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Butandiol – GHB


1,4-Butandiol

Über 1,4-Butandiol ist bisher (12/98) noch nicht allzuviel bekannt. Es gilt als Ersatz für das unter der Bezeichnung „Liquid Ecstasy“ zuerst in den US-Medien und jetzt auch in Deutschland verteufelte GHB (Gamma-Hydroxy-Butyrat). Mal wieder ist eine neue „Horrordroge“ am Start. Das macht neugierig und man will mehr wissen, und zwar die vorhandenen „Facts“ und nicht das zur Lachnummer degenerierte „volksverhetzende“ Propaganda-Geschwafel der offiziellen Antidrogenpolitiker und der sensationsgeilen Journaille.

Wer alles Wichtige über GHB und damit letztlich auch über 1,4-Butandiol erfahren will, der sollte sich „GHB-The Natural Mood Enhancer“ von Ward Dean, John Morgenthaler und Steven Wm. Fowkes, erschienen 1998 bei Smart Publications, PO Box 4667, Petaluma, CA 94955, ISBN 0-96227418-6-8, bestellen. Dort wird auch beschrieben, wie sich aus frei erhältlichen Chemikalien (Gamma-Butyro-Lacton, kurz GBL, und Natriumhydroxid bzw. alternativ andere basische Salze) auf einfache Weise GHB-Salz synthetisieren läßt. Man sollte bedenken, daß dieses fachkundige Buch von dem verantwortungsbewußten rekreativen und mehr noch dem medizinischen Einsatz von GHB gegenüber positiv eingestellten Autoren stammt. GHB mag bei weitem nicht so gefährlich sein, wie es sensationshungrige Medien weismachen wollen, dennoch gibt es eine ganze Reihe ernstzunehmender Mediziner, die vor dem verantwortungslosen Gebrauch, möglicherweise noch in Kombination mit anderen psychoaktiven Drogen, warnen!
GHB

Sowohl 1,4-Butandiol als auch GBL lassen sich problemlos im Chemikalienfachhandel bestellen, über Internet beispielsweise zum Preis von 15,25 DM für 250 Gramm 1,4-Butandiol, ca. 99% rein, oder 12,80 DM für 100 ml gamma-Butyrolacton 99+%. Dazu kommen natürlich noch Bestell- und Versandkosten. Der Versand erfolgt per Post direkt nach Hause.

In der Chemie wird 1,4-Butandiol wegen seiner hygroskopischen und weichmachenden Eigenschaften an Stelle von Glycerin und Glycol verwendet und zwar in der Textil- und Papierindustrie und zur Rauchwarenveredlung! Es ist außerdem ein wichtiges Zwischenprodukt zur Synthese anderer Chemikalien, unter anderem auch von Butyrolacton! (Siehe „Fachlexikon ABC Chemie“)

1,4-Butandiol hat eine Molmasse von 90,12 und eine Dichte von 1,02, das heißt 1 Milliliter (ml) wiegt ungefähr 1 Gramm! (so wie Wasser!)

1,4-Butandiol, in der Chemie auch 1,4-Butylenglycol genannt, schmilzt bei etwa 20 °C. Die farblosen Kristalle oder die weiße Kristallmasse verwandeln sich in eine klare Flüssigkeit. Wenn es ersteinmal flüssig oder fest ist, bleibt es meist eine Zeit lang in dem entsprechenden Aggregatzustand. Zur Aufbewahrung eignen sich am besten gut verschließbare braune Glasflaschen. Zum Konsum wird die flüssige Form bevorzugt. Verfestigtes 1,4-Butandiol kann in Heizungsnähe leicht wieder verflüssigt werden. Es läßt sich gut mit Hilfe einer Pipette mit Meßskala entnehmen und dosieren. Flaschen mit Pipettenverschluß sind demnach ideal.

Bei einer Temperatur von 134 °C ist 1,4- Butandiol entflammbar! Bei 230 °C verdampft es. Im Chemikalienhandel wird es als schwach wassergefährdender Stoff und gesundheitsschädlich kategorisiert. Es reize die Augen und die Haut und sei gesundheitsschädlich beim Verschlucken! Bei Berührung mit den Augen sollen diese gründlich mit Wasser abgespült und ein Arzt konsultiert werden.

Das Lycaeum-Drogenarchiv im Internet warnt vor der Einnahme von 1,4-Butandiol und GBL. Beide Substanzen könnten Krankheit verursachen, selbst wenn sie nur leicht unrein seien. Industrielle und technische Produkte sollten als ungeeignet für menschlichen Konsum angesehen werden.

Mit Hinweis auf die entsprechende Fachliteratur wird dort im Internet, nachlesbar unter www.lycaeum.org, berichtet, daß das pharmakologische und toxikologische Profil von 1,4-Butandiol, wie von GBL, mit dem von GHB praktisch identisch seien, da diese Substanzen im tierischen und menschlichen Körper schnell und umfassend zu GHB umgewandelt würden, dieses dann seine typischen Wirkungen entfalte und dann eben als GHB entsprechend schnell und vollständig abgebaut würde. Demzufolge sind von diesen Substanzen weder krebserregende noch organschädigende Wirkungen zu erwarten. Dieser zwar zunächst entwarndende, aber dürftige Informationsstand sollte nicht darüber hinwegtäuschen, daß über mögliche gehirn- oder andere Organe schädigende Wirkungen des 1,4-Butandiols praktisch noch nichts bekannt ist. Selbst wenn die Risiken ähnlich einzuschätzen sind wie bei GHB, so bleibt immer noch die Frage offen, ob nicht chemische Verunreinigungen mögliche nachteilige Wirkungen entfalten könnten. Selbst bei nur 1% Verunreinigung wären an einer Dosis von 3 ml immerhin 30 Milligram (mg, also 0,03 Gramm) unbekannter Substanzen beteiligt. Es wäre wichtig herauszufinden um welche Verunreinigungen es sich jeweils handelt oder handeln kann und welche toxischen Risiken mit ihnen verbunden sind. Derartige Risiken sind übrigens bei aus verunreinigten Ausgangssubstanzen synthetisiertem Schwarzmarkt-GHB noch erheblich höher einzuschätzen.

1,4-Butandiol ist auf Grund seiner psychoaktiven Wirkungen bereits stark überteuert quasi als psychoaktives Schlangenöl verkauft worden. Unter der Bezeichnung „Borametz“ sollte es sich um einen angeblich aus Rußland stammenden Pflanzenextrakt handeln. Diesen „Borametz-Schwindel“ hat John Hanna aufgeklärt. Sein umfangreicher und sehr interessanter Bericht, der auch weitere Hintergründe zu 1,4-Butandiol liefert, erschien in der lesenswerten Zeitschrift „TRP“, Kurzform für „The Resonance Project“, Ausgabe Nr. 2, Winter 1997/98, siehe im Internet unter www.resproject.com. Mit einem psychoaktiven Produkt, dessen Risiken kaum bekannt sind, Profit machen zu wollen, ist verantwortungslos! In diesem Falle sind sogar schon eine Reihe von Risiken bekannt, nämlich die, die für GHB gelten. Besonders bei Verbreitung in einer leichtfertig diverse psychoaktive Substanzen gleichzeitig konsumierenden Szene, wie zum Beispiel auf Technoparties, bestehen hohe Risiken negativer Reaktionen!

Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe an überteuerten GHB-Ersatzmixturen, die die ein oder andere Vorläufersubstanz als wirksame Grundlage enthalten. Die Präparate heissen zum Beispiel „Gamma-G“ („40 Dosis-Flasche für 89.95 $“, „High Times“-Anzeige 3/99), „Revivarant“ oder „Renewtrient“. Vermutlich GBL wird in den USA seit August 1998 als „Blue Nitro“ verkauft. Der Umsatz soll sich bei steigender Tendenz auf über 5000 Flaschen pro Woche belaufen, bei einem Preis von 64.95 $ pro Flasche. ( Siehe San Francisco Examiner, 11. 01.1999)

Die Verkaufsmedien für diesen Handel sind Internet, einschlägige Magazine, Sex-Shops, Techno-Parties, Smart-Shops etc.. Die obskure Substanz 4-Hydroxy-2-Furanon, die im Körper angeblich auch in GHB umgewandelt wird, wird in affiger Sex-Shop-tauglicher Verpackung, in den Niederlanden als „G-Spot“, ein „vitaminangereichertes Aphrodisiakum“ „als diätischer Zusatz“ vertrieben. Die Smartshops, die das simple Präparat verkaufen, verlangen 25 Gulden für eine Dosis. Man erhält eine primitive Plastikflasche mit 15 ml eines ekelhaft schmeckenden Gebräus, dessen Wirkung vielleicht 1 bis 1,5 ml 1,4-Butandiol entspricht. Wenn man das nicht Wucher nennen darf! Hier geht es um die schnelle Mark ohne Rücksicht auf Verluste.

Tatsache ist aber auch, daß 1,4-Butandiol mittlerweile zunehmend als leicht erhältlicher preiswerter Ersatz für GHB eingenommen wird, sicherlich eine Folge der Kriminalisierung von GHB. In der Szene wird es auch bezeichnet als „Einsvier“ (für 1,4), „Einsvierbe“ (1,4-B), „Oneforbe“ (Englisch ausgesprochen), „Butandiol“ (davon gibt es allerdings noch andere nicht psychoaktiv wirksame Varianten), „Liquid“, „Liquid Ecstasy“ (so werden auch GHB und praktisch unwirksame Smart-Shop-Plagiate genannt) und „Borametz“ (nach dem Schwindelprodukt). Außerdem wird es noch mit anderen „Kosenamen“ belegt. Der Phantasie der Konsumenten sind da keine Grenzen gesetzt. („Love Potion Number Zwei ?“).

Obwohl es nicht selten pur geschluckt wird, möchte ich davon nicht nur wegen dem Geschmack nach verbranntem Plastik, sondern wegen möglicher schleimhautreizender Wirkungen abraten. 100 %iger Alkohol ist auch nicht sonderlich schleimhautverträglich.

Weniger bedenklich erscheint das (übrigens problemlose) Einrühren einer Dosis in 200 bis 300ml (einem großen Glas) Fruchtsaft (nicht Milch!). Eingenommen wird das geschmacklich verträgliche Gebräu damit es schneller und intensiver wirkt auf möglichst nüchternen Magen, einige Stunden nach der letzten Mahlzeit.

Bei 1,4-Butandiolkonsum sollte Alkohol vermieden werden. Vorher eingenommen scheint er das Gefühl für die spezifischen 1,4-Butandiol-Wirkungen zu verringern. Obendrein verstärkt er die dämpfenden und auch andere eher unangenehme Wirkungen wie Schwindelgefühl und Übelkeit. Er erhöht, wenn beide Substanzen gleichzeitig in stärkerer Dosis eingenommen werden, drastisch das Risiko gefährlicher Reaktionen.

Ähnliche Warnungen gelten für alle Arten von Downern. Barbiturate, Benzodiazepine, Opiate usw. können in Kombination mit 1,4-Butandiol zu gefährlichen Komplikationen, unter Umständen möglicherweise bis zum Tod durch Atemstillstand führen.

Auch von der Kombination mit Aufputschmitteln wie Amphetamin, Ephedrin und Kokain muß dringend abgeraten werden. Das gilt auch für „Ecstasy“ (MDMA et. al.). Negative Wirkungsverstärkungen in Sachen Herz-Kreislaufsystem sind denkbar. Genaue Untersuchungen über Wechselwirkungen stehen noch aus.

Coffein gilt als natürlicher Blocker der GHB- und damit wohl auch der 1,4-Butandiol-Wirkungen. Dadurch besteht in einem gewissen Rahmen die Möglichkeit, auftretende Müdigkeit und Duseligkeit mit einer starken Tasse Kaffee oder dergleichen zu bekämpfen oder die Ernüchterung zu forcieren. Andererseits blockiert Coffein vorher genommen die volle Entfaltung der Wirkungen, was meist ja nicht erwünscht ist.

Cannabis (Rauschhanf) vor Einnahme von 1,4-Butandiol geraucht, verstärkt die einschläfernden Wirkungen von 1,4-Butandiol. Die Kombination forciert mitunter ein Driften in einen träumerischen Halbschlaf, der schließlich in (evtl. unruhigen) traumreichen Schlaf übergehen mag. Es ist auch möglich, daß das bei höheren Dosierungen beider Substanzen auftretende Gefühl des „Bedröhntseins“ sich noch verstärkt. Nimmt man jedoch zuerst das 1,4-Butandiol ein, dann kann sich ein „Stonedsein“ mit einer eigenartigen etwas abgetretenen chemisch-spacigen Note einstellen. Das Wohlgefühl vom 1,4-Butandiol mag sich dabei verstärken, die veränderte Wahrnehmung der Sinne und damit der Umwelt auch. Wer generell Angst vor Bewußtseinsveränderung hat, dem sei von dieser Kombination abgeraten.

Als Schlaf- und Entspannungsmittel nach anstrengenden Psychedelika-Trips ist 1,4-Butandiol nicht unbekannt.

Letztlich scheinen sich die 1,4-Butandiol-Wirkungen am besten auf nüchterenen Magen und ohne vorher irgendeine andere psychoaktive Substanz genommen zu haben, zu entfalten. Auch das Risiko unangenehmer Wirkungen wird so reduziert.

