HanfBlatt, Nr. 65, April 2000
Ashwagandha
Ashwagandha, botanisch Withania somnifera, im Deutschen „Schlafbeere“, englisch „Winter Cherry“, ist ein bis zu eineinhalb Meter hoch wachsender Strauch aus der Famlie der Nachtschattengewächse mit auffallenden korallenroten Früchten, die an die leckeren Kapstachelbeeren erinnern, aber ungeniessbar sind. In der traditionellen indischen Kräuterheilkunde, der ayurvedischen Medizin, spielt Ashwagandha eine bedeutende Rolle. Ashwagandha gedeiht in Indien, Sri Lanka, Pakistan, Afghanistan und anderen asiatischen Ländern. Die Pflanze wächst wild in trockeneren Ödlandgebieten, wird aber auch angebaut. Sie findet sich auch in weiten Teilen Afrikas und in Südeuropa. Wo sie gedeiht, wird sie in der Regel medizinisch genutzt, so zum Beispiel in dem momentan so angesagten Südafrika (wo sie auf Afrikaans „geneesblaarbossie“ genannt wird).
Schon die alten Ägypter schätzten die Pflanze. So soll sie beispielsweise in Girlanden, die die Mumie von Tutanchamun schmückten, nachgewiesen worden sein. Bei der im alten Indien als Aphrodisiakum geltenden Wunderwurzel „jangida“ soll es sich um Withania somnifera gehandelt haben. Im arabischen Raum war ihre narkotische schlaffördernde Wirkung bekannt. Der syrische Name „Sekran“ bedeutet „Rauschmittel“.
Traditionell werden die Blätter, die Wurzel und hiervon insbesondere die Wurzelrinde angewandt. In Indien gilt die getrocknete Ashwagandha-Wurzel als verjüngendes Tonikum, als Stimulans und Aphrodisiakum, aber auch als Narkotikum. Es wurde und wird bei zahlreichen Symptomatiken eingesetzt, so unter anderem bei rheumatischen Erkrankungen, bei Ängstlichkeit, Nervosität und Schlafstörungen, bei Stress, in der Rekonvaleszenz, bei Appetitlosigkeit, bei Immunschwäche sowie Alterungserscheinungen wie zum Beispiel seniler Debilität, insgesamt ein Anwendungsfeld, das dem der Ginsengwurzel sehr ähnlich ist. Ashwagandha wurde deshalb auch als „Adaptogen“ kategorisiert und „Indischer Ginseng“ genannt. Auffallend ist auch eine gewisse harntreibende Wirkung. Zudem soll sie blutdrucksteigernd, schleimreduzierend und antiasthmatisch wirken und positiven Einfluss auf die Verdauung nehmen. Aufgrund wahrscheinlicher antibakterieller Wirkungen wird das Wurzelpulver, häufiger allerdings noch die Blätter, traditionell äusserlich bei Schwellungen, Entzündungen und Geschwüren aufgetragen.
Als Hauptwirkstoffe hat man Steroidlactone vom Typ der Withanolide extrahiert.
Sehr preiswert lassen sich die Ashwagandha-Wurzeln in den Heimatländern der Pflanze, zum Beispiel in indischen Kräuterläden erwerben. Bei uns ist sie frei verkäuflich und bisweilen im ethnobotanischen Fachhandel erhältlich. In indischen Apotheken erhält man potente aber nicht unbedingt nach europäischen Massstäben standardisierte Präparate, die konzentrierten Ashwagandha-Wurzelxtrakt enthalten, zum Beispiel „Dabur Ashwagandha Capsules“ mit jeweils 300 mg Extrakt pro Kapsel.
Als therapeutische Dosierung werden 2 mal täglich 300 mg des Extraktes empfohlen. Wer jedoch auch psychisch eine Entspannung spüren möchte, die subjektiv an Baldrian, Kava-Kava und Ginseng erinnern mag, erhöht diese Dosis meistens. Als entspannendes, hingabeförderndes, sowie erektionsverlängerndes Aphrodisiakum werden in Indien 2 bis 4 Gramm des Wurzelpulvers mit Milch gekocht, eventuell mit Zucker, Honig und Langem Pfeffer (botanisch Piper longum) aufgepeppt oder einfach mit Butterschmalz vermengt eingenommen. Die Dosierungen bei Erkältung und Husten, bei Rheumatismus und bei „Genereller Debilität“ liegen ebenfalls in diesem Bereich. Höhere Dosierungen gelten nicht als gefährlich, allenfalls als einschläfernd.
Die Einnahme von extrakthaltigen Kapseln ist am wirkungsvollsten. Es kann auch die feingemahlene Wurzel in Kapseln eingenommen werden. Aus der pulverisierten oder kleingehäkselten Wurzel lässt sich eine nicht besonders angenehm schmeckende Tee-Abkochung zubereiten, die sich allerdings mit Gewürzen, Süssungsmitteln etc. verfeinern lässt. Durch längeres Einlegen in hochwertigen Wodka lässt sich ein alkoholischer Auszug herstellen. Es ist möglich die Wurzel zu kauen, was auch gegen Zahnschmerzen helfen soll. Sie kann sogar geräuchert oder geraucht werden, eine traditionell zum Beispiel bei Asthma angewandte Methode.
Einen gewissen Ruf hat sich Ashwagandha unter Hanfliebhabern als rekreativ eingesetzter relaxender Wirkungsverstärker erworben. Der Wurzel werden Entspannung und Aphrodisie verstärkende Eigenschaften zugesprochen. Wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Themenkomplex stehen leider wie so oft noch aus. Ob sich die in ihren Heimatländern hochangesehene und als weitgehend unbedenklich geltende Wurzel bei uns als Heil- oder gar softes Genussmittel etablieren wird, bleibt abzuwarten.
az