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Drogenpolitik Reisen

Auge zu, Bußgeld oder Gefängnis

HanfBlatt Nr.9/10 2000

Tips für den stressfreien Trip durch Europa

„Reisende soll man nicht aufhalten“, sagte schon Alt-Komiker Otto zu seiner abschiedswilligen Braut. Europa wächst zusammen, die Grenzen sind so leicht zu passieren wie nie zuvor. Eine lockere Reise ins nahe Ausland endet aber für so manchen Kiffer im Desaster, denn mit etwas Gras in den Taschen erwischt, landet er oder sie blitzschnell im Gefängnis. Eine erste Regel für einen wirklich ungestörten Trip lautet deshalb: „Lass den Kram zu Hause.“ Wer meint schon die Autofahrt oder den Flug nicht ohne Dope überstehen zu können, dem seien geringe Mengen angeraten. In den meisten Ländern wird zwischen Mengen zum Eigenkonsum und Handelsmengen deutlich unterschieden. Wer meint mit einem Pfund Gras im VW-Bus Bj. ´74 an die Atlantikküste donnern zu müssen, darf sich nicht wundern, wenn der französische Provinzrichter glaubt, dass sich hier einer seinen Urlaub finanzieren wollte. Ein Wort zum Thema „Verstecken“: Das beste Versteck für Gras oder Haschisch nützt wenig, wenn Polizei oder Zoll Verdacht geschöpft haben. Und dies ist meistens dann der Fall, wenn man dem stereotypen Idealbild des Kiffers entspricht. Aber wer hat schon Lust wegen zwei Gramm Hasch in den blauen Zweireiher zu schlüpfen um unbehelligt durch alle Kontrollen zu eiern? Darum sei hier die asketische Variante empfohlen – ein paar Tage ohne Rauch haben noch niemanden geschadet. Wenn es aber doch nicht anders geht, sollte man sich und seinen BegleiterInnen wenigsten ab und zu zumurmeln, dass man ja „im Auftrag des Herrn“ unterwegs ist.

In einigen Ländern in Europa ist es wie in Good Old Germany: In den verschiedenen Bundesländern, Distrikten und Städten sind die Richtlinien unterschiedlich streng. Aus diesem Grund ist die nachfolgende Übersicht als grobe Richtlinie zu verstehen. Insgesamt steigt die Beliebtheit von Rauschhanf in Europa zwar weiter an, aber das ist kein Freifahrtschein, denn in fast allen Ländern steigt auch die Anzahl der Sicherstellungen (im Klartext: Der Kiffer-Aufgriffe). Wer vorsichtig sein will, sollte sich im Freundes- und Bekanntenkreis Tipps für die angepeilte Region holen. Wer es besonders sicher angehen will, der holt sich über die in Deutschland ansässigen Strafverteidiger-Vereinigungen die Telefonnummer eines Anwalts im Zielland. Und Vorsicht: Dieser Text stammt aus dem Jahr 2000 und Gesetze ändern sich. In einigen vermeintlich liberalen Ländern können inzwischen ganz andere Regeln herrschen…

europa bei nacht

Vor Ort

Man kann Glück haben und den Touristen-Bonus erheischen. Dann geht man dem Kraut verlustig oder wird im schlimmsten Fall zur Grenze gebracht. Es kann aber auch gleich in das Dorfgefängnis gehen. Vorsicht ist selbst in den liberalen Ländern angesagt: Vernünftig ist es, erst mal die Lage vor Ort abzuchecken und nicht den erstbesten langhaarigen Freak „nach Peace“ anzuhauen. Wird man trotz aller Vorsicht von der Polizei aufgegriffen, ist es klüger die Aussage bis zum Eintreffen des Anwalts zu verweigern. Die Angehörigen und das Konsulat können dann über den Anwalt kontaktiert werden. Und: Ein Rechtsbeistand kostet überall Geld.

Die folgende Übersicht der Gesetzgebung und Strafpraxis bezieht sich in erster Linie auf den Besitz kleiner Mengen Cannabis, wobei die genaue Höhe der „kleinen Menge“ von Land zu Land variiert. Zur Klarstellung: In einigen Ländern ist der Konsum zwar nicht verboten, wohl aber der Besitz. Und ohne Besitz kein Konsum.