Zu den Dosierungen ist folgendes zu sagen: Jeder Konsument muß seine individuelle Sensibilität ermitteln. Diese mag von Fall zu Fall deutlich schwanken. Einige Faktoren sind ja bereits angesprochen worden. Viel hängt von der persönlichen Stimmungslage, der körperlichen Verfassung, wie z.B. Müdigkeit oder Aufgekratztheit, ab. In welchem Umfeld und zu welchem Zeitpunkt man die Substanz nimmt und mit wem ist äußerst bedeutend. Eine relaxede Atmosphäre mit alten Freunden oder vertrauenswürdigen neuen Freunden scheint ideal. Auf der Strasse oder auf unübersichtlichen hektischen Parties ist 1,4-Butandiol kontraindiziert. Ein gewisses Risiko besteht nämlich in einer Überdosierung. Weil es so schön ist, nimmt man einfach immer mehr und schließlich eine einschläfernde Überdosis. An sich zwar relativ ungefährlich, wenn ausschließlich 1,4-Butandiol genommen wurde, kann sie schon innerhalb einer viertel bis halben Stunde zu einem tiefen komaähnlich erscheinenden Schlaf führen. Dieser soll zwar nach 3 bis 5 Stunden beendet sein, der Betreffende erwacht wohl in der Regel entspannt und erfrischt. Tritt der Zustand allerdings an einem ungünstigen Ort auf, besteht die Gefahr der Vorteilnahme durch Andere (sexuell oder materiell) oder von Überreaktionen uninformierter Freunde oder Beisteher, sprich Rufen der Notfallambulanz, die dann mit eigentlich unnötigen unangenehmen „Wiederbelebungsmaßnahmen“ beginnt. Ein reales Risiko ist auch das des Erbrechens während der Bewußtlosigkeit, wenn man sich nicht an die obigen Abstinenzregeln gehalten hat. Die Kombination mit anderen Drogen macht das Risiko von Atemstillstand und anderen Komplikationen schwer abschätzbar. Hier ist der Notfallarzt möglicherweise doch der richtige Partner auf dem Weg zur Ernüchterung. Aber soweit muß man es ja nicht kommen lassen. Eine übliche Sicherheitsmaßnahme ist es, wenn Freunde gegenseitig aufeinander aufpassen, sich auch über die Drogen zu informieren, die man genommen hat, damit im Notfall das entsprechende Wissen an den behandelnden Arzt weitergeben werden und dieser dann die (hoffentlich) richtigen Maßnahmen einleiten kann.

GHB und seine Ersatzaanaloge haben einen gewissen Ruf als „Date-Rape-Droge“. Generell sollte frau ihre Drinks in Anwesenheit dubioser Typen im Auge behalten. Alkohol und Benzodiazepine sind die klassischen Drogen um (meist) eine Frau gegen ihren Willen gefügig zu machen.

Ich möchte jetzt noch ein paar subjektive (!) Anhaltspunkte zur Dosierung geben:

Auf nüchternen Magen, ohne vorherige Einnahme anderer psychoaktiver Substanzen und ohne ausgeprägte Müdigkeit, wirken 1 bis 1,5 ml 1,4-Butandiol bereits subtil. Da sie die Sensibilität für Berührungen erhöhen und leicht enthemmen, aber bei Männern in der Regel kaum mit der Erektionsfähigkeit ins Gehege kommen, stellen sie eine ideale aphrodisische Dosis dar. Dies mag auch bei 2ml noch der Fall sein. Das Erreichen von Erektion und Orgasmus können dann aber verzögert sein. Dafür werden Sex und Orgasmus vielleicht intensiver erlebt. (GHB ist in den USA auch bei manchen Gruppensexfans beliebt.) Ab dieser Dosis (2ml) ist ein deutlicher „Törn“ oder „Rush“ spürbar. Nach bereits 5 Minuten schwach, nach 10 Minuten deutlich, entfaltet sich eine kräftig verstärkende Wirkung. Diese schönste Phase hält etwa eine Stunde an. Eine halbe bis eine Stunde bleibt die Wirkung auf dem erreichten Niveau, um dann über etwa eine Stunde auf Normalnull abzuflachen. Nach 3 bis 4 Stunden ist wieder weitgehende Nüchternheit, vielleicht mit einem euphorischen Nachhall, hergestellt. Gewisse entspannende körperliche Nachwirkungen, auch als Mattheit oder Müdigkeit empfunden, mögen länger, eventuell noch am nächsten Tag, spürbar sein. Der Schlaf kann besonders bei Menschen ohne Schlafprobleme gestört sein, was sich durch zwar erleichtertes Einschlafen aber vorzeitiges Aufwachen nach 3 bis 5 Stunden auszeichnet. Allerdings fühlt man sich dann meistens relativ frisch.

Die eigentliche Wirkung von 1,4-Butandiol ist geprägt durch ein angenehmes erotisches, sinnliches an „Ecstasy“ erinnerndes Körpergefühl. Atmen, Streicheln, Räkeln und Massieren, vielleicht auch Kopulieren, sanfte körperliche Entspannungsübungen oder wiegender Tanz kommen angenehm. Dabei fließt gleichzeitig eine ganz schön starke unruhige aber angenehme an Kokain erinnernde innere Energie. Enthemmung und erhöhte Emotionalität vermögen den Gedanken- und Gesprächsfluß ähnlich wie bei Alkohol und MDMA zunächst kräftig anzuregen. Dabei kann es zu einer in manchen Stadien des Alkoholrausches ebenfalls auftretenden Sentimentalität (z.B. vom Stile, „erinnerst du dich noch, die alten Zeiten“) kommen. Die damit einhergehende, an MDMA erinnernde, freundliche bis herzliche aber nicht haltlose Neigung zu einer liebevollen Öffnung (nach dem Motto, „was ich dir immer schon mal Gutes sagen wollte“) und die bestehenbleibende Bewußtheit für die eigene Befindlichkeit lassen die Öffnung aber deutlich ehrlicher, persönlicher, sympathischer und haltbarer als üblicherweise im Alkoholrausch erscheinen. Das unterscheidet den 1,4-Butandiol-Törn auch vom egomanischen Redeschwall unter Kokain- oder Amphetamineinfluß. Im Einzelfall kann es aber durchaus zu lautem rechthaberischen und aggressiven Gebaren kommen. Da das Ausagieren aufgrund des dennoch vorhandenen körperlichen Wohlgefühls und mangelnder Koordinationsfähigkeit oder Torkeligkeit in der Regel gedämpft ist, kommt es wohl selten zu ernsthaften Auseinandersetzungen unter 1,4-Butandioleinfluß. Erst bei höheren oder wiederholten Dosierungen stellt sich eine vorübergehende Gedächtnisschwäche mit Problemen, sich an kurz zuvor Gedachtes zu erinnern oder passende Worte zu finden, und ein reduzierter Gedankenfluß ein, ein bedröhntes Driften in die eigene innere körperliche Welt bis hin zum ständigen Wegnicken, das allerdings nicht unbedingt als unangenehm empfunden wird. Im Gegensatz zu Opiaten, die einen in die wohlige selbstgenügsame und desinteressierte Isolation zurückzuwerfen vermögen, bleibt die generelle mentale Bereitschaft zum Kontakt mit dem Anderen und der Außenwelt reizvoll und erhalten, selbst wenn die Fähigkeit dazu am schwinden ist. Die Qualität des Denkens und der äußerlichen Wahrnehmungen scheint sich nicht so zu verändern wie es unter Einfluß von Cannabis oder Psychedelika der Fall ist. In diesem Sinne wirkt 1,4-Butandiol allein nicht psychedelisch.

Positive fließende Musik, schmelzige eingängige Sounds und fluffige Melodien und Rhythmen wirken allerdings verstärkt mitreissend und euphorisierend. (Erlebt bei Technomusik und der Schnulze „Liquido“ von „Narcotic“, die wie die Faust aufs 1,4-Butandiol, das auch „Liquid“ genannt wird, zu passen schien.) Die Fähigkeit, sich auf Langweiliges oder Hektisches zu konzentrieren, besonders optisch, wird mit zunehmender Dosis fortschreitend reduziert. Das Reaktionsvermögen ist schon bei niedriger Dosis eingeschränkt! Besonders unter Einfluß höherer Dosierungen sollte man nichts unternehmen bei dem Taumeligkeit, Konzentrations- und Koordinationsstörungen Beeinträchtigungen darstellen.

2,5 ml 1,4-Butandiol stellen eine Dosis dar, die die meisten Menschen schon kräftig beschwingt aber gut kommunikationsfähig beläßt. Bei einer Dosis von 3 ml stellt sich in der Regel ein starker euphorischer aber auch kräftig beduselnder Törn ein. Eine Dosis von 4 ml soll bereits schlaffördernd wirken.

Zur Nachdosierung wartet man entweder bis etwa 2 oder 3 Stunden nach Einnahme der ersten Dosis und entscheidet dann, ob man den ersten Rausch noch toppen will. Der zweite Törn wird insbesondere dann ein wenig stumpfsinniger ausfallen, wenn man gierig wird, mehr will und eine höhere Dosis einnimmt. Wer unbedingt gezielt den Anfangstörn verlängern will, der nimmt bereits nach Erreichen des Plateaus, also etwa nach einer Stunde eine zweite Dosis, die allerdings nur etwa die Hälte der vorhergegangenen Dosis oder weniger betragen sollte, wenn man auf dem gleichen Niveau bleiben will. Mehr als zwei, allenfalls drei Dosierungen sind nicht zu empfehlen. Das Schöne des Rausches schwindet dann schnell zu Ungunsten einer unkreativen Bedröhntheit. In der Praxis allerdings werden sicherlich eine Reihe begeisterter Probierer erstmal übertrieben „auf die Kacke hauen“, bis sie (hoffentlich) ihre persönlichen Grenzen gefunden haben. Es bleibt nur zu hoffen, daß diese Experimentiererei nicht auf Kosten der Gesundheit geht. Über die möglichen Langzeitfolgen für Leber, Nieren, Herz, Gehirn usw. ist noch nichts bekannt! Deshalb muß vor dem experimentellen Gebrauch von 1,4-Butandiol eindringlich gewarnt werden!

Der Törn ist bei höheren Dosierungen von einem zunehmenden Schwindelgefühl und einer Torkeligkeit begleitet, die an späte Stadien des Alkoholrausches erinnert, aber bereits spätestens beim Abklingen der Wirkung wieder schwindet. Ein gewisser Kopfdruck bis hin zu Kopfschmerzen kann als weniger angenehme Wirkung auftreten. Schon vorhandene Kopfschmerzen werden wahrscheinlich bestehen bleiben. Die Kombination mit anderen Drogen (z.B. Stimulantien und Alkohol) scheint das Risiko von Kopfschmerzen zu erhöhen. 1,4-Butandiol scheint auch harntreibend zu wirken. Ein guter Flüssigkeitsumsatz ist zum Schutz vor schleimhautreizenden Wirkungen und zum beschleunigten Ausschwemmen potentiell schädlicher Nebenprodukte wahrscheinlich nicht verkehrt. Ein leichter Magendruck und Sodbrennen wurden als unangenehme Wirkungen genannt. Übelkeit kann bei hohen Dosierungen und besonders bei vollem Magen auftreten. Im Anschluß an die Wirkung kann in der Regel problemlos und mit gutem Appetit gegessen werden.

Die Wirkung ist wie so oft beim ersten Mal am schönsten, vorausgesetzt die Umstände stimmen. Konsumenten sind begeistert von dem sinnlichen Körpergefühl, „natural beauty“, der „Körpergefühldroge“, dem kräftigen, enthemmenden, duseligen „Schwindeltörn“, der „ganz gut reinknödelt“. Wird die Substanz allerdings nachlässig eingenommen, können die körperlichen Empfindungen als nicht ganz so angenehm empfunden werden. Müdigkeit mag dominieren, die eingeschränkte Fähigkeit zu Denken und zu Handeln mag als nervig empfunden werden. Alles hat eben mindestens zwei Seiten. Und keineswegs sollte man es mit der Einnahme dieser noch wenig bekannten Substanz übertreiben. Bei suchtgefährdeten Personen ist ein Risiko eines zumindest vorübergehenden exzessiven Gebrauchs gegeben! Nur die sporadische Einnahme zu passenden Gelegenheiten garantiert den höchsten Genuß. Neugierige sollten trotz der vielleicht verlockend klingenden psychoaktiven Wirkungen Zurückhaltung üben bis Näheres über eventuelle weitergehende gesundheitliche Risiken von 1,4-Butandiol bekannt ist!
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Cannabis

Mythos 14: „Die Cannabispolitik der Niederlande ist gescheitert“

Marihuana Mythen

Teil XIV

Gut gelaunt durchstreifen wir das Tal der Erkenntnis, denn der Blick ist frei. Nur ab und zu ranken sogenannte Mythen (ein gar „widerporstiches“ Gewächs) auf unseren Weg. Wir zerschneiden sie mit einem Messer, welches da „Wissenschaft“ heißt und heben sie auf, um sie in unserem Sammelband mit dem Titel „Struktur und Funktion von Marihuana-Mythen im 20. Jahrhundert“ abzulegen. Am Ende des Tals wartet die erfrischende Quelle des Wissens, an der wir uns gütlich laben werden, um dann den Weg zurück anzutreten. Hin und her, hin und her: Ja, Sisyphos muß man sich als glücklichen Menschen vorstellen.

Wie sieht es aus: Welchen Nutzen und welche Schäden kann der Konsument von Cannabis aus den pflanzlichen Wirkstoffen ziehen? Wo liegen Gefahren für Körper und Geist, wo Chancen für ihre Genesung? Eine Serie im HanfBlatt räumt auf – dieses mal mit der Behauptung:

„Die Cannabispolitik der Niederlande ist gescheitert“

Ein oft gehörtes Argument, wenn es darum geht, das voraussehbare Scheitern einer neuen Drogenpolitik in Deutschland zu untermauern. Das kleine Land an der Nordsee steht bei konservativen Politikern als Symbol für den Sündenpfuhl Europas. Hier herrsche Anarchie, auf offener Straße würde gekifft, immer mehr junge Leute probieren Cannabis und andere Drogen und damit stiege auch Zahl der Drogentoten stetig. Dieses Kernargument der Hanf-Prohibitionisten bedarf einer äußerst sorgsamen Überprüfung – halten wir uns also an

DIE FAKTEN

Einige politische und soziale Hintergründe müssen zunächst geklärt werden:

Seit dem Sommer 1994 regiert in Holland eine Koalition aus nicht-konfessionellen Parteien. Die für die Cannabis-Frage zuständigen Minister (Justiz- und Gesundheitsministerium) können als links-liberal eingestuft werden, sie stehen allzu weitreichenden Eingriffen des Staates in die Gesellschaft skeptisch gegenüber. Zudem wurde in den letzten Jahren die Inkonsistenz der Coffee-Shop Politik immer deutlicher (Front-Backdoor-Problem): Während im Gastraum legal Haschisch und Marihuana vertrieben werden darf, bleibt die Beschaffung der größeren Mengen für den Besitzer illegal. Im Modell war also ein Problem immanent angelegt, denn Kontakte zur kriminellen Organisationen konnten nicht ausbleiben. Das Parlement beschloß aus diesem Grund, den Coffee-Shops einen leichteren Zugang zu den Drogen zu ermöglichen. Zugleich kam es aber zu einschränkenden Maßnahmen, weil es in den letzten Jahren vermehrt zu Beschwerden von Teilen der Bevölkerung gekommen war. Die Zahl der Kiffer-Läden war stetig gestiegen, 1996 existierten 2000 Stück im Ländle. Oft wurde diese von Nicht-Holländern geführt, die hervorragende Kontakte in ihre Heimatländern pflegten. Großorganisationen übernahmen den Handel, Holländische Hanf-Produkte wurden im Preis unterboten, kriminelle Kräfte hielten Einzug. Kritisiert wurde auch die Existenz der Shops in der Nähe von Schulen und Jugendeinrichtungen. Aus diesem Grund beschloß die Regierung, in Zukunft ein wachsameres Auge auf die Shops zu werfen und die Neueröffnung stärker zu Reglementieren. Heute dürfen im Einzelverkauf nicht mehr als fünf Gramm über die Theke gehen, weiterhin ist man aber berechtigt, bis zu 30 Gramm Pot bei sich zu tragen.

