Kiffer-Typen XV
Erschienen im Highway Magazin
Good old Tante „Demokratie“, eine schöne Erfindung, wenn sie denn funktioniert. Da kann im Grund jeder Rausblasen, was er will. Und mit dem Internet, ja, da geht das alles schnell und global. Das denkt sich auch der Mann dem wir uns heute widmen werden: Der YouTuber. Er oder sie haben einen Auftrag und eine Nachricht, die unter die Leute muss. Grundsätzlich gibt es drei Arten von YouTubern: Der Beseelte, der Politische und der Business-Fuzzie. Mischen possible.
Der beseelte YouTuber zieht aus dem Rauch nur nebenbei THC, in erste Linie füllt er die Lunge mit Weltseele. Für den christlich Eingehauchten ist Cannabis ein Geschenk Gottes, das es zu preisen gilt. Der gefühlten Zerrissenheit der Welt und der eigenen Existenz tritt dieser YouTuber mit Heilsversprechen entgegen, die er in wöchentlichen Botschaften unter die Lämmchen bringt. „Rauche, mein Freund, sehe das Licht und alles wird gut werden!“ Eine Zeit lang war er Abonnent des YouTube-Kanals „Cannabiskirche Sativa“, die waren ihm aber zu gemäßigt, die Rastafaris in ihrer Heilserwartung zu sehr auf die Zukunft ausgerichtet. Nun hat er seinen eigenen Kanal eröffnet: „The First Church of Bong and Paranoia“. Vier Abonnenten hat er schon, zwei davon sind sein Alter Ego gegen Spamnachrichten. Ihnen bläut er in seinen Predigten den Glauben an den einzig wahren Gott ein: Der Große Hanf. Denn der rettet die Umwelt, das Bewusstsein, die Gesellschaft, den Planeten. Das Wort Sendungsbewusstsein erhält bei diesem YouTuber eine neu erfüllte Bedeutung.
Der politische YouTuber ist das Marxsche Gegenstück zum Beseelten. „Das Sein bestimmt das Bewusstsein“, klärt er seine Zuschauer vor der Bücherwand auf. Die Kamera zum Einspielen seiner Clips hat er von einem Bekannten aus dem Untergrund erhalten – es ist ein ausrangiertes Smartphone. Unser Freund hält nämlich im Grunde nichts von den technischen Neuerungen, sie sind eine weitere Methode, die Arbeiter und Angestellten in dumpfer Abhängigkeit zu halten. YouTube gehört, so sagt er auch offen wiederholt im Film, im Grunde verstaatlicht oder als Genossenschaft organisiert. Als passionierter Kiffer sieht er in der Cannabis-Prohibition nur eine Propaganda für die Produkte der Pharmaindustrie. Legal, illegal, scheißegal: Legaler wie illegaler Drogenhandel unterliegen den Gesetzen des Kapitalismus. Aufgrund seiner analytischen Schärfe ist der Kanal bei TAZ-Lesern beliebt und durchaus erfolgreich. Hohe Klickzahlen erhielt seine Sendung über global agierende Samenjäger, die im Stile von Monsanto unentdeckte Sorten suchen, um sie lukrativ zu vermarkten ohne die Einheimischen zu beteiligen. Insgesamt ein fitter Typ mit dem linken Hang zum Weltschmerz.
Nimmt man den Spruch „The medium is the message“ für voll, dann sendet YouTube als Kanal an sich schon eine Nachricht, die parallel zu dem eigentlichen Video übertragen wird. Diese Nachricht beeinflusst maßgeblich, wie der Clip aufgefasst wird. Was ist diese Sub-Nachricht im Falle von YouTube? Oberflächlich gesehen die Tatsache, das jeder ein Sender werden kann. Lust auf Selbstdarstellung gehört dazu. Schaut man tiefer, dann der Umstand, dass dies unter Preisgabe der persönlichen Daten geschieht und man sich in einen Raum der ständigen gegenseitigen Bewertungen begibt. Die Algorithmen wissen dadurch mittlerweile besser, wer man ist, als man selbst. Verhalten wird vorhersagbar, geliefert wird nur noch „Content“, die zur Filterblase passt. Man kann das Niveau der meisten YouTube-Beiträge kulturkritisch bejammern, aber die vielzitierte Zielgruppe mag es schon aus Authentizitätsgründen lieber quick and dirty aus dem Partykeller als glatt und schal aus dem Programmstudio der öffentlich-rechtlichen Anstalten.