Belgien

Belgien unterscheidet zwischen individuellem und Gruppenkonsum. Nur der Gruppenkonsum von Cannabis wird bestraft: Drei Monate bis fünf Jahre Gefängnis und/oder 1000 bis 100.000 Belgische Franken Bußgeld. Die Realität ist nicht so harsch: Seit 1998 sehen die Strafverfolgungsbehörden von Übergriffen auf Kiffer fast gänzlich ab. Die Polizei und Staatsanwaltschaft haben die Verfolgung von Fällen des privaten Gebrauchs fast vollständig eingestellt. Dies gilt auch für den privat organisierten Anbau kleiner Mengen Hanfs.

Dänemark

Der Besitz und Konsum kleiner Mengen ist quasi legal. Der Erwerb von kleinen Mengen wird von den Gerichten nicht mehr als Vergehen angesehen, obwohl die Gesetze dies noch so vorsehen. Wer meint vor den Augen der Polizei rauchen zu müssen: Im Normalfall wird das Kraut konfisziert und eine Verwarnung ausgesprochen. Bei Besitz von größeren Mengen können bis zu zwei Jahren verhängt werden, bei Handel zwischen zwei bis zu zehn Jahren. Ersttäter werden in ein Zentralregister eingetragen. Zur Info: In Kopenhagen hat die Hälfte aller 18-Jährigen schon mal gekifft.

Finnland

Hier heißt es aufpassen: Ob Konsum, Erwerb, Besitz, Handel – in Finnland sind dies alles kriminelle Straftaten. Das Gesetz kennt keine Unterschiede zwischen verschiedenen Substanzarten. Die Gerichte schauen sich die sozialen Umstände bei Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis genau an  – und strafen dann meist hart. Vergehen in Zusammenhang mit kleinen Mengen Cannabis wird mit Geldbuße oder bis zu 2 Jahren Knast bestraft. Nun ist es aber nicht so, dass in Finnland das gute Kraut unbekannt ist: In Helsinki haben 30 Prozent der 17-19-Jährigen Schüler schon mal gekifft. Der Handel mit Cannabis wird mit Freiheitsstrafen zwischen 2 und 10 Jahren belohnt.

Frankreich

Konsum und Besitz von Cannabis ist illegal. Das französische Gesetz unterscheidet nicht zwischen Cannabis und anderen Substanzen. Der Handel und der Konsum mit jedweden illegalen Substanzen ist verboten. Laut Gesetz kann der Konsum illegaler Substanzen mit einer Strafe von zwei Monaten bis einem Jahr und/oder Bußgeld von 500 bis 15.000 Franc bestraft werden. Transport, Besitz und Angebot mit 2 bis 10 Jahren Haft. In Frankreich betritt man die Problemzone bei einer Menge von über 30 Gramm Cannabis. Transport und Angebot von größeren Mengen Wunderkraut werden mit zwei bis zehn Jahren Haft belohnt. Auch in Frankreich legen die Gerichte die strengen Gesetze unterschiedlich aus: Bei kleinen Mengen von Haschisch oder Marihuana wird das Verfahren zum Teil sofort eingestellt und eine Verwarnung ausgesprochen, teilweise wird keine Anklage erhoben, wenn der Betroffene sich einer recht strengen Therapie unterzieht. In den großen Städten ist Cannabis-Genuss unter den Jugendlichen weit verbreitet, so dass Polizei und Staatsanwaltschaft den realistischen Weg wählen: In Paris beispielsweise sehen sich die Ordnungshüter erst bei einer Menge ab fünf Gramm Haschisch genötigt einzuschreiten. Trotzdem entscheidet in Frankreich weiterhin nicht die Produktart, sondern die Tat das Strafmaß.