Bei der Hälfte des konsumierten Cannabis handelt es sich um Haschischsorten aus Asien, dem Nahen Osten und Nordafrika, die weitaus geringere Menge kommt aus Südamerika (hier insbesondere Kolumbien). Marokko ist mit knapp 75% der größte Lieferant. Es gibt Hinweise darauf, daß ein erheblicher Teil des importierten Haschischs wieder exportiert wird. Die Betriebsführung dieser häufig von Niederländern geleiteten Exportorganisationen ist sehr professionell und auf Kontinuität ausgerichtet. Im Jahre 1994 wurden über 43 Tonnen Haschisch und fast 195 Tonnen Marihuana beschlagnahmt. Die Zahl der gefundenen und vernichteten

„Nederwiet-Pflanzen“, also des niederländischen Hanfs, stieg auf 558.000. Der Marktanteil des Nederwiets an in den Niederlanden konsumierten weichen Drogen, soll inzwischen 50% betragen. Die in den Niederlanden seit jeher vorhandene Kenntnis von Gartenbau- und Veredelungstechniken hat zur Erreichung dieses Marktanteils beigetragen. Nederwiet gilt als Qualitätsprodukt und ist daher vor allem bei Jugendlichen beliebt. Soweit die aktuelle Lage.

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Wie ist es nun um die Cannabiskonsumenten bestellt? Hat die de-facto Entkriminalisierung zu einem Anstieg der kiffenden Menschen geführt? Und führte dies zum Umstieg auf andere, härtere Drogen? Die holländische Regierung stellte 1989 und 1996 den Erfolg einer seit 1976 grundlegend veränderten Drogenpolitik dar. Ihren Ergebnissen nach ist seit einigen Jahren der Konsum von Cannabis unter den Jugendlichen konstant. Die Zahl der Personen in den Niederlanden, die regelmäßig Cannabis nehmen, schätzt das NIAD (Nederlands Instituut voor Alkohol en Drugs) auf 675.000. In den ersten Jahren nach der Änderung des Betäubungsmittelgesetzes stabilisierte sich das Konsumniveau, nahm aber im Zeitraum 1984-1994 wieder etwas zu. Sowohl trendmäßig als auch der Höhe nach weicht der Konsum in den Niederlanden nicht stark von dem in anderen Ländern ab. Um dem Mythos etwas näher zu kommen, vergleichen wir doch einmal das Genußverhalten von Holländern, US-Amerikanern und Franzosen.

Cannabiskonsum unter 12-18jährigen Holländern

Jemals probiert

Letzten Monat genossen

1984

4.8%

2.3%

1988

8.0%

3.1%

1993

13.6%

6.5%

(Quelle: NIAD)


Cannabiskonsum unter 12-17jährigen US-Amerikanern

 

Jemals probiert

Letzten Monat genossen

1985

23.2%

11.2%

1988

24.7%

6.4%

1993

11.7%

4.9%

(Quelle: NIDA)

 

Cannabiskonsum unter Franzosen (1992)

Alter

Jemals probiert

12-17 Jahre

4%

18-24 Jahre

32%

25-34 Jahre

31%

35-101 Jahre

14%

(Quelle: Comité Francedilais d`Education pour la Santé, 719 befragte Personen)

Die Tabellen zeigen, daß in Ländern mit strenger Aufsicht durchaus Cannabis unter den Jugendlichen grassiert. In den USA wird trotz einer restriktiven Cannabisprohibition gekifft was das Zeug hält. Der Konsum wird offenbar in erster Linie durch Moden innerhalb der internationalen Jugendkultur und durch andere Entwicklungen, wie der Zunahme der Langzeitarbeitslosigkeit unter Jugendlichen, beeinflußt. Von der staatlichen Drogenpolitik und der damit zusammenhängenden Verfügbarkeit von Drogen geht nur ein beschränkter Einfluß aus. Wie der Bundesdrogenbeauftragte Eduard („Ede“) Lintner trotz der Fakten und Zahlen auf die Idee kommt zu behaupten, daß niederländische Coffee-Shop Modell sei insgesamt gescheitert, weiß wohl nur er. Die holländische Regierung jedenfalls geht weiterhin davon aus, daß sie einen wertvollen Beitrag zur Trennung der Märkte zwischen harten und weichen Drogen leisten konnte. Und unter Vertretern einer progressiven Drogenpolitik wird das holländische Konzept seit Jahren als durchaus auf Deutschland anwendbar gesehen.

Ein holländischer Experte in Cannabisfragen, Mario Lap, möchte einen Schritt weiter gehen: Er schlägt ein staatliches Lizenzsystem für Cannabisprodukte vor. Die Vorteile: Der Markt würde vollständig aus dem kriminellen Millieu herausgelöst werden und es würde ein legaler Erwerbsbereich mit neuen Arbeitsplätzen entstehen. Zudem würden, so Lap, Polizei und Justiz entlastet, es könnten Qualitätskontrollen eingeführt und eine zielgerichtete Prävention entwickelt werden.

 

Jörg Auf dem Hövel

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Wie mich jede Frau rumkriegt

Petra 12/2002

Wie mich jede Frau rumkriegt

Sie leben kommod in ihrer Welt und fühlen recht genau, wen sie in diese Sphäre herein lassen. Sie sitzen im Cafe, ins Buch vertieft, oder im Waschsalon, die T-Shirts faltend, oder am Strand, das Meer schauend. Frauen in Sphären. Aus einem unerfindlich Grund habe ich die Ehre, diese Blase für einen Moment zu betreten. Damit ist schon der Wunsch nach Privatheit angedeutet. Klar, am Anfang war das optische Feuer, dann aber folgt das Wort. Der erste Blick zu mir geht nicht fahrig nach Sekunden zum nächsten Objekt, die ersten Worte fallen nicht hastig, und durchs Haar wird sich dabei schon mal gar nicht gestrichen.

Um was geht es beim rumkriegen? Oberflächlich betrachtet wohl tatsächlich darum, mich möglichst schnell zum Knutschen anzustiften. Bei feinerer Auflösung zeigt sich mehr. Es geht um die vollständige Bekehrung meiner Person, darum, in naher Zukunft der Dame alle Wünsche zu erfüllen. Und das auch noch mit müheloser Freude. Die ersten Schritte dazu sollten gut überlegt sein – das Problem ist nur, dass sie dabei nicht überlegt wirken dürfen. Der erste Kontakt muss wie ein kosmischer Postbote völlig überraschend meine innere Klingel drücken.

Männer sind vielleicht alle gleich, wollen aber etwas Besonderes sein. Wenn ich schon in den ersten Momenten ihr persönlicher Brad Pitt bin, gibt das enorm Punkte auf dem Einwickel-Konto. Schon nach den ersten Worten muss klar sein, das ich nicht Teil der uns umgebenden Öffentlichkeit bin, sondern ein privates Stück Neuland, das vorsichtig beschritten wird – vielleicht aber auch im Sturm genommen.

Nichts gegen Komplimente, aber welcher wirklich starke Mann wird schon gerne angehimmelt? Und nichts gegen devote Spielchen, volle Ergebenheit aber ist ein Zeichen von Unselbständigkeit. Wo ein ewiger Macher ist, da ist die, die es „mit sich machen lässt“ nicht weit.

Womit wir bei dem Problemsäckchen der überstandenen „Beziehungen“ sind, das anscheinend jeder im Alter über 25 mit sich rumträgt. Zum wirklichen schwerwiegenden Problem wird dies nur dann, wenn darüber die Neuanbahnung von Leidenschaft leidet. Probleme haben wir alle, diese allerdings gleich in den ersten Tagen, geschweige denn ersten Minuten und Stunden durch den Fleischwolf der Analyse drehen zu wollen, ist unklug. Denn dann bleibt oft nicht viel mehr als eine Träne in der Morgendämmerung, die vergeblich darauf wartet von jemanden weggeküsst zu werden.

Welcher Mann hat nicht schon einige Wochen damit verbracht festzustellen, dass hinter einem vermeintlich weiblichen Tiefsinn nur eine andauernde Krisenstimmung steckte? Frohsinn kann man kaum üben, wohl aber die naive, dass heißt unschuldige Sicht auf die neuen Dinge. Die Wissbegier turnt an.

Wer meint, alle Schubladen in seinem Kabinettschränkchen schon mustergültig fertig gezimmert zu haben, der braucht erst gar nicht die Kerzen im Zimmer anzünden. Will man es dermaßen passiv wenden, sind wir Herren natürlich abgewatschte Kinder der Emanzipations-Bewegung, die heute vor dem Problem stehen, geschmeidig zwischen Abwasch und Alpha-Tier-Dasein unser Selbst zu definieren. Aber wer will schon eine solche leidende Männlichkeit für sich konstruieren? Als stets aktiv-riemiger Akteur sind wir arteigen eher darum bemüht, den Damen unsere wahres Ich vor Augen zu führen: Und diese Gesamtperson besteht aus einem Körper, der bis in die letzte Faser romantisch ist – und dem Hirn eines Zuchtbullen.

Womit wir beim Sex wären. Um es abzukürzen: Es muss vom ersten Moment klar sein, dass diese Frau in der Lage sein wird, aus meinem alltagserschlafften Körper eine ausdauernde Fickmaschine zu machen. Weil hier halt Magie wirkt, sind die ultimativen Flachleg-Signale leider nicht genau kategorisierbar; es bleiben nur zwei Tipps. Kein Mann mit Stil will mit der Breitseite aus Zigarettenqualm und Prosecco überwältigt zu werden. Daher darf die Zunge erst nach einer zehnminütigen Vorspiel ins Kusskriegen eingreifen. Was überhaupt nicht geht, ist Oralverkehr in der ersten Nacht. Zwei Stunden nach dem Erstkontakt einen geblasen zu bekommen, dies lässt auf niedere Beweggründe der Dame schließen. Es muss die stete Hoffung im Raum schweben, dass aus der einen Nacht ein Onelifestand wird. Es sei in aller Deutlichkeit formuliert: Artistische Verrenkungen, schlimmstenfalls noch verbunden mit brutalem Präorgasmusgeächz, sind kontraproduktiv. Deuten sie doch auf einen allzu professionell interpretierten Akt hin, der mehr an Arbeit als denn an den sanften Schmelz der Zärtlichkeit erinnert. Nichts, aber auch gar nichts darf darauf erinnern, dass es vor uns einen anderen ernst zu nehmenden Mann gegeben hat.

Nein, schlaue Frauen machen uns Männern keine Angst. Intelligenz sollte sich eben nur nicht im Abruf von Wissen manifestieren, eher in der gewitzten Improvisation des Geistes. Die Fähigkeit flexibel zu reagieren beinhaltet das Überraschungsmoment. Nachts aufgeweckt zu werden und unmissverständlich zu einer Fahrt ins Spielcasino aufgefordert zu werden – das ist sinnlich. Vielleicht ist auch das eine Folge der 68er, aber wir Männer sehen schon lange keinen Grund mehr ständig die Aktionsagenda in der Hand halten zu müssen.

Und nun zur schwierigsten und zugleich unwichtigsten aller Fragen: Wie muss sie aussehen? Um es mal im Bild auszudrücken: Der leicht fettige Glanz, den die von mir kredenzten Bratkartoffeln auf ihren Lippen hinterlassen, der muss ihr gut stehen. Als grobe Faustregel gilt: Wer lustlos im Salat rumstochert, bleibt allein. Auch der neue Trend, ständig Wasserflaschen mit sich rumzutragen, um einen stets optimalen Wasserhaushalt zu gewährleisten, ist anzuprangern. In Gegenwart von Männern trinkt Frau Bier – und eben gut gebrannten Kaffee, um einen leicht hysterischen Koffeinpegel zu gewährleisten.

Um es endlich abzukürzen: Dreifach aufgehoben will ich sein. Aufgehoben im Sinne einer Wärme, die durch die Frau mich umgibt, aufgehoben im Sinne einer Erhöhung, die ich mit ihr zusammen erleben will und aufgehoben im Sinne einer Auflösung, die unsere Personen in etwas Neues, Großes transformiert. Große Worte, sicher, vielleicht ist es daher auch eher die Aufgehobenheit im vierten Sinne des Wortes, nämlich die, das sie sich nicht zu schade war, mich aus dem dunklen Gully der Einsamkeit aufzuheben.

 

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Mixed Rezensionen

Dieter Bohlen seine Wahrheit

Telepolis v. 29.11.2002

Nichts, auch nicht die Wahrheit

Wenn man das Buch von unserem Dieter nicht als *.pdf saugt, dann würdigt man zugleich Heinz von Foerster.

An der „Wahrheit“ hat sich schon so mancher Philosoph den Zeh verrenkt. Nach Jahrtausende lang schwelender Diskussion fand sich nun ein diplomierter Betriebswirt diese Kernfrage der Menschheit ihrer endgültigen Lösung zuzuführen. Die Wahrheit, so sein Credo, ist das was Dieter sagt.