Der Business-Fuzzie hat YouTube als Vertriebskanal für allerhand Paraphernalien und Devotionalien entdeckt, mit dem er sein berauschendes Hobby zu finanzieren sucht. Bis vor ein paar Jahren reiste er als Bong-Vertreter zu den Head-Shops der Republik und testete vor der Kamera mehr zum Spaß verschiedene Pfeifen, Verdampfer und andere Rauchgeräte. Aber die Freundin drückte aufs Gas und plötzlich flogen Begriffe wie Cashback, Return of Investment und Start-Up durch die Pfeife. Schnell musste unser Freund aber lernen, dass Information in heutiger Zeit nicht mehr viel Wert ist. Mehr noch, YouTubes Mutter Google beäugt Kanäle mit Drogenaufklärung und Verklärung mit Argwohn. So kam es zur zeitweisen Schließung des Kanals und erst der Hinweis auf die Pressefreiheit brachte die erneute Freischaltung. Als Befriedungsmaßnahme fing er an nach Vorbild von Bibi Kosmetika mit Hanfölanteil von 0,15% anzupreisen. „Wunderbar, dieses After Shave Balsam, das ist Skincare für den Mann, wie wir Kiffer es lieben.“ Manchmal verfolgten ihn diese Sätze des Nachts. So wurde aus dem vormals engagiertem Freak ein geldgetriebener Höker. Sicher, Brötchen verdienen müssen wir alle, aber unser Mann nutzt seine Credibility, um unnützes Zeug zu vertreiben; gefangen im System, das er mal bekämpfen wollte.
Die Alternative ist der freundliche Chaot, der im Livestream seine Bongs raucht und die Meute teilhaben lässt, wie er „higher and higher“ geht. Sein zum Studio umgebauter Partykeller sieht mit den Fischernetzen, der Kunstholzbar und den Batictüchern aus wie die Hippie-Version von Frankensteins Gruft. Das Kellerfenster ist abgedichtet, Nebelschwaden stehen festgefroren im Raum. Die zertretenen Erdnussflips sind zum einem essbaren Flokati verkommen, aus dem während der Sendung ab und zu ein Kläffen kommt. Rosa, der Zwergdackel, ist vor einer Woche darin verloren gegangen. Von allen drei Typen hat er das größte Durchhaltevermögen, denn er will im Grunde nur seinen Spaß haben.
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4 Antworten auf „Der YouTuber“
Sehr geehrter Herr Auf dem Hoevel,
Leider wird mir ihre E-Mail als ungültig angezeigt, deswegen versuche ich es hier.
Ich bin selber ein großer Fan von ihrem Haschischlexikon und habe es selbstverständlich schon durchforscht. Nichts desto trotz liegt mir eine 47g Platte unbekannter Herkunft vor, dessen Reinheitsgrad ich zu bezweifeln mag. Es handelt sich um ein bei Raumtemperatur extrem weiches und Öliges Haschisch. Es ist extrem klebrig und sehr schwarz. Es weißt von innen nur eine leichte Bräune auf. Es schmeckt und riecht gut und normal. Legt man es auf einen Teller und zündet es an, fängt es sofort an zu blubbern und zu brennen. Erst entsteht schwarzer Rauch der nach garnichts riecht, dann nach einer Weile wechselt es zu weißen Rauch und der typische Haschischgeruch kommt hoch. Ich vermute das zusätzliche Öle beigemischt wurden, würde mich allerdings über eine Expertenmeinung ihrerseits freuen.
Mit besten Grüßen aus Köln
Pato
Sehr geehrter Herr Auf dem Hoevel,
Leider wird mir ihre E-Mail als ungültig angezeigt, deswegen versuche ich es hier.
Ich bin selber ein großer Fan von ihrem Haschischlexikon und habe es selbstverständlich schon durchforscht. Nichts desto trotz liegt mir eine 47g Platte unbekannter Herkunft vor, dessen Reinheitsgrad ich zu bezweifeln mag. Es handelt sich um ein bei Raumtemperatur extrem weiches und Öliges Haschisch. Es ist extrem klebrig und sehr schwarz. Es weißt von innen nur eine leichte Bräune auf. Es schmeckt und riecht gut und normal. Legt man es auf einen Teller und zündet es an, fängt es sofort an zu blubbern und zu brennen. Erst entsteht schwarzer Rauch der nach garnichts riecht, dann nach einer Weile wechselt es zu weißen Rauch und der typische Haschischgeruch kommt hoch. Ich vermute das zusätzliche Öle beigemischt wurden, würde mich allerdings über eine Expertenmeinung ihrerseits freuen.
Mit besten Grüßen aus Köln
Pato
Hallo Pato,
Danke für deine Anfrage. Eine Ferndiagnose ist leider nicht möglich, da spielen einfach zu viele Faktoren mit rein.
Beste Grüße
Hallo Pato,
Danke für dein Vertrauen, aber das lässt sich aus der Ferne wirklich nicht beurteilen.
LG
Jörg