit kleinen Mengen psychedelischer Stoffe die lokale Prohibition irgendwann beenden. Die beschriebenen Substanzen wurden und werden in schamanischen und therapeutischen Kontexten unter Berücksichtigung der damit verbundenen individuellen Risiken heilend und Lebens bereichernd eingesetzt.

Auf Grund der Rechtslage konnten die beschriebenen Rezepturen natürlich nicht in der Praxis überprüft werden. Immerhin erscheinen sie theoretisch nachvollziehbar. Wie bei Kochrezepten oder im Chemielabor wird das Entscheidende für den Erfolg das Fingerspitzengefühl und die Erfahrung der Köchin bzw. des Laboranten unter seinen eigenen speziellen Bedingungen sein, also genau das, was sich nicht mit Büchern und auch nicht mit Filmchen vermitteln lässt.

Das vorliegende Buch ist eine Fundgrube für jeden aus irgendwelchen Gründen an oben erwähnten Pflanzen und Substanzen und deren praktischer Anwendung Interessierten. Diesen Lesewilligen ist es nicht nur wegen seiner Einzigartigkeit und seiner attraktiven Aufmachung, sondern auch seines kompakten gut strukturierten und brauchbar illustrierten Inhaltes zu empfehlen. Zu wünschen wäre, wenn es durch Erfahrungen, Ergänzungen und Anmerkungen seiner Leser*innen in den kommenden Jahren wachsen und noch reichhaltiger farbig illustriert werden könnte.

az

Yuma Greenwood
„Das psychedelische Kochbuch“
2022 Nachtschatten Verlag, Solothurn/Schweiz
203 Seiten, SW-Abbilungen
ISBN 978-3-03788-484-3

Von Jörg Auf dem Hövel

Jörg Auf dem Hövel (* 7. Dezember 1965) ist Politikwissenschaftler und arbeitet als freier Journalist u. a. für die Telepolis, den Spiegel und Der Freitag.

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