Wir erinnern uns: Kulturpessimisten sahen schon durch das Geträller der Pop-Engel von „Modern Talking“ den Untergang des Abendlandes bevorstehen. Sie mutmaßten, dass es tiefer nicht mehr gehen könne, aber sie mussten sich eines besseren belehren lassen. Nun diagnostizieren sie einen neuen Tiefstand auf der nach unten offenen Verblödungsskala. Von Dieter Bohlens Erinnerungen an „Nichts als die Wahrheit“ sind bereits 500.000 Tausend Exemplare verkauft und auf KaZaA kursiert die Biografie als pdf-Dokument. Der Bohlen-Virus hat die Republik erfasst, die Symptome: zunächst schwach-schüchternes Hüsteln, später vehementes Gekicher, begleitet von akuter Bestürzung.

Der Virus lässt die Rezipienten taumeln, sie sind hin- und hergeworfen zwischen peinlicher Berührung und der Begeisterung über die Courage, von Penisbrüchen und Teppichludern zu klönen. Lange Zeit herrschte pures Entsetzen über den vulgären Dummbatz, der alle seine Peinlichkeiten zu Markte trägt – bis bemerkt wurde, dass er uns damit alle erleichtert. Da war er, ein Sündenbock, der sich nicht einmal daran störte, dass die Republik ihren Hohn auf ihn lädt, mehr noch, der sich sichtlich wohl im kollektiven Tratsch-Gedächtnis der Gesellschaft fühlte.

Respekt wird „dem Dieda“ vor allem deshalb gezollt, weil es ihm egal zu sein scheint zum Gespött der Leute zu werden. Damit ist er vorläufiges Endprodukt einer Gesellschaft, in der jeder Vorstadt-Honk allein dafür Anerkennung erheischen will, dass er bereit ist, seine privaten Befindlichkeiten in einer Talkshow zur Schau zu stellen. Sicher, Bohlen, 48, ist erfolgreicher Produzent von Billig-Pop, aber seine musikalische Kunst stand schon vor Veröffentlichung des Buches völlig im Schatten seiner Lendenkunst. Denn, wenn man ehrlich ist, wirklich erlebt, etwas durchgemacht, von dem es sich zu erzählen lohnt, hat der Mann nicht.

Was auf den Inhalt seines Trieb-Werks deutet. Der Literat erzählt Anekdoten aus seinem Leben, auf der Strecke bleiben bei dieser Jagd nach Amüsement vor allem die „Pistenhühner“ und seine ehemaligen Weggefährtinnen. Ein Beispiel? Mit unverhüllter Häme lässt er sich über die vermeintliche Scheusslichkeit der Wohnung seiner Ex-Frau Verona Feldbusch aus, ausgerechnet er, dessen Inneneinrichtung seines Hauses in Tostedt bei Hamburg, ein um Ikea-Elemente bereichertes Gelsenkirchener-Barock, kaum mit makellosen Worten zu würdigen ist, ausgerechnet er, der ein paar Seiten vorher noch von seiner „megageilen Flicken-Jacke aus fünfundzwanzig verschiedenen Jeans-Stoffen“ schwärmt.

Noch ein Beispiel? En detail berichtet er vom -aus seiner Sicht- gefährlichen Umgang seiner anderen Ex, die auf den Namen „Naddel“ hört, mit Alkohol. So wollte er, sagte das Alpha-Männchen jetzt in einem Interview, sie dazu anregen, „darüber nachzudenken, ob man das nicht ändern“ könne. Klar, die Bild-Zeitung berichtet bekanntlich ja auch über die Homosexualität einer Tatort-Kommissarin, um sie von ihrem Irrweg abzubringen.

„Hallo McFly, jemand zu Hause?“

Das ist Bohlens Umgang mit der Wahrheit. Dass seine subjektive Wahrheit nicht die Wahrheit der anderen ist, nicht sein kann, das interessiert den Dieter nicht. Kognitionswissenschaftler und Kybernetik-Legenden, wie der kürzlich verstorbene Heinz von Foerster, weisen darauf hin, wie beobachterabhängig, wie subjektiv die wahr genommene Realität ist. „Wahrheit“, so gab von Foerster zu bedenken, „ist die Erfindung eines Lügners“. Wer von sich behauptet im Besitz der Wahrheit zu sein, der stempele damit andere zum Lügner ab.

Bohlen ist sicher Meister darin, seine ganz persönliche Wahrheit für sich so zu gestalten, dass er schmerzfrei – andere sagen merkbefreit – durch das Leben gleitet. Was er sich überhaupt nicht vorstellen kann, ist, dass gerade der intime Bereich zwischenmenschlicher Beziehungen eben nicht von Wahrheit, sondern durch Wahrhaftigkeit lebt. Als ob es eine Wahrheit darüber geben würde, ob die von Dieter so heiß geliebten Kissen fürwahr, tatsächlich und faktisch richtig auf dem Sofa liegen.

Zugegeben: Fast jeder muss beim Überfliegen von Bohlens Schabernack-Machwerk lächeln, zugleich möchte man dem Fahrer von Geronimo´s-Cadillac einen Schirm leihen, damit es oben nicht rein regnet. Bohlens Geseier kann man als erfrischend schnoddrig, als proletarische Antwort auf die „political correctness“ abfeiern oder im gepflegten Ton als „Schnörkellosigkeit und Lakonie“ (FAZ) bezeichnen. Es bleibt die Einsicht, dass Typen wie Bohlen das Betriebssystem der Spaßgesellschaft sind. Die sollte ja eigentlich nach dem 11. September begraben werden, „aber Pustkuchen“, wie Dieter wohl sagen würde.

Es ängstigt, aber es gibt kaum einen Lichtblick für ein Leben nach Bohlen: Er bedient den Kulturbetrieb einer Republik, in der schnöde Pop-Literaten wie Christian Kracht und Florian Illies („Generation Golf“) deutlich herausstellen, dass die richtige CD im Schrank wichtiger ist als soziale Schieflagen. Zugleich ist die Halbwertszeit von medial aufbereiteten und konstruierten Hypes noch nie so kurz gewesen. Vorgestern Essig-Diät, gestern Rinderwahnsinn, heute 80er Revival, morgen klaut der Strunz dem Effe die Frau zurück. Bohlen, die „gusseiserne Geldvisage“ (Wiglaf Droste), weiß von der Flüchtigkeit dieses Geschäfts, damit er weiterhin seine Kohle aus diesem Voyeurismus-Betrieb ziehen kann ist bereits eine Fortsetzung seiner Lebensbeichte angekündigt.

 

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Reisen

Mit Alexander Jolig auf Verlobungsreise oder Von der Schwierigkeit, im Gespräch zu bleiben

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Berliner Zeitung v. 02.11.2002 Stark gekürzte Fassung! Hier das Original

Die Leiden eines Emporkömmlings

Mit Alexander Jolig auf Verlobungsreise oder Von der Schwierigkeit, im Gespräch zu bleiben

Es war ein „ganz normaler Sonntag“, versichert Sam, als Alex ihr einen Heiratsantrag machte. „Wir waren auf dem Weg vom Sonnenstudio in die Videothek, da sagte der Alex, dass heiraten ja auch nicht schlecht wäre.“ Sam will gerade mit der romantischen Geschichte fortfahren, aber die Dame von RTL ist nicht zufrieden und sagt deshalb „Schnitt, noch mal, bitte.“ Neulich auf den Azoren. „Container-Alex und Sam zur Verlobung auf den Trauminseln“, so sollen die Headlines prangen und darum hat die Tourismus-Zentrale geladen. Seit Jahren stagniert der Touristenstrom, zusammen mit einer Münchener Medienagentur sind daher das Ziel und die Mittel festgelegt worden: Das Paar soll den Bundesbürgern die Inseln schmackhaft machen. Die Presse und deren Opfer kommen in einem Ressort an der Steilküste unter. Alle verstehen sich gut, auch dienstlich probt man den Gleichklang. Den einen geht es um die Erhellung von mausgrauen Alltagswohnzimmern mit dem Glanz eines schillernden Pärchens, den anderen darum, einen Platz im Tratsch-Gedächtnis der Gesellschaft zu ergattern.

Wir brauchen einen O-Ton

Ab jetzt beobachten die Medien jeden Schritt der beiden. Das Kamerateam filmt für RTL-Explosiv, der einsame Journalist schreibt eifrig in seine Kladde. Erste Station: Der Hafen von Vila Franca. Es geht hinaus aufs Meer, „Dolphin-Watching“. Die kleinen Racker sind tatsächlich zugegen, ein Rudel Fleckendelfine durchpflügt das Wasser. Ein Delfin schießt sich drei Meter hoch und setzt eine Mords- Arschbombe ins Wasser. Die Kamera läuft, ein gewagter Schwenk zwischen Sams Beine. „Wir brauchen einen O-Ton!“, bestimmt die Frau von RTL. Also raus das Mikro: „Ein tolles Erlebnis“, sagt Sam. Danke, Schnitt.

Abendessen, Alex betritt den Raum. Eine Mischung aus Zorro und Marlon Brando, Panzerkette um den Hals, Silberkette ums Handgelenk. RTL, Schreiberlinge und das Paar sitzen wieder an einem Tisch. Sam erzählt begeistert von Ereignissen aus Pool und Bad. Brandy, eine Zigarre, kommod lehnt sich Alex zurück. Mittlerweile sitzt man in der Bar, die Lampen sehen aus als wären sie vom blinden Bruder von Verner Panton designt, rote Cordhocker bevölkern den Raum. Das Meer, ja, das mag Alex, die fast unendliche Weite. Sein Traum? „Ein Bötchen“, sagt er bescheiden, „und dann rund um die Welt segeln.“

Alex Jolig braucht die Medien, denn sie waren es, die ihn zu einem Macho, zu einem Diplomatensohn mit Heckspoiler stilisiert haben, niveauvoller als Slatko, aber eben doch nur ein Emporkömmling aus einer Reality-Soap. Man konnte ihn zu Talkshows einladen, um seine musikalischen Gehversuche, seine Filmauftritte oder seine Liaison mit Jenny Elvers zu belächeln. Der Mensch Jolig blieb dabei uninteressant. Schon die Authentizität der blechernen Big-Brother-Beziehungskiste war nur eine scheinbare. An den Mischpulten des Fernsehsenders wurde genau darauf geachtet, welche Bilder über den Äther gingen. Die Damen putzten das Klo, während Alex in Macho-Pose auf dem Sofa schwieg. „Ich habe genau so im Haushalt gearbeitet wie alle anderen auch“, sagt Alex heute. Zu spät. Höhepunkt war sicherlich, als Kerstin dem guten Alex vor laufenden Nachtsicht-Kameras einen geblasen hat. So entstand das Image vom Pascha, der das pralle Leben in vollen Zügen genießt.

Darunter leidet er, denn ewig will er den Ballermann nicht mimen. Aber er ahnt, dass ein Star nur das ist, was über ihn bekannt wird – egal, ob wahr oder falsch, wichtig oder unwichtig, ganz egal auch, ob es dem Menschen dahinter gerecht wird. Aber im Gegensatz zu echten Stars bleibt bei vielen medialen Produkten des neuen Jahrtausends unklar, weshalb sie ihre exponierte Position in der Öffentlichkeit einnehmen. Jenny Elvers, Ariane Sommer, Verona Feldbusch oder „Party-König“ Michael Ammer: Der „Rohstoff Person“ ist dünn, der Einzelne reklamiert Beachtung aus keinem anderen Grund als der Freimütigkeit, mit der er seine Befindlichkeiten zur Schau stellt.

So steht für die Halb-Promis die Frage: Wie im Gespräch bleiben, ohne zum Gespött zu werden? Darüber grübelt Alex nach, darüber grübelt Sam nach. Hinter den beiden steht keine mächtige Plattenfirma, die den Medien mit dem Entzug der Werbeschaltungen drohen kann, wenn Unliebsames berichtet wird. Dabei sind Alex und Sam keine Witzfiguren, es sei denn, man hält die Typen aus der Nachbarschaft für unbedingt verarschenswert. Sam, 26, keck, manchmal dreist, erinnert an das gut aussehende Mädchen, das jeder noch aus seiner Schule kennt. Alex ist freundlich, hilfsbereit, jovial, auch wenn die Kameras nicht in der Nähe sind.

Als Paar sind sie in erster Linie verliebt, zudem aber zunehmend entsetzt darüber, wie die Presse mit ihnen umgeht. „Die machen mit uns, was sie wollen.“ Nach dem zweiten Brandy schlägt Alex deshalb vor, man solle mal was „über den Menschen Alex Jolig“ schreiben. Darüber, weshalb er in den Container gegangen sei. Seine damalige Sinnkrise habe bisher noch niemanden interessiert.

Reiten mit RTL

Frühstück, dann die nächste Station: eine Hazienda, auf der stolze Rösser ihr Stroh futtern. Der käseweiße Verwalter gibt sich zugeknöpft. Sam entdeckt schnell einen stattlichen Gaul in den Boxen, der Cowboy aber deutet auf eine 21-jährige Mähre mit Karies. Der Gedanke, dass Alex einen seiner Klepper womöglich von hinten besteigt, treibt ihm die Schweißtropfen auf die hagere Brust. Egal, RTL will Bilder, und Hans Alexander Jolig soll jetzt reiten. Der Rücken vom Klepper biegt sich so sehr durch, dass die Bauchdecke fast den Boden streift, Alex ist nicht besonders glücklich. Zu allem Überfluss will das RTL-Team Alex verkehrt rum auf dem Pferd sehen, ein wahrhaft explosiver Gag. Das Wuschelmikro schwebt wie ein Damoklesschwert über dem Paar. Schnitt.

