Kopf aufgebrochen für 2012
Wintersonnenwende 2012 ist Stichtag für Apokalyptiker, erlösungshungrige Esoteriker und paranoide Psychotiker. Großartiges werde geschehen. Darauf deute schon der alte Maya-Kalender hin, so sagt man. In der durch Empathogen- und Psychedelika-Konsum weichgespülten Rave-Szene ging einst der rhetorisch begnadete Psilo- und DMT-Apostel Terence McKenna mit seinen Visionen von anstehenden Transformationen hausieren. Die Verifizierung blieb ihm in Folge eines tödlichen Hirntumors erspart. Nun versucht der amerikanische Journalist Daniel Pinchbek noch rechtzeitig auf diesen Wagen aufzuspringen. Mit „Breaking open the Head“ (2002) hatte er als teilnehmender Beobachter interessante Einblicke in die damalige psychedelische Szene geboten. Sein Nachfolgewerk ist dagegen ein mit Zitaten und Gedankensalat aufgeblähtes langatmiges und ermüdendes Dokument eines von esoterischem Input überladenen Suchenden der sich individuellen Impulsen folgend relativ ziel- und orientierungslos durch die Ödnis der längst noch nicht ausgestorbenen New Age-Szene treiben lässt.
Von Quantensprüngen über Ufos, Avalon und Kornkreisen bis zum heiligen Gral und den Hopis, nichts bleibt dem Leser erspart. Über seinen anstrengenden Ego-Trip vernachlässigt der Autor Frau und Kind und entdeckt die Freuden des spontanen Fremdgehens, und muss daraus gleich den Versuch der Kreation einer neuen globalen Sexualitätsphilosphie von kosmischen Dimensionen machen. Da schmunzelt selbst der Bonobo. Nun gut, die Verzettelung in esoterischem Mindfuck war schon immer eine der bedauerlichen Degenerationserscheinungen gegenkultureller Bewegungen. Am Ende landet der Autor bei der Sekte der Ayahuasca schlürfenden Daimistas in Brasilien und erhält eine Prophezeiung, die wohl der Garant für Einladungen zu kommenden Vorträgen in der Eso-Szene sein soll, direkt von der gefiederten Schlange natürlich, der alten Maya-Gottheit Quetzalcoatl, in Form einer knappen wenig originellen aber gefälligen New Age-Fusionsschau. Immerhin gibt Pinchbek zu bedenken, dass das Ganze auch einfach nur seinem aufgebrochenen Kopf entsprungen sein könnte.
az
Daniel Pinchbek
„2012. Die Rückkehr der gefiederten Schlange.“
Sphinx bei Hugendubel Verlag,
Kreuzlingen/München 2007
Geb. mit Su., 480 S.
ISBN 978-3-7205-9000-6