Griechenland

Erstens: Die Griechen unterscheiden per Gesetz nicht zwischen harten und weichen Drogen. Zweitens: Drogenkonsum ist in Griechenland nur dann kein Vergehen, wenn  man als „süchtig“ eingestuft wird. Wer hier die Lücke ahnt: Als Tourist wird man schwer nachweisen können, dass man von Cannabis „abhängig“ ist. Drittens: In Griechenland ist Einfuhr, Handel, Besitz und Konsum von allen Drogen verboten. Der Erwerb von Drogen zum persönlichen Gebrauch ist strafbar und kann mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. Die Praxis der Strafverfolgung scheint sehr uneinheitlich zu sein: Wer mit größeren Mengen Cannabis erwischt wird auf den warten garantiert saftigen Strafen; unklar ist aber, wie mit Genießern von kleinen Mengen verfahren wird. Teilweise wird selbst der Besitz kleiner Mengen mit Gefängnisaufenthalt belohnt. Und man hört man immer wieder, dass die Verhältnisse in den griechischen Gefängnissen unmenschlich sind. Auf der anderen Seite soll die Polizei die Verfolgung von Kiffern in den letzten zwei Jahren so gut wie eingestellt haben. Die Lage scheint insgesamt zu unsicher, um wirklich entspannt genießen zu können. Dann doch lieber Ouzo.

Großbritannien

Trotz Prohibition ist unter britischen Schülern der Rauschhanf beliebt: Knapp 40 Prozent der 15-16-Jährigen geben an schon mal am Joint gezogen zu haben. Es existiert kein Verbot für den Konsum, wohl aber für den Besitz von Cannabis. Die Strafen für Herstellung, Beihilfe zur Herstellung und für Vertrieb sind allerdings hoch. Cannabis gilt zusammen mit den Amphetaminen und Barbituraten als Klasse-B Droge. Der Besitz von bis zu 30 Gramm Cannabis kann mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden. Bei reinem Cannabis-Konsum wird aber heutzutage meist nur eine Verwarnung ausgesprochen und ein Bußgeld verhängt. Trotz der niedrigen Strafen bei geringen Mengen wird der Konsum durch die Polizei verfolgt: Auf die jährlich rund 40 Tausend Personen, welche von der Polizei wegen Mitteln aller Art angehalten werden, sind über 90 Prozent Cannabiskonsumenten. Die Aufzucht für den persönlichen Bedarf und der Handel in kleinen Mengen werden mit bis zu 6 Monaten gemaßregelt. Mit etwas Glück kostet es auch „nur“ 400 Pfund. Auf der Insel fangen die schweren Probleme dann an, wenn mehr als 30 Gramm Cannabiskraut gefunden werden. Die Höchststrafe für den Handel beträgt 14 Jahre.

Irland

Weder der Konsum noch der Erwerb von Cannabis ist eine Straftat in Irland. Wohl daran wird es liegen, dass in Irland der Anteil der Jugendlichen mit Cannabis-Erfahrung so hoch ist wie nirgendwo sonst in Europa. Trotzdem wird der Besitz bestraft – und zwar im allgemeinen „nur“ mit einem Bußgeld von bis zu 1000 Pfund. Cannabis wird vom Gesetz anders eingeordnet als andere Substanzen: Die Strafen in Zusammenhang mit Cannabis-Konsum sind meist niedriger als bei „harten“ Drogen. Trotzdem sei zur Vorsicht geraten: Die Gerichte folgen zum Teil streng den Gesetzen und diese kennen keinen Unterschied zwischen persönlichem und groß aufgezogenen Handel. Bei einer Schuldigsprechung im großen Rahmen drohen bis zu sieben Jahren Aufenthalt hinter Gittern.

Italien

Achtet man auf den leichten Inhalt seines Dope-Beutelchens kann man den Urlaub in Umbrien relativ entspannt angehen. Wird man mit (maximal) 1,5 Gramm Marihuana oder 0,5 Gramm Haschisch erwischt, droht höchstens eine Verwarnung. Drogenkonsum ist in Italien keine Straftat, seit 1998 auch nicht mehr der Erwerb und Besitz für den persönlichen Gebrauch. Zwischen Händler und Genießer wird deutlich unterschieden: Der Kleinhandel mit Cannabis wird mit Ordnungsgeldern belegt, der professionelle angelegte Vertrieb kann bis zu 6 Jahren Knast einbringen. Italien versucht statt Strafrecht das Verwaltungsrecht sprechen zu lassen: Bei wiederholten Cannabis-Konsum wird der Führerschein eingezogen. 1975 bis 1990 war der Hanfgenuss dekriminalisiert, 1992 sprachen sich 52 Prozent der Bevölkerung in einer Volksabstimmung wiederum für die Dekriminalisierung von Cannabis aus. Vorsicht: Die häufigen Regierungswechsel in Italien erhöhen die Chance fluktuierender Verordnungen in Bezug auf Cannabis-Konsum.