Und so geht es weiter. Von schwefelhaltigen Dampfterrassen über Teefabriken bis hin zum Grützwurst-mit-Schweinefleisch-Essen, sechs Stunden im Erdloch gebacken und nur mit Senf zu genießen. Inmitten des Wahnwitzes taumeln Sam und Alex. Und manchmal stehen sie recht verloren da. Dann nimmt Sam die Hand von Alex, drückt sie und fragt lächelnd: „Alles roger in Kambodscha?“


Für 100 Tage populär

Am 28. Februar 2000 zog Alex Jolig für die erste Staffel der „Big-Brother“-Show in den Container ein. Ebenfalls dabei: Jürgen, Zlatko, John, Thomas, Despina, Andrea Manuela, Kerstin und Jana. Nach 100 Tagen war das Spektakel vorbei. Zwei weitere Big-Brother-Shows folgten, dann erlahmte das Interesse des Publikums.
Die meisten Big-Brother Bewohner verschwanden wieder in der Versenkung. Alex Jolig versuchte sich als Schauspieler, Sänger und Werbeträger und geriet durch seine Affäre mit Jenny Elvers in die Schlagzeilen. Sein Mitbewohner Jürgen bringt gerade sein Buch „Ich sag s“ heraus, in dem er alte Big-Brother-Geschichten aufwärmt.

(Stark gekürzte Fassung! Hier das Original)

 

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Künstliche Intelligenz

Deep Fritz vs. Vladimir Kramnik

Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 08.10.2002

Dummes Verhalten und intelligentes Berechnen

Der Wettkampf von Weltmeister Vladimir Kramnik gegen das Schachprogramm „Deep Fritz“ wirft erneut die Frage nach dem Unterschied zwischen künstlicher und menschlicher Intelligenz auf.

Vom 4. bis 19. Oktober ist es soweit: Der inoffizielle Schachweltmeister Vladimir Kramnik, 27, tritt im Wüstenstaat Bahrain gegen das spielstärkste Schachprogramm der Welt mit Namen „Fritz“ an. Unter Experten gilt die Partie als offen, die Kontrahenten geben sich derweil selbstbewusst. „Kramnik wird die Partie langweilig halten müssen, wenn er eine Chance haben will“, behauptet Frederic Friedel, einer der Entwickler von Fritz. Das Programm gilt als mindestens ebenso stark wie seinerzeit „Deep Blue“, der IBM-Rechner, welcher 1997 gegen Garry Kasparov angetreten war. Weltmeister Kramnik bereitet sich seit einem Jahr auf den Wettkampf vor. Eine seiner Forderungen war, dass er das Programm vorzeitig erhält; ein Umstand, der Friedel Bauchschmerzen bereitet: „Das ist so, als ob ich vor einer anstehenden Debatte mit ihnen einen Klon ihrer Person bekomme. Nach kurzer Zeit weiß ich genau, welche Argumente sie brillant widerlegen und bei welchen sie Schwächen aufweisen.“

Seit Kasparov das Match gegen Deep Blue verloren hat ist es zu keinem Aufeinandertreffen der Potentaten menschlicher und maschineller Intelligenz mehr gekommen. Im Gegensatz zu Deep Blue, der nur für das Spiel gegen Kasparov konzipiert wurde, ist Fritz ein handelsübliches Programm, welches auf jedem PC läuft. In Bahrain tritt die Originalsoftware allerdings nicht auf einem Kaufhausrechner an. Acht Intel-Pentium Prozessoren werden parallel geschaltet und ermöglichen dem dadurch entstehenden „Deep Fritz“ an die 3 Millionen Stellungen in der Sekunde zu vergleichen. Zum Vergleich: Fritz 7 auf einem PC von der Stange berechnet in der gleichen Zeit rund 500 Tausend Stellungen. Deep Blue kam 1997 auf 200 Millionen Positionen. Damit ist das deutsche Programm zwar deutlich langsamer als Deep Blue, seine Algorithmen sind aber ausgefeilter. Die von IBM entwickelte Software war weithin in Silikon gegossen, das Programm musste einfach gehalten werden. Die Entwickler von Fritz testen und modifizieren Programmteile dagegen ständig. Das reicht für den großen Teil der schachspielenden Menschheit vollkommen aus, Fritz ist kaum zu schlagen – nur die rund 500 Schachgroßmeister in der Welt trotzen dieser Rechenkraft noch.

Wie sie das schaffen, bleibt weiterhin ihr Geheimnis. Im Gegensatz zum Rechner, der nach jedem Zug jede mögliche Zukunftsstellung zu bestimmen versucht, gehen die Großmeister offenbar anders vor: Glaubt man ihren Aussagen, sehen sie Schachstellungen eher als Bilder an. Abtauschkonfigurationen, Spielverlagerungen, Entwicklungschancen – das Schachbrett wird zum verinnerlichten Kunstwerk, in welchem komplexe Muster wiedererkannt werden. Trotz der Rechenleistung des Computer sind die Großmeister besser in der Lage Pläne für die ferne Zukunft zu schmieden. So erkennen sie bildhaft, ob eine Spielstellung zu einem Endspiel führt, welches erst in 30 Zügen für sie vorteilhaft ist. Ein Schachprogramm wie Fritz ist dagegen nur in der Lage maximal 14 Halbzüge im voraus zu berechnen, dann wird der Raum der möglichen Stellungen zu groß. Das Problem des Menschen dagegen: In seinen langfristigen Plänen existieren oft kleine Unstimmigkeiten, um nicht zu sagen Fehler. Diese Fehlschlüsse erkennt ein Programm zu 100 Prozent, innerhalb seines Horizontes von 14 Halbzügen entgeht dem Programm keine Chance, keine Gewinnkombination und keine Verteidigungsmöglichkeit. Je komplexer die Partie wird, umso mehr Schwierigkeiten wird Kramnik demnach haben die Übersicht zu behalten, ein Problem, welches Fritz nicht in sich trägt. Für das Programm existiert keine Kategorie wie „kompliziert“, noch kennt es „brillante“ Züge. So wird vermutet, dass Kramnik taktisch interessanten Stellungen aus dem Weg gehen wird.

Wie immer das Treffen der Koryphäen des Schachsport ausgehen wird, die Möglichkeit Künstlicher Intelligenz (KI) ist damit nur am Rande berührt. Das einst hitzig diskutierte Schlagwort KI hat einiges von seiner Aufgeregtheit verloren und viel an Erdung gewonnen: In vielen Bereichen sind Rechner zu Leistungen fähig, die vom Mensch ausgeführt zweifelsohne Intelligenz erfordern. Man denke nur an Landungssysteme für Flugzeuge, Expertensysteme, die dem Arzt als Diagnosehelfer zur Seite stehen oder die wenig bekannten Theorem-Programme, die selbständig mathematische Beweise finden, selbst solche, die bis dahin noch nicht bekannt waren. Ob das als intelligent bezeichnet werden darf, darüber wird seit einem halben Jahrhundert vor allem deshalb gestritten, weil man sich nicht auf eine allgemein gültige Definition von Intelligenz einigen kann.

Bis in die 90er Jahre gingen die Protagonisten der klassischen KI ausgesprochen oder unausgesprochen davon aus: Sobald die künstliche Erzeugung von Höchstleistungen gelungen sei, würden alle anderen Probleme des täglichen Lebens weitgehend lösbar sein. Tatsächlich beschränken sich die Erfolge der KI aber auf gewissermaßen künstliche Problemstellungen. Ein Hochleistungsrechner mit Greifarmen ist nicht in der Lage die Schuhbänder zu einer Schleife zu binden. Das kann jedes Kind lange bevor es mathematische Beweise lernt. Unscharfe Informationen bleiben demnach die Crux der KI.

Fremdsprachenübersetzungen sind ein weiteres gutes Beispiel dafür: Wörterbücher und Grammatikregeln der Sprachen dieser Welt liegen vor, trotzdem sind die Ergebnisse von maschinellen Übersetzungen erbärmlich. Warum? Weil Programme keinen Sinn in den Sätzen erkennen. Bei Menschen läuft die Sinnsuche regelmäßig und vorgeschaltet mit. Eine lausige Handschrift erkennen wir daher, weil wir den Sinn des Satzes nicht nur von seinen Buchstabenkombinationen her angehen.

Frederic Friedel, der Kasparov bei dessen Wettkampf gegen „Deep Blue“ sekundierte, hält seinen Fritz trotz fehlender Intuition und Sinnsuche für geistreich. Das das Programm letztlich nur schnell addieren, subtrahieren und vergleichen kann ist für Friedel kein Zeichen von Stumpfsinn, denn für ihn ist Intelligenz allein an beobachtbares Verhalten geknüpft: „Wenn ein technisches Verhalten ununterscheidbar von menschlichem Verhalten in einer Situation ist, dann spricht alles dafür das auch intelligent zu nennen.“

Fritz selbst beteiligt sich zur Zeit noch nicht an der Diskussion um seinen Verstand. Wenn es für ihn gut läuft in Bahrain, muss er die Prozessoren ohnehin erst spät warm laufen lassen: Seine Eröffnungsbibliothek umfasst zur Zeit rund 2 Millionen Partien, mit etwas Glück zitiert er zunächst nur aus einer ihm bereits bekannten Partie und fängt erst ab dem zwanzigsten Zug zu „denken“ an.

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Cannabis

Mythos: „Marihuana ist eine der Hauptursachen für Unfälle im Straßenverkehr“

Marihuana Mythen

Teil XII

Einmal erdacht verbreitet sich eine Idee oft sehr schnell und nachhaltig. Immer wieder zitiert, von Buch zu Buch weitergereicht, scheint auf einmal festzustehen, was eigentlich nur Annahme ist. Der Mythos ist geboren. Viele der Behauptungen rund um die Hanfpflanze stehen auf sandigem Grund, diese Serie hat sich zur Aufgabe gemacht, die Basis der Mythen zu überprüfen. Wie sieht es wirklich aus: Welchen Nutzen und welche Schäden kann der Konsument von Cannabis aus den pflanzlichen Wirkstoffen ziehen? Wo liegen Gefahren für Körper und Geist, wo Chancen für ihre Genesung? Der zwölfte Teil unserer Reihe behandelt den Mythos:

„Marihuana ist eine der Hauptursachen für Unfälle im Straßenverkehr“

Gegner einer Legalisierung von Cannabis argumentieren immer wieder, daß berau(s)chte Fahrer die Landstraßen und Autobahnen nicht nur extrem unsicher machen, sondern auch viele Unfälle verursachen. Stehen die Kiffer tatsächlich wie Cheech und Chong auf dem Standstreifen und fragen sich, wann sie ankommen und woher der ganze Nebel kommt?

 

DIE FAKTEN

 

Im diesem Mythos näher zu kommen ist es wichtig, sauber zwischen den verschiedenen Ursachen und Wirkungen zu unterscheiden. Fahren unter dem akuten Einfluß von Cannabis mag vielleicht von manchen als besonderes Erlebnis eingestuft werden, ist aber nicht nur gesetzlich verboten, sondern stellt auch eine unverantwortliche Gefährdung der Mitmenschen dar. Dies billigt aber nicht die momentan in der Bundesrepublik zu beobachtende Tendenz, auch bei nicht-akuten Cannabiskonsum den Führerschein zu entziehen. Vergleiche zum Alkohol sollten eigentlich helfen, die verworrende Rechtslage zu Vereinheitlichen und Recht und Gerechtigkeit wieder zusammenzuführen. Soviel vorweg – stürzen wir uns nun in das Zahlenmaterial:

In den USA wird der Zusammenhang von Drogen wie Alkohol und Cannabis und dem Führen von Kraftfahrzeugen und Unfallhäufigkeiten schon länger untersucht. In allen Studien war Alkohol in über 50 Prozent der Fälle präsent, Marihuana wurde weitaus weniger oft im Blut gefunden. Eine junge Studie, gesponsort von der „National Highway Traffic Safety Administration“ (NHTSA) analysierte annähernd 2000 schwere Unfälle auf den Highways der Vereinigten Staaten. 6.7 Prozent der Fahrer und Fahrerinnen waren Cannabis-Positiv. In mehr als 2/3 dieser Fälle rauschte auch Alkohol durch die Blutbahn und die Wissenschaftler meinten, daß hauptsächlich dieser für den fatalen Ausgang der Autofahrt verantwortlich war. Die Arbeit von R. Lawrence (1993) ist exemplarisch für die USA. Er untersuchte (nur) 39 Menschen, davon waren das Blut von 15 (39 Prozent) mit THC-Metaboliten gesegnet.

Bislang wagte man nur einmal, Kiffer unter kontrollierten Bedingungen auf den alltäglichen Wahnsinn des Verkehrs loszulassen. In einer international Aufsehen erregenden Studie schickte H.W.J. Robbe von der Universität Maastricht bekiffte Fahrer in die Stadt. Friedlich und langsam kurvten diese umher, größere Gefahren für Mensch und Tier blieben aus. Cannabis beeinflußt die Aufmerksamkeit nicht so stark wie Alkohol und im Gegensatz zu der Flüssigdroge fuhren die Teilnehmer langsamer als im Normalzustand. Dies liegt vermutlich auch daran, daß die Leute wußten, daß sie berauscht sind – die alkoholtypische Selbstüberschätzung blieb aus.

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Unfälle unter Alkohol sind zumeist Geschwindigkeitsunfälle, beim Hanf gibt es keinen prägnanten Unfalltyp. Bisher scheiterte die Wissenschaft daran, eine Dosis-Konzentrations-Wirkungs-Beziehung herauszufinden. Noch schwieriger ist dies natürlich für Dauerkiffer, die nicht so schnell unter Leistungseinbußen leiden.

Hans-Peter Krüger von der Universität Würzburg faßt zusammen: „Alkohol dämpft die Aufmerksamkeit, Cannabis perforiert sie.“ Bei Kiffer käme es, so Krüger, zu Löcher in der Konzentration, wenn sie Cannais konsumiert hätten. Der Professor führte jüngst den größten deutschen Roadside-Survey durch, das heißt, die Forscher griffen zufällig Autos aus dem Straßenverkehr und untersuchten den Speichel der Fahrer (mit ihrer Einwilligung) nach Drogen. Von den 3000 Proben enthielten nur 0,61 Prozent Spuren von Cannabis.

Es gibt noch andere überraschende Ergebnisse: Faßt man verschiedene US-Studien zusammen (Hausmann, Williams, Terhune, Drummrer) sinkt das Unfallrisiko sogar, wenn Cannabis konsumiert wurde. Gegenteiliges behauptet Marowitz (1995) der 9957 Fälle untersuchte. Danach verursachen Rauschhänflinge mehr Unfälle als Abstinenzler. Vorsicht ist immer dann geboten, wenn eine Untersuchung nur feststellt, daß der Fahrer „irgendwann“ in den letzten Monaten Hanf genossen hatte.

Trotz der Arbeit von Krüger fehlt es in der Bundesrepublik an verläßlichen Daten über die Häufigkeit der cannabisbeeinflußten Teilnahme am Straßenverkehr. M.R. Möller berichtete 1993, daß er im Rahmen einer Analyse von 660 Blutproben in 54 Fällen (nicht-akuten) Cannabiskonsum nachweisen konnte. T. Daldrup stellte nach einer Überprüfung von über 200 Blutproben von verunfallten, alkoholisierten Fahrern fest, daß ein Anteil von 11 Prozent THC-positiv war.

Aber was nützen all´ die Zahlen? Die Wissenschaft tut sich momentan schwer, einen Grenzwert für die Fahruntüchtigkeit nach Cannabiskonsum festzulegen. Und glaubt man einem Teil der Juristen, läßt sich ein „Nullwert“ nicht ohne weiteres ohne Verletzung geltenden Rechts festsetzen. Gleichwohl führt oft schon der Erwerb und Besitz der pflanzlichen Wirkstoffe zum Entzug der Fahrerlaubnis und zum Anordnung einer MPU. Und dies obwohl alle verfügbaren Zahlen nicht den Schluß zulassen, daß immer mehr Kiffer die Straßen unsicher machen. Noch verfehlter ist es, den Cannabisfahrten sogar „unterschwellig einen höheren Stellenwert beizumessen, als dies im Zusammenhang mit Alkohol der Fall ist“, wie der Bremer Rechtsanwalt Reinhard Bieniek sagt.

Auch um die gängige Praxis der Verwaltungsgerichte zu beenden, aufgrund des Fehlens eines Grenzwerts automatisch auf die generelle Fahruntüchtigkeit eines Cannabis-Liebhabers zu schließen, bemühen sich jetzt die Forscher vermehrt um die Festlegung eines Werts vergleichbar der 0.8 Promille-Grenze beim Alkohol. Ein Vorschlag lautet: Wenn im Blut (zwei Stunden nach Fahrantritt) mehr als 13 Nannogramm/Milliliter THC aufgefunden wird, gilt der Delinquent als unerlaubt bekifft. Andere Wissenschaftler schlagen vor, diese Grenze bereits bei 3-7 ng festzulegen. Wie auch immer entschieden wird: Die Hanffans hoffen, daß das Argument der Fahruntauglichkeit ein (letztes?) Rückzugsgefecht der Legalisierungsgegner ist.

 

Jörg Auf dem Hövel

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Cannabis

Marihuana Mythos 6: “Marihuana beeinflußt den sexuellen Reifeprozeß und die Fähigkeit zur Fortpflanzung”

Marihuana Mythen – Marihuana Fakten

Teil VI

Das Messer der Erkenntnis muß scharf sein, welches eine Schneise in die wild wuchernde Mythen rund um den Hanf schlagen will. Der Erfolg der Arbeit lohnt die Mühe, denn der wahre Hanf kommt zum Vorschein, entkleidet aller bewußt oder unbewußt gesäten und gewachsenen Behauptungen. Wie sieht es tatsächlich aus: Welchen Nutzen und welche Schäden kann der Konsument von Cannabis aus den pflanzlichen Wirkstoffen ziehen? Wo liegen Gefahren für Körper und Geist, wo Chancen für ihre Genesung? Der sechste Teil der Klärung beschäftigt sich mit der These

„Marihuana beeinflußt den sexuellen Reifeprozeß und die Fähigkeit zur Fortpflanzung“

Was für eine Horror-Vorstellung. Impotent und zeugungsunfähig fristen unausgereifte Kiffer und Kifferinnen ein fruchtlosen Dasein – sexuell frustiert fällt den Paaren nichts anderes ein, als den nächsten Bong blubbern zu lassen. Es gibt tatsächlich einen Mythos, der die Schädlichkeit von Cannabis für die Fortpflanzung und den sexuellen Reifeprozeß behauptet. Dem Hanf wird zugeschrieben, in die Produktion von Hormonen einzugreifen, welche die geschlechtliche Vermehrung der Spezies „Mensch“ steuern. So sei es möglich, nebuliert dieser Mythos um die Wirklichkeit, daß heranwachsene Humanoide sich langsamer als ursprünglich möglich zur sexuellen Reife entwicklen oder gar gänzlich unfruchtbar bleiben. Starker Tobak. Da hälz man sich doch lieber mit Schlabberbacke Markwort an

DIE FAKTEN

Ein Pferd sollte von vorne aufgezäumt werden: Ursprung jeder wissenschaftlichen Untersuchung ist eine Idee, eine ungefähre Vorstellung davon, wie ein Zusammenhang zwischen zwei Phänomenen aussehen könnte. Diese Idee gedeiht nicht aus dem Nichts, sondern ist durch das Umfeld des Wissenschaftler, durch seine Erziehung und seine Ansichten mitbestimmt, sogar präformiert. Die Behauptung der Schädlichkeit von Cannabis für die Fortpflanzungsfähigkeit des Mannes entstand in den Zeiten der „Reefer Madness“ Kampagne im Amerika der 30er Jahre. Neben vielen anderem Unsinn behauptete die staatliche Propagandamaschine damals, Marihuana würde aus jungen Männern weiche Waschlappen machen. Der Staat hoffte darauf, durch diese Taktik Jünglinge vom kiffen abzuhalten. Es ist dieser Hintergrund, der die Gelehrten in ihren Labors nach einem Zusammenhang suchen ließ – und sie fanden ihn. Anno 1974 beobachteten Forscher bei ihren Probanden, welche sie vier Wochen lang hatten kiffen lassen, einen abgesenkten Testosteronspiegel. Dieses Hormon ist das wichtigste männliche Geschlechtshormon und wird im Hoden gebildet. Aber nicht nur der Level des sexy Hormons lag bei den 20 Männern niedriger als bei der Kontrollgruppe, auch die Spermien zeigten sich bei den Rauchern in erheblich weniger großer Zahl. Nachdem das Cannabis abgesetzt wurde, schnellte die Zahl der Spermien wieder in die Höhe und auch der Testosteronspiegel stieg wieder auf sein normales Maß an. Dieser Bericht löste eine Kontroverse aus, die jahrelang schwelte und bis heute anhält. Wie üblich, versuchten andere Wissenschaftler diese Ergebnisse zu bestätigen, dies mißlang zumeist. Weil sie zum Teil sehr hohe THC-Dosen verabreichten, konnte die Studie später noch einmal dahingehend bestätigt werden, daß man einen leichten Rückgang der Spermakonzentration beobachtete. In einigen Untersuchungen lagen die Veränderungen aber in einem Spielraum, der nur schwerlich die Interpretation zuließ, daß der Proband zeugungsunfähig ist. In anderen Untersuchungen wiesen die Forscher einen Rückgang der Spermien im Ejakulat um 40 Prozent nach, die Beweglichkeit der potentiellen Babys war um 20 Prozent herabgesetzt. Auch hier normalisierte sich die Lage aber nach dem Ende des Versuchs.

Lange Zeit kursierten die Bilder einer Forschungsarbeit in Wissenschaftskreisen, welche die deformierten Spermien von Männern zeigten, die als „Dauerkiffer“ bezeichnet wurden. Diese griechische Studie aus dem Jahre 1975 trat mit Mikroaufnahmen an die Öffentlichkeit, die stark geschädigte menschliche Spermazellen darstellten. Später stellte sich heraus, daß die Fotos manipuliert worden waren, und die Verfasser des Aufsatz mußten ihre falsche Darstellung in der Zeitschrift „Science“ korrigieren.

Ein Zwischenergebnis der Mythenaufklärung: Cannabis hat beim Mann eine leicht unterdrückende, aber umkehrbare Wirkung auf die Spermaproduktion.

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Hundertausende von Mäusen und Ratten wurde mittlerweile für Tierversuche mit Cannabis herangezogen. Wegen der nur bedingten Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den menschlichen Organismus und ihrer ethischen Unverantwortlichkeit sei hier nur kurz darauf eingegangen: In Mäusen führt die Injektion von THC nur bei extrem hoher Konzentration zu Beeinträchtigungen der Fruchtbarkeit. Bei männlichen Nagern nahm die Spermienzahl um 20 Prozent ab.

Wie sieht es nun bei den Damen der Schöpfung aus? Die Behauptung, daß Marihuana das Fortpflanzungssystem der Frau beeinträchtig, fand nie eine ernsthafte Unterstützung durch wissenschaftliche Studien. Die Generierung von weiblichen Hormonen wird durch Cannabis weder vermindert, noch gesteigert. Ratten und Affen mußten für einen Versuch hinhalten, der Beweisen sollte, daß THC den Eisprung behindert. Bei beiden Tiergruppen setzte die Ovulation tatsächlich später als gewöhnlich ein, nach dem Absetzen der Substanz verschwanden die Symptome aber wieder. Die Ergebnisse konnten allerdings nicht auf den Menschen übertragen werden, da Art der Verabreichung, das Lösungsmittel, die Konzentration und die hohe Dosierung unrealistisch waren. Die Relman-Kommission kam 1969 in seinem Bericht „Marihuana und Gesundheit“ zu dem Schluß, daß es trotz des weit verbreiteten Konsums von Cannabis unter jungen Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter „noch keine Beweise für igendwelche häufig oder beständig auftretenden mißbildenden Wirkungen im Zusammenhang mit der Droge gibt“.

Es wird von einem Fall berichtet, in dem ein 16 Jahre alter Kiffer den Sprung in die Pubertät verpaßt hat; darüber hinaus gibt es keine Anzeichen dafür, daß THC das Potential hat, den sexuellen Reifeprozeß zu bremsen oder gar zu stoppen. Robert Kolodny vom Institut für Fortpflanzungsbiologie in St.Louis befragte 500 Kiffer und Kifferinnen und will herausgefunden haben, daß mit steigendem Marihuana-Konsum „die sexuelle Aktivität sowie die Häufigkeit des Orgasmus nachläßt“. Andere Studien bewiesen das Gegenteil: Cannabis macht sensibler, empfänglicher für die Berührung und den Geist des Partners.

Müde ob der im wissenschaftlichen Mäntelchen herumstolpernden Behauptungen und ihrer Gegendarstellungen kommt auch dieser Teil der Serie zu einem Ende. Einen Schluß abseits des Gezänks der Wissenschaft zu finden, ist nicht einfach, vielleicht am besten so, wie es die Labor-Eierköpfe nicht kennen, nämlich kurz und mit einem Lächeln: „Noch sind die Rastafaris nicht ausgestorben.“

 

Jörg Auf dem Hövel

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Drogenpolitik Interviews Interviews Psychoaktive Substanzen

Interview mit Wolf-Dieter Storl

HanfBlatt 2002

Der Kosmos am Wegesrand

Interview mit Wolf-Dieter Storl

Wolf-Dieter Storl ist Kenner psychoaktiver und germanisch-keltischer Heilpflanzen und weiß bildhaft von deren Mythen und Geschichten zu berichten. Er selbst lebt in einem Verhältnis zur Natur, das stark von seiner Verbindung zu den lebenden Pflanzen geprägt ist. In seinen Büchern, wie beispielsweise „Pflanzendevas“, vermittelt Storl die Perspektive, dass die menschliche Kultur maßgeblich von Pflanzen bestimmt wurde und wird und dass wir direkt von den Pflanzen lernen können. Wir treffen den „Wurzelsepp“ nach einem Vortrag, den er im Rahmen des Hamburger Hanffest gehalten hat. Storl fühlt sich in der Großstadt sichtlich unwohl, seine Augen fangen immer wieder dann an zu leuchten, wenn es um Pflanzen und alte Mythen geht.

HanfBlatt
Es entspannt sehr, durch den Garten zu schlendern und hier und dort einen Grashalm auszuzupfen, ihn zu zerreiben und daran zu riechen. Wie aber bist du darauf gekommen, in den Pflanzen ein Wesen zu entdecken? Wo wir vielleicht noch den Geschmack ersinnen, entdeckst du in jeder Pflanze eine besondere Wesenheit, die sich mitteilt. Das klingt für mich sehr esoterisch.

Storl
Als ich als Junge nach Amerika kam, bin ich anstatt Baseball zu spielen in die Wälder gegangen. In Ohio auf dem Land gab es Schlangen, Schildkröten, Waschbären, Opossums, und vor allem Pflanzen. Dort gibt es noch heute fast zehn mal so viele Pflanzenarten wie hier in Deutschland. Alleine 150 verschiedene Laubbäume – das war enorm faszinierend. Ich habe dann die Lehrer nach den Pflanzen gefragt und die antworteten nur: „God dammed weeds, they are not interesting“. Ich fand sie aber sehr wohl interessant und meine ganze Freizeit war ich im Wald und auf den Bäumen. Es gab keine Bücher darüber, keinerlei intellektuelle Information, und so saß ich da, habe die Pflanzen beobachtet und einen Spürsinn für sie entwickelt.

HanfBlatt
Also ein sehr frühes Interesse. In den 50er Jahren in den USA dürftest du dabei vom Hanf wenig mitbekommen haben. Es herrschte die Verteufelung des Hanfs.

Storl
Man sah nie eine Hanfpflanze, ich hätte nie gewusst, wie eine aussieht. Es war irgendein Rauschgift, dass die Leute zum Wahnsinn treibt, zu Mord und zu ausschweifender, perverser Sexualität.

HanfBlatt
Wenn man den Mord streicht, eigentlich alles Dinge die wir uns wünschen.

Storl (lacht)
Nicht wenn ihr im Mittleren Westen der USA aufwachst. Dort war Sexualität das Werk des Teufels. Eine vollkommen schizophrene Entwicklung.

HanfBlatt
Die sich bis heute durch die amerikanischen Gesellschaft zieht.

Storl
Klar, schau dir nur den Clinton mit seiner Tussi an. Hanf habe ich aber erst bei einer Reise nach Kalifornien kennen gelernt. Ich hatte enorme Angst vor dem Rauchen. Ich studierte dann Botanik, hörte damit aber bald wieder auf, weil ich nur im Labor stand und ich wollte ja raus in die Natur.