Kroatien

Wie in vielen osteuropäischen Ländern liegt die Verfolgung von Cannabis-Konsumenten oft im Ermessen der Ordnungshüter. Glaubt man den spärliche Informationen, ist der Besitz von kleinen Mengen Cannabis in Kroatien keine Straftat.

Luxemburg

Der Konsum von Cannabis ist illegal. Laut Gesetz sind zwischen drei Monaten und drei Jahren Gefängnisaufenthalt selbst für den Konsum vorgesehen. Die Praxis sieht freilich anders aus: Falls die Polizei den Fall überhaupt aufnimmt, sprechen die meisten Gerichte bei kleinen Mengen nur eine Verwarnung oder ein Bußgeld aus – es sei denn es kommen erschwerende Umstände hinzu. Wiederholungstäter sind anscheinend  auf der gesamten Welt ungern gesehen.

Niederlande

Konsum erlaubt, Besitz verboten. Faktische Legalisierung von Cannabis bei kleinen Mengen bis fünf Gramm. Strafen: Bei geringen Mengen keine. Größere Mengen können Freiheitsstrafen bis zu 2 Jahren und/oder eine Geldbuße zur Folge haben. Im- und Export Geschäfte bleiben gefährlich: Maximal vier Jahre Haft. In Coffee-Shops kann der interessierte Tourist Kostproben holländischer Drogenpolitik legal genießen. Maximal dürfen hier fünf Gramm erworben und mitgeführt werden. In diesen Läden ist der zulässige Handelsvorrat 500 Gramm, allerdings können die Kommunen geringere Mengen vorschreiben.

Norwegen

Der Konsum von Cannabis ist zwar nicht verboten, wohl aber der Besitz. Dann drohen Geldbußen, für Kultivierung oder Handel sogar zwei Jahre Freiheitsentzug. Der Im- und Export kann bis zu zehn Jahren einbringen. Die Strafverfolgungs-Praxis im Land ist hart.

Österreich

Konsum und Besitz von Cannabis sind zwar verboten, kleine Mengen werden von der Polizei aber meist geduldet. Von Bundesland zu Bundesland existieren zum Teil erhebliche Unterschiede – vor allem was die Reaktion der Polizei angeht. Bei geringen Mengen zum Eigengebrauch wird aber in allen Bundesländern von einer Anzeige abgesehen und der österreichische Einwohner muss sich einer einstündigen Beratung durch einen Arzt unterziehen. In Wien ist Cannabis beliebt – wie man hört gibt es dort keine Probleme mit der Polizei beim Konsum kleinerer Mengen. Ansonsten gilt hier wie überall: Anbau und Handel mit kleineren Mengen können mit bis zu sechs Monaten Gefängnis bestraft werden. Der Handel mit größeren Mengen wird dagegen in Österreich streng verfolgt, der Besitz größerer Mengen bestraft: Eine „große Menge“ sind zur Zeit mindestens 20 Gramm reines THC. Ab da gibt´s Saures: Drei bis fünf Jahre Haft.

Polen

Lange Zeit wusste die polnische Polizei gar nicht so recht was Cannabis ist und wie es riecht. Dies hat sich mit den Jahren zwar geändert, aber der Konsum von Cannabis wird in Polen für Touristen selten zum Problem. Rauchbarer Hanf ist relativ selten: Nur 2 Prozent der 15-16-jährigen Schüler und 5 Prozent der Schülerinnen probierten schon einmal Cannabis.

Portugal

Drogenkonsum und -besitz sind in Portugal seit kurzem keine Straftaten mehr. Kleinere Mengen zum persönlichen Gebrauch zu besitzen ist zwar verboten, wird aber nur noch als Ordnungswidrigkeit geahndet. Die Strafen für mittlere Mengen reduzieren sich auf Bußgelder und Sozialarbeit. Aber: Einheimischen droht der Entzug der Fahrerlaubnis. Der Handel wird dagegen hart bestraft und das Dasein im portugiesischen Knast soll extrem ungemütlich sein: Zwischen 6 und 12 Jahren gibt´s aufgebrummt.