HanfBlatt
Das muss am Anfang der Hippie-Bewegung gewesen sein.

Storl
Auf den Campus kamen um 1964 die ersten Leute die Indien bereist hatten. Sie hatten lange Haare, sie hatten natürliche Klamotten, fließende Gewänder, sie haben Sachen gerne geteilt, sie hatten Zeit und saßen gerne im Grünen. Es waren Blumenkinder. Davon war ich natürlich begeistert. Der Begriff der „Hippies“ kam erst auf, als Journalisten in New York fragten: „Hey, was ist das für ein neuer Trend?“. Beatniks waren das nicht, Hipsters auch nicht, denn das waren die Leute aus dem Ghetto, die wussten, wo es die Drogen gibt. Aber gekifft haben sie, also nannte man sie Hippies. Das war die Zeit in der die ersten Flugzeuge regelmäßig nach Indien flogen. Dort entdeckten die Abenteuerlustigen eine völlig neue Welt. Die Inder konnten nicht wissen, wer diese Menschen waren, vielleicht ja Shiva und Parvati? Also nahmen die Ärmsten sie in ihre Hütten auf, haben sie bewirtet. Diese Leute haben auch die Sadhus kennen gelernt, Cannabis geraucht und kamen völlig ekstatisch zurück nach Amerika. Sie brachten ein Element der Ekstase mit. Lange Zeit hatte sie jeder gerne, Probleme mit der Polizei gab es kaum. Dies entwickelte sich erst, als die Bewegung politisiert wurde und Klassenkampf-Parolen Einzug hielten.

HanfBlatt
Was lehrte dich das Botanik-Studium?

Storl
Im Studium habe ich gleich gespürt, dass die Pflanzen wie tote Gegenstände behandelt wurden, die Wirkstoffe akkumulieren, Zellulose anhäufen und das war’s. Das waren reine Materialisten die dort lehrten. Sie sagten: „Die Pflanze lässt ihre Wurzeln nicht wachsen um Nährstoffe zu suchen. Dies würde ihr ein Motiv zusprechen, was nicht vorhanden ist.“ Ihrer Ansicht nach ist alles in der Natur einfach eine chemisch-mechanische Reaktion.

HanfBlatt
Seelenlose Biomassefabriken.

Storl
Genau. Ich wusste, dass stimmt nicht. Ich hatte über Jahre im Wald gesessen und die Natur empfunden. Ein Teil dieser Ansicht war sicherlich auch dadurch bestimmt, dass ich in meiner frühen Jugend einige Bücher der Romantik gelesen hatte. Aber das amerikanische Ethos unterscheidet zwischen „Kultur“ und „Natur“. Kultur ist zivilisiert und kontrolliert, die Natur ist wild. Dementsprechend wurden die Indianer behandelt. Genauso sind Wildkräuter aus dieser Sicht wertlos. Mir scheint es fast anders herum: Das was Kultur ist, dieser kurzgemähte Rasen, die ganze Entseelung. Der Wald ist für mich viel wertvoller und mit viel mehr Seele ausgestattet. Ja, ja, so ist es.

HanfBlatt
Das kam mir bei den Vegetariern schon immer etwas merkwürdig vor. Im Grunde genommen ist es auch ein Akt der Grausamkeit, wenn man eine Pflanze schlachtet, tötet.

Storl
Dann muss man es wie die Jains machen, die kein Karma mehr verursachen wollen. Sie setzen sich hin und nach 40 bis 60 Tagen entschweben sie ins Nirwana.

HanfBlatt
Schneller noch, wenn sie das Atmen eingestellt haben.

Storl
Es gibt keine Naturvölker, die Vegetarier sind, aber die Tiere werden respektvoll von ihnen behandelt. Vegetarismus ist eine späte zivilisatorische Entwicklung, die entstand, als die indische Gesellschaft um 500 v.u.Z. eine Krise durchmachte. Die ganzen Sekten wie der Buddhismus und Jainismus sich den Brahmanen gegenüber brüsteten, dass sie viel heiliger wären, weil sie keine Tiere essen würden.

HanfBlatt
Wie aber nimmt man Kontakt zu Pflanzen auf. Was können wir, als „Vertreter der gelangweilten genusssüchtigen Konsumkultur“, wie du es einmal nanntest, lernen?

Storl
Eine bequeme Antwort wäre: man pfeift sich eine Menge Shit rein, dies öffnet die „Pforten der Wahrnehmung“, wie Aldous Huxley das sagte und dann geschieht das. Ich denke nicht, dass dies automatisch geschieht. Als ich Ethnologie und Anthropologie studierte, unternahm ich eine Feldforschung unter Gärtnern in Genf. Ich tarnte mich als Gärtner, um die Gruppe dort zu studieren. Was mir dort auffiel: Wenn man stundenlang in einem Garten hackt, jätet und arbeitet, dann wirkt das wie das monotone schamanische Trommeln. Wenn man es schafft, das schnell schnatternde Gehirn zur Seite zu legen, dann kommt die Natur und spricht einfach. Dann kommen Sachen rüber. Das ist nicht etwas, was man mal eben am Wochenende macht, sondern das geschieht über eine lange Zeit. Zum Beispiel stand ich bei einem Busch, der viele Blattläuse hatte. Da dachte ich: „Eigentlich sollten hier ein paar Marienkäfer sein“. Ein Jahr später sah ich tatsächlich viele Marienkäfer an dem Busch.

HanfBlatt
Das hatte sich rumgesprochen.

Storl (lacht)
Ja. Wenn man solche Beobachtungen lange und öfter macht, dann merkt man, dass die Natur zuhört und reagiert. Natur ist nicht tot, sondern sie besitzt einen seelisch-geistigen Aspekt, der für uns meistens unsichtbar ist.

HanfBlatt Von diesem Prozess sind wir aufgrund der Kulturation stark entfremdet.

Storl
Vor kurzem war der älteste Medizinmann der Cheyenne, George Elkshoulder, ein guter Freund von mir, bei einer Schamanen-Tagung in Garmisch. Dort waren viele Schamanen aus der ganzen Welt und George war in der Hoffnung dahin gekommen, das diese Schamanen zusammen daran arbeiten, das der ganze destruktive Prozess auf dem Globus umgekehrt wird. Sein Eindruck war allerdings das dort nur, wie er es ausdrückte, „Ceremonial people“ waren, „Showmen“. Und er fragte mich, weshalb ich ihn überhaupt eingeladen hätte. Ich sagte: „Weil wir alles verloren haben. Wir haben keine sakralen Lieder, keine sakralen Tänze, und wir wissen nicht wie man mit der Natur umgeht.“ George sagte: „Ihr habt überhaupt nichts verloren. Ihr habt doch die Berge, die Tiere, Bäume und Pflanzen. Fragt sie. Fragt sie doch. Die sagen euch, was ihr wissen wollt.“ Dass der springende Punkt ist, dass wir nicht mal mehr wissen, wie wir fragen sollen, das hat er nicht begriffen.“

HanfBlatt
Müssen wir uns nur trauen zu fragen?

Storl
Dazu muss man wohl erst einmal die beengenden Annahmen der Psychoanalyse abstreifen. Selbst Jung deutet alle unsere Ideen als Projektion in eine leere Welt hinein – solch ein Kontakt zur Natur besteht danach nur in unserer Fantasie. Das ist eine Annahme, die nie irgendjemand bei den Naturvölkern haben würde. Das ist ein klares Produkt unserer kranken Zivilisation.

HanfBlatt
Projektionen sind ein wichtiges Stichwort.

Storl
Projektionen finden ja auch statt. Und viele Phänomene der New Age-Szene sind voller Projektionen. Diese Menschen hören ja überhaupt nicht zu, sie projizieren alle ihre Wünschen und Vorstellungen hinein. Wie viele Cleopatras sind inzwischen reinkarniert worden!

HanfBlatt
Und die Männer werden Napoleon.

Storl
Gleichwohl ist eine Kommunikation mit der Außenwelt, der Natur, möglich.

HanfBlatt
Aber wie kommuniziert die Natur?

Storl
In den Schulen wird uns eingedrillt nur nach der objektiven Außenwelt zu schauen. Alles muss wägbar, messbar, analysierbar sein. Das ist ein Kult. Aber es gibt auch eine andere Art der Wahrnehmung. Die kann man als innerliche Resonanz mit der Umwelt bezeichnen. Dies erlangt man, indem man sich seines Inneren bewusst wird. Dann sieht man die Welt mit dem Spiegel der Seele, nicht nur mit den äußeren Augen. Die Seele des Menschen kommuniziert dann mit der Seele der Natur.

HanfBlatt
Dagegen arbeitet eine wissenschaftliche Tradition, die alles einteilen will. Alle Pflanzen sind eigentlich individuell, jeden Moment anders, es herrscht buntes Chaos. Wir nennen es Löwenzahn, aber es könnte auch viele andere Namen haben.

Storl
Das ist ein Teil der äußeren Wahrnehmung und gegen diese Kategorisierung ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Ein Löwenzahn kann mit den nach außen gerichteten Sinnen wahrgenommen werden, aber eben auch mit den inneren. Wir haben einen Seelenspiegel, der das innere Wesen des Löwenzahn wahrnehmen kann. Man kommuniziert nicht mit dem äußeren Wesen, sondern mit dem inneren. In den westlichen Industrieländern herrscht seelische Hungersnot. Und wir werden abgespeist mit einer Massenmedien-Industrie, die letztlich nur seelisches Junkfood bietet. Darum sind die sogenannten Drogen auch so bedrohlich. Es ist der Versuch etwas zu finden – wieder Zugang zu den seelischen Aspekten der Welt zu erhalten.

HanfBlatt
Kann das klappen?

Storl
Manche Pilze beispielsweise klinken den Menschen in die makrokosmische Intelligenz der Erde ein. Ganja kann den Menschen Zugang zur göttlichen Seele offenbaren – dazu muss man aber die innere Bereitschaft haben.

HanfBlatt
Zeit scheint mir eine große Rolle zu spielen. Und die nehmen wir uns wenig. Ein Wochenendseminar unter dem Titel „Jetzt höre ich meiner Pflanze zu“ kann es ja wohl nicht sein.

Storl
„Mit der Pflanze sein“ oder „Mit dem Tier sein“; dazu bedarf es schon Geduld. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Konsumgesellschaft von dem Frust des verlorenen Kontaktes zur Natur lebt. Wenn man nicht befriedigt ist, dann greift man zur Ersatzbefriedigung. Neue Klamotten, ein neues Auto. Das sich Finden in einem sprechenden und göttlichen Universum bringt Seelenheil. So geht man beispielsweise eine Straße entlang und sieht zwischen zwei Gehwegplatten einen Storchenschnabel hervorwachsen. Man riecht daran, stellt sich vor wie eine Ameise den Samen in die Ritze transportiert hat, und erinnert sich an alte Geschichten. Daran, dass der Geruch Depressionen lindert oder man erinnert sich an Adebar, den Storch. Schon geht man durch eine ganz interessante und beseelte Landschaft und rennt an den vielen Schaufenstern glatt vorbei. Pflanzen können dabei helfen uns mit der Heiligkeit des Seins zu verbinden. Aber wenn Mafiastrukturen einen Pflanzenmarkt beherrschen und Leute mit Knarren rumrennen, zudem der Staat Katz und Maus spielt, dann können sich die Leute hier die Rübe vollrauchen und sind trotzdem blöd und entfremdet. Ich habe Leute kennen gelernt, die rauchen Unmengen Cannabis, natürlich mit Tabak, obwohl der eine entgegengesetzte Wirkung hat und sind trotzdem so schlecht drauf wie vorher. Vielleicht hören sie die Musik, die sie gerne haben, ein wenig besser.

HanfBlatt
Hardcore! Die denken viel hilft viel.

Storl
Weiter geführte Konsummentalität. Ich höre Leute rauchen Skunk: Es ist eine Qual für eine heilige Pflanze unter Kunstlicht, in Nährlösungen und geschlossenen Räumen aufzuwachsen. Die Leute die das rauchen sind dann genau so wie die Pflanzen, denn die Pflanzen vermitteln das was sie sind.

HanfBlatt
In der Natur reicht es einem ja meist auch aus etwas sensibilisiert zu sein.

Storl
Ich habe vor vielen Jahren einen letzten LSD-Trip in der Natur genommen und ich fand das irritierend.

HanfBlatt
Zu „artificial“?

Storl
Ja, wie eine Plastikwelt. Aber selbst die psilocybinhaltigen Pilze bergen Gefahren. Ich habe Leute kennen gelernt, die ständig Pilze genommen haben. Die waren in einer Art Pilzwelt gefangen. Auch Terence McKenna, ein großer Pilzexperte, hat sich mit seiner „Time Wave Zero“ verrannt. Beschleunigte Geschichte, ein Attraktor und ein Kumulationspunkt, der zufällig genau auf seinen Geburtstag fiel: das ist typisch Pilzfreak.

HanfBlatt
Respektvoller Umgang ist auch bei Pilzen wichtig. Damit man sie nicht das ganze Jahr nimmt, wachsen sie ja auch im Herbst.

Storl
Bei den Naturvölkern ist es Tradition, dass die sakralen Pflanzen nur zu bestimmten Jahreszeiten genommen werden. Erdbeeren isst man auch nur im Juni und Juli. Der Fliegenpilz wird in den nordpolaren Kulturen zur Wintersonnenwendzeit genommen, weil er das Licht der Erde sichtbar macht. Auch Wein war einmal eine hochekstatische wilde Pflanze, dem Dyonisos geweiht. Und was haben wir heute? So völlig verschrumpelte Leute, die was von „wunderbares Bouquet“ und „Chateau Sowieso“ faseln. Eine totale Überästhetisierung.

HanfBlatt
Wen trifft man in den Weinkellern Würzburgs? Die spießigsten und konservativsten aller alten Knacker bei einer Mumienversammlung. Im pseudogepflegten Stil wird sich da die Kante gegeben.

Storl (lacht)
Das sind dann die wilden Mänaden. Oder nehmt das Beispiel Tabak in den indianischen Kulturen: Das wurde in genau bemessenen Dosierungen genommen und dann wurde -zack- die Seele aus dem Alltag rausgehauen um in die Welt der Geister zu gehen. Und bei uns? Dieses gelangweilte Rauchen bis einem die Zunge dick wird ist wieder Ausdruck der ewigen Konsumlust. Ich sehe diese Entwicklung auch beim Ganja. Mein Gott, was die jungen Leute da reinstopfen! Die stopfen viel rein, es kommt aber nicht viel raus.

HanfBlatt
Eine deiner Leistungen ist die Öffnung der Tür zu den Mythen, Geschichten und Betrachtungsweisen traditioneller Kulturen. Da hast du nicht nur eine Geschichte zu erzählen; manchmal erscheint es, als gäbe es Tausende. Die Menschen haben sich früher offenbar sehr intensiv mit den sie umgebenden Pflanzen auseinandergesetzt.

Storl
Die Kelten und auch die nordamerikanischen Indianer haben diese Geschichten von den Pflanzen bekommen. Das Wissen darüber habe ich den Cheyenne zu verdanken. Über 1 ½ Jahre bin ich mit einem alten Medizinmann oft durch die Wälder Montanas gewandert. Der sagte zu mir: „Bilde dir nicht ein, dass du die Rituale oder den Zugang zu den Pflanzen erfindest. Die Pflanzen suchen dich! Die Heilpflanze weiß, wenn du kommst. Sie geben dir die Rituale.“ Praktisch sieht das so aus, dass die Pflanze einem das Ritual gibt, wie man zukünftig den Kontakt aufnimmt. Das können Worte sein oder etwas Feuer. Die Pflanze gibt einem sozusagen ihre Telefonnummer und das Wählen ist das Ritual. Wenn man nicht richtig zugehört hat, dann kommt kein Kontakt zustande und man kann nur fantasieren. Genau dies sagen uns doch die Naturvölker auf der ganzen Welt: Wir sind nicht die einzigen Aktiven, die Pflanzen nehmen Kontakt auf. Vielleicht sind wir gar nicht so aktiv wie wir meinen.

HanfBlatt
Im Grunde genommen verdanken wir den Pflanzen und der Sonne das Leben.

Storl
Aus der Dialektik von Sonne und Erde besteht unser Planet. Die Sonne gibt die Energie und die verschiedenen Pflanzen nehmen verschiedene Aspekte dieser Energie auf und transformiert sie je nach Standort auf der Erde auf ihre Weise. Beim Essen vermittelt jede Pflanze diese Kräfte.

HanfBlatt
Und wir rasen mit Autos durch die Pflanzen, degenerieren sie zu Schnittblumen und stellen Plastikblumen her.

Storl
In Los Angeles ist es mittlerweile Aufgabe der Stadtgärtner, die großen Plastikpalmen an den Boulevards einmal im Monat abzuwaschen.

HanfBlatt
Bestehst du auf die pure Nutzung von Pflanzen und Heilpflanzen oder wie stehst du Extraktion und Synthetisierung gegenüber? Wo würdest du da die Grenze ziehen wollen?

Storl
Ich würde da keine Grenze ziehen. Wenn die Möglichkeit gegeben ist barfuss zu laufen, dann laufe ich lieber barfuss. So einfach und natürlich wie möglich. Klar, Destillieren, Potenzieren, dass macht ja auch Spaß. Aber wenn es um Heilung geht, um das heil werden, dann würde ich so nah wie möglich am Heil sein der Natur arbeiten. Bei den Kelten reichte eine Schale, Wasser, Feuer, die Pflanze und ein Segensspruch: „Hier das hilft.“ Das ist genügend. Die Einfachheit betrügt einen sehr selten im Leben.

HanfBlatt
Alchemie und Chemie dürsten nach der Vervollkommnung.

Storl
Dahinter steht die Vorstellung, dass die Natur unvollkommen ist – wir, die Menschen, müssten sie vorwärts bringen und das sei eine ehrenwerte Aufgabe. Davon halte ich nicht viel. Die Natur ist göttlich und vollkommen in Ordnung. In der Einfachheit und dem Leben mit der Natur sind wir am besten dran. Das ist alte daoistische Weisheit und das ist auch die Weisheit, welche die Naturvölker leben.

adh und az

Wolf-Dieter Storl hat eine Reihe von Büchern veröffentlicht. Die einheimischen Kräuter behandeln tut „Heilkräuter und Zauberpflanzen zwischen Haustür und Gartentor“, die Praxis der Naturrituale erklären tut „Naturrituale. Mit schamanistischen Ritualen zu den eigenen Wurzeln finden“. Beide Bücher und andere Werke sind neu oder gebraucht zu bestellen bei Amazon:

 

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Cannabis Psychoaktive Substanzen

Marihuana Mythen 9: „Marihuana macht süchtig“

Marihuana Mythen – Marihuana Fakten

Teil IX

Weiter geht es in der Serie, welche die Mythen rund um die Marihuana-Pflanze analysiert. Um die Drogen ranken sich allerhand Vorurteile, Ungereimtheiten und auch bewußt gestreute Lügen. Wie sieht es nun tatsächlich aus: Welchen Nutzen und welche Schäden kann der Konsument von Cannabis aus den pflanzlichen Wirkstoffen ziehen? Wo liegen Gefahren für Körper und Geist, wo Chancen für ihre Genesung? Wissenschaft soll auch hier die wichtigen Fragen beantworten; schauen wir, was die Halbgötter in ihren weißen Kitteln wissen, was wir nicht schon geahnt haben. Im neunten Teil der Serie geht es um die Behauptung:

„Marihuana macht süchtig“

Erich Hesse schrieb 1966: „Die regelmäßige Aufnahme des Gifts (Haschisch) führt zur Sucht und auf Dauer zu schweren psychischen Schäden. Daueraufenthalt im Irrenhaus ist das Ende.“ Noch immer hält sich der Mythos von Cannabis als Suchtdroge. Gleichzeitig wird behauptet, daß eine Verbreitung des Gebrauchs zur weiteren Verbreitung der Cannabis-Sucht führe. Der Leiter der städtischen Drogenberatung in München, Rolf Wille, schrieb noch im letzten Jahr: „Die Cannabisabhängigkeit entwickelt sich als ein schleichender Prozeß. Über ein als angenehm erlebtes Anfangsstadium der Pseudoharmonie kommt es zu einer Gewöhnung und Einengung auf die Droge und im dritten Schritt schließlich zur Abhängigkeit.“ Ob es tatsächlich so einfach und unausweichlich ist, klären

 

DIE FAKTEN

 

Klare Begriffe sind notwendig, um klare Gedanken zu formulieren. Sucht ist kein klarer Begriff. Wurden früher Sucht und Abhängigkeit gleichgesetzt, um die unkontrollierte Zuwendung eines Menschen zu einem Stoff oder Gefühl zu beschreiben, unterscheidet man heute zwischen den Termini. Jeder ist von Nahrung und Schlafen abhängig, aber auch von emotionaler Zuwendung und Sinnerfüllung. Dies als negativ zu bewerten, macht wenig Sinn. Abhängigkeit ist also untrennbar mit der menschlichen Existenz verbunden. Bei der Sucht liegt der Fall anders. Wie Sebastian Scheerer, Kriminologe an der Universität Hamburg, sagt: „Während jeder Menschen von vielerlei abhängig ist, ist er keineswegs zwangsläufig auch nach vielerlei süchtig.“ Um die Verwirrung zu mindern, unterscheidet die Wissenschaft zwischen körperlicher und psychischer Abhängigkeit.

Besorgte Eltern und Großeltern packen ihre Zöglinge noch heute gerne am Schlafittchen (eigentlich: Schlagfittich = Schwungfeder) und predigen die Abstinenz vom „Hasch spritzen“, da Sucht die unausweichliche Folge ist. Das ist -gelinde gesagt- blanker Unsinn. Das Potential für eine körperliche Abhängigkeit vom Hanf ist vergleichweise gering, aber entgegen vieler Vorurteile durchaus vorhanden. Nach dauerhaftem und exzessiven Konsum können Entzugserscheinungen beispielsweise als Nervosität, Reizbarkeit und Schlafstörung auftreten. Auch verstärktes Schwitzen und Appetitlosigkeit wurden beobachtet. Diese Symptome verschwinden aber alle nach einigen Tagen wieder.

Ernster zu nehmen sind die Gefahren der psychischen Abhängigkeit, obwohl auch diese -glaubt man den Ärzten- nur selten auftritt. Cannabis verändert den inneren Zustand des Menschen; er oder sie raucht, um glücklich oder -anders ausgedrückt- gut drauf zu sein. Problematisch wird dieses Verhalten dann, wenn andere Anstrengungen zur Erlangung von Zufriedenheit und Glück deswegen gänzlich vernachlässigt werden und nur noch der Joint das Wohlsein garantiert. Dann ist der Konsument psychisch abhängig. Dies wird vor allem in der westlichen Gesellschaft zur Gefahr für den jungen Kiffer, weil seine Bereitschaft eine tragende und leistende Rolle zu spielen abnimmt. Für den noch in der persönlichen Entwicklung stehenden Jugendlichen kann Cannabis-Konsum somit gänzlich andere Auswirkungen haben als für den Erwachsenen, der sich den Rauschhanf gelegentlich und bei entsprechender Lebenserfahrung sowie unter geeigneten Umständen zuführt.

Aber so einfach wie hier dargestellt ist es auch nicht, denn die Unterscheidungsgrenze zwischen körperlicher und psychischer Abhängigkeit bröckelt. Bei fast allem, was man freiwillig tut, ist die Frage nach der psychsichen Abhängigkeit nicht mit einem Ja oder Nein, sondern nur mit einem Mehr oder Weniger zu beantworten. Denn in gewissem Maße ist das Individuum von allem abhängig, was es gerne mag, von liebgewonnen Gewohnheiten bis zu geliebten Menschen. Die Neuropsychologen und Biochemiker widersprechen der Differenzierung zwischen körperlich und psychisch ohnehin schon seit längerem. Für sie spielen die auf physischen Mechanismen beruhenden biochemischen Vorgänge im Hirn die entscheidende Rolle. Damit relativieren sich für sie auch die Unterschiede zwischen Abhängigkeit „mit“ und „ohne“ Drogen, denn letztendlich entscheidet das Belohnungssystem im Kopf.

Jede Substanz kann als Suchtmittel mißbraucht werden und mit jeder Substanz passiert dies. Um als gefährlich und suchtbringend eingestuft zu werden, muß dem Cannabis nachgewiesen werden, daß eine wesentliche Anzahl seiner Konsumenten es nicht schafft, mit dem Gebrauch der Droge aufzuhören und zudem Konsummuster entwickelt, die andere Aktivitäten im Leben stark beeinträchtigen. Die bislang in den USA durchgeführten Studien haben erbracht, daß die Mehrheit derjenigen, die schon einmal Erfahrung mit Marhihuana hatten, nicht regelmäßig zum Spliff greifen. 1993 befragte man junge AmerikanerInnen im Alter von über 12 Jahren. 34 Prozent hatten schon einmal mehr oder minder kräftig inhaliert, aber nur 9 Prozent hatten in den letzten 12 Monaten eine Tüte eingerollt, 4.3 Prozent im letzten Monat und 2.8 Prozent im der vergangenen Woche. Eine longitudinale Studie mit jungen Erwachsenen zeigte ebenfalls eine hohe Rate der Diskontinuität des Hanfgenusses. 77 Prozent hatten schon einmal das Vergnügen, 74 Prozent dieser Menschen probierten es aber nicht im letzten Jahr noch einmal, 84 Prozent nicht im letzten Monat.

Natürlich gibt es Personen, die Hanf über mehrere Jahre hinweg genießen, gleichwohl aber nicht süchtig sind. Viele regelmäßige (aber mäßige?), ja sogar viele tägliche Nutzer der Droge sind durchaus in der Lage, ihren Lebensalltag in für sich selbst und auch sozial verträglicher Weise zu gestalten. Dosierung der Droge, Anforderungen des Berufs, soziales Umfeld und die persönliche Struktur des Konsumenten sind auschlaggebend für die Wanderung auf dem Grad zwischen Gebrauch und Mißbrauch. Im Handbuch der Diagnostik und Therapie hieß es 1993: „Cannabis kann über lange Zeit genommen werden, ohne das nennenswerte Folgen in psychischer oder sozialer Hinsicht auftreten.“ In der Feldforschung konnte ebenfalls nicht festgestellt werden, daß das Suchtpotential von Hanf hoch ist:

  • Eine Studie in der Republik Panama, die sich mit den Auswirkungen des Pot-Konsums von amerikanischen Soldaten in den dreißiger Jahren befaßte, kam zu dem Schluß, daß Cannabis keine Abhängigkeit verursache.
  • Der 1944 von LaGuardia-Komitee (benannt nach dem ehemaligen New Yorker Bürgermeister) veröffentlichte Bericht entkräftete viele Vorwürfe gegen den Gebrauch und schrieb: „Das Rauchen von Marihuana führt nicht zur Abhängigkeit im medizinischen Sinn.“
  • Der Gouverneur von Pennsylvania, Raymond Shafer, leitete eine Expertengruppe Anfang der siebziger Jahre. Nach ausgiebiger Sichtung aller verfügbaren Materialien konnte der Ausschuß sagen: „Marihuana führt nicht zu körperlicher Abhängigkeit, doch kann langfristiger Mißbrauch bei den Betroffenen zu einer psychologischen Abhängigkeit von der Droge führen.“

Die am häufigsten publizierenden Verfechter der suchtbringenden Natur von Marihuana und Haschisch sind oft Suchttherapeuten und Leiter von Entzugseinrichtungen, die gut versicherte Marihuana-Liebhaber in ihre Institutionen aufgenommen haben und für diese eine eigene Kategorie der Abhängigkeit kreierten. Ohne diesen Damen und Herren böse Absichten nachweisen zu wollen, sichert man so zumindest den Fortbestand der eigenen Anstalten. In den USA hat sich dieses Problem verschärft: Immer aufwendigere technische Möglichkeiten des Drogen-Nachweises in Firmen und Schulen haben dazu geführt, daß mehr und mehr Kiffer sich selbst als süchtig deklarieren um behandelt und nicht bestraft zu werden.

Jörg Auf dem Hövel