Schweden

Hier ist alles verboten was Spaß macht. Konsum, Erwerb, Besitz jeglicher illegaler Substanzen. Die Strafen sind hart. Die Polizei konfisziert radikal selbst Rauchgeräte und andere Paraphenalia. Delikte werden nach drei Gruppen kategorisiert: Klein, einfach und schwer. Schon kleine Vergehen werden mit bis zu 6 Monaten Ansicht der landeseigenen Gardinen belohnt, einfache Vergehen mit bis zu drei Jahren, schwere Vergehen mit bis zu zehn Jahren. Die Menge und der Typ der Droge spielen die entscheidende Rolle für die Kategorisierung und das Strafmaß. In der Praxis wird bei sehr geringen Mengen von Cannabis von einer strafrechtlichen Verfolgung abgesehen. In größeren Städten wie Stockholm und Göteborg wird bei dem Besitz kleiner Mengen Cannabis und deren Konsum dieser nicht durch die Staatsanwaltschaft interveniert. Aber verlassen kann man sich auf die Gnade der Polizei nicht. In Schweden heißt es so oder so äußerst vorsichtig zu sein: Jeder zweite Gefängnisinsasse in Schweden sitzt wegen eines Verstoßes gegen die Drogengesetze.

Schweiz

Das wird ein Ski-Urlaub! Ab 2001 schien Cannabis fast legal, aber seither wird zwar kräftig angebaut, aber das ist dann doch nicht so richtig erlaubt. Auch in den legendären Duftkissli-Läden gibt es immer wieder Razzien. Wer mit ein wenig Gras in der Tasche erwischt wird, dem droht aber kaum Ungemach in der Schweiz.

Spanien

In Spanien kann gerade im privaten Rahmen entspannt gekifft werden. Das Land unterscheidet zum einen zwischen „harten“ und „weichen“ Drogen, zum anderen sind Konsum und Besitz zum Eigengenuss für beide Substanzgruppen entkriminalisiert. Seit 1991 werden Ordnungsbußen für das Kiffen in öffentlichen Einrichtungen und den Besitz von Cannabis verhängt – in der Praxis geschieht dies selten. Nur der Anbau, der Handel und die Anstiftung zum Konsum von Cannabis ist strafbar. Wem das Gericht nachweist, dass er mit Cannabis gehandelt hat, dem drohen zwischen 3 und 6 Jahren Gefängnis.

In den diversen Touristenhochburgen des Landes, aber auch in den abgelegenen Teilen des Halbinsel herrscht lockeres laissez faire. Marokko liegt nicht weit entfernt, dem entsprechend gibt´s mit guten Connections auch feine Ware. Die Grenze für die Menge des persönlichen Gerbrauchs ist festgelegt: 50 Gramm Haschisch (wenn denn die öffentliche Gesundheit nicht gefährdet war). Erst darüber gibt es Ärger mit den Hombres.

Tschechien

25 Prozent der 15-16-jährigen Schüler und 18 Prozent der Schülerinnen probierten schon mindestens einmal Cannabis. Der persönliche Cannabiskonsum und Besitz kleinerer Mengen wird nicht bestraft. In den vielen Clubs in Prag zirkuliert weiterhin der freundliche Nebel.

Ungarn

Hanf hat in Ungarn Tradition. Liegt es daran, dass hier der Besitz kleiner Mengen kaum verfolgt wird? Erst bei größeren Mengen setzt sich das Mühlwerk der Justiz in Bewegung.

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Drogenpolitik

TEUFELSDROGEN

Hanfblatt, 10/11 2000

TEUFELSDROGEN oder
DIE NÄCHSTE HORRORDROGE KOMMT BESTIMMT

SIE NENNEN ES „NUTS“

Erstmals wurde jetzt bei einer Razzia in einer Hamburger Techno-Diskothek eine Substanz beschlagnahmt, die Insidern bislang nur als eine der neuen Teufelsdrogen aus den USA bekannt war. Polizeiexperten befürchten, dass die unter dem Szenenamen „Nuts“ verkaufte Designerdroge nun auch in die deutsche Technoszene herübergeschwappt ist. „Nuts“ wird aus den Schalen exotischer Nüsse gewonnen und kann schon von Schülern mit einfachen chemischen Kenntnissen in jeder normalen Küche hergestellt werden. Das Teufelszeug ist viel gefährlicher als die bisher aufgetauchten Discodrogen wie „Ecstasy“, „Shabu“, „GHB“ und „Speed“. „Nuts“ wird in der Szene je nach Reinheitsgrad für 10 bis 30 DM pro Dosis gehandelt. Die Horrordroge unterdrückt jegliches Hunger- und Schlafbedürfnis. Die Konsumenten fühlen sich völlig enthemmt und unbesiegbar. Ständiger Drang nach höherer Dosis, dann schreckliche Depressionen, Verfolgungswahn, Herzrhythmusstörungen und bei einer Überdosis schliesslich Tod durch plötzliche Atemlähmung sind die Folgen. „Nuts“ führt schon nach mehrmaligem Gebrauch unweigerlich in die Abhängigkeit und schliesslich in den körperlichen Ruin. Drogenberatungsstellen sind bisher noch in keiner Weise auf die neue Drogenwelle vorbereitet. „Wir haben zur Zeit genug damit zu tuen, Cracksüchtigen Konsumgelegenheiten zu verschaffen“, so Heribert Bossorski von der DROBS, „Nuts-Konsumenten sind bei uns noch nicht aufgelaufen.“ Doch die Polizei ist nach den ersten Beschlagnahmungen gewarnt und plant weitere Razzien in Diskotheken und auf Openair-Musikveranstaltungen, sowie Kontrollen an Schulen und Universitäten, jenen Orten an denen ein Handel mit der gefährlichen Partydroge vermutet wird.

So lautete eine in diesem Jahr als Aprilscherz ins Internet geschickte „Presseagenturmeldung“. Und tatsächlich unterscheidet sie sich kaum von dem in den Medien üblichen Stil, eine „neue“ „Horrordroge“ anzupreisen. Meist sind diese „teuflischen“ Substanzen nicht „neu“. Aktuelles Beispiel: „Yaba“ („Crazy Man“), früher auch „Yama“ („Crazy Horse“, nach dem Emblem einer bekannten Marke), ist die in Thailand geläufige Bezeichnung für ein dort in Tablettenform erhältliches Anregungsmittel, das geschluckt, aber auch von Alufolie geraucht wird, und nun über Traveller und Prostituierte Europa erreicht haben soll.Die gleiche Substanz ist in Japan und anderen ostasiatischen Ländern als „Shabu“ bekannt und wird dort meist injiziert oder geschluckt. Aus Hawaii wurde Ende der Achtziger Jahre der Gebrauch dieser Substanz in einer rauchbaren kristallinen Form unter dem Namen „Ice“, auch „Glass oder „Batu“ (Filipino für „Rock“=Fels) bekannt. In den USA kennt man die schnupf-, schluck- und injizierbare, mehr oder weniger gestreckte Pulverform als „Crank“, „Crystal“, „Meth“ oder „Speed“. Im bayrischen Wald tauchte sie kürzlich als „Crystal“ oder „Tschechen-Speed“ in einer hochreinen kristallinen Form auf. Chemisch handelt es sich um Methamphetamin oder d-Desoxyephedrin. Unter Präparatenamen wie „Pervitin“, „Desoxyn“ und „Methedrin“ wurde es lange Zeit in vielen Ländern als Medikament vermarktet. Das wahrscheinlich 1919 erstmals synthetisierte Methamphetamin (von so etwas Absurdem wie einer „Nazi-Droge“ wie in manchen Artikeln erwähnt, kann also keine Rede sein), das nahe verwandte bereits 1887 hergestellte Amphetamin (bekanntester Präparatename: „Benzedrin“) und diverse strukturell und in der Wirkung ähnliche Aufputschmittel vom Typ des Amphetamins, die man deshalb oft pauschal als Amphetamine bezeichnet, wurden in grossen Mengen seit den Dreissiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts von Ärzten bei diversen Indikationen verschrieben und in Apotheken erworben. In den Sechziger Jahren lauteten zum Beispiel die Indikationen der Temmler-Werke in Marburg/Lahn für ihr Präparat „Pervitin“: Niedriger Blutdruck, Allergische Erkrankungen, Kollapsgefahr, Depressionen, Fettsucht, Schlafmittel-, Alkohol- und Kohlenmonoxidvergiftung, Atemstillstand, Nierenversagen, Narkolepsie usw. usf. . Noch 1979, mittlerweile nur noch auf Betäubungsmittelrezept verschreibbar, lauteten die Indikationen ganz ähnlich. Man sieht, bei der dämonisierten „Designerdroge“ handelt es sich wie so oft (weitere aktuelle Beispiele sind die Narkosemittel GHB aka „Liquid Ecstasy“ und Ketamin, sowie das Schlafmittel aus der Benzodiazepingruppe Rohypnol Roche) eigentlich um ein in Verruf geratenes Medikament.

Berüchtigt geworden ist der von kriegführender staatlicher Seite massenhaft verordnete Einsatz von Amphetaminen im Zweiten Weltkrieg. Amerikaner, Briten, Japaner und Deutsche brachten nicht nur Durchhalteparolen sondern auch unzählige der peppenden Pillen unter ihre Soldaten. Allein an die in Grossbritannien stationierten amerikanischen Truppen wurden etwa 2 Millionen Amphetamintabletten ausgegeben.

Japan bekämpfte schon in den 50er Jahren den ärztlich nicht legitimierten Konsum von Methamphetamin ohne dauerhaften Erfolg. Schweden erwarb in den 60er Jahren den Ruf einer Amphetamin-Hochburg, da sich hier das intravenöse Injizieren des „Speeds“ als besonders bedenkliche Konsumform etabliert hatte. In vielen Ländern etablierten sich die Wachmacher und Appetitzügler bei Studenten, Hausfrauen, Fernfahrern, Prostituierten, Zuhältern, Trinkern und Partyvolk. Ende der Sechziger Jahre begann man in den USA sowohl von staatlicher Seite als auch aus der Hippiekultur heraus den Konsum von Stimulantien kritisch zu sehen. „Speed kills“ wurde zum geflügelten Wort. Der Erwerb von pharmazeutisch produzierten Amphetaminen wurde in den USA und in Europa durch die entsprechende Drogengesetzgebung soweit erschwert, dass sich eine Untergrundproduktion etablierte.

In der Bundesrepublik boomte der Handel mit illegal synthetisiertem und meist in Pulverform vermarktetem Amphetamin allerdings erst richtig in den 90er Jahren. Das mag auf der Angebotsseite mit der wachsenden Produktion in den Nachbarländern zu tuen haben, auf der Verbraucherseite dagegen mit einer exzessiven leistungsorientierten Ausgeh- und Konsumkultur, die geradezu nach Durchhaltemitteln schreit. Parallel dazu wurde die Abzweigung verschreibungspflichtiger Amphetamine zum Verkauf auf dem Graumarkt durch eine stark eingeschränkte Indikationsstellung (lediglich, und dabei noch umstritten, für Narkolepsie=“Schlafsucht“ und „hyperkinetische Verhaltensstörungen bei Kindern“) und Aufnahme ins Betäubungsmittelgesetz praktisch unterbunden. So verschwanden in den 70er Jahren „Pervitin“, in den 80er Jahren „Captagon“ (Fenetyllin) und in den 90er Jahren „AN 1“ (Amfetaminil) aus dem Milieu. Der letzte Mohikaner unter diesen Präparaten war das kaum euphorisierende, aber dafür umso länger wachmachende „Tradon“ (Pemolin), keine enstzunehmende Konkurrenz mehr für die preiswerteren schnupfbaren Schwarzmarktpülverchen.

Bei den illegal synthetisierten Amphetaminen gab es lange Zeit regionale Vorlieben, die wohl teils mit der lokalen Verfügbarkeit ihrer Ausgangschemikalien, teils mit den Neigungen der Konsumenten zu tuen haben. In den USA bevorzugte man das aus dem dort lange Zeit leicht erhältlichen Ephedrin synthetisierbare, als etwas euphorischer geltende, aufs Gewicht bezogen potentere und länger wirkende, aber körperlich bedenklichere Methamphetamin, in Europa das Amphetamin. Wie dem auch sei, „Speed“ steht nun schon lange in der ein oder anderen Form überall auf der Welt zur Verfügung. Die Risiken und Gefahren sind seit langem bekannt. Verblüffend nur, wie immer wieder mit derselben Substanz unter neuem Vorzeichen Politik gemacht wird. Eigentlich auch wieder nicht. Angst ist ein wichtiges Produkt der Medien. Fast immer stehen hinter den deshalb von den Medien bereitwillig aufgegriffenen Angstkampagnen politische und/oder finanzielle Interessen. In den USA sind es häufig Politiker kurz vor den Wahlen, die mittels Panikmache die Aufmerksamkeit auf sich lenken und mit erhobenem Zeigefinger die Lorbeeren als grosse Warner einheimsen wollen. Auch die Strafverfolgungsbehörden haben nicht selten ein Interesse daran über die Verbreitung von Schreckensmeldungen eine Aufstockung ihres Budgets zu erzwingen. Das gilt auch für präventive und therapeutische Einrichtungen unter denen genau wie in der freien Marktwirtschaft Trends aufgezeigt werden, die man dann institutionell aufzufüllen trachtet, sofern irgendjemand bereit ist, dafür zu zahlen. Aber wo kein Druck gemacht wird, fliessen bekanntlich auch keine Gelder. Am Ende, wenn die angekündigte Welle dann doch nicht eintrifft, kann man sich auf die Schulter klopfen, das läge daran, dass man rechtzeitig gewarnt hätte, oder wenn sich die verteufelten Substanzen dann plötzlich steigender Beliebtheit erfreuen, kann man seine Stimme erheben, man habe ja rechtzeitig davor gewarnt. Eine Lobby, die die Fakten geraderückt, gibt es aus Sicht dieser Interessengruppen praktischerweise in dem Bereich der unterdrückten Drogen nicht. Konsumenten, Händler und Produzenten werden sich hüten, ihre Stimme öffentlich zu erheben solange sie von Strafverfolgung, Stigmatisierung und gesellschaftlicher Ausgrenzung bedroht sind. Eine objektive wissenschaftliche Beforschung gibt es auf Grund der von staatlicher Seite zögerlichen allenfalls auf das Aufzeigen negativer Konsequenzen fixierten Finanzierung von entsprechend aufgebauten Untersuchungen kaum, und wenn, dann verschwinden politisch unerwünschte Ergebnisse schnell wieder in irgendeiner Schublade. Mit einer Liberalisierung der Drogenverbotsgesetzgebung lässt sich eben kein Blumentopf gewinnen, meint man zumindest in der auf Macht versessenen opportunistischen Parteienlandschaft.

Der Kenntnisstand der breiten Öffentlichkeit ist so gering, dass ihr hierüber praktisch alles weissgemacht werden kann. Das Interesse von Journalisten, sich schlau zu machen, ist in der Regel gering, da einerseits entsprechende Kenntnisse letztlich der etablierten Publikationsform widersprechen würden, wie sie der Leser gewohnt ist, und immer wieder mit dem entsprechenden Schauder zu lesen wünscht, und andererseits die Praxis des buschfeuerartigen weltweiten Weiterreichens sensationeller Meldungen meist keinen grossen Raum für tiefschürfende Recherche lässt. Mit ein wenig Abschreiben und Rumtelefonieren ist der Job erledigt und der neue Drogenhype aus den Redaktionsbüros in die Welt posaunt bevor die, zwar irgendwie negativ, so doch kräftig beworbenen Drogen auf dem lokalen Markt eingetroffen sind, wenn sie dies denn überhaupt in nennenswerter Form jemals tuen werden. So profitieren am Ende alle Beteiligten von diesem propagandistischen Trick, kurioserweise inklusive der Produzenten der „neuen“ gehypten Drogen, nur nicht die Drogengebraucher, denen von Süchtigkeit bis hin zu Gehirnschäden alles Mögliche „präventiv“ unterstellt wird, und die letztlich unter der am ungeschütztesten Glied ansetzenden, verbohrten aber auf Dauer erfolglosen Strafverfolgung am meisten zu leiden haben.

Wer in diese Materie tiefer einsteigen will, und das sollte eigentlich jeder, der drogenpolitisch aktiv ist oder in der Medienbranche mit Meldungen zum Thema Drogen zu tuen hat, dem sei folgendes Buch wärmstens empfohlen:

Philip Jenkins
„Synthetic Panics. The Symbolic Politics of Designer Drugs.“
New York University Press 1999
ISBN 0-8147-4244-0
http://www.nyupress.nyu